Sonntag, 28. April 2019

Velier HP Blended Trinidad Rum 19 YO Caroni 1991

Liebe Rum Gemeinde,

nach der Enttäuschung mit dem Caroni 1988 von letzter Woche, der den Auftakt zu einer Verkostung von Blended Caroni aus drei verschiedenen Jahrgängen markierte, geht es heute mit einem 1991er Blended Caroni weiter und ich hoffe natürlich auf Besserung! 



1991 ist, wie 1988, ein Jahrgang, aus dem es bisher meines Wissens nach ausschließlich Blended Caronis gegeben hat. Von Velier, für mich bei Caroni die uneingeschränkte Referenz, gab es da genau zwei Releases im Jahr 2010, nämlich eine Full Proof und eine High Proof Abfüllung. Erstere kommt mit 61,7% vol. daher und ist leider nahezu überhaupt nicht anzutreffen und der High Proof weist gewohnte 55% vol. auf. Beide Flaschen haben im Prinzip das gleiche Label, einmal in Farbe und einmal in Schwarz-Weiß, auf dem leicht bekleidete Damen beim Karneval in Trinidad zu sehen sind. Und schwere Verfügbarkeit ist dann auch direkt schon das Thema, denn beide Abfüllungen sind leider sehr, sehr rar, auch die High Proof Version sieht man nicht unbedingt oft. Vor einiger Zeit wurde in Frankreich glücklicherweise dennoch ein Sample angeboten, welches mein Kollege Marius von Single Cask Rum und ich uns geteilt haben, so dass ich heute dann auch drüber sprechen kann. Tatsächlich war ich auf diesen Caroni schon sehr lange neugierig, da aus 1991 ja auch gelegentlich einige andere Caroni von diversen unabhängigen Abfüllern angeboten wurden, von denen allerdings keiner wirklich nachhaltig im Gedächtnis verweilen wollte. Kurz: da war der große Wurf bisher nicht dabei. Die Frage, ob Velier, bzw. die Sonne Trinidads, hier mehr rausholen konnten, drängte sich also gerade zu auf. Ich bin gespannt! ...ebenso wie auf den Vergleich zum 1988er Blended von letzter Woche, der mich inhaltlich nicht zu überzeugen vermochte.



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Verkostung des Velier 19 YO HP Caroni 1991:

Preis: der Ausgabepreis wird 2010 bei ca. 60,- bis 80,- Euro gelegen haben. Heute kostet eine Flasche ca. 500,- Euro. 

Alter: von 1991 bis 2010 reifte der Rum 19 Jahre lang im Eichenfass.

Lagerung: die Reifung fand von 1991 bis 2010 auf Trinidad statt.

Fassnummern: unbekannt. Es wurden 2050 Flaschen abgefüllt 

Angel's Share: ohne Angaben. 

Alkoholstärke: High Proof - der Rum hat eine Trinkstärke von 55% vol.

Destillationsverfahren: unklar.

Mark: Blended Trinidad Rum

Farbe: leuchtendes Mahagoni. 

Viskosität: der Rum fließt in eher dünnen und eng verlaufenden, regelmäßigen Schlieren am Glas herunter.

Nase: mhmm, die Nase ist direkt sehr viel voller als die des 1988er Blended aus der vorherigen Verkostung. Auch Caroni als Destillerie ist bei diesem Rum hier etwas präsenter. Hier würde ich blind sicher sehr viel eher richtig tippen als noch letzte Woche. Trotzdem geht auch dieser hier schon weit weg von dem, was wir von den Heavy Caronis her kennen. Der Alkohol sticht bei 55% vol. nahezu überhaupt nicht, kommt hier sehr smooth. Spanische Anklänge und Angostura finde ich auch hier in der Nase, aber deutlich spannender. Da ist schon auch etwas von Schrottplatz. Eine Welle Teer und verbranntes Gummi kommt da bei jedem Nosing. Ein wenig erinnert mich das an die Caronis aus 1998. Ich habe viel Trockenfrüchte und ganz dezent im Hintergrund nehme ich da auch eine leichte Süße wahr und Maracujas. Ich kann mich hier nicht so richtig entscheiden, ob mir die Nase wirklich gefällt. Das ist alles nicht schlecht, aber irgendwas fehlt mir da auch. 

Gaumen: oh, hier kommt Caroni schon deutlich präsenter heraus! So langsam nähere ich mich anscheinend an. Der erste echte Caroni-Moment, im Rahmen meiner Tastings der Blended Velier Caroni! Der Rum bringt mit 55% vol. natürlich die richtige Kraft mit, um hier bestehen zu können, ist sehr viskos und wird am Gaumen schön cremig. Bis hier hin ist das schon mal mehr, als mir der Rum in der Nase bieten konnte. Eine schöne, kräftige aber natürliche Süße leitet den ganzen Spaß am Gaumen ein, die dann schon auch diese typischen Elemente von Holzlack und Gefahrstoffen mit sich bringt, die man bei einem Caroni erwartet. Dazu kommen dann trockenes Holz und ein deutlicher Einfluss vom Fass, die das ganze abrunden. Schön!

Abgang: frisch geschnittene Äste und trockenes Holz, kombiniert mit  der Bitterkeit von den Tanninen bleiben am Gaumen und verweilen dort ca. 10 Minuten.

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Fazit: der Rum ist eine sehr deutliche Steigerung zum Vertreter aus 1988, das muss klar gesagt und hier zunächst einmal auch so festgehalten werden. Auch in Punkten wird das am Ende offenbar. Man erkennt den Caroni als das was er ist und hat durchaus eine schöne Zeit mit ihm. Das ist entspanntes Easy Sippin' auf hohem Niveau. Und doch muss man, wenn man dann dazu übergeht den Rum ins Caroni-Universum insgesamt einzuordnen, konstatieren, dass auch ihm noch einiges fehlt, um mit den ganz großen Vertretern der Destillerie mithalten zu können. Oder anders gesagt: auch er ist eben kein Heavy Caroni und das merkt man. Mir persönlich, der Verdacht drängt sich auf, gefällt Caroni da einfach in voller Konsequenz am besten und so könnte mich der 1991er wohl niemals dazu verleiten, eine größere Summe Geld dafür auszugeben, die heute dafür aufgerufen wird. Zum Ausgabepreis allerdings hätte ich mir vom Full Proof, da er vermutlich ja ein ähnliches Profil hat, mit Sicherheit eine Flasche gegönnt.

-83/100-

Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 21. April 2019

Velier Blended Trinidad Rum 15 YO Caroni 1988

Frohe Ostern, liebe Rum Gemeinde,

heute möchte ich euch einen Caroni vorstellen, der mir vor allem wegen seines Jahrgangs am Herzen liegt, nämlich den Blended Caroni von Velier aus meinem Geburtsjahr 1988! 



Damit wiederum genießt der Velier Caroni 1988 bei mir eine absolut exponierte Stellung, denn so weit es mir bekannt ist, gibt es keinen einzigen anderen abgefüllten Caroni aus diesem Jahrgang. Leider, da war ich von Anfang an realistisch, sprechen die Rahmendaten (Blended/43% vol.) nicht gerade dafür, dass ich hier und heute eine absolute Knaller-Abfüllung vor mir habe. Mit dieser Erwartung bin ich auch zuvor niemals an diesen Rum herangegangen, weswegen ich vom Kauf einer Flasche zu Kursen von über 500,- Euro auch stets abgesehen habe. Warum ich den Rum nun aber vorstellen kann und weswegen ihr oben im Titelbild auch die Flasche dieses Rums erkennen könnt? Da muss ich etwas weiter ausholen!

Ein Sample des 1988er Caroni konnte ich bereits Mitte 2018 bekommen, als mein Danish Buddy Kenneth mir einfach eine Probe davon mitbrachte, als er mich besuchen kam. Er war kein ausgewiesener Fan dieses Bottlings, weshalb ihm die Trennung vermutlich auch nicht schwer fiel. Da ich mit der Verkostung des Rums warten wollte, bis sich noch ein paar mehr Blended Caroni von Velier in meiner Sample Bibliothek befinden, stand das Sample zunächst einmal ein paar Monate im Schrank. In der Zwischenzeit kamen dann auch noch Proben vom 1991er High Proof und vom 1993er Blended Caroni dazu, weswegen ich diese nun parallel verkostet habe und hier auf BAT auch nacheinander vorstellen werde.





















Was aber hat es mit der Flasche auf sich? Da hatte ich schlicht und ergreifend ganz viel Glück. Als wir im März zur Cologne Spirits am Ende des Samstags alle gemeinsam noch im Al Salam waren, fiel mein Augenmerk dort schon beim Hineingehen sofort auf eine alte Flasche Caroni im Spirituosenregal. Nach dem Essen, wir saßen mit unserer großen Gruppe ganz gemütlich im Obergeschoss, ging ich also noch einmal herunter an die Bar und sah mir das genauer an. Da stand also ein 1988er Caroni, einfach so. Es ist ja nicht so, dass man derartige Abfüllungen sonst noch antrifft. Ich ließ mir die Flasche also in die Hand geben und bemerkte, dass sie im Grunde leer war. Genau 2 cl waren noch drin. Diese bestellte ich mir, wohl wissend, dass der Rum vermutlich längst gekippt war durch die enorme Oxidation über die vielen Jahre, aber da man mir zusagte, die dann leere Flasche mitnehmen zu können, war mir das egal. Es war ein wirklich sehr, sehr schöner Abend im Al Salam, rund herum gelungen und ein toller Abschluss zweier wunderbarer Tage in Köln mit wieder super netten und lieben Menschen! Es hat mich sehr gefreut! Der Rum war tatsächlich schon nicht mehr gut, aber ich hatte ja daheim das Sample. Und an dieses werde ich mich nun setzen und den Rum ohne jede Erwartung probieren. 



Verkostung des Velier 15 YO Caroni 1988:

Preis: der Ausgabepreis im Jahr 2008 wird bei ca. 40,- bis 50,- Euro gelegen haben. Heute muss man für eine Flasche schon ca. 600,- bis 800,- Euro zahlen.

Alter: von 1988 bis 2003 reifte der Rum 15 Jahre lang im Eichenfass.

Lagerung: der Rum reifte von 1988 bis 2003 auf Trinidad und lagerte von 2003 bis 2008 im Stahltank. Im Jahr 2008 schließlich wurde er abgefüllt.

Fassnummern: unbekannt. Es wurden insgesamt 20 Fässer abgefüllt, die 5200 Flaschen ergaben. 

Angel's Share: ohne Angaben. 

Alkoholstärke: der Rum kommt mit dem für Velier Caroni äußerst ungewöhnlichen Alkoholgehalt von 43% vol. daher.

Destillationsverfahren: unklar.

Mark: Blended Trinidad Rum

Farbe: kräftiges, goldenes Stroh. Für einen tropisch gereiften Caroni ist er ungewöhnlich hell. 

Viskosität: eher dünne Schlieren laufen ölig, aber unregelmäßig an der Glaswand herab.

Nase: in der Nase kommt der Caroni zunächst sehr zurückhaltend. Alkoholische Schärfe nehme ich nahezu gar keine wahr, was mich bei 43% vol. allerdings nicht sonderlich überrascht. Auch Caroni als Grundcharakter des Rums kommt zu Beginn erstmal nicht eindeutig heraus. Klar, da sind schon Komponenten, aber die sind nur ganz schwach da und werden auch eher beim peripheren Nosing erfasst. Sehr viel eher würde ich den Rum wohl bei Angostura einordnen, wenn ich denn überhaupt auf einen Rum aus Trinidad tippen würde. Und auch nach ca. 45 Minuten passiert da einfach nicht viel im Glas. Da ist ein bisschen Nagellackentferner, deutliche Haselnuss und Nugat, ein wenig salziges Karamell, ein Hauch Vanille... aber sonst? Caroni kann man möglicherweise erahnen, muss es aber wenn, dann mühsam suchen. Alles in allem wirkt der Rum letztlich eher wie ein Spanier. 

Gaumen: im ersten Moment empfinde ich den Rum vor allem erstmal erstaunlich stabil für die nur 43% vol., die er hat. Er ist sehr viskos, wird auch schnell cremig am Gaumen und brennt mal überhaupt nicht, kein bisschen. Jede alkoholische Schärfe ist vollkommen abwesend. An Assoziationen am Gaumen habe ich dann wirklich nicht viel und das was da ist, empfinde ich als mehr oder weniger undefinierbar. Belanglos. Wie ein Spanier, bei dem man den Zucker und andere Zusatzstoffe vergessen hat. Der Rum ist meines Erachtens sehr schwach. Caroni könnte ich blind nicht mehr tippen oder gar herausschmecken. 

Abgang: ganz schwach, da ist selbst mancher Spanier stärker... wie ein solcher präsentiert er sich hier auch abermals.

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Caroni 1988 im Al Salam
Fazit: ein Rum, den es für mein Verständnis mal überhaupt nicht gebraucht hätte, und den ich, ohne die Rahmenstory, dass es sich um meinen Geburtsjahrgang handelt und er Teil des tollen Abends im Al Salam in Köln war, oder die Tatsache, dass ich verschiedene Blended Caroni miteinander vergleichen möchte, hier auch nicht vorgestellt hätte.
Daher ist das an dieser Stelle auch alles schnell erzählt, bzw., ich glaube, das Review selbst hat da für sich gesprochen. Ich bin ja grundsätzlich schon kein Fan davon, Unsummen in alte Caroni Bottlings zu investieren, so lange es noch solch tolle Abfüllungen wie den 23 YO aus 1994 oder den 21 YO aus 1996 zu günstigeren Konditionen zu kaufen gibt, aber wenn, dann wäre die heute besprochene Abfüllung sicher die letzte, die ich zu den aufgerufenen Preisen holen würde. 600,- bis 800,- Euro?! Come on! Das ist leider nicht die Qualität, die man gemeinhin mit Velier und Caroni in Verbindung bringt! Das ist der Rum einfach nicht wert und ich übertreibe nicht wenn ich sage, dass dieses hier der mit Sicherheit schwächste Velier Caroni ist, den ich bisher im Glas hatte, wohl sogar mit Abstand! All das, was ich an Caroni sonst so schätze, sucht man in diesem Tropfen nahezu vergebens. Mein Erstkontakt mit Blended Caroni von Velier war daher leider keine Offenbarung, aber ich verspreche Besserung mit dem 1991er, den ich dann demnächst hier vorstellen werde. ;-)

-75/100-

Abschließend bleibt mir nur, euch noch ein schönes Osterfest im Kreise eurer Lieben zu wünschen! Fröhliche Eiersuche allerseits! :-) 

Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 14. April 2019

Rum Nation Jamaica Rum 25 YO Monymusk 1991

Liebe Rum Gemeinde,

nach, für meine Verhältnisse, ganz viel Demerara Rum, geht's heute mal wieder zurück zu den Wurzeln und ich möchte euch einen lange gereiften Jamaica Rum aus Monymusk und in Fassstärke vorstellen! Dargereicht wird er von Rum Nation, die diesen Rum als den letzten ihrer Supreme Lord Serie ausgewählt haben.



Die Supreme Lords von Rum Nation galten vielen einst als eine der begehrtesten Serien, die es im Bereich Jamaica Rum überhaupt gibt.  Mit 1974, 1977, 1982, 1985 und 1986 vereinte sie alle alten Long Pond Jahrgänge in einer gemeinsamen Reihe - dazu kam dann noch ein 1990er Hampden, ebenfalls ein Ausnahme-Jahrgang. Schon im Jahr 1999 kam mit dem Supreme Lord I der erste Rum der Reihe auf den Markt und in Abständen von jeweils zwei bis drei Jahren folgten dann die weiteren. Auffällig waren die für damalige Verhältnisse wirklich hohen Preise. Für jede Flasche musste man auch schon vor dem großen Boom um Rum mindestens 120,- Euro und mehr hinlegen. Was heute leider sehr viel vertrauter erscheint, war preislich damals schon das oberste Fach im Regal (die tropisch gereiften Velier z.B. waren günstiger). Das große Manko der Supreme Lords: alle Rums wurden mit 43 oder 45% vol. abgefüllt, also stark verdünnt. Bis auf den aller ersten, den Lord I, hatte ich jede der Abfüllungen im Glas und musste immer wieder feststellen, dass einige von ihnen zwar ein hervorragendes Profil hatten, sie aber einfach zu stark verwässsert wurden. Diesen "Fehler" hat man beim Supreme Lord VIII glücklicher Weise nicht begangen, weswegen der Monymusk 1991 in voller Fassstärke von 55,7% vol. daher kommt!

Doch noch etwas ist neu beim Rum Nation Supreme Lord VIII, nämlich die Box. Hatte man bei den sieben Vorgängern noch auf charakteristische, opulente Holzboxen gesetzt (die wirklich etwas hermachten im Regal, Äußerlichkeiten hin oder her!), so kommt der Monymusk in einer vergleichsweise schlichteren, aber ebenfalls sehr groß ausfallenden Umverpackung daher. Preislich lag der Rum in der Ausgabe bei ca. 230,- Euro in Deutschland, in Italien war er etwas günstiger, womit er aber so oder so der teuerste der acht Rums der Reihe war. Dies lag, neben der Tatsache, dass er in Fassstärke daher kommt, möglicherweise auch daran, dass der Rum ganze elf (!) seiner fünfundzwanzig Jahre der Lagerung in Ex-Oloroso Sherry Fässern nachreifen durfte, die ja bekanntlich teuer sind. Dieses Finish sorgt gleichzeitig aber auch für eine gewisse Einzigartigkeit, denn ich kenne glaube ich keinen anderen lange gereiften Jamaica Rum, der ein so dermaßen langes Finish in Ex-Sherryfässern genießen durfte. Wie sich das geschmacklich ausgewirkt hat und ob der Rum seinen ihm eigenen Charakter darunter noch bewahren konnte, das erfahren wir im Folgenden...


Verkostung des Rum Nation Jamaica Rum 25 YO Monymusk 1991:

Preis: der Ausgabepreis in Deutschand im Jahr 2016 betrug ca. 230,- Euro, in Italien war er allerdings deutlich günstiger zu bekommen. Inzwischen liegt der Kurs bei 250,- Euro ca.

Alter: von 1991 bis 2016 reifte der Rum im Fass, davon die ersten 14 Jahre im Ex-Bourbon- und die weiteren 11 Jahre im Ex-Oloroso-Sherrycask.

Lagerung: der Rum reifte mutmaßlich die meiste Zeit, wenn nicht gar die gesamten 25 Jahre, in Europa.

Fassnummern: unbekannt. Es wurden insgesamt 750 Flaschen abgefüllt. 

Angel's Share: keine Angabe. 

Alkoholstärke: der Supreme Lord VIII Monymusk kommt in Fassstärke daher, und bringt noch 55,7% vol. "auf die Waage". Das macht ihn unter den acht Supreme Lords einzigartig, denn die anderen wurden samt und sonders mit 45, bzw. mit 43% vol. abgefüllt. 

Destillationsverfahren: ich mutmaße eine Pot Still hinter diesem Rum.

Mark: unbekannt.

Farbe: dunkles, leuchtendes Mahagoni. 

Viskosität: es bilden sich enge, kleine Perlen an der Glaswand, die dann zu engen Schlieren gleichmäßig und zügig am Glas herunterlaufen.

Nase: Wow, das ist mal eine volle Nase! Wahnsinn! Auch nach über 45 Minuten des Atmens im Glas gibt sich der Rum noch sehr konzentriert und der Alkohol ist weiterhin merklich präsent. Daher ist zunächst einmal ganz lange ausschließlich peripheres Nosing angesagt. Das allerdings lohnt sich auch schon enorm! Ich empfinde das Bouquet als unglaublich warm und die Reife des Destillats zeigt sich unzweifelhaft deutlich. Ich nehme Noten von Klebstoff und Nagellackentferner wahr, gepaart mit etwas Marzipan, Trockenfrüchten, Tabak, Gewürzen, Tee, und vor allem das Finish in Ex-Oloroso Casks, welches den Brennereicharakter des Monymusk zwar nicht überlagert, diesem aber schon sehr seinen Stempel aufdrückt. Bedenkt man allerdings, wie wirklich extrem lange die Nachreifung in Ex-Oloroso-Sherryfässern stattfand, stolze 11 Jahre waren es, so hält sich das aber auch eigentlich schon fast wieder im Rahmen, wie ich finde.  Dahinter kommt dann noch ein leicht fahler Beiton, den ich nicht einordnen kann. Dass es sich um einen alten, lange gereiften Jamaicaner handelt, ist deutlich wahrnehmbar, wenn man noch einige der Abfüllungen aus den 1970er und 1980er Jahren kennt, aber das Finish hat da wie gesagt schon etwas sehr eigenes draus gemacht. Herrlich! Ein Rum, an dem man sich kaum satt riechen kann, der wirklich sehr reichhaltig daher kommt und einfach Spaß macht! Etwas für vor dem Kamin im Winter oder den Balkon an einem Sommerabend!

Gaumen: am Gaumen fällt mir zunächst auf, dass der Rum einen weniger schweren Körper hat, als ich es anhand der Nase vermutet hätte. Dann aber kommt er nach und nach und wird auch sehr mundfüllend und letztlich cremig. Lecker! Ich habe zu Beginn eine angenehme und natürliche Süße. Der doch recht hohe Alkoholgehalt, immerhin kommt der Monymusk mit 55,7% vol. in Fassstärke daher, macht sich kaum bemerkbar, kurz zwiebelt er an der Zunge, aber ich empfinde den Rum direkt als angenehm trinkbar. An Assoziationen habe ich Nasses Gras, Stroh, Haselnuss, Melasse, Banane und im Hintergrund auch Anis. Das sind schon die typischen Merkmale alter Jamaicaner aus Long Pond oder eben auch Monymusk. Dazu kommen Einflüsse von Trockenfrüchten, die wohl dem Sherryfass entstammen. Dieses spielt hier aber eine sehr viel geringere Rolle als noch in der Nase. Außerdem habe ich Zimt, frisch geschnittene Äste, Tabak und Eichenholz. Ein überaus reichhaltiger, komplexer Rum, der niemals langweilig zu werden, der bei jedem Schluck immer noch weitere Facetten zu bieten zu haben scheint. Zu keiner Zeit habe ich das Gefühl, dass der Monymusk seine Geschichte schon auserzählt hat. Das gefällt mir!

Abgang: unmittelbar nach dem letzten Schluck verweilen Anis und Tannine am Gaumen. Insgesamt ist der Abgang aber wohl der einzige Teil des Rums, der nicht auf ganz hohem Niveau spielt, denn der Rum ist überraschend schnell bereits nach einigen Minuten nahezu verflogen.

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Fazit: ein hervorragender Rum, der lange Zeit etwas unter meinem Radar lief - zu unrecht! Zwar kenne ich ihn grundsätzlich schon länger, allerdings habe ich mich erst jetzt kürzlich das erste Mal auch intensiver mit ihm auseinander gesetzt und festgestellt, dass er deutlich besser ist, als er mir bei der ersten, kurzen Momentaufnahme erschien. Zum Vergleich mit anderen Monymusk eignet er sich in meinen Augen dagegen nicht. Klar, der Charakter ist noch da, aber das Finish macht ihn im wahrsten Sinne des Wortes unvergleichlich - ein Rum, der für sich allein steht, der mit jedem Schluck immer wieder noch neues bietet und der auf diese Weise mit hoher Komplexität und starkem Anspruch daher kommt. Ich bin da wirklich begeistert und möchte euch den guten Tropfen sehr ans Herz legen! Frühere Supreme Lords mögen vielleicht das noch etwas größere Potenzial gehabt haben, wenn ich da an so manchen hervorragenden Long Pond Jahrgang oder auch den Hampden 1990 denke, aber die Fassstärke macht diesen hier gegenüber den anderen sieben in (zu sehr) reduzierter Trinkstärke zum in meinen Augen insgesamt besten Rum der Reihe!
Spannende Randnotiz ist aus heutiger Sicht der Preis. Ich weiß noch, dass mir der im Jahr 2016, und einigen anderen auch, sehr hoch erschien, wohl sogar zu hoch, unabhängig vom gebotenen. Heute, drei Jahre später, erscheinen knapp unter 250,- Euro für einen 25 Jahre alten Jamaicaner in Fassstärke hingegen durchaus üblich. Wirklich günstiger tauchen solche Rums nämlich leider nicht mehr auf und in dieser Qualität bedauerlicher Weise auch nicht unbedingt. Insofern war der Rum an der Stelle seiner Zeit wohl ein wenig voraus und läutete das Ende der lange gereiften Monymusk und Long Ponds ein.

-91/100-

PS: gestern habe ich, nachdem ich meinen Text noch einmal durchgelesen habe, selbst bei diesem Rum auch zugeschlagen, und mir eine ganze Flasche gesichert. Falls es da also noch einer Motivation zum Kauf bedurfte... ;-)


Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 7. April 2019

RA Demerara Rum 25 YO Port Mourant 1993

Liebe Rum Gemeinde,

nachdem ich euch bereits vom neuen Hampden 1983 von RA berichtet habe, möchte ich heute noch einen weiteren Rum der März-Releases von RA vorstellen: den 25 jährigen Port Mourant aus 1993, ebenfalls in Fassstärke abgefüllt!



Eines vorab: ich gestehe, dass ich wohl nicht von selbst auf die Idee gekommen wäre, mir ein Sample des Port Mourant zu besorgen, zu sehr laufen die Demeraras normalerweise unter meinem Radar. Da mir Dominik von RA diesen Rum allerdings einfach mit dem Hampden zusammen mitgeschickt hat, hab ich ihn dementsprechend auch probiert... und hatte spontan Lust, dazu gleichermaßen noch ein Review zu machen! Wer mich kennt, der weiß, ob Gratissample oder nicht, wenn ich mit einem Rum nichts anfangen kann, dann rede ich in der Regel auch nicht über ihn. Und wer mir Samples schickt, der weiß das ebenso, ich mache daraus ja kein Geheimnis. Ich fühle mich dementsprechend in keiner Weise unter Zugzwang. Dennoch lest ihr aber nun die Einleitung zum Review genau dieses Rums... klingt also schon mal vielversprechend!

Was Port Mourant im Grundsatz betrifft, so kann man mich wirklich nicht gerade als das beschreiben, was man wohl einen Fan nennen würde. Der Brennereicharakter sagt mir nicht wirklich zu und auch viele der früher abgefüllten PM waren nicht unbedingt nach meinem Geschmack. Einige waren okay, aber viele von denen schmeckten mir auch einfach nicht. Ganz gleich, ob es die lange gereiften Vertreter aus 1974 oder 1975 waren, oder auch die alten Bristol Abfüllungen aus den 1980er Jahren als auch Bottlings aus dem neuen Jahrtausend: so richtig warm wurde ich damit nie. Deshalb, wie eingangs gesagt, hätte ich die RA Abfüllung wohl selbst nicht auf dem Schirm gehabt, obgleich ich den Jahrgang spannend fand, als ich vom Release erfuhr, denn aus 1993 Port Mourant wusste ich bisher nur von der Abfüllung von Velier. Von anderen unabhängigen Abfüllern ist da, soweit ich es gerade weiß, nie was gekommen aus diesem Jahr. Nun gibt es mit dem RA und einer Abfüllung von Cadenhead, die parallel erschienen ist und nahezu die gleichen Randdaten aufweist (jedoch deutlich teurer ist), aber gleich zwei neue PM aus diesem Jahrgang. Der Velier PM 1993, den ich erst neulich in Köln wieder einmal im Glas hatte und den ich als sehr alkoholisch und schon ordentlich gereift empfinde, zählt wiederum nicht gerade zu meinen Favoriten, weswegen ich das Sample von Dominik tatsächlich ohne jede positive Erwartungen probieren konnte. Und genau das werde ich jetzt auch tun!



Verkostung des RA Demerara Rum 25 YO Port Mourant 1993:

Preis: der Ausgabepreis liegt bei 139,- Euro. 

Alter: ab Oktober 1993 reifte dieser Port Mourant im Eichenfass, bis er im März 2019 abgefüllt wurde. Sein Alter beträgt damit 25 Jahre und 5 Monate.

Lagerung: die Reifung fand mutmaßlich gänzlich in Europa statt.

Fassnummer: #11. Insgesamt 324 Flaschen wurden abgefüllt. 

Angel's Share: unbekannt.

Alkoholstärke: Fassstärke - der Rum kommt mit 52,1% vol. daher.

Destillationsverfahren: Double Wooden Pot Still.

Mark: PM (Port Mourant)

Farbe: mittel-kräftiges goldenes Stroh.

Viskosität: enge, unregelmäßig und schnell nach unten verlaufende Schlieren sind an der Glaswand zu beobachten.

Nase: der PM erscheint in der Nase zunächst sehr intensiv, dicht und verwoben. Am Anfang stechen die rund 52% vol. noch sehr in der Nase, auch leicht unangenehm, was aber auch durch das Ballonglas verstärkt wird. Das hat sich nach ca. einer Stunde aber merklich gegeben und der Alkohol wird deutlich milder in der Nase und sticht nur noch geringfügig. Dahinter rollen dann auch schon die typischen Merkmale des Bouquets eines PM heran. So habe ich sehr deutliche Klebstoffnoten, ganz viel Anis, exotische Früchte wie Mangos oder Bananen, Leder und diese charakteristische Note, die ich der Double Wooden Pot Still zuschreibe, die ich bei jedem PM in der Nase habe. Dazu kommt auch ein deutlicher Einschlag durch das Fass. Die 25 Jahre der Reife machen sich auf jeden Fall bemerkbar, auch wenn ich das im Hinblick auf die doch erstaunlich helle Farbe nicht so erwartet hätte. Eine wahnsinnig volle Nase, wie ich finde, mit einem Brennereicharakter, der noch klar zu erkennen ist, der aber dennoch auch schon sehr frei interpretiert wird. Alles passt hier auf jeden Fall alles sehr gut zusammen und wirkt stimmig. Harmonie, aber keine Langeweile, das gefällt mir!

Gaumen: der PM kommt am Gaumen wunderbar und unerwartet weich, weist nahezu keinerlei alkoholische Schärfe auf. Ich bin geneigt, hier von perfekter Trinkstärke zu sprechen, was mir bei ca. 52-53% vol. schon so manches Mal so erging. An dieser Stelle zeigt sich durchaus schon die lange Zeit der Reifung. Eine schöne fruchtige Süße von exotischen Früchten, wieder habe ich unter anderem Mango und Banane, geht einher mit der geballten Ladung an Anis, kombiniert mit Nelke und anderen Gewürzen, frisch geschnittenen Ästen, Cookie und Tanninen. Wieder ist hier der Fass-Einfluss deutlich wahrnehmbar, der aus diesem Demerara Rum schon fast so etwas wie einen Schmeichler gemacht hat. Der Rum ist sehr vollmundig und wird mit der Zeit immer cremiger am Gaumen. Wieder erkennt man PM durchaus, aber er kommt nicht so brachial daher, wie viele andere Port Mourant. Klasse!

Abgang: der Rum geht mit ganz viel Anis, noch mehr Anis und einer Note vom Eichenfass und verweilt dann noch mindestens 30 Minuten am Gaumen. Beachtlich!

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Fazit: ich finde den richtig gut, auch wenn ich kein Fan von Port Mourant bin. Im Vergleich zu vielen jüngeren PM von früher ist dieser hier wesentlich weniger kantig und weist auch deutlich weniger brachialen Brennereicharakter auf, der mir bei Port Mourant eben nicht unbedingt zusagt. Wenn man sich jetzt noch vor Augen führt, dass ich bei Demerara Rum, wenn überhaupt, auf eher längere statt kürzere Reifung stehe, so fügt sich das Puzzle schon beinahe von selbst zusammen.
Waschechte Fans von Port Mourant fragen sich an dieser Stelle möglicherweise etwas sorgenvoll, ob das hier also wohl ein PM ist für Leute die gar keinen PM mögen. Ich muss gestehen, diesen Verdacht hatte ich zu Beginn tatsächlich, allerdings haben einige meiner Mitstreiter in Köln zurückgemeldet, dass sie den Rum auch richtig lecker fanden und von denen stehen auch einige auf Port Mourant. Insofern glaube ich nicht, dass man als Fan der Destillerie unbedingt enttäuscht wird. Wer hingegen einen archetypischen PM sucht oder erwartet, für den zumindest würde ich meine Hand allerdings nicht ins Feuer legen.
Preislich ist der Rum natürlich schon eine Ansage mit seinen 278,- Euro/Liter, allerdings auch nur auf den ersten Blick. Natürlich ist das sehr, sehr viel Geld, zumal man das die letzten Jahre noch etwas entgegenkommender gewohnt war, allerdings ziehen die Preise im Rum Bereich gerade generell immer weiter an und ein Blick auf die oben bereits kurz erwähnte frisch erschienene Konkurrenzabfüllung von Cadenhead, ebenfalls ein PM aus 1993 mit ca. 50% vol., verdeutlicht das sehr gut. Denn Cadenhead, in der Regel auch ein Abfüller mit eher humaneren Preisvorstellungen, ruft bereits gewaltige 350,- Euro/Liter für sein Bottling mit, wie gesagt, beinahe identischen Eckdaten auf. Insofern liegt RA hier einmal mehr unter dem, was selbst Abfüller aufrufen, die nicht unbedingt für den ganz großen Wucher bekannt sind. Was der Rum dementsprechend dann bei Silver Seal oder Samaroli gekostet hätte, möchte man sich wiederum gar nicht vorstellen...

-89/100-

Bis demnächst,
Flo