Sonntag, 30. Juli 2017

Mount Gay XO Cask Strength vs. Habitation Velier "Last Ward" 2007

Liebe Rum Gemeinde,

heute möchte ich euch gerne zwei Rums aus Barbados vorstellen und gegeneinander antreten lassen: den Mount Gay XO in Cask Strength aus 2016 und den neuen Habitation Velier "Last Ward", Jahrgang 2007, der Mount Gilboa, einer ehemaligen Linie von Mount Gay, entstammt. 

Mount Gay ist die vielleicht älteste noch existierenden Destillerie der Karibik. 1703 gegründet, brennt sie bis heute Rum, sowohl in Pot- als auch Column Stills. Dabei füllt Mount Gay, anders als viele andere der unter Rum Nerds beliebten Destillerien, seinen Rum sogar weitestgehend selbst ab, ungelagert als auch fassgereift. Die Standardqualitäten "Eclipse" und der "XO" dürften dabei wohl die bekanntesten Abfüllungen sein, bekommt man sie doch auch in gut sortierten Supermärkten.

Letzterer erfuhr im vergangenen Jahr 2016 eine limitierte Ergänzung: zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Barbados' vom 30. November 1966 brachte Mount Gay den auf 3.000 Flaschen limitierten Mount Gay XO in Cask Strength mit 63% vol. in einer schicken Holzbox auf den Markt. Kostenpunkt: ca. 200 Euro. Der normale XO ist für seine 30-40 Euro meines Erachtens ein netter, ehrlicher Standard, der mir zu Beginn meiner Rum-Laufbahn auch viel Freude bereitet hat, der dann aber ab einem gewissen Level natürlich zu schwach auf der Brust und letztlich auch nicht spannend genug war, um dauerhaft einen Platz in meiner Rum Bar zu erhalten. Dementsprechend vielversprechend klang diese Sonderabfüllung in Fassstärke und ich bin sehr gespannt, wie sie sich schlagen wird. Qualitativ ist der normale XO in jedem Fall deutlich steigerungsfähig, aber es muss andererseits auch eine richtige Steigerung stattfinden, wenn man gedenkt, den preislichen Anstieg auch nur annähernd erklären zu wollen.

Den Fassstärke XO werde ich antreten lassen gegen den neuesten Streich der Habitation Velier Serie, den 10 YO "Last Ward" aus dem Jahrgang 2007 mit 59% vol.. Luca Gargano brachte nun ja schon einige Rums aus diversen Destillerien in dieser neu geschaffenen Serie auf den Markt und seit einigen Tagen bereichert nun auch ein Mount Gilboa die Reihe, der als eine Art "Zweitmarke" in Mount Gay mitproduziert wurde. Der Name "Last Ward" geht zurück auf die Familie Ward, die bei Mount Gay bis zur Übernahme durch Remy Cointreau im Jahr 1989 am Ruder war. Im Jahre 2007 begann Frank Ward dann den Mount Gilboa in McMillan Pot Stills zu produzieren und aus diesem Batch stammt auch der heute verkostete Rum. 2014 verkaufte Ward "Mount Gilboa" und Luca Gargano konnte sich für diese Abfüllung insg. 19 Fässer sichern. Preislich liegt der Rum bei gerade einmal der Hälfte des XO in Cask Strength. Was diese Zahlen letztlich bedeuten werden wir aber nur im Glas erfahren.



Verkostung Mount Gay XO Cask Strength:

Dunkel und altgolden kommt der XO farblich daher. Die Nase empfinde ich dann in den ersten Minuten erst einmal als eher flach und leider auch sehr scharf. Es entsteht immer wieder das Gefühl, als hätte man da so eine Art von Luftlöchern im Glas, dass wenn man eine Nase nimmt, dass da immer wieder Lücken sind und plötzlich das Gefühl da ist, als hätte man ein leeres Glas vor sich. Ansonsten aber habe ich ein dunkles, schweres und reifes Destillat im Glas. Nach einer halben Stunde wird die Nase dann voller, wenn gleich ich diese unterschwellige Erinnerung an Neutralalkohol, die immer wieder mit durchkommt, als nach wie vor störend empfinde. Erst nach ca. 45 Minuten im Glas wird der Rum ausgeglichener. Der Rum verliert seine Schärfe, er wird etwas süßer, wirkt nicht mehr ganz so schwer. Nun gefällt er mir gut, wenn gleich ich mir ein wenig mehr Vielschichtigkeit noch wünschen würde.
Am Gaumen dann klares Mount Gay Feeling, Marzipan, Bittermandeln, Eichenholz, allerdings zeigt sich der XO zu Beginn wieder von seiner scharfen Seite, der Rum muss im Mund richtig gezügelt werden. Dafür, dass ich den tendenziell eher in die Ecke stelle, den gemütlich auf der Terrasse zu sippen finde ich ihn dann schon fast zu unbequem, auf der anderen Seite ist er aber auch viel zu rund um in irgendeiner Weise spannend zu sein. Für mich persönlich ergibt sich daraus also folgendes Problem: der XO kann sich kaum für eine der beiden Seiten voll entscheiden. Das ändert sich erst nach ca. 1,5 bis 2 Stunden, es kommt jetzt auch noch so etwas das Karamell heraus, was auch einige Jamaicaner haben, wenn sie meines Erachtens nicht gelungen sind, nur dass sie bei einem Mount Gay eben auch dazu gehören. Der Rum verliert nun erst seine Schärfe und er macht dann auch auf der Terrasse richtig Laune. Aber das soll dann auch tatsächlich geplant sein. Zum spontanen Genuss braucht dieser Rum zu lange.

Verkostung Habitation Velier Last Ward 2007:

Ebenfalls sehr dunkel im Glas, vergleichbar mit dem XO, kommt der Last Ward daher. Gleich zu Beginn schon erwartet mich hier eine volle, rummige Nase, ganz ohne Luftlöcher. ;) Es sind kleine Ähnlichkeiten zu Mount Gay erkennbar, vor allem aber ganz klare Unterschiede. Die Nase ist wesentlich voller, süßer, fruchtiger und insgesamt wesentlich komplexer, gefällt mir spontan sehr viel besser. Ich meine Anklänge von St. Lucia zu erkennen, aber auch Anleihen von Jamaica sind da. Was da jetzt genau typisch oder untypisch ist kann ich relativ schwer in Worte fassen, ich hätte ihn anhand der Nase einfach anders zugeordnet.
Am Gaumen brennt auch der Habitation Velier erstmal, paradoxer Weise bekommt man aber auch das Gefühl, der Rum sei geringfügig verdünnt worden. Gegenüber dem XO wirkt es, als sei da minimal Wasser zugegeben worden, allerdings nicht in einer Weise, dass man irgendwie gesondert drüber sprechen müsste. Der Rum ist klar fruchtiger als der XO, er ist auch schwer, aber da ist eben noch mehr, viel volleres Aroma, süßlich, fruchtig, würzig und hinten heraus dann mit den Mount Gay Brennerei typischen Anleihen. Grandios! Anders als der XO ist der Rum sofort sehr überzeugend, muss nicht lange stehen, wenn gleich auch er dadurch noch dazugewinnt. Wow!


Fazit: 

Ich hatte zwei Rums, die mich auf unterschiedliche Weise überzeugt haben. Der eine, der XO, ist der einfacher gestrickte der beiden, der Mount Gay Lehrbuch-Rum. Leider braucht er wirklich sehr lange, bis er wirklich da ist, was ihm durch seine Stärken als einfacher und spontaner Begleiter nebenher aber dann im Wege steht. Ich stehe tatsächlich aber gar nicht so sehr auf diese absolut typischen Mount Gays, weswegen mir das untypische, fruchtige des Last Ward am Ende dann doch stärker zugesagt hat.
Deutlich wurde auch, was der Unterschied zwischen einem reinen Pot Still Destillat (der Last Ward) und einem Mix aus Pot und Column Still (XO) ausmacht. Diese Luftlöcher, wie ich sie genannt habe, gehen in meinen Augen auf den Anteil an Column Still Rum zurück und dünnen den Rum meines Erachtens unnötig aus, während das reine Pot Still Destillat hier Vollgas gibt und den XO schon auch ziemlich in den Schatten stellt. Das Thema Pot Still vs. Column Still beschäftigt mich nun schon seit sechs Jahren und ich muss sagen, dass alte Demeraras nach wie vor die einzigen Rums sind, bei denen mich eine Column Still teilweise wirklich überzeugen konnte. Ansonsten sehe ich Destillate aus Column Stills immer klar hinter Pot Still Rums.
Erkenntnis des Tages ist ganz klar, dass Luca Gargano hier tatsächlich einen kleinen Schatz gefunden hat. Mich hat seit Rockley 1986 kein Barbados Rum mehr so sehr überzeugen können. Müssen wir über Preise reden? Eigentlich nicht. Der XO ist ein guter Rum, aber die 200 Euro sind übertrieben. Klar, ist ja alles teuerer geworden und ich finde es, angesichts dessen, dass aus Mount Gay selten mal was gutes kommt, auch nachvollziehbar, dass die Preise gezahlt werden, aber ich hatte mir da mehr versprochen. Anders der Last Ward: den kann man für sein Geld wirklich mitnehmen und wenig falsch machen. Klare Empfehlung!

Ein kleiner Dank geht heute an Casa aus dem Rum Club und an Marius von Single Cask Rum für die Samples der beiden Kandidaten!

Bis demnächst,
Flo

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