Sonntag, 25. November 2018

Some extinct Long Ponds

Liebe Rum Gemeinde,

das Aufräumen meines Archivs geht weiter! In meinen Verkostungs-Notizbüchern haben sich jede Menge Notes angefunden und nach einigen lange gereiften, dunklen Jamaicanern und diversen Hampden Abfüllungen geht es heute mit Long Pond weiter. Und wenn ich über Long Pond rede, dann gerade ich nahezu jedes Mal und zwangsläufig ins Schwärmen. Und wenn ich von Long Pond spreche, dann denke ich fast jedes Mal ganz unausweichlich an die ganzen alten, grandiosen Bottlings der unabhängigen Abfüller aus der Zeit, bevor der große Rum-Boom einsetzte. Das sind Rums, die bei Leuten wie mir, die schon damals dabei waren, unvergessen sind und bei Leuten, die erst in den letzten Jahren dazu gekommen sind, oft nahezu unbekannt sind. Long Pond aus 1986, 1982, 1977 u.a. ist inzwischen zu fast so etwas wie einem Mythos geworden. Und diesen Mythos möchte ich heute etwas stärker beleuchten und schaue mir mit euch gemeinsam einmal an, was eigentlich dahinter steckt. War da wirklich jeder Schuss ein Treffer?
Meine Notes stammen auch heute wieder aus 2011/2012 ca., als die Rums alle noch mehr oder weniger gut verfügbar waren und die dementsprechend noch vollkommen frei vom Mythos entstanden. Und gerade das finde ich, aus heutiger Sicht, besonders spannend. Im Fazit werde ich mich dann deutlich dazu äußern, wie ich den Rums im Jahr 2018 aus der Sicht eines Connaisseurs gegenüber stehe. Viel Spaß dabei!




Die verkosteten Jamaicaner:

- Berry's Own Selection Jamaican Rum 27 YO Long Pond 1977 - 46% vol.
- Bristol Director's Choice Jamaica Rum 22 YO Four Distilleries 1982 - 43% vol.
- Rum Nation Jamaica Rum 15 YO Long Pond 1986 - 45% vol.
- Berry's Own Selection Jamaica Rum 16 YO Long Pond 1986 - 46% vol.
- Cadenhead's Cask Strength IRW 18 YO Long Pond 1986 - 68,3% vol.

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Berry's Own Selection Jamaican Rum 27 YO Long Pond 1977 - 46% vol.

Source: S.J.; Cocktails Old Fashioned
Nase: sehr voll und reichhaltig und vor allem unglaublich warm! In einer Weise, die ich nicht erklären kann, hat der Rum für mich etwas weihnachtliches. Gefällt außerordentlich gut!

Gaumen: der Gaumen erdet diesen Rum wieder so ein wenig und ordnet ihn als stiltypischen 1977er Long Pond ein, was bedeutet, dass es sich um einen hervorragenden Long Pond handelt. Voller Geschmack, sehr nussig, sehr fruchtig und mit exzellenter Einbindung des Fasses. Sehr genial! Auch die Verdünnung macht sich nicht allzu negativ bemerkbar, ist aber zu spüren.

Abgang: ein langer, warmer Abgang. Der Rum bleibt noch lange präsent und hinterlässt Noten von Eichenholz, frisch geschnittenen Ästen und Anis.


Fazit: ein Rum, bei dem man sich glücklich schätzen kann, wenn man ihn noch haben sollte. Ursprünglich kostete er um die 100,- Euro. Heute mutet das fantastisch an, im wahrsten Sinne des Wortes, aber so waren die Zeiten damals. Leider habe ich es seinerzeit versäumt noch eine Flasche zu kaufen, heute bereue ich das ein wenig. Wer unbedingt noch eine haben möchte, der muss inzwischen bereits über 350,- Euro auf den Tisch legen. Mir persönlich ist das ein bisschen zu viel, da es sich um eine verdünnte Abfüllung handelt, aber die 1977er Long Ponds werden auf der anderen Seite auch sicher nicht mehr.



Bristol Director's Choice Jamaica Rum 22 YO Four Distilleries 1982 - 43% vol.

Nase: sehr dunkel, zumal für 22 Jahre Reife. Viel Holz. Dahinter dann aber die für Jamaica Rum so typischen nussigen und fruchtigen Assoziationen, sowie Anis und ein vegetaler Einschlag. Long Pond ist heraus zu riechen, aber man merkt, dass da auch noch Rums anderer Destillerien drin stecken. Alles in allem aber eine typische Jamaica-Wedderburn Nase.

Gaumen: hier bestätigt sich der Eindruck aus der Nase. Der Rum hat viel von dem, was man auch von Long Pond kennt, aber das alles kommt hier wirklich schon sehr dunkel und mit deutlichem Holzeinschlag daher, wenn gleich ich nicht behaupten möchte, dass es bereits zu viel sei. Darüber hinaus macht sich die geringe Trinkstärke von 43% vol. leider bemerkbar. Der Rum ist zwar nicht im klassischen Sinne verwässert, aber deutlich weniger Wasser wäre sicher besser gewesen. Das klingt etwas ernüchtert, aber ich möchte dennoch alles in allem von einem leckeren Rum sprechen.

Abgang: der Rum verweilt eine Weile am Gaumen, allerdings nicht übermäßig lang. Dazu Holz und Anis.


Fazit: ein Spalter! Ich fand den Rum damals, für das was er gekostet hat, durchaus gut. Ca. 100,- Euro hatte ich im Jahr 2012 bezahlt und dafür wurde ich nicht enttäuscht. Dass es sich um eine Director's Choice Abfüllung gehandelt hat, also eine Abfüllung, die augenscheinlich unmittelbar von den Direktoren von Bristol Spirits Ltd., John Barrett, Dorothy Anne Cameron und Helen Susan Kent, ausgewählt wurde, und zudem Rums enthielt, die aus Destillerien kamen, die  man damals noch überhaupt nicht kannte (Innswood; New Yarmouth), übten natürlich noch einen zusätzlichen Reiz aus. Aus heutiger Sicht muss ich aber sagen, dass das zwar sehr viel Romantik ist, die auch mich nicht kalt gelassen hat, er für mehr Geld dann doch zu viele Punkte hat, an denen ich Kritik üben würde. Zu aller Vorderst ist das natürlich die erhebliche Verdünnung auf nur 43% vol.. Ich denke, dass ich heute evtl. noch bis zu 150,- Euro für den Rum ausgeben würde (wegen der Romantik), dann jedoch wäre Schluss. Denn ganz ehrlich? Es gibt Rums von damals, die mir heute sehr viel mehr fehlen als dieser.



Rum Nation Jamaica Rum 15 YO Long Pond 1986 - 45% vol.

Nase: für einen 1986er Long Pond erst einmal ungewöhnlich. Der Jahrgang ist zwar zu erkennen, aber dieser Rum scheint irgendwie noch "Bei-Noten" zu haben, die ich von dort sonst nicht kenne. Auch die Farbe ist wesentlich dunkler, als sie für einen auf 45% vol. verdünnten 1986er Long Pond erwartet werden kann. Auch etwas süßer als normal erscheint mir der Rum, wenn auch nicht auf Plantation-Niveau.

Gaumen: hier bestätigt sich das Bild im Grundsatz, allerdings tritt der Jahrgang hier doch noch etwas deutlicher heraus und ist nun klar zu identifizieren. Die Verdünnung leider ist deutlich zu spüren. Vielleicht sogar etwas zu deutlich. Dadurch wird das Trinkvergnügen doch leicht eingeschränkt.

Abgang: ein mittellanger Abgang, der den Rum nochmal aufleben lässt. Hier habe ich dann nochmals das Gefühl, dass der Rum etwas "Dosage" hatte.


Fazit: das war leider nicht mein Favorit aus 1986. Zwar ist der Rum nicht schlecht, aber er bleibt eben auch nicht bemerkenswert positiv in Erinnerung. Unter dem Strich heißt das für mich, dass ich die Flasche versiegelt lassen würde, wenn bei mir noch eine herum stünde. In Anbetracht der vielen Optionen, die das Jahr 1986 bietet, wäre das auch kein Rum, den ich heute noch kaufen würde. Da wird man für ähnliches Geld bei anderen Abfüllungen eher fündig. Allerdings muss ich gestehen, dass die Flasche für Rum Nation Sammler sicherlich reizvoll ist, denn ich könnte spontan nicht sagen, wann ich die Abfüllung zuletzt irgendwo angeboten gesehen hätte.



Berry's Own Selection Jamaica Rum 16 YO Long Pond 1986 - 46% vol.

Nase: volles Aroma! Der Rum macht, wohl durch die Verdünnung, etwas mehr auf als der Cadenhead IRW. Ich habe ganz viel Nuss, viel vegetales, grasiges, gegrillte Ananas und auch hier etwas Rauch. Der Alkohol sticht durch die Verdünnung fast gar nicht.

Gaumen: Mhhmm! :-) Angenehm weich kommt der Rum daher. Die Verdünnung schadet dem Rum kaum. Ich habe reichlich Nuss, grasige Noten, gegrillte Ananas, Banane, angenehmen Fasseinfluss, Vanille und nach hinten heraus ordentlich Anis. Geniale Abfüllung!

Abgang: Anis bleibt, dazu grasige und nussige Komponenten. Trocken, frisch geschnittenes Geäst. Langer Nachhall, klasse! 


Fazit: Long Pond 1986 war wirklich ein herausragender Jahrgang! Ich hatte bisher noch kaum einen Rum aus diesem Batch den ich richtig schlecht fand. Es gab einige, die waren meines Erachtens etwas zu sehr herunterverdünnt, aber dafür kann ja der Rum nichts. Bei allen Abfüllungen mit 46% vol. oder mehr war das aber nicht mehr gegeben und die waren alle durch die Bank weg spitze! Die besten unter ihnen waren meines Erachtens die helle Version vom Silver Seal 21 YO aus 1986 mit 50% vol. und der Cadenhead IRW 18 YO (s. unten). Diese Rums würde ich immer wieder auch noch aufmachen!



Cadenhead's Cask Strength IRW 18 YO Long Pond 1986 - 68,3% vol.

Nase: sehr volle Nase! Nuss, Stroh, Fruchtigkeit, gegrillte Ananas, Melasse und leichte Ester empfangen mich - und eine eher geringe alkoholische Schärfe, bedenkt man den enormen Alkoholgehalt von fast 70(!)% vol.. Der IRW erscheint mir leicht würzig und er hat auch eine sehr dezente Rauchigkeit am Ende.

Gaumen: nach kurzer alkoholischer Schärfe, die aber, trotz des enormen Alkoholgehalts, nicht unangenehm ist, habe ich im Vordergrund überreife Bananen, gegrillte Ananas, Gras, Nuss, Anis, einen floralen, vegetalen Touch und anschließend dezente Holznoten und Würze. Lecker!

Abgang: langer Nachhall! Eher trocken, viel Jamaica, etwas nussig, eine leichte Bitternote. Toll!


Fazit: neben dem HLCF sicherlich der Rum, den ich zu meiner Anfangszeit am meisten geliebt habe! Aber im Gegensatz zum HLCF hat es hier in der Zeit danach nicht noch Nachfolger en masse gegeben, weswegen mir der IRW schon sehr fehlt! Durch eine Flaschenteilung bin ich zumindest nochmal an 10 cl davon gekommen, worüber ich mich sehr gefreut habe. Wer den noch zu Hause im Keller stehen hat, dem kann ich nur nahelegen den IRW auch aufzumachen. Er ist es wert, ein ganz toller Rum! Ein Wedderburn-Long Pond par excellence!

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Gesamt-Fazit:

Die eindeutigen Gewinner für mich waren ganz klar der Berry Bros. 27 YO aus 1977 und der IRW von Cadenhead in Fassstärke! Das sind zwei absolute Klasse-Bottlings. Allerdings liegt auch der Rest im Feld fast durchgängig auf hohem bis sehr hohem Niveau, mit Ausnahme vielleicht des Rum Nation.
Früher war also mehr Long Pond? Ja, leider eindeutig ja! Wir alle neigen ja stets und ständig dazu, die Vergangenheit positiv zu verklären, aber bei den alten Long Ponds kann man das, im Gegensatz zu der Situation bei Hampden, aus meiner Sicht definitiv so annehmen. Die alten Jahrgänge sind aus meiner Sicht größtenteils unerreicht und ich mag mir gar nicht ausmalen, wie genial viele von denen wohl in Fassstärke gekommen wären. Leider setzte das Umdenken bei den unabhängigen Abfüllern, weg von den 46% vol. und hin zur Fassstärke, erst ein, als es für die alten Long Pond schon beinahe zu spät war. Glücklicherweise hat die Verdünnung diesen Rums nicht in diesem Maße geschadet, wie das bei Hampden der Fall war und so würde ich auch heute noch viele Long Ponds, auch in Trinkstärke, mit Vergnügen öffnen. Dieses Bild wird sich beim nächsten Mal dann auch noch verfestigen, wenn der zweite Schwung der längst ausgestorbenen Long Ponds hier vorgestellt wird.

Bis dahin,
Flo

Sonntag, 18. November 2018

Drams of Lost Hampden Classics

Liebe Rum Gemeinde,

bereits letzte Woche hatte ich euch berichtet, dass ich beim Aufräumen und Ausmisten meines BAT-Archivs einige alte Verkostungsnotizen zu einigen Rums gefunden habe. Einen Teil davon habe ich euch schon letzte Woche zukommen lassen, da ging es vor allem um alte, lange gereifte, eher gemäßigte Jamaicaner. Heute hingegen kommen ein paar High Ester Notes von einigen Klassikern aus Hampden. Die Notes sind um die Jahre 2011/2012 herum entstanden, als ich die Rums unzählige Male verkostet habe und sie auch noch alle weitestgehend gut verfügbar waren. Inzwischen, nur wenige Jahre später, haben sie alle einen absoluten Raritäten-Status!
Bei Raritäten neigen wir oft dazu, sie rückblickend romantisch zu verklären. So wird dann so mancher Durchschnitt am Ende noch zur "Spitzenabfüllung von einst". Gerade auch auf Ebay zeigt sich das oftmals sehr deutlich in den Preisvorstellungen einiger. Ich habe mir im Folgenden vorgenommen, derlei aus der Gesamtgleichung zu streichen und nur den Rum selbst zu sehen. Mit den Eindrücken von einst, aber eingeordnet in die Gegenwart und unter Berücksichtigung dessen, was seitdem passiert ist. Das hat bei mir dann kurioser Weise aber eher dazu geführt, dass ich viele Rums heute tendenziell nüchterner sehe als noch vor über 5 Jahren. Doch lest selbst... :-)



Die verkosteten Jamaicaner:

- Berry's Own Selection 17 YO Hampden 1990 - 46% vol.
- Cadenhead Cask Strength HLCF 13 YO Hampden 1992 - 66,2% vol.
- Cadenhead Green Label 14 YO Hampden 1992 - 46% vol.
- Renegade Rum Company 15 YO Hampden 1992 - 46% vol.
- Cadenhead's Cask Strength JMLR 8 YO Hampden 2000 - 63,2% vol.
- Renegade Rum Company 8 YO Hampden 2000 - 46% vol.

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Berry's Own Selection Jamaica Rum 17 YO Hampden 1990 - 46% vol.

Nase: woah, eine wahnsinnig fruchtige Nase! Über die Maßen esterreich und dabei typisch jamaikanisch kommt der Rum um die Ecke, stark und voll. Außergewöhnlich! Wahnsinn!

Gaumen: das gleiche Spiel am Gaumen: auch hier wieder unglaublich viel Frucht, man fällt quasi Kopf über in eine Obstschale mit allen erdenklichen exotischen Früchten! Erst im zweiten Moment kommen auch geringfügig Noten der Fasslagerung vom Holz mit, die sich perfekt mit den Fruchtaromen. Das erscheint alles sehr ausgewogen und ergänzt sich perfekt. Der Rum ist so unfassbar mundfüllend und körperreich, außerordentlich gut!

Abgang: lang und länger... der volle Geschmack der Frucht verweilt eine ganze Zeit am Gaumen, erst nach Stunden schmeckt man nichts mehr vom Rum nach. Unglaublich!


Fazit: eine Geschmacks-Explosion! Ein Rum, der seinerzeit alles bis dahin dagewesene getoppt hat und auch heute noch zum erweiterten Kreis der besten Hampden zählt, die es überhaupt gibt. Mein Urteil fiel ursprünglich noch berauschender aus, allerdings haben einige mit der Zeit noch erschienene und länger gelagerte 1990er, die in einer höheren Stärke abgefüllt wurden, das ein kleines Stück weit relativiert. Aber die Verdünnung war wirklich der einzige Schwachpunkt dieses Rums. Die 70,- Euro, die er ursprünglich gekostet hat, waren aus heutiger Sicht ein Traum-Preis. Heute würde ich wohl noch bis zu 150,- Euro für diesen Rum bezahlen. Ob ich ihn dafür aber auch bekäme?



Cadenhead's Cask Strength HLCF 13 YO Hampden 1992 - 66,2% vol.

Nase: es zeigt sich mir erneut eine Ester-Bombe! Esterreich, fruchtig, aber auch gesetzt kommt dieser Rum daher. Den Ester-Anteil des 1990ers kann er nicht ganz mitgehen, aber dafür habe ich hier auch einige deutlicher gelagerte Noten vom Holz mit Vanille, Zitrone und Erde. 

Gaumen: ich habe sehr viel Pot Still-Hampden-Aroma am Gaumen, eine wahnsinnige Vielfalt! Der Rum wirkt trotz "nur" 13 Jahren Reife sehr ausgewachsen, hat vom Fass einiges abbekommen, was dem Rum gut tut. Auch alkoholische Schärfe ist dabei, allerdings fällt die für den Alkoholgehalt des Rums lächerlich gering aus. Ansonsten fallen mir Banane, Ananas, Erde, Zitrusfrucht und Vanille auf, die ich auch schon in der Nase fand. 

Abgang: sehr lang! Alles, was man am Gaumen hatte, bleibt für Stunden deutlich im Mund. Überaus angenehm!


Fazit: dieser Rum war für mich, zu Anfang meiner Rum-Zeit, der absolute König unter den Jamaica Rums, mein Einhorn! Er war der erste Rum, für den ich eine dreistellige Summe bereit war zu zahlen und lange Zeit war dies auch der einzige Hampden mit höherem Estergehalt, den es in Fassstärke abgefüllt gab. Das machte ihn zu etwas sehr besonderem und einzigartigem. Aus heutiger Sicht ist der Cadenhead HLCF 13 YO natürlich noch immer ein toller Rum, aber seine absolute Ausnahme-Stellung hat er bereits seit langem eingebüßt. Inzwischen gab es schon viele andere, vergleichbare Rums, die ähnlich oder besser waren, beispielsweise einige der Hampdens aus 1998 oder auch andere 1992er in Fassstärke. Daher würde ich wohl heute kaum mehr zahlen als anno 2011, nämlich ca. 100,- Euro. Ich denke, dass der Marktwert aktuell klar höher liegt, aber dafür würde ich ihn nicht mehr aufmachen.



Cadenhead Green Label 14 YO Hampden 1992 - 46% vol.

Nase: sehr ähnlich zum Cadenhead HLCF 13 YO, nur alles etwas dünner, nicht so enorm konzentriert - aber es ist eindeutig das gleiche Batch! Fruchtige Ester und gelagerte Noten vom Holz bilden hier eine schöne Kombination, die Lust auf mehr macht.

Gaumen: leider macht sich die Verdünnung hier schon bemerkbar. Dadurch fehlt jeglicher alkoholischer Einschlag und viel Kraft. Die Komponenten aus Banane, Ananas, Vanille, Erde oder Zitusnoten sind aber auch hier vorhanden. Bedauerlich, dass man diesen Rum nicht in Fassstärke abgefüllt hat, so wie man es ein Jahr zuvor noch mit seinem jüngeren Bruder gehandhabt hat. Dann wäre dieser Rum sicher noch viel besser gewesen.

Abgang: das ist dann wieder Hampden in Reinform! Lang und länger. Esterig. Typisch Hampden!


Fazit: dieser Rum hätte, in Fassstärke abgefüllt, der ganz große Wurf werden können! Seinerzeit war er mit 40,- Euro ein echtes Schnäppchen, zumal aus heutiger Sicht, aber die Verdünnung ist ein Malus, den ich einem Hampden inzwischen kaum noch nachzusehen bereit bin. Dafür ist das Angebot an gereiften Hampden in Fassstärke in den letzten Jahren einfach zu sehr gewachsen. Ich würde diesen Rum daher heute nicht mehr kaufen oder öffnen. Im Mai Tai hingegen hat er immer super funktioniert. 



Renegade Rum Company 15 YO Hampden 1992 - 46% vol.

Nase: okay, noch einmal 1992! Der Rum kommt im Kern schon sehr ähnlich daher, allerdings deutlich gemäßigter, durch die Verdünnung, und auch spürbar abgerundeter durch sein Bordeaux-Fass-Finish. Klar habe ich da die typischen Hampden-Noten, aber das Finish macht schon deutlich was mit dem Rum. Auch im Glas ist das zu sehen, wo der Rum farblich eher wie ein Rosé erscheint, als dass er wie ein Rum wirken würde. Sehr ungewöhnlich!

Gaumen: hier kommt der Hampden etwas besser und deutlicher durch als in der Nase, aber das Finish ist auch hier präsent. Das wirkt alles sehr gediegen, sehr gemacht, sehr experimentell. Das ist kein Rum mehr, den ich mir eingießen würde wenn mir nach einem Rum wäre, sondern wenn mir nach einem Wein wäre. Und wieder diese Farbe... fast möchte man ihn aus einem Rosé-Glas trinken. 

Abgang: Hampden ist Hampden. Und Finish hin oder her, der Rum bleibt lange am Gaumen verweilen und verschwindet erst nach über einer Stunde.


Fazit: das war der bis dahin wohl ungewöhnlichste Hampden, den ich im Glas hatte und ich glaube, da kam auch bis heute kaum einer dazu der es geschafft hat, einen Hampden weiter weg vom Markenkern zu ziehen wie das bei diesem Renegade der Fall war (und bei einem weiteren, doch dazu weiter im Text mehr...). Und doch mag ich diesen Rum, auch, weil das Finish dazu geführt hat, dass der Rum nicht diese für 46% vol. bei Hampden so typische Wässrigkeit aufweist. Der ist angenehm ölig. Damals habe ich ca. 60,- Euro für eine Flasche gezahlt. Heute wäre mir der Rum vielleicht auch noch etwas mehr wert, aber bei 80,- bis 90,- Euro wäre wohl Ende. Das ist einfach so speziell: probiert sollte man ihn haben. Aber ob man da eine ganze Flasche braucht?



Cadenhead's Cask Strength JMLR 8 YO Hampden 2000 - 63,2% vol.

Nase: hier habe ich zunächst starke, alkoholische Noten. Dass der Rum noch sehr jung ist, ist offenkundig. Jamaica und Hampden kommen dahinter durch und die Ester zeigen sich. Der Rum braucht einige Minuten Zeit, bis sich auch andere Aromen, wie Toffee, Vanille, Humus, Ananas und Banane durchsetzen können. Der JMLR ist in der Nase deutlich weniger rund als sein 13 jähriger Bruder und bringt auch deutlich weniger Power mit.

Gaumen: die alkoholische Schärfe steht zunächst im Vordergrund, weicht aber dann dem typisch jamaikanischen Geschmack von Früchtekorb. Ich habe auch hier wieder Ester, aber das fällt alles einfach ein wenig beschränkter aus, als bei anderen Hampden mit höherem Estergehalt. Das erinnert alles sogar fast eher an einige kräftigere Long Pond. Die kurze Reifedauer wird dem JMLR 8 YO leider etwas zum Verhängnis, denn der Rum ist noch sehr rau und kratzig. Ansonsten zeigen sich eine leichte Bitternote, sowie letztlich doch auch noch ein wenig Holz vom Fass. 

Abgang: der fällt leider deutlich kürzer aus als beim HLCF z.B. oder gar beim Berry Bros., die Fruchtnoten verschwinden, etwas leicht bitteres bleibt haften, ein wenig Melasse vielleicht, insgesamt aber eher enttäuschend, denn der Rum ist, für einen Hampden, wirklich schnell weg.


Fazit: ein eher ernüchternder Auftakt der LROK 2000 Reihe von Hampden. Der Rum war für das damalige (überschaubare) Angebot und für das was er seinerzeit gekostet hat, ca. 50,- Euro sind es gewesen, durchaus sein Geld wert und auch im Mai Tai hat er eine gute Figur gemacht, allerdings ist der Rum aus meiner Sicht im Jahr 2018 nicht mehr konkurrenzfähig. Der Jahrgang 2000 aus Hampden war einfach sehr, sehr ergiebig in den letzten Jahren und so sind viele andere, reifere Rums dieses Batches erschienen und ich persönlich habe den Jahrgang insgesamt sogar so ein bisschen "über". Ich würde den JMLR 8 YO heute nicht mehr kaufen und hätte ich noch einen hier, so würde ich ihn eher versetzen als irgendwann noch einmal öffnen. Es gibt einfach bessere, die auch nicht die Welt gekostet haben, wie z.B. der 2000er von Andreas Schwarz.



Renegade Rum Company 8 YO Hampden 2000 - 46% vol.

Nase: nochmal Renegade, nochmal ein Weinfass-Finish! Und zunächst wird der Rum dann auch vom Chateau Climens Fass dominiert, aber anschließend kommen dann die Esternoten, etwas Frucht und das typisch jamaikanische mit, wobei es diese Eindrücke gegen das Weinfass wirklich schwer haben.

Gaumen: für seine gerade einmal acht Jahre lange Lagerzeit schmeckt er schon sehr reif. Wieder liegt das Weinfass über allem, was den Rum einzigartig macht, ihn aber auch sehr verformt und ihn zu etwas völlig neuem macht. Alkoholische Schärfe ist leicht da, aber überhaupt nicht störend. Würde sie fehlen, wäre der Rum auf jeden Fall zu weich gespült für meinen Geschmack, dafür nimmt das Chateau Climens Fass dem Rum einfach zu viel von seinem jamaikanischen Charakter.

Abgang: hier halten sich Jamaica und Chateau Climens die Waage, der Geschmack verweilt etwas am Gaumen und so weiß der Abgang zu gefallen.


Fazit: es gilt im Prinzip das gleiche wie für den Renegade 1992. Nie vorher und nie nachher war Hampden vermutlich weiter weg von dem was sie ausmacht, als bei diesen Abfüllungen, selbst beim Murray McDavid 13 YO aus 1992 nicht. Im Falle des 2000ers gelingt die Kreuzung aus zwei Welten hingegen noch etwas besser als beim 1992er, so dass hier wirklich etwas komplett eigenes entstanden ist, was ich richtig gut finde. Toller Rum! Würde ich ihn heute irgendwo finden, so wüsste ich aus dem Stand nicht, was er mir wert wäre, ein Rum, den ich durchaus vermisse! Das wäre also vermutlich eine Bauchentscheidung. Wer eine Flasche bei sich herumstehen hat, dem würde ich, anders als beim 1992er, fast auch raten, sie einfach mal zu öffnen. Für mich ist das bis heute mit der beste 2000er, weil er eben nicht ist, wie die anderen. 

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Gesamt-Fazit:

Einen klaren Sieger auszumachen, so wie das letzte Woche beim Monymusk von Bristol funktioniert hat, ist heute nur bedingt möglich. Und das hängt vor allem damit zusammen, dass ich einen echten Verlierer heute nicht gesehen habe. Die Qualität war durch die Bank weg hoch, das waren alles klasse Rums!
Dennoch gibt es natürlich eine Gewichtung. So sehe ich den 1990er Hampden von Berry Bros. & Rudd. sehr weit vorne, da 1990 einfach mein Lieblings-Batch aus Hampden ist und diese die Verdünnung auch besser vertragen als z.B. das Batch aus 1992. Dahinter folgen der 13 YO HLCF und der 8 YO Renegade, die jeweils ebenfalls sehr zu gefallen wissen. Etwas hinten an kommen aber der Renegade 1992, der JMLR 8 YO und der Cadenhead Green Label 14 YO aus 1992, die für mich , aus jeweils ganz individuellen Gründen, nicht ganz das Niveau der anderen Abfüllungen erreichen. Sie wären auch diejenigen, die ich heute eher auch nicht mehr aufmachen würde. Aber für das was die damals gekostet haben waren auch diese drei wirklich super! Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich den JMLR und den Green Label mit ihren knapp unter 50,- bzw. 40,- Euro seinerzeit als gehobenen Standard für den Mai Tai empfohlen habe. Lange ist's her!

Hampden heute: Abfüllungen erscheinen häufig in Fassstärke.
Aus heutiger Sicht finde ich es spannend, dass ich auch Rums, die für mich damals wirklich das non plus ultra waren, inzwischen nicht mehr vermisse, bzw. die sich eher überlebt haben, einfach, weil mit der Zeit noch bessere, vergleichbare Rums erschienen. Bei Hampden finde ich das allerdings auch besonders bezeichnend und sehr auffällig. Man muss damals nicht schon dabei gewesen sein um die besten Hampden zu kennen. Da kommt heute zum Teil noch besserer Stoff, wie ich finde. Entweder noch aus den alten Stocks, oder zum Teil auch schon aus den Beständen des neuen Rums aus der Zeit nach der Wiedereröffnung der Brennerei im Jahr 2009. Hier unterscheidet sich die Destillerie von nahezu allen anderen beliebten Rum Brennereien, denn normal lief es eher in eine entgegengesetzte Richtung. Bei anderen Stilen, z.B. den Rockley Rums aus WIRD von Barbados, ist das gänzlich anders und ich würde gar von einem nahezu verlorenen Stil sprechen, denn der Jahrgang 1986 z.B. hat vor fast 6 Jahren seinen letzten Release erlebt und auch die 2000er kommen immer seltener und sind auch nicht identisch zu den 1986ern. Da ist der Zug heute abgefahren. Auch für Caroni gilt das bedingt bereits (vor allem zu bezahlbaren Konditionen) und ebenso ist es für die alten Jahrgänge von Long Pond meist schon zu spät - von den Demeraras ganz zu schweigen!

Demnächst geht es dann hier weiter mit noch ein paar weiteren wiederentdeckten Verkostungsnotizen. Ich habe noch einiges aus Long Pond und auch zu ein paar alten Cadenhead und Demerara Rums. Seid gespannt!

Bis dahin,
Flo

Sonntag, 11. November 2018

A bunch of rare medium Jamaica Rums

Liebe Rum Gemeinde,

ich habe während der letzten Woche das Archiv von Barrel Aged Thoughts aufgeräumt und ausgemistet. Dabei bin ich unerwartet auch auf einige alte, unveröffentlichte Verkostungsnotizen aus 2012 zu einigen medium bodied Jamaica Rums getroffen. Sie sind nicht über die Maßen umfangreich, allerdings sind einige der damals verkosteten Rums heute sehr rar und oft nahezu unbekannt. Nicht selten jedoch schlummern solche Rums noch in den Kellern einiger Connaisseure und an genau die richtet sich das hier, denn wer möglicherweise schon immer mal wissen wollte, ob es sich lohnt eine dieser Flaschen zu öffnen, der findet hier und heute möglicherweise eine Entscheidungshilfe. 

Bildquelle: Wikipedia



Die verkosteten Jamaicaner:

- Appleton Estate Jamaica Rum 21 YO (alte Version) - 43% vol.
- Alambic SC Jamaica Rum 15 YO Long Pond 1992 - 45% vol.
- Bristol Classic Rum Jamaica 20 YO Monymusk 1977 - 46% vol.
- Cadenhead's Green Label Jamaica Rum 25 YO Long Pond 1974 - 46% vol.
- Plantation SC Jamaica 25 YO Long Pond 1986 - 42% vol.
- Coruba Jamaica Rum 25 YO - 40% vol.

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Appleton Estate Jamaica Rum 21 YO - 43% vol.

Nase: Appleton-typisch, sehr reif, melassig, schwer und dunkel. Eine lange Reifezeit deutet sich direkt an.

Gaumen: sehr viel Gewürze und Trockenfrüchte, der Eindruck der Nase setzt sich fort, zweifellos wurde dieser Rum lange Zeit gelagert, das kann er nicht verbergen. Seine jamaicanische Herkunft leugnet der Appleton 21 nicht, trotz dessen, dass ihm jegliche Brachialgewalt abhanden gekommen ist. Er weiß zu gefallen, auch im Old Fashioned wäre er sicher eine gute Wahl.

Abgang: etwas bitter, leichte Mandelnote, trocken, wirklich langanhaltend.


Fazit: der Appleton 21 ist ein solider Rum, den ich allerdings damals wie heute als überpreist empfinde. Ja, 21 Jahre tropische Jahre haben ihren Preis, aber Verdünnung und Beliebigkeit des Rums sorgen einfach dafür, dass mir hier die Bereitschaft dafür fehlt ihn zu zahlen. Zumal sich für das Geld auch andere Optionen auftun. Eher würde noch ein bisschen was drauflegen und einen Vale Royal oder einen Cambridge, oder gar für weniger Geld einen 6 jährigen Velier Antigua 2012 z.B. kaufen. Was bleibt zu hoffen? Natürlich, dass von Appleton in naher Zukunft endlich einmal Small Batch Abfüllungen in Fassstärke kommen. Das fänd ich unglaublich reizvoll! 



Alambic SC Jamaica Rum 15 YO Long Pond 1992 - 45% vol.

Bildquelle: cocktaildreams.de

Nase: sehr Jamaica-untypisch, dabei aber vor allem ungewöhnlich karamellig. Trotz 45% vol. hat er eine leichte alkoholische Schärfe. Im Bouquet hat er etwas Ester in Form von Banane und... Karamell! Letzteres liegt wirklich über allem.

Gaumen: der Rum kommt hier leider etwas flacher als die Nase. Die Verdünnung merkt man dem Long Pond an, trotz dessen weist er alkoholische Schärfe auf. Das Karamell setzt sich fort. Würze und Süße gesellen sich dazu, auch alkoholische Noten und Anklänge von Früchten finden sich im Geschmack wieder. Nach einer Weile im Glas kommen auch ein paar Holztöne vom Fass durch.

Abgang: kurz und eher trocken, dabei etwas Eiche und Karamell. Nach einer Minute ist der Rum gänzlich verschwunden.


Fazit: Karamell-Bombe! Das ist Long Pond auf eine Weise, wie ich sie so gar nicht mag und brauche. Der Jahrgang 1992 ist leider sehr speziell und geht ganz weit von allem weg, was man von einem Long Pond traditionell erwartet. Schade! Auch der 18 YO, den ich ebenfalls mal im Glas hatte, ist nicht wirklich anders, genauso wie ein 1992er Bottling von MacY. Wer da noch was im Regal hat: lasst sie lieber zu!



Bristol Spirits Rum 20 YO Monymusk 1977 - 46% vol.

Bildquelle: cocktaildreams.de
Nase: zu Beginn unglaublich verhalten, da kommt erstmal wenig durch im Bouquet. Auch alkoholische Schärfe ist kaum vorhanden. Ich habe etwas Holz, dunkle Früchte und Kakao. Dazu leichte Spuren von Nüssen und Heu. Monymusk ist zunächst dezent zu erahnen, wenn man den Stil kennt, kommt aber mit zunehmender Zeit im Glas klarer heraus.

Gaumen: hier kommt der Bristol angenehm weich, er ist kaum alkoholisch. Die Verdünnung ist zu merken, schadet dem Rum aber nicht übermäßig. Der Monymusk ist ölig, vielleicht leicht bitter mit dunkler Schokolade, gepaart mit überreifer Banane und Holz. Eine Geschmacksexplosion bleibt aus, was aber für Monymusk aus 1976/1977 nicht untypisch ist.

Abgang: leider eher kurz, trocken und unspektakulär verabschiedet sich der Rum vom Gaumen. 


Fazit: ein handwerklich rundherum ausgezeichneter Rum, der eher mit leisen als mit lauten Tönen zu überzeugen weiß. Damals lag die Flasche bei etwas über 100,- Euro, soweit ich mich erinnere. Das war ein guter, wenn auch seinerzeit ein durchaus hoher Preis. Heute sieht das freilich anders aus. Wer noch eine Flasche, möglicherweise auch vom 21 YO, vom 23 YO oder vom 25 YO, bei sich zuhause stehen hat und Jamaica nicht immer mit der Brechstange braucht, der kann ihn durchaus auch mal aufmachen. Viel falsch machen kann man dann nicht. 



Cadenhead's Green Label Jamaica Rum 25 YO Long Pond 1974 - 46% vol.

Nase: trotz der nur 46% vol. habe ich eine eher alkoholische Nase. Jamaica lässt sich erahnen, insgesamt wird aber zunächst viel vom Alkohol verdeckt. Dahinter finden sich Spuren von Toffee und Schokolade, die nach einiger Zeit im Glas deutlicher durchkommen. Dazu viel Holz! 

Gaumen: überaus bitter und holzig! Der lag meines Erachtens definitiv zulange im Fass. Trotz der Verdünnung ist der Rum noch schwarz wie die Nacht. Entweder der Rum hatalso einen Teil seiner Reife noch in der Karibik erfahren und nicht im kühlen Schottland, oder aber das Fass war, wie auch alte Demerara damals, entsprechend präpariert. 

Abgang: bitter und holzig. Der Rum ist länger präsent als ich ihn schmecken möchte.


Fazit: der ist meiner Meinung nach mal so gar nichts! Viel zu verholzt und eindimensional macht es einfach keinen  Spaß den im Glas zu haben. Auch andere 1974er Jamaicaner aus Long Pond die ich im Glas hatte zeigten ein ähnliches Bild. Long Pond hat wesentlich schönere Vintage-Jahrgänge, wie 1977, 1982 oder 1986. Diese sind ihr Geld dann auch wert. Die 74er hingegen würde ich verschlossen lassen. 



Plantation Old Reserve Jamaica 1986 Single Cask - 42% vol.

Nase: sehr volle Nase! Ich habe Esternoten, Banane, Mandel und eine erhebliche Süße, die mir nicht natürlich erscheint. Dazu eine für die Plantations sehr charakteristische Eigennote.

Gaumen: Schokolade, danach Mandel und Toffee, Banane, Ester. Sehr warm und rund. Dazu eine erhebliche Süße. Ich vermute eine Zugabe von Zucker. Long Pond ist zu erkennen. Einzig: er könnte noch eine Spur vollmundiger sein! Leider ist der Rum sehr verdünnt worden. 

Abgang: langanhaltend, schokoladig und einfach lecker!


Fazit: unglaublich aber wahr, aber auch der Plantation 1986 konnte mich damals tatsächlich überzeugen und er reicht fast an seinen 1983er Bruder heran. Klar, er ist gesüßt und auch viel zu sehr verdünnt worden, aber als Easy Sipper nebenbei ist der durchaus zu gebrauchen. Der lag damals bei ca. 70,- Euro pro Flasche, dürfte heute aber deutlich darüber liegen. Und ganz ehrlich? Mehr als die damaligen 70,- Euro ist der Rum meines Erachtens nicht wert. Lasst den zu und versucht ihn bei Plantation Sammlern gegen einen ehrlichen Rum einzutauschen. 



Coruba Jamaica Rum 25 YO - 40% vol.

Nase: ich habe eine eher leichte Nase, etwas Vanille, etwas Holz. Viel zu erkennen ist da aber nicht. Sehr flach. 

Gaumen: wieder Vanille, erneut sehr flach und eher wässrig statt ölig, Holz kommt deutlich, aber nicht unangenehm durch, wie auch beim Appleton 21 verheimlicht auch dieser Rum sein hohes Alter nicht. Insgesamt fehlt mir hier aber Vielschichtigkeit, Komplexität und Jamaica-Flavour.

Abgang: unspektakulär, mittellang, bleibt nicht im Gedächtnis.


Fazit: ein Rum, den man meines Erachtens nicht braucht. Von Coruba überzeugten mich aber überhaupt nur die N.P.U.-Abfüllungen. Das sind solide Jamaicaner mit ordentlich Estern, aber die länger gelagerten Varianten sind für meinen Geschmack alle austauschbar und überpreist. Lasst da lieber die Finger davon! 

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Gesamt-Fazit: 

Der klare Sieger dieser Runde ist der Monymusk aus 1977 von Bristol. Er ist auch der einzige, den ich guten Gewissens und uneingeschränkt empfehlen kann. Der Plantation 1986 ist als Easy Sipper solide, aber nicht mehr wert als sein damaliger Ausgabepreis. Den Appleton 21 kann man dagegen trinken, ist aber für meinen Geschmack zu teuer. 
Auf der Seite der Verlierer finden sich dagegen ganz klar die drei anderen Rums wieder: der Coruba 25 YO, der Alambic Classique 15 YO und der Cadenhead's Green Label 25 YO, die nicht nur ihr Geld meiner Ansicht nach überhaupt nicht wert waren und sind, sondern eben auch mit klaren Fehlnoten und Mängeln daher kommen! Habt ihr eine dieser Flaschen noch irgendwo herumstehen, dann lasst sie besser zu. 

Ich hoffe, diese Kurz-Reviews konnten einen kleinen Überblick über die eher selten anzutreffenden, zumeist sehr lange gereiften, eher etwas softeren Jamaica Rums geben und helfen vielleicht dem einen oder anderen dabei sich zu entscheiden, ob er einen dieser Rum kaufen oder aufmachen möchte oder es vielleicht besser lässt. 


Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 4. November 2018

Velier HP Heavy Trinidad Rum 20 YO Caroni 1996

Liebe Rum Gemeinde,

nach ganz viel Long Pond und Jamaica geht es heute endlich auch einmal wieder zu meiner momentanen Lieblingsdestillerie, das heißt, es geht natürlich nach Trinidad und dort direkt nach Caroni an die Old Southern Main Road!


Und es geht nicht einfach nur nach Caroni, was für sich genommen ja schon immer eine gute Wahl ist, nein, es geht auch noch in einen meiner absoluten Lieblingsjahrgänge von Caroni, es geht in das Jahr 1996! Dieser Jahrgang ist kein unbekannter hier auf Barrel Aged Thoughts, denn mit dem 21 YO Extra Strong 100° Proof, dem 17 YO High Proof Bottling aus 2013 und der 20 YO Single Cask Abfüllung für Kirsch Whisky kamen hier bereits drei Velier 1996 zur Verkostung, sowie mit dem 12 YO Rendsburger Caroni 1996 von Whisky Krüger auch noch ein 1996, der ursprünglich aus den Tropical Caroni Stocks von Bristol Spirits Ltd. stammt. Wer sich mit Caroni und seinen Bottlings etwas auskennt und diese Auswahl kurz überfliegt, dem fällt aber vielleicht auf, dass da durchaus auch noch ein paar spannende Abfüllungen fehlen. Und eine von ihnen möchte ich euch heute gerne etwas näher vorstellen, nämlich den Velier 100° Proof Heavy Trinidad Rum 20 YO Caroni aus 1996!

                   

















Dieser kam im Jahr 2016 nach 20 Jahren tropischer Reifung als das 34th (auf dem Label fälschlich 34rd) Release der regulären Velier Caroni Serie zur Abfüllung und hat einen Alkoholgehalt von 57,18% vol.. Die Reifung erfolgte bis auf der Insel Trinidad. Während der insgesamt 20 jährigen Reifung verdunsteten über 85% der ursprünglichen Menge Rum, der so genannte Angels Share. Diese Angaben liest man immer wieder auf Flaschen, allerdings habe ich in letzter Zeit häufig festgestellt, dass einigen Connaisseuren nicht immer klar ist, was genau diese Angabe bedeutet. Viele stellen sich darunter dann Fässer vor, in denen sich nur noch rund 15% des Rums befinden, sprich, die fast leer sind. Das ist, zumindest bei Velier, aber nicht zutreffend (andernfalls wären Single Cask Abfüllungen ja auch keine 50 Flaschen mehr stark). Vielmehr kippt Velier immer wieder Fässer des selben Batches zusammen, so dass sie wieder voll befüllt sind. Es reduziert sich also nicht die Menge Rum in den Fässern, sondern die Anzahl der gefüllten Fässer.


Angels Share am Beispiel des 34th Caroni Release:

Was heißt das im konkreten Fall der heutigen Abfüllung? Ein Rechenbeispiel: das 34th Release ergab am Ende noch 3800 Flaschen. Wenn wir davon ausgehen, dass man pro Fass ca. 250 Flaschen herausbekommt, dann wissen wir, dass für den Rum ca. 15 Fässer miteinander vermählt wurden. Diese ca. 15 Fässer sind also ca. 15% der Menge der für diesen Rum ursprünglich befüllten Fässer, was bedeutet, dass im Jahr 1996 nicht weniger als ca. 100 (!!) Fässer für das 34th Release befüllt wurden. Das heißt, dass in den 20 Jahren der Reifung die Menge von mehr als 85 Fässern Rum verdunstet ist, um am Ende noch ca. 15 Fässer a 3800 Flaschen herauszubekommen.

Bildlich sieht das dann so aus:

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Zum Vergleich dazu: bei einer Lagerung in Europa verdunsten im gleichen Zeitraum nur etwa 25% des Rums. Mal etwas mehr, mal etwas weniger. Hätte man also im Jahr 1996 die 100 Fässer nach Europa gebracht, so wären noch ca. 75 von ihnen gefüllt gewesen.  Das sähe dann so aus:


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Diese 75 Fässer hätten dann wiederum ca. 19.000 Flaschen ergeben. Das heißt also, dass sich einzig und allein durch die Wahl von tropischer Sonne statt der gemäßigten Temperaturen in Europa zur Reifung der Fässer eine Differenz von ca. 15.000 Flaschen (!!) ergibt! Rechnet man mit einem Preis von 100,- Euro pro Flasche, so ergibt sich eine Differenz von stolzen 1,5 Millionen Euro! Ein gewaltiger Unterschied und spätestens jetzt wird vermutlich jedem klar, warum eine derart lange tropische Reifung tatsächlich so besonders ist und warum das bisher kaum so gemacht wurde. Ich bin kein Freund davon, die Jahre der Reifung oder den Reifegrad der jeweiligen unterschiedlichen Reifung im Vergleich zwischen den Tropen und Europa gegeneinander aufzurechnen. Und auch geschmacklich möchte ich da keine grundsätzliche Herauf- oder Herabstufung vornehmen oder mich irgendeinem Dogmatismus hingegen, weder zur einen noch zur anderen Seite, weswegen man eine Pauschal-Aussage wie "Tropische Reifung ist immer besser!" von mir auch nicht hören wird, aber die rein wirtschaftlichen Unterschiede, die sich bei der tropischen Reife in einem Verlust fast des gesamten Bestandes manifestiert, die war es mir ein Anliegen einmal sehr deutlich darzustellen. Um diesen Weg zu gehen, bedarf es also schon einer großen Portion Überzeugung und Idealismus und letztlich auch Mut, und daher freue ich mich, dass es mit Luca Gargano einen Mann gegeben hat, der ihn erfolgreich gegangen ist. Wie gesagt, ich sehe in tropischer Reifung kein Dogma, aber ich erachte sie als eine unschätzbare Bereicherung für die Rum Welt!




Verkostung des Velier 20 YO HP Caroni 1996:

Preis: der Ausgabepreis im Jahr 2016 lag bei ca. 100,- bis 150,- Euro. Heute kostet eine Flasche ca. 200,- bis 250,- Euro. Für Velier- und Caroni-Verhältnisse hält sich der Aufpreis hier also bisher noch in Grenzen.

Alter: insgesamt 20 Jahre lag, von 1996 bis 2016, lag der Rum im Eichenfass.

Lagerung: die Reifung fand von 1996 bis 2016 auf Trinidad statt. Somit ist er zu 100% tropisch gereift.

Fassnummern: unbekannt. Es wurden 3800 Flaschen abgefüllt.

Angel's Share: >85% 

Alkoholstärke: 100° Imperial Proof - der Rum hat eine Trinkstärke von 57,18% vol.

Destillationsverfahren: unklar.

Mark: HTR

Farbe: tiefes, dunkles Mahagoni. 

Viskosität: dicke, fette und satte Schlieren laufen an der Glaswand herunter.

Nase: Caroni! No doubt... Sehr stiltypisch schreit einem dieser Rum sofort entgegen was er ist. Herrliche Nase! Sehr tief, sehr voll, sehr reichhaltig, sehr komplex. Genau so muss ein guter Caroni riechen! Auch der Jahrgang 1996 lässt sich durchaus bereits definieren. Da ist diese schwere, für Caroni 1996 so unglaublich typische Süße, mit Anklängen von reichhaltig gefülltem tropischen Obstkorb, gepaart mit dreckigen Komponenten von Petroleum, Nagellackentferner, Phenolen, Holzlack, kurz, allem, was nicht in Kinderhände gehört. Dazu hat er auch noch etwas leicht pafümiertes und die lange Fassreife kommt ebenfalls durch. Die alkoholische Schärfe klingt zu Beginn kurz an, verzieht sich aber innerhalb einer halben Stunde fast gänzlich. Für eine Stärke von fast 60% vol. ist das wirklich sehr dezent. Ganz, ganz großes Kino, großartige Nase!

Gaumen: erneut besteht kein Zweifel darüber, was ich gerade im Glas habe! Vor allem auch das Jahr 1996 lässt sich deutlich herausschmecken. Die Verdünnung ist dem Caroni zu Beginn kurz anzumerken, auch Blind hätte ich sicher nicht auf einen Full Proof getippt. Allerdings bleibt das alles im Rahmen und ich würde alles in allem sogar fast von einer optimalen Trinkstärke sprechen, auch und gerade weil die Caronis aus 1996 in Fassstärke ja auch gerne mal um die 70% vol. aufweisen. Das ist zwar auf seine Weise ebenso genial, aber im Umkehrschluss auch sehr anstrengend, weswegen diese smoothe Auslegung sehr gut passt, wie ich finde. Nach kurzer Zeit im Mund wird der Rum dann auch zunächst adstringent und dann cremig, was mir gut gefällt, ich mag das. Das Aromenspektrum reicht von tropischen Früchten, über Petroleum, Phenole, Holzlack und Teer, bis hin zu einer tollen Note vom Fass, die uns neben der schönen Holzaromen auch noch etwas Bourbon Vanille und eine gute Portion Anis sowie Nelke beschert. Das ist schon ein sehr typischer Vertreter für 1996!

Abgang: der Rum ist langanhaltend und es bleibt vor allem das Holz vom Fass, gepaart mit etwas frischem Schnittholz, viel Anis und Nelke und ein wenig Kastanie.

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Caroni in Autumn
Fazit: Geil, geil, geil! Genau so muss ein Caroni für mich sein, und tatsächlich ist das einer der besten Vertreter des herausragenden Jahrgangs 1996 für mich! Umso weniger kann ich verstehen, dass er noch immer so ein wenig im Schatten zu stehen scheint, immer ein wenig vergessen wird, wenn es um die ganz großen Caroni Bottlings geht. Das manifestiert sich letztlich auch im Preis für diese Abfüllung, der mit 200,- bis 250,- Euro pro Flasche noch vergleichbar human ausfällt, bedenkt man, was da bei Caroni sonst gerade so los ist. Damit liegt er in etwa bei dem, was eine Flasche Caroni 21 YO aus 1996, der noch immer verfügbar ist, oder was das 31st Release 1996 - 2013 High Proof kostet und ich meine, dass er diesen beiden wiederum ganz deutlich überlegen ist. Das liegt vor allem daran, dass das heute verkostete 34th Release, im Gegensatz zu den beiden anderen eben erwähnten Rums, immer wieder auch Ecken und Kanten aufweist und trotz der Verdünnung alles andere als weichgespült ist. Gleichzeitig sorgt der leicht gesenkte Alkoholgehalt aber wiederum dafür, dass der Rum auch Nicht-Caroni-Nerds zugänglich ist, weswegen es also wohl diese Caroni-Abfüllung wäre, die ich fast jedem fast blind empfehlen würde! So war es nur logisch, dass ich mir auch selbst eine Flasche dieses wirklich hervorragenden Rums gekauft habe. Denn das ist einer dieser Rums, bei denen mir ein Sample nicht gereicht hätte. Davon möchte ich noch mehr trinken und das werde ich auch in Zukunft gerne tun!

 -93/100 Punkte-


Ein Dankeschön geht heute noch an den T9, der sich einer Flaschenteilung dieses Rums angenommen hat, bei der ich nicht leer ausgegangen bin. ;-)

In diesem Sinne, bis demnächst!
Flo