Sonntag, 27. Mai 2018

Velier 2000 Single Cask Caroni 15 YO for The Nectar

Liebe Rum Gemeinde,

für den heutigen Rum werde ich mir etwas mehr Zeit nehmen, denn die benötigt der Rum der sich heute bei mir im Glas befindet, auf Grund seines Alkoholgehalts, ganz eindeutig zum atmen. Die Rede ist vom Velier Heavy Trinidad Rum 15 YO Single Cask Caroni 2000 for The Nectar mit wuchtigen 70,4% vol.!

The Nectar? Da war doch schon mal was! Richtig! Vor fünf Jahren habe ich hier auf Barrel Aged Thoughts den 28 jährigen Plantation Jamaica Long Pond Single Cask 1983 vorgestellt, der ebenfalls exklusiv für The Nectar, einen Spirituosenhändler in Belgien, abgefüllt wurde. The Nectar wurde im Jahr 2006 gegründet und sah seinen Schwerpunkt zunächst vor allem im Whiskybereich. Allerdings gesellten sich mit der Zeit auch Armagnac, Calvados, Branntwein, Grappa und eben Rum dazu. Neben der Plantation Abfüllung fiel The Nectar unter anderem auch durch eine Kooperation mit dem deutschen unabhängigen Abfüller The Whisky Agency auf. Im Jahr 2015 schließlich war es ihnen möglich, ein Single Cask Caroni 2000 für Velier auszuwählen. Um diese Abfüllung wird es hier heute gehen.

Der The Nectar Caroni 2000 ist Teil einer ganzen 2000er Single Cask Serie von Velier. Denn nicht nur das Unternehmen aus Belgien durfte ein Fass auswählen, sondern auch Juul's Vin & Spiritus in Dänemark, die Paul Ullrich AG in der Schweiz und natürich LMDW in Frankreich wurde diese Ehre zu Teil. Die beiden anderen Abfüllungen waren ein Joint Bottling zwischen LMDW und Velier, sowie eine Abfüllungen von Velier selbst. Durch eine Abfüllung für EATALY wurde diese Serie im Jahr 2017 sogar noch erweitert. Allen Abfüllungen gemein ist ein extrem hoher Alkoholgehalt von ca. 70% vol., sowie eine extrem kleine Auflage. Mehr als 250 Flaschen gibt es von keinem der sechs Rums aus 2015. Das macht sie aber natürlich auch für Sammler äußerst attraktiv.
Im Jahr 2016 kam dann eine zweite solche Serie auf den Markt, dann jedoch mit Caronis aus 1996. Hier gab es allerdings nur vier verschiedene Fässer, die abgefüllt wurden: für Kirsch Whisky in Deutschland (hier mein Review zum Kirsch Caroni Single Cask), für Stefano Cremaschi, für Guiseppe Begnoni und für Old Whisky in Italien.





Verkostung des Velier 15 YO Caroni 2000 for The Nectar:

Preis: der ursprüngliche Ausgabepreis lag bei +/- 100 Euro. Inzwischen läuft die Abfüllung auf ein vielfaches zu. Irre!

Alter: von 2000 bis 2015 reifte der Rum im Fass, ist volle 15 Jahre alt.

Lagerung: der Rum reifte während der gesamten Lagerzeit im tropischen Klima Trinidads.

Fassnummer: #4655 ➜ 180 Flaschen.

Angel's Share: >71% gingen an die Engel.

Alkoholstärke: unfassbare 70,4% vol. misst der Rum nach 15 Jahren tropischer Reifung noch an Fassstärke. 

Destillationsverfahren: unklar. Siehe frühere Reviews.

Mark: HTR

Farbe: Bernstein.

Viskosität: der Rum fließt schnell, weit und unregelmäßig zurück an der Glaswand herunter.


Nase: Boah, wahnsinnig konzentrierte Nase zu Beginn! Immer wieder muss ich zurückweichen, wenn ich mit meiner Nase dem Glas zu nahe komme, auch nach einer halben Stunde noch. Danach allerdings wird der Rum langsam aber sicher zugänglich. Zunächst mal ist festzuhalten, dass wir es klar mit einem stiltypischen Heavy Type Rum zu tun haben. Der Kandidat braucht aber, ja, ich muss das nochmal erwähnen, ganz, ganz viel Zeit... und erstmals seit vielen, vielen Jahren kommt mir gar der Gedanke, ob der Rum vor mir nicht auch ein wenig Wasser benötigen könnte. Ganz lange ist hier erstmal peripheres Nosing angesagt! Es kommt dann aber der Moment, da kommt die Nase erstmals durch diese alkoholische Wucht und endlich kann man den Rum vollkommen wahrnehmen. Nun finden sich mehr und mehr der typischen Caroni-Attribute wieder, wobei ich Leder am dominantesten habe. Dahinter, daneben, darum herum allerdings finde ich die mannigfaltigsten Eindrücke wieder, die von weihnachtlicher Gewürzmischung, über Karamell und Trockenfrüchte bis hin zu natürlich auch Teer und verbranntem Gummi reichen. Geduld ist gefragt bei diesem Rum, denn wenn man diese mitbringt, dann belohnt der Rum einen mit einer unglaublich vielschichtigen und komplexen Nase. Nach ca. 1,5 Stunden wird der Rum dann zunehmend typischer und dreckiger und schließt an das an, was man sich im Allgemeinen unter einem Caroni vorstellt. 

Gaumen: der erste Schluck überrascht. Der Rum schlägt nicht so brachial am Gaumen ein wie ich es bei über 70% vol. irgendwo erwartet hatte, allerdings gehe ich einen solchen Rum auch eher in kleinen Schlücken an. Ganz zu Beginn ist da ein kurzer alkoholischer Stich, gefolgt von einem Bitterton der mich verwirrt, dann allerdings habe ich einen überaus ausdrucksstarken und spannenden Caroni am Gaumen. Unverwechselbar! Ohne Umwege wird es dann auch sehr schnell sehr dreckig, allerdings ohne diese schon recht fortgeschrittene Reife, die die meisten anderen Caronis von Velier aufweisen, da der Rum mit 15 Jahren vergleichbar kurz gelagert wurde. Nur der 12 jährige 2000er Velier Caroni ist jünger. Und ich muss sagen: das steht diesem Tropfen ausgesprochen gut! So sehr Caroni ganz grundsätzlich und vollkommen unstrittig von einer ca. 20 jährigen Reifung profitiert, so sehr fasziniert mich hier aber auch das noch etwas ungehobeltere, puristische und dreckigere Profil dieser Destillerie, deren Charakter hier schon deutlich mehr herauskommt als bei den länger gereiften Abfüllungen. Ganz hinten und zum Schluss hin, habe ich dann auch noch die für 2000er Caronis so typische Menthol-Note, von der vor allem der 2000 Millennium Unmengen hat. Insgesamt ist der Rum am Gaumen nicht ganz so vielschichtig wie in der Nase, aber die unglaubliche Intensität an dieser Stelle macht das ganz locker wett!

Abgang: Teer! Ganz viel Teer... langanhaltender Teer. Und Teer. Hab ich Teer vergessen?

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Fazit: Schade, von diesem Rum hätte ich wirklich sehr gerne eine ganze Flasche! Fantastischer Rum, ganz, ganz groß! Ich liebe ihn! Ich glaube, von allen bisher probierten Caroni schafft es dieser hier sicher in meine aktuelle Top 5. Sicherlich, solche Top-Listen sind immer eine Momentaufnahme, aber nach inzwischen doch ca. 40 Caronis ist das ja zumindest mal ein Ausrufezeichen! Aber na klar möchte ich meinen Horizont auch weiterhin noch ausdehnen und noch mehr Caronis probieren. Und wer weiß, wo der Nectar dann am Ende tatsächlich landet. Aber egal wo das sein wird, er wird einer meiner Favoriten bleiben. Und ja, das liegt ganz klar auch an seiner Ursprünglichkeit und daran, dass er viel vom Brennereicharakter mitbringt. Beim oben schon erwähnten 12er Caroni ist das ebenfalls zu beobachten, allerdings bringt dieser als ganzes natürlich nicht die gleiche Qualität mit, die ich bei der heutigen Abfüllung vorfinde, nicht einmal annähernd. Man muss dabei aber selbstverständlich berücksichtigen, dass das eine, der 12er, eine ca. 30.000 Flaschen starke Auflage mit 50% vol. war, während der heute probierte Rum eine Single Cask Abfüllung mit 70,4% vol. ist. Ich denke, das sagt alles. Mir fehlen aus der 2000er Range noch einige Rums, die ich noch nicht probiert habe, aber von allen sechs Velier Caroni aus 2000 die ich bisher hatte, war dies der beste!

Und damit wünsche ich euch allen einen schönen Sonntag und eine erfolgreiche nächste Woche!

Bis dahin,
Flo

Donnerstag, 24. Mai 2018

Daiquiri mit Habitation Velier Foursquare White

Liebe Rum Gemeinde,

am letzten Montag hatte ich drei Foursquare von Velier in der Parallelverkostung. Dabei stach einer der drei, der Habitation Velier Foursquare White, unter den beiden anderen gelagerten, sowie dem Triptych als Referenz, deutlich heraus und firmierte dahingehend also auch nicht als Konkurrenz dieser anderen gereiften Rums. Letztere empfand ich pur zwar lecker und grundsätzlich ansprechender als den White, da ich ein Freund gelagerter Spirituosen bin, allerdings sind sie mir für das Geld was sie kosten letztlich doch zu gewöhnlich, zu unspannend, zu durchschnittlich. Für 100 Euro und mehr brauche ich einen Rum, an dem ich mich auch reiben kann, und da bieten Foursquare Rums in der Regel leider wenig Zielfläche. Der White als fast ungelagerter und reiner Pot Still Rum ließ hingegen deutlich anklingen, dass, bei aller Schwächen in der Purverkostung, er aber eine sehr ausgeprägte Mixability aufzuweisen scheint. Diesem Verdacht werde ich heute nachgehen und den Foursquare White einem Praxistest unterziehen. Das wiederum werde ich nicht in irgendeinem Drink machen, sondern ich werde ihn mir in DEM klassischen Drink für einen ungelagerten Rum zubereiten: im Daiquiri! 



Das Rezept:

- 5,0 cl HV Foursquare White 2015
- 2,5 cl Limettensaft
- 1,0 cl Zuckersirup

Limettenzeste als Garnitur

Geschüttelt, nicht gerührt ;-) und durch Strainer und Teesieb in eine vorgefrostete Coupette abgeseiht. 


Optisch, im Glas, ist das schon einmal der Traum von einem Daiquiri! Die Farbe, nicht ganz farblos, leicht blass strohig und etwas milchig, passt perfekt zu diesem Drink.

Und geschmacklich? Da, liebe Rum Gemeinde, mag ich heute nicht drum herum reden und lasse es deshalb auch sein: vor mir steht tatsächlich der Archetyp eines Daiquiri mit einem ungelagerten bzw. kaum gelagerten Rum! Genau so muss das sein! Der Rum, der mir pur etwas zu rau ist, um ihn wirklich in einem Nosing Glas genießen zu können, bringt hier alles mit rein was er hat und lässt sich angenehm von Sweet & Sour etwas einfangen. Die leichten Ester, sowie Banane und Vanille des Rums bestimmen den Charakter des Drinks und zwischendurch kommen immer wieder Zucker und Limettensaft durch. Diese verwaschen aber weder den Rum und nehmen ihm seine Ecken und Kanten, noch rauben sie der Kombination ihre Kraft. Gleichzeitig strengt der Drink aber auch kein bisschen an, das ist wirklich smooth und unkompliziert, ohne langweilig zu sein. Geil! Hier wird eine tolle Spirituose wirklich veredelt!

Fazit: so brauche ich den Daiquiri im Sommer! Herrlich frisch, knackig, rummig und damit lecker. Und natürlich reiht sich der Daiquiri damit auch in den historischen Kontext des Drinks ein (dazu mehr hier), wenn auch auf ganz anderem, ungleich höherem Niveau. Die ersten Daiquiris wurden vor über 100 Jahren gemixt, um ungenießbaren Rum durch Zucker und Limettensaft gefügiger zu machen. Ungenießbar ist der Foursquare White natürlich nicht, auch pur nicht, da ist er mir einfach nur etwas zu unrund, aber das Prinzip bleibt bestehen. Diese von mir empfundene Schwäche behebt der Drink meisterhaft und während ich normalerweise die Ansicht vertrete, dass ein Rum, den ich ausschließlich zum Mixen kaufen würde, höchstens 30-40 Euro kosten darf, so würde ich bei diesem auch 50-60 Euro zahlen! Da dürfte man bei Foursquare aus meiner Sicht also auf jeden Fall einmal darüber nachdenken, ob man einen Rum diesen Stils nicht in Serie bringen möchte und letztlich ebenso darüber, auch reine Pot Still Rums mal länger reifen zu lassen und abzufüllen. Jedenfalls ist dieser Rum spannender, als alles andere, was ich bisher aus Foursquare im Glas hatte! In die Richtung darf es gerne weitergehen...

Cheers! 


Montag, 21. Mai 2018

Foursquare RUMble II - Principia / Destino / White

Liebe Rum Gemeinde,

heute möchte ich euch dazu einladen, nach doch recht langer Zeit einmal wieder einem meiner RUMbles hier auf Barrel Aged Thoughts beizuwohnen! Das heißt, ich werde mich zu den heute vorgestellten Rums wieder eher etwas kürzer fassen als gewohnt, im Gegenzug werdet ihr dafür aber auch meine Einschätzung zu gleich drei Rums erhalten, statt wie gewohnt nur zu einem.





Was liegt heute an? 

Ich habe mich dazu entschlossen, mich zum zweiten Mal zur barbadischen Destillerie Foursquare zu begeben (alles zur ersten Reise könnt ihr hier noch einmal nachlesen). Die Destillerie Foursquare und ihre Galionsfigur, Richard Seale, der gerade auch in den sog. sozialen Netzwerken in der Vergangenheit immer wieder stark polarisierte, haben in den letzten Jahren einen steilen Aufstieg hinter sich. Während die Insel Barbados unter Nerds vor einigen Jahren noch ausschließlich durch Rockley/ WIRD besetzt war und Foursquare durch Rums wie den Doorly's XO eher ein unbeachtetes Phänomen des Massenmarktes war, so hat sich das spätestens seit Veliers 2006er Abfüllung grundlegend geändert. Welche Gründe ich dafür in der Hauptsache sehe, habe ich im oben verlinkten ersten Ausflug ausführlicher dargelegt. Innerhalb des letzten Jahres zogen dann auch der Nachfolger, der Triptych, sowie die Originalabfüllung Criterion (s. ebenfalls erstes FS-RUMble) große Aufmerksamkeit auf sich. Der Triptych hat mir dabei gut gefallen, wenngleich er mir etwas zu teuer erschien, der Criterion war preislich attraktiver, leider hingegen geschmacklich gar nicht meins. Heute kommen dann der Velier Principia, der Velier Destino und der Foursquare White aus der Habitation Velier Serie zur Verkostung. Und da mir der Triptych, wie eben gesagt, durchaus gut geschmeckt hat, wird er heute für den Principia und den Destino als Referenz herhalten. Heute also Velier-Foursquare only! Und wer nun stutzig geschaut hat: der White läuft selbstverständlich außerhalb der Konkurrenz der beiden lange gelagerten Rums. Ein direkter Vergleich ergäbe keinen Sinn und das wäre auch nicht fair. Dennoch empfinde ich ihn als spannend genug, ihn hier einmal zu betrachten und werde daher auch meine Eindrücke schildern. 

Nun aber möchte ich auch gar keine Zeit mehr verlieren und direkt zu den Rums kommen...



Velier "Principia" 2008/2017 - 62% vol.:

Der Principia wurde im Jahr 2008 bei Foursquare destilliert, dann drei Jahre lang in Ex-Bourbon Fässern und noch einmal sechs Jahre lang in Ex-Sherry Fässern gelagert. Somit reifte der Rum insgesamt neun volle Jahre und er tat dies auf Barbados, ist also tropisch gereift. Es ergab sich ein Angels Share von >43%. Der Alkoholgehalt beträgt 62% vol. Er ist in Europa derzeit noch auf dem sog. 1. Markt erhältlich, also direkt in diversen Shops. Hier werden zwischen 140 und 160 Euro aufgerufen, was nochmal ein deutlicher Anstieg zum Triptych von vor einem Jahr ist, der ca. 130 Euro gekostet hat. Ihr wisst, ich habe schon beim Preis des Triptych skeptisch geschaut und dementsprechend darf man auch die Preisvorstellung beim Principia, meines Erachtens, durchaus als ambitioniert bezeichnen. Immerhin 5400 Flaschen wurden abgefüllt. Das Sample stammt aus einer Flaschenteilung eines netten Mitglieds des "Rum Clubs". Vielen Dank für's Teilen!

Im Glas kommt der Rum in einem schönen, der tropischen Lagerung entsprechenden Bernstein daher. In der Nase kann mich der Principia zunächst dann sogar noch etwas mehr überzeugen als der Triptych. Letzterer braucht im Glas deutlich länger, während der Principia sehr schnell präsent ist. Das ungewöhnlich lange Finish macht sich beim Principia natürlich deutlich bemerkbar, unterstützt den Rum aber augenscheinlich, denn das gefällt mir hier schon wirklich gut. 
Am Gaumen ist der Rum dann trockener als ich ihn angesichts des Sherry-Finish erwartet hatte (und wie süß Sherry tatsächlich sein kann, stellte ich ja anfangs des Monats erst bei einem Tasting dreier sehr alter Sherrys fest) und er zeigt sich auch durchaus reifer, als ich das bei einem 9 YO vermutet hätte, denn es kommt sehr viel trockenes Holz durch. Gar nicht negativ, allerdings für meinen Geschmack sehr eindimensional. Irgendwie fehlt mir da einfach was. Komplexität und Vielschichtigkeit gehen ihm leider ab. Schade. Nach der Nase hatte ich da mehr erwartet. Der Alkohol, das möchte ich positiv festhalten, ist sehr gut eingebunden.
Im Finish kommt dann eben jenes vom Sherry wieder durch, denn ich habe die Nussmischung vom Studentenfutter sehr präsent. Dahinter dann eine deutliche Bitterkeit. 


Velier "Destino" 2003/2017 - 61% vol.: 

Der Destino ist der älteste Rum des heutigen RUMbles. Er reifte von 2003 bis 2015 in Ex-Madeira Fässern und anschließend noch zwei Jahre bis 2017 in sehr alten Ex-Rum Fässern. Auch der Destino reifte zu 100% auf Barbados in den Tropen. Er kommt mit 61% vol. daher. Leider ist nicht bekannt, wie hoch der Anteil der Engel gewesen ist. Der Destino wurde von Richard Seale zum 70th Anniversary Veliers abgefüllt und das Logo zieren daher auch genau 70 kleine bunte Tropfen. Es gibt ihn inzwischen leider nur noch auf dem sog. 2. Markt, d.h. über private Anbieter oder Shops, die sich auf Raritäten spezialisiert haben, da er im regulären Handel sehr schnell vergriffen war. Für ihn muss man mit mindestens 300 Euro rechnen, eher mehr. Hier wurden auch nur insgesamt 500 Flaschen abgefüllt, das heißt potente Sammler sind hier die primäre Zielgruppe. Mein Sample bekam ich von einem sehr netten Rum-Buddy aus Berlin. Auch dir einen herzlichen Dank dafür! 

Wie schon der Principia, überzeugt auch der Destino optisch durch einen klasse Bernsteinton! Er ist noch etwas dunkler als der Principia, allerdings reifte er ja auch fünf Jahre länger. 
In der Nase gefällt er mir sofort nochmal klar besser als der Principia! Er ist voller, reifer, komplexer und er wirkt im Vergleich nochmal deutlich hochwertiger. Das gilt auch für den Vergleich mit dem Triptych, den ich hier im direkten Vergleich am schwächsten sehe. Das Madeira Cask Aging prägt natürlich auch hier im Vergleich zu gewöhnlicher Ex-Bourbon Reifung den Rum und passt gut. 
Am Gaumen erlebe ich den Destino dann vollmundig, allerdings so ganz anders als z.B. den Principia. Das Profil ist hier ein ganz anderes als das aus 2008. Der Rum hat Klasse! Ich erkenne hier durchaus frühere 2003er Foursquare wieder, allerdings erlebe ich diesen hier wesentlich besser als andere vorherige. Da steckt wesentlich mehr Komplexität drin und auch Fruchtigkeit, die dem Principia z.B. leider auch fehlt. Der Alkohol ist beim Destino ebenso gut eingebunden wie beim Principia, er macht sich nicht negativ brennend bemerkbar.
Im Finish dann eine erstaunliche Parallele zum Principia, hier bleibt nämlich wieder vor allem Holz. Aber eben auch hier nicht im Sinne eines Tannine-Einschlags, sondern trockenes, gut gelagertes Holz. Sehr leckerer Rum!



Habitation Velier "White" 2015 - 59% vol.: 

Der White Rum ist streng genommen gar keiner, denn er hat sowohl ein Fass von innen gesehen, als auch darin schon etwas Farbe bekommen. Aber die Lagerzeit betrug hier nur wenige Monate im Jahr 2015, so dass die Charakteristik klar die eines rauen Ur-Produkts mit 100% Brennereicharakter ist! Die geringe Lagerzeit kam zustande, da Richard Seale Luca Gargano den Wunsch abgeschlagen haben soll, einen vollkommen ungelagerten Rum auf die Flasche zu bringen. Die wenigen Monate wären somit ein Kompromiss. Abgefüllt wurde der Rum mit 59% vol. Vom White existieren meines Wissens nach nur 400 Flaschen, was für die Habitation Velier Reihe schon sehr wenig ist und weswegen es auch ihn  nur noch auf dem sog. 2. Markt gibt. Der White stand zuletzt bei 70-80 Euro! Nochmal zur Erinnerung: wir reden über einen nahezu ungelagerten Rum! Verrückt! Abermals stammt das Sample, aber auch das Bild der Flasche, aus Berlin. Vielen Dank!

Dass der White im Vergleich zu den beiden anderen vollkommen aus der Rolle fällt war klar und deshalb bewegt er sich hier ja heute auch außer Konkurrenz. Zurecht, wie ich innerhalb von Bruchteilen von Sekunden feststellen muss, denn dieser reine Pot Still Rum ist mal so ganz anders als es seine Brüder sind. Hier ist Feuer in da House und in einem Blind Tasting könnte man den auch durchaus als gemäßigten Jamaicaner verordnen. Somit ist klar, dass wir es hier durchaus mit einem für Foursquare ungewöhnlichen Rum zu tun haben. 
In der Nase habe ich klare Ester und Anflüge von gebackener Banane und Ananas. Das ist eindeutig kein Hampden, aber ein ganz junger Worthy Park könnte es durchaus sein! Ich lege mich auch darauf fest, dass ich das blind getippt hätte! 
Am Gaumen fällt der Rum dann, gemessen an purem Vergnügen, natürlich ab, aber auch hier zeigt er deutlich sein Potenzial. Und damit meine ich vor allem, dass ich von Foursquare sehr gerne mal einen länger gelagerten reinen Pot Still Rum sähe! Das wäre sicherlich spannend und eine klare Bereicherung für deren Portfolio! Den White kann man durchaus auch pur trinken, aber in meinen Augen bietet er zu wenig Argumente dafür das zu tun, zu gut sind so viele andere Rums in meinem Bestand, die eine jahrelange Fassreifung hinter sich haben. Worauf ich aber ganz spontan Bock hätte bei diesem hier ist ein Daiquiri! Wer weiß, vielleicht probiere ich das in den nächsten Tagen mal aus. ;-) 

Fazit: 

Meinen heutigen Ausflug nach Foursquare empfand ich als sehr viel angenehmer als den ersten von vor ca. einem Jahr! Da mir zwei von drei Rums damals überhaupt nicht zusagten, war das seiner Zeit, vom Triptych abgesehen, doch ein ziemlicher Reinfall. Den klassischen Verlierer gab es im Vergleich dazu heute hingegen überhaupt nicht. Keinen der heute verkosteten Rums empfand ich als schlecht! Mir gefiel der Destino sowohl in der Nase als auch am Gaumen von den drei länger gelagerten am besten. In der Nase konnten sowohl der Principia, als auch sogar der White, den Triptych abhängen. Am Gaumen dann schlug der Triptych wiederum den Principia und natürlich auch den White. Hier hatte letzterer keine Chance, aber er fällt ja auch aus der Wertung. Nichts desto trotz hat mich der White dahingehend überzeugt, ihn die Tage mal zu vermixen. Ich glaube, der kann was! Nur: selbst wenn, so ist er leider viel zu teuer, weswegen eine ganze Flasche für mich nicht in Frage käme. Das trifft leider aber auch auf Destino und Principia zu, da mir hier für das aufgerufene Geld zu wenig Action geboten wird. Für den Destino gilt das, ob seines Sammlerpreises, natürlich noch einmal im Besonderen, trotz dessen, dass er im direkten Vergleich klar als Sieger der drei Rums hervorgegangen ist.



Und da bin ich dann auch schon bei, für mich, DEM Thema bei Foursquare, denn ich habe nach wie vor das Problem mit Foursquare, dass mir deren Rums zu wenig aus dem Durchschnitt ausbrechen. Dort bleiben sie für mich zumeist verhaftet, wenn auch auf unbestritten ganz, ganz hohem Niveau! Das reicht für mich aber nicht, um die aufgerufenen Preise in dieser Weise zu rechtfertigen. Für das Geld was die Foursquare von Velier kosten erwarte ich noch immer deutlich mehr als ich bekomme. Allerdings gibt es, auch wenn das eben ziemlich abwertend klang, doch auch eine eindeutig positive Aussicht. Denn in genau dem von mir beschriebenen Durchschnitt auf hohem Niveau liegt ironischerweise auch eine Chance, etwas, das die Rums in meinen Augen tatsächlich auszeichnet, weil sie damit eine Nische besetzen, die ich bisher deutlich zu unterrepräsentiert finde! Denn auf hohem Niveau anspruchslos sind nur ganz wenige Rums, wie ich finde. Und nochmal, nein, da steckt tatsächlich keine Häme drin, ich meine das ganz ernst. Entweder, einem Rum fehlen Anspruch UND Niveau, oder aber sie haben beides. Ich kenne kaum einen Rum, der anspruchslos wie ein 20-30 Euro Rum ist, aber die Qualität eines 70 Euro Rums hat. Die Velier Foursquare hingegen könnten das (kosten nur eben nicht das)! Schon beim Triptych war ich der Meinung, dass das ein perfekter Begleiter zu einem gepflegten Barbecue wäre: hochwertig, ungesüßt und unbearbeitet, lecker und überhaupt nicht fordernd. Ich könnte ihn nebenher trinken, ohne dass er die Aufmerksamkeit gegenüber meinen Gästen auf sich lenken würde, denn weder müsste ich mich besonders auf ihn konzentrieren, noch würde mich fehlende Qualität stören, so wie es bei vielen anderen günstigeren Rums zu solchen Anlässen der Fall wäre. Und für meine Gäste würde natürlich das gleiche gelten. Den könnte ich auf den Tisch stellen, ohne, dass danach der Rum das Gesprächsthema des Abends wäre, sondern der würde einfach nur getrunken werden und den Leuten schmecken. Aber da waren wir eben dann auch schon beim Stolperstein, dem Preis. Der passt nicht in die ansonsten perfekte Szenerie. Dass Foursquare gute Preise grundsätzlich aber machen kann, beweisen die Originalabfüllungen für jeweils +/- 70 Euro! Das ist ein Preis, den ich für die heute verkosteten Rums gerne ausgeben würde und dann auch nicht nur eine Flasche holen würde. Es geht also! Leider können mir diese wiederum aber nicht den tollen Geschmack der Rums bieten, die bisher für Velier abgefüllt wurden. Womit das zu tun hat ist für mich leider nicht offensichtlich. Da alles aus einem Haus kommt würde ich erstmal von Zufall ausgehen, allerdings häufen sich diese Zufälle inzwischen. Über eine stichhaltige Erklärung dazu, warum das so ist oder vielleicht sogar, warum es gar nicht anders sein könnte, würde ich mich sehr freuen, aber im Grunde glaube ich nicht, dass es nicht funktionieren kann! Bis dahin hoffe ich also darauf, dass wir einen solch tollen Foursquare wie wir sie bisher von Velier sahen auch bald einmal als Originalabfüllung bekommen. Und, Stichwort Habitation Velier FS White, der dürfte dann auch gerne mal rein aus der Pot Still kommen! Da wiederum, und da schließt sich der Kreis, sehe ich nämlich sogar das Potenzial für Rums, die dann auch das kosten dürften und die Preise vielleicht rechtfertigen könnten, die heute noch für die "Barbeque Foursquare" aufgerufen werden. Das wäre dann eine ganz andere Hausnummer! Diese Meinung vertrete ich in dieser Form schon seit dem Triptych und sie hat sich heute und mit diesem Tasting noch einmal verfestigt. Dennoch oder gerade deshalb hatte ich bei dem Tasting heute ganz viel Spaß und wünsche euch noch eine schöne Woche!

Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 13. Mai 2018

Velier Heavy Trinidad Rum 23 YO Caroni 1994 - 59% vol.

Liebe Rum Gemeinde,

letzte Woche habe ich euch hier meine Eindrücke vom Velier Caroni 18 YO Full Proof aus 1994 geschildert und ich bin dabei auch auf den im letzten Jahr erschienenen 23 jährigen 100° Proof (der mit dem gelben Label) aus dem gleichen Jahr eingegangen. Diesen wiederum hatte ich im letzten Sommer, als er heraus kam, schon einmal hier besprochen und er kam dabei nicht besonders gut weg. Dieser Eindruck hat sich bei mir inzwischen dahingehend korrigiert, als dass ich ihn inzwischen wirklich gerne trinke! Auch das hatte ich letzten Sonntag in diesem Zusammenhang klar gestellt.

Nun war da ja aber immer noch ein Rum offen, nämlich der 23 YO Full Proof (orangenes Label), zu dem ich im Sommer 2017 die Prognose wagte, dass er den 100° Proof auf Grund der fehlenden Verdünnung und einer damit verbundenen weniger ausgeprägten Bitterkeit noch einmal toppen könnte, denn die Verdünnung löst ja auch Bitterstoffe im Rum. Ob dem so ist? Schauen wir mal!

Doch zunächst kurz noch etwas Gossip zur Abfüllung selbst: der Rum erschien als insgesamt 37th Release der Velier Caroni Reihe im Herbst 2017. Das Flaschenlabel entspricht nahezu 1:1 dem der 100° Proof Variante (Orange statt Gelb). Mit 59% vol. weist dieser Full Proof gerade einmal einen Alkoholgehalt von knapp 2% vol. mehr auf als der 100° Proof. Die größeren Unterschiede finden sich, zumindest auf dem Papier, erst einmal bei den äußeren Werten. Die Full Proof-Variante kommt nämlich, für Velier untypisch, in einer glasklaren Flasche daher, welche mundgeblasen sein soll. Die Versiegelung am Korken ist ebenfalls untypisch, denn hier hat man auf ein auffälliges Wachssiegel gesetzt, im gleichen Orange wie das Flaschenlabel selbst. Der Rum ist auf gerade einmal 600 Flaschen limitiert, wodurch er eine der rarsten Abfüllungen der regulären Releases ist. Und da sind wir dann auch schon beim Eingemachten: der Rum war kurzzeitig für einen vollkommen abgehobenen Preis von ca. 420 (!!) Euro im regulären Handel erhältlich, allerdings nach sehr kurzer Zeit (Minuten/Stunden) ausverkauft. Im Secondary kostete er dann zum Teil 1,2k! Wahnsinn! Vollkommen verrückt! Wer bis hierhin noch irgendie nicht mitbekommen haben sollte, was bei Caroni gerade los ist, der dürfte spätestens gerade eben aufgewacht sein.
Höchste Zeit also, dass es hier wieder um den Rum selbst und seinen inhaltlichen Wert geht! Glücklicherweise kann ich das herausfinden, denn der Micha hat ein Sample dieses Tropfens organisiert und so konnte ihn in Köln mit ihm zusammen probieren und anschließend, für dieses Review, auch nochmal privat. Vielen Dank dafür!


Verkostung des Velier 23 YO Caroni 1994:

Preis: schon der Ausgabepreis dieses Tropfens lag bei opulenten 420 Euro. Dafür hatte jedoch kaum jemand eine Chance diesen Rum zu erstehen, da er, wenn er irgendwo auftauchte, nach nur wenigen Minuten vergriffen war. Wer trotzdem eine Flasche haben wollte, für den blieb nur der Sekundärmarkt. Dort wird er bei z.B. ebay für 700 Euro und mehr angeboten. 

Alter: der Rum ist 23 Jahre alt und reifte von 1994 bis 2017 im Fass.

Lagerung: die Reifung fand von 1994 bis 2008 auf Trinidad statt, anschließend lag der Rum bis 2017 noch bei DDL in Guyana.


Fassnummern: die Fassnummern der Fässer sind leider nicht bekannt. Insgesamt wurden aber nur 600 Flaschen abgefüllt. 

Angel's Share: > 85%

Alkoholstärke: Full Proof. 59% vol. bringt der Rum letztlich noch mit. 

Destillationsverfahren: unbekannt.

Mark: HTR

Farbe: ein sehr gesetztes, alt-ehrwürdiges braun.  

Viskosität: der Rum beißt sich an der Glas regelrecht fest. Es verweilen viele, versprenkelte kleine Tropfen.

Nase: sehr, sehr schweres und lange und intensiv gereiftes Destillat! Nichts für jeden Tag! Ein Rum, der Zeit braucht, der im Alleingang einen ganzen Abend füllen kann, wenn man ihn lässt. Großartig!  Der Rum braucht einige Zeit bis er sich öffnet, aber dann gibt er auch richtig Gas. Obwohl sehr, sehr komplex strengt er nicht wirklich an. Das ist einfach sehr entspannt und reiner Genuss! Der Brennereicharakter von Caroni tritt noch weiter zurück als bei allen anderen 94ern, die ich bisher im Glas hatte. Das ist hier wirklich ein bis zur Vollendung gereifter Rum! Viele, viele Tannine bietet das Bouquet, aber auch geräucherten Schinken, eine leicht medizinische Komponente und letztlich auch Petroleum, brennende Reifen und den begehrten Fahrradschlauch. Aber das muss man schon fast vorher wissen. Alles in allem macht es aber vor allem Spaß, sich an dieser Nase satt zu schnüffeln. Wirklich außergewöhnlich! 

Gaumen: ich habe ein kurzes und auch nur ganz leichtes Britzeln zu Beginn, bevor sich der Rum dann auch sogleich schmeichelnd und umgarnend auf die Zunge legt. Wow! Anders als in der Nase sind die Caroni-typischen Aromen am Gaumen sofort präsent, so dass kein Zweifel daran besteht, dass hier gerade ein Heavy Type Caroni am Start ist! Eine für diese Rums typische leichte, angenehme natürliche Süße läutet dieses Feuerwerk am Gaumen ein. Der Caroni ist super ölig-cremig, unfassbar komplex, facettenreich, schwer und komplett. Lecker! Die Fassreife zeigt sich wahrlich formvollendet. Ausgewogene Tannine, Leder und frisch geschnittenes Holz erzeugen eine leichte Bitterkeit, die einfach zu diesem Rum passt und die dieser auch mit in den Abgang nimmt. 

Abgang: die leichte Bitterkeit bleibt lange am Gaumen haften. Trocken.

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Fazit: eine Bombe! Der Full Proof ist letzten Endes sehr ähnlich zum weitaus besser verfügbaren und auch sehr viel günstigeren 100° Proof. Wer sich nun wiederum an mein Review aus dem Sommer erinnert, in dem ich diesem Rum noch eher weniger offen gegenüberstand, der wird sich angesichts meiner heutigen Worte eventuell wundern, aber im Review zum 18 YO Full Proof Caroni aus 1994 erklärte ich ja bereits, dass ich nach einigen Verkostungen wirklich zu einem Fan dieses Stils geworden bin und sich meine Meinung hier sehr gewandelt hat. So beurteile ich den 23 YO FP heute also nicht auf der Basis eines Rums, der mich wenig überzeugte, sondern inzwischen auf der Basis eines Rums, der mich absolut begeistert. Und daher kann die Frage also nur lauten: ist der Full Proof noch einmal so viel besser, als dass er den enormen Aufpreis zum 100° Proof auch nur ansatzweise rechtfertigt? Hier muss ich aber kurz und bündig mit einem klaren Nein antworten. Wie soll das auch gehen? Der 100° Proof hat die Messlatte sehr hoch gelegt, und selbst der Ausgabepreis des Full Proof lag noch einmal ca. 150 Euro über diesem. Vom aktuellen Marktwert gar nicht zu sprechen... Das sind preisliche Dimensionen, die vollkommen absurd anmuten, die bei Caroni/Velier aber leider zur ernüchternden Realität geworden sind. Vor allem aber sind diese Preise nicht mehr mit geschmacklichen Mehrwerten in Relation zu bringen. Daher ist der 23 YO Full Proof 1994 zwar ein Caroni, den ich jedem empfehlen kann einmal zu probieren, aber eben nicht zu kaufen. Der 100° Proof bietet nicht so viel weniger und trotz dessen, dass auch der enorm viel Geld kostet, ist er zumindest noch einigermaßen erschwinglich. Beobachtet man den Caroni-Markt, so sollte klar sein, dass sich aber auch das sehr schnell ändern könnte.

Bis demnächst,
Flo

Donnerstag, 10. Mai 2018

Bodegas Toro Albalá: Pedro Ximénez 1931, 1946 & 1958

Liebe Rum Gemeinde,

ich habe meinen Tellerrand heute einmal darum gebeten ihn kurzfristig verlassen zu dürfen und er hat dieser Bitte zu meiner großen Freude entsprochen: daher werden hier heute drei alte PX-Sherrys von Bodegas Toro Albalá aus drei verschiedenen Jahrgängen zur Verkostung kommen: aus 1931 (84 YO), aus 1946 (65 YO) und aus 1958 (59 YO)!



Nun möchte ich gleich zu Beginn klar stellen, dass bisherige Erfahrungen mit Wein im Allgemeinen, mit Sherry im Speziellen und mit Pedro Ximénez im Besonderen bei mir nicht gegeben sind. Ich kann hier also wirklich auf keinerlei Expertise verweisen und vor diesem Hintergrund ist alles was ich zu den dreien von mir gebe bitte auch einzuordnen. Weder werde ich Kaufempfehlungen aussprechen (können), noch werde ich die Sherrys in irgendeiner Weise einordnen (können). Hier wird es heute um drei zweifelsohne besondere Tropfen aus der Perspektive eines Rum-Nerds gehen und zwar ausschließlich aus dieser Perspektive. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.  Wer als Sherry-Fan nach diesen Weinen via google gesucht hat und nun bei mir gelandet sein sollte: vergesst bitte entweder alles was ich schreibe oder genießt, wenn ihr könnt, den unerwarteten Perspektivwechsel. Aber nehmt das hier keinesfalls als für euch relevante Kritik wahr.


Die Reise beginnt:

Wie aber bin ich denn jetzt überhaupt auf die drei Sherrys gekommen? Dazu muss ich nur ganz kurz zurückblicken, nämlich auf die Cologne Spirits im März. Dazu hatte ich in meinem Messebericht ja auch von einem alten Sherry berichtet. Dieser wanderte ganz konspirativ und schneller als ich schauen konnte in mein Glas und hatte mich wirklich umgehauen! Der edle Spender darf sich an dieser Stelle noch einmal meines tief empfundenen Dankes sicher sein. :-) 
Kurz nach der Messe bot dann die Eva aus dem Rum Club drei Sherrys, nämlich die heutigen drei, als Flaschenteilung an und einer davon war eben jener 58er von der Messe. Logisch, dass mein Interesse geweckt war. Da Interesse allein aber noch kein Know How erzeugt, musste ich mich erst einmal auf die Suche nach Informationen zu dem guten Stoff begeben und glücklicherweise wurde ich auch fündig.



Alle drei Sherrys stammen aus der Bodega Toro Albalá. Deren Geschichte wiederum reicht zurück bis ins Jahr 1844, in dem sie vom Urgroßvater des heutigen Besitzers, Antonio Sanchez, gegründet wurde. Es handelt sich hierbei also um ein beeindruckend geschichtsträchtiges Familienunternehmen. Der Firmensitz befindet sich seit 1922 in Aguilar de la Frontera, einer kleinen Stadt in der traditionellen Weinbauregion Montilla-Moriles, welche wiederum den Status einer sog. Denominación de Origen aufweist. Das bedeutet, dass es sich dabei um eine besonders geschützte Herkunftsregion handelt, ähnlich der Appellation d'Origine Contrôlée (AOC) in Frankreich und der Schweiz. Auf den Anbau der Rebsorte Pedro Ximénez ist man dort seit jeher spezialisiert und Toro Albalá ist bis heute eines der ganz wenigen Weingüter, die Jahrgangs-PX herstellen. Die dort gelagerten Jahrgangsweine reichen oft viele Jahrzehnte zurück, wie auch die heute vorgestellten drei Weine belegen.
Doch was genau ist eigentlich (PX-)Sherry, bzw. wie wird er gemacht? Die Kurzfassung: Sherry, dessen Name und Aussprache zwar an die englische Kirsche (Cherry) erinnert, letztlich aber auf den Ort Jerez de la Frontera zurückgeht und mit Kirschen nichts zu tun hat, ist ein sog. verstärkter spanischer Weißwein. Pedro Ximénez wiederum ist eine spanische Weißweinsorte aus Trauben, deren Zuckerwerte sehr hoch sind. Nach der Lese (Traubenernte) werden die Trauben beim PX nicht sofort gekeltert, sondern zehn Tage lang auf dafür vorgesehenen Bastatten getrocknet und anschließend gepresst. Der sog. Grundwein weist nun einen Alkoholgehalt von maximal 5 % vol. auf, besitzt aber einen hohen Fruchtzuckergehalt. Wie aber kommt der fertige Sherry dann auf einen Alkoholgehalt von ca. 17% vol.? Dies hat mit der eben erwähnten "Verstärkung" des Weines zu tun, denn vor der langen Reife im Eichenfass wird der Grundwein mit edlem Weindestillat auf ca. 17% vol. angereichert. Seine dunkle  Farbe erhält der PX dann im Eichenfass.

Und nach diesem kurzen "Crashkurs" würde ich sagen, kann es dann auch schon direkt losgehen!


Verkostung der drei Toro Albalá Pedro Ximénez Sherry:


Bodegas Toro Albalá Pedro Ximénez 1931: 

Kurze Fakten:

Jahrgang: 1931
Abfüllung: 2015
Alter: 84 Jahre
Produzent: Toro Albalá
Traubensorte(n): Pedro Ximénez
Alkoholgehalt: 18% vol.
Parker-Punkte: 98/100


Nase: Sehr schwere, alte, ehrwürdige Nase! Wow! Sehr dicht, sehr komplex. Keinerlei alkoholische Hinweise. Mein erster Eindruck vom Bouquet, wie auch schon auf der Messe beim 1958er, ist Studentenfutter, was vor allem an der Rosine liegt! Ansonsten habe ich, nicht nur optisch, Ähnlichkeiten zu Balsamico, sowie Gedanken an Gartenkräuter. 

Gaumen: Erste Assoziation ist Sirup. Ganz schwer, fett, ölig, vollmundig und süß legt sich der Sherry auf die Zunge. Ich denke hier wieder an die Rosine! Und wieder fehlen auch alkoholische Hinweise gänzlich. Dann folgt ein medizinischer Einschlag. Der Sherry regt den Speichelfluss enorm an und schmeckt einfach lecker. Mir fällt es schwer, das zu beschreiben.

Finish: bitter-süßer, trockener Nachhall.


Bodegas Toro Albalá Pedro Ximénez 1946: 

Kurze Fakten:

Jahrgang: 1946
Abfüllung: 2011
Alter: 65 Jahre
Produzent: Toro Albalá
Traubensorte(n): Pedro Ximénez
Alkoholgehalt: 17% vol.
Parker-Punkte: 100/100


Nase: Hui, eine ganz andere Nase! Klar, wieder unglaublich komplex, dunkel, schwer und dicht, aber ich habe einen deutlich säuerlicheren Eindruck, weswegen Balsamico hier noch wesentlich präsenter ist. Die Süße dagegen ist deutlich dezenter. Aber auch hier kommt die Rosine letztlich voll durch. Allerdings nicht nur die, sondern auch u.a. Pflaume, sowie eine leichte Würze. Die lange Lagerung im Fass ist dem Sherry durchaus anzumerken, allerdings ausschließlich positiv.

Gaumen: Wieder ist da diese Sirup-Assoziation. Wie schon den 1931er, empfinde ich den Sherry als sehr fett, schwer, ölig und vollmundig. Dazu aber komplexer. Ich habe einen kurzen medizinischen Touch zu Beginn, dann aber Rosine und Trockenfrucht satt. Dazu Bitterschokolade. Schöne, ausgewogene Süße. Wie schon beim 1931er wird der Speichelfluss enorm angeregt. Dann ist da so etwas brotartiges, was insofern unerwartet ist, als dass ich sowas beim Rum z.B. glaube ich noch nie hatte. Alkoholische Einflüsse oder auch nur Hinweise nehme ich erneut nicht wahr. 

Finish: süß-säuerlicher, trockener Nachklang.


Bodegas Toro Albalá Pedro Ximénez 1958: 

Kurze Fakten:

Jahrgang: 1958
Abfüllung: 2017
Alter: 59 Jahre
Produzent: Toro Albalá
Traubensorte(n): Pedro Ximénez
Alkoholgehalt: 17,5% vol.
Parker-Punkte: 98/100


Nase: Und nochmal wieder was ganz anderes! Diese Nase ist die herbste der drei Sherrys. Sie ist kräutriger und würziger als die der beiden anderen und im Vergleich ist Studentenfutter hier auch am komplettesten, denn ich habe auch die Nussmischung noch viel klarer dabei als bei den anderen. Ansonsten präsentiert sich aber auch diese Nase, wie die der beiden anderen, sehr, sehr dicht, verwoben, konzentriert und ohne alkoholische Anklänge. 

Gaumen: Erneute sirupartige, schwere, ölige, zähflüssige und vollmundige Anmutung. Der Sherry steht im Vergleich zu den beiden anderen aber auf der herben Seite. Herb-bitter-süßes Bouquet. Nach der bitteren Note zu Beginn, dann deutliche Medizin in Kombination mit Studentenfutter. Wieder angeregter Speichelfluss. Hier kommt nun noch Kräuterlikör dazu. 

Finish: herb-bitterer, trockener Abgang. 



Fazit:
Sooo, das waren sie, die drei PX von Bodegas Toro Albalá aus der Sicht eines Rum Aficionado! Was, wenig überraschend, natürlich festzuhalten ist, ist, dass echte Vergleiche zum Rum einfach nicht möglich sind. Während Zuckergehälter, und hohe Zuckergehälter noch dazu, im Rum unter Nerds weitestgehend verpönt sind, so sind sie beim Sherry willkommen und passend. Und wo Rum gerne mal einen Alkoholgehalt von 50, 60 oder gar 70% vol. aufweist, kommt ein Sherry mit schlanken 17-18% vol. um die Ecke. Wenn der Alkohol in einem Rum ganz besonders gut eingebunden ist, dann spricht man schon mal davon, ihn, ob seiner Milde, "so wegtrinken" zu können. Tatsächlich mag es Menschen geben, die das bei hochprozentigem Rum auch wirklich können, allerdings ich kann das nicht und das muss auch nicht sein. Dafür ist Rum meines Erachtens auch nicht ausgelegt. Hier beim Sherry hingegen wäre das mehr als nur eine Floskel, hier ginge das wirklich. Ich habe mich im Review auch bemüht, das durch meine Formulierung sehr deutlich zu machen, wenn ich davon spreche, dass den Tropfen sämtliche "alkoholische Hinweise" abgehen: das war zu 100% so gemeint! Es mag meiner Gewöhnung an fassstarke Rums geschuldet sein, aber hätte ich nicht gewusst, dass Alkohol enthalten ist, ich hätte ihn nicht bemerkt. Er ist, für mich, unsichtbar! Und schließlich: auch eine vergleichbare Instanz zu Robert Parker, dessen Bewertung in der Weinwelt eine beispiellose Gewichtung und Beachtung genießt, gibt es in der Rumwelt in dieser Form noch nicht. Die von mir heute verkosteten Sherry erhielten jeweils Top-Bewertungen, einer gar die Höchstpunktzahl von 100 Punkten!
Doch nun ans "Eingemachte": was kann ich inhaltlich zu den drei Pedro Ximénez resümieren? Habe ich einen Favoriten und wenn ja, welcher wäre das? Hier möchte ich zunächst vor allem einmal festhalten, dass es für mich ein unglaubliches Erlebnis und eine unheimlich spannende Erfahrung war, drei solch außergewöhnliche und vor allem außergewöhnlich alte Sherrys zu verkosten! Dafür möchte ich auch und gerade der Eva sehr herzlich Danken, dass sie das möglich gemacht hat! Nun fehlen mir natürlich die Vergleiche zu gewöhnlichen Produkten mit moderateren Preisen, daher kann ich nicht beurteilen, wie weit diese von denen entfernt sind, aber was ich sagen kann ist, dass mich die drei PX vollkommen überzeugt haben! Das wiederum weckt in mir die Bereitschaft, da durchaus auch nochmal an der Basis vorbeizuschauen und zu gucken, wie es dort um die Qualitäten bestellt ist. 
Am besten von den dreien haben mir der 1931er und der 1946er, jeder auf seine Weise, gefallen. Die beiden haben sich, nebeneinander verkostet, toll ergänzt und waren meines Erachtens zu unterschiedlich, um den einen nun über den anderen zu heben. Während der 31er etwas süßer daher kam, war der 46er etwas ballancierter und vielleicht auch kompletter, da der Säureanteil etwas  höher war. Der 1958er wiederum fiel im Vergleich zu den beiden etwas ab und belegt umso deutlicher daher den dritten Platz. Dieser stand schon sehr auf der bitteren und herben Seite, was mir nicht so gut gefiel. Die Probe in Köln hatte ich auch etwas anders in Erinnerung. Eventuell gab es hier unterschiedliche Chargen. Bei meinen Recherchen zu diesem Artikel war ich über derlei Vermutungen einiger auch gestolpert. 
Recherchen sind dann letztlich auch das Stichwort, denn selbstverständlich waren solche für diesen Artikel besonders unabdingbar, da ich, anders als beim Rum, über keinerlei Kenntnisschatz beim Sherry verfüge. Auf diese Weise kam ich dann auch theoretisch etwas ins Thema, was ich sehr spannend fand. Wein ist ein wahnsinnig großes Feld mit einem ganz eigenen Universum, und zukünftige Ausflüge über den Tellerrand möchte ich gerne wieder unternehmen! Und ein letztes Bedürfnis ist es mir, meine Quellen zu diesem Artikel noch offen zu legen, auch, falls sich jemand noch weiter in die Materie einlesen möchte: 


Quellenverweise:

https://auktion.catawiki.de/kavels/18190423-1958-toro-albala-don-px-convento-1-bottle-in-original-box
https://www.carlosvinos.de/Sherry/Toro-Albal-DON-P-X-Convento-Selecci-n-1931-PX.html
http://www.cielo-del-vino.de/spanische-weine/montilla-moriles/toro-albala/toro-albala-don-px-convento-seleccion-1946.html
https://www.secli-weinwelt.ch/shop/pdf/don-px-convento-seleccion_00008261
https://www.sherrynotes.com/2014/reviews/pedro-ximenez/don-px-convento-1946-toro-albala/
https://de.wikipedia.org/wiki/D.O.
https://de.wikipedia.org/wiki/Montilla-Moriles
https://de.wikipedia.org/wiki/Parker-Punkte
https://de.wikipedia.org/wiki/Pedro_Xim%C3%A9nez
https://de.wikipedia.org/wiki/Sherry





Ich hoffe, euch hat mein kleiner Ausflug in die Welt der PX-Sherrys von Bodegas Toro Albalá gefallen und ich freue mich, euch demnächst dann auch wieder, wie gewohnt, den nächsten Rum vorzustellen!

Bis dahin,
Flo

Sonntag, 6. Mai 2018

Velier FP Heavy Trinidad Rum 18 YO Caroni 1994

Liebe Rum Gemeinde,

würden Wetten darüber abgeschlossen werden, aus welcher Destillerie der verkostete Rum im nächsten Review auf Barrel Aged Thoughts stammt, so würde man bei einem korrekten Tipp auf Caroni momentan nicht einmal seinen Einsatz zurückerhalten - allzu oft läge man damit derzeit richtig. So auch heute!

Ich habe an Caroni einfach einen Narren gefressen und so tobe ich mich gerade ganz intensiv dort aus. Glücklicherweise gibt es ja auch immer noch genug Rums von dort, die ich noch nicht probiert habe, so dass mir auch erst einmal weder langweilig wird, noch dass mir der Stoff ausgeht. Perfekt!
Heute werde ich mich an einen Velier Caroni heranwagen, den es schon seit längerer Zeit nicht mehr zu kaufen gibt: den 18 YO Caroni von 1994 mit 62,59% vol. aus der sog. "Hangar-Serie", die aus vier Abfüllungen besteht, auf denen jeweils der Caroni Hangar auf dem Label zu sehen ist. Zwei stammen aus 1994 und zwei aus 1992 und es gibt jeweils einen Full Proof und einen High Proof mit 55% vol.. Nebeneinander gestellt ergeben die Boxen der vier Rums dann ebenso das Bild des Hangars. Abgefüllt wurden alle vier im Jahr 2012. Soweit, so gut. 1994 ist darüber hinaus einer der ergiebigsten Jahrgänge von Velier, denn aus diesem Jahr kamen insgesamt schon sieben Releases heraus: das jüngste mit 17 Jahren, das älteste mit 23 Jahren. Eine vergleichbar weite Spanne der Entwicklung im Fass (6 Jahre) können wir unter den Velier Caroni bisher sonst nur noch beim Jahrgang 2000 nachvollziehen. Und die Entwicklung ist dann tatsächlich auch mein Stichwort, denn darauf werde ich im Fazit noch näher eingehen!
Bevor es hier dann aber auch schon mit dem Tasting losgeht möchte ich noch dem Mark herzlichst für's Sample danken! Hab Dank! :-) 


Verkostung des Velier 18 YO Caroni 1994:

Preis: ursprünglich wird der Rum vermutlich deutlich unter 100 Euro gekostet haben. Heute liegt er meist bei einem wohl vier- bis fünffachen davon. 

Alter: der Rum lag von 1994 an im Fass, bis er im Jahr 2012 abgefüllt wurde. Er ist damit 18 Jahre alt.

Lagerung: die Reifung fand von 1994 bis 2008 auf Trinidad statt, anschließend lag der Rum bis 2012 noch bei DDL in Guyana.

Fassnummern: die Fassnummern der 10 Fässer sind leider nicht bekannt. Insgesamt wurden aber 2633 Flaschen abgefüllt. 

Angel's Share: keine Angabe. Anhand der anderen Velier Caroni, bei denen dazu Angaben gemacht wurden kann man aber von einem Anteil mindestens zwischen 70 - 80% ausgehen. 

Alkoholstärke: Full Proof. Der Rum misst einen Alkoholgehalt von 62,59% vol.

Destillationsverfahren: unbekannt.

Mark: HTR

Farbe: tiefer, dunkler, ins braune gehender Bernstein. 

Viskosität: eher engere, unregelmäßige Schlierenbildung.

Nase:  Oh ja! Nach ca. 30 Minuten finde ich bereits ein ausgesprochen tiefes, reifes, komplexes und reichhaltiges Caroni-Bouquet vor. Große Qualität! Kein Standard heute. Sehr gediegen! Der Rum hatte ganz offensichtlich viele Fasseinflüsse, denn die Nase wird von ihnen geprägt. Zwar ist der Rum noch ohne Zweifel als Caroni zu identifizieren, aber der ursprüngliche Brennereicharakter versteckt sich dahinter schon merklich. Alkoholische Schärfe ist, trotz der 62,59% vol., nicht vorhanden.
Ich finde stattdessen karamellisierte Kokosflocken ebenso vor wie Tannine, frischen Teer, Phenole, verbranntes Gummi, Menthol. Dazu etwas gebackenes, Anis und muffiges Unterholz. Auffällig ist die Abwesenheit jeglicher Süße. Insgesamt sitze ich ca. eine Stunde vor dieser wirklich überragenden Nase, die ich in Worten nur unzureichend im Stande bin darzulegen. 

Gaumen: Yihaa! Sehr genial! Der Rum legt am Gaumen gleich so richtig los und verbreitet Caroni-Flavour pur in der gesamten Mundhöhle. Auch hier fehlt die alkoholische Schärfe vollkommen, so dass sich der Rum butterweich auf den Gaumen legt und ungestört genossen werden kann, selbst bei etwas größeren Schlücken. Auch hier sind die Fasseinflüsse unübersehbar. Tannine vom Fass und weitere Holzeinflüsse wie Kaffee und Bourbon Vanille schmeicheln diesem Schrottplatz aus Teer, Altöl, brennenden Autoreifen  und Petroleum. Geil! Nach hinten heraus kündigt sich dazu eine ganze Kiste Sternanis an, von der ich das Gefühl habe, dass sie sich gleich beim Finish erst vollkommen entleeren wird. Dazu frisches, geschnittenes Holz und etwas feuchtes Gras. 

Abgang: ganz viel Anis. Erst dahinter kommen die dreckigen Noten von Teer und Gummi, die sich mit frisch geschnittenem Geäst ergänzen. Ganz am Ende bleiben aber die Tannine hängen. Ein großartiges, dem Rum würdiges Finish!

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18 YO Caroni 1994 Full Proof vs. 23 YO Caroni 1994 High Proof
Fazit: einer der ganz großen Caroni, die ich bisher schon im Glas hatte. Ich bin mit Prognosen ja nach wie vor sehr Vorsichtig, da ich noch immer sehr viele ältere Caroni nicht probieren konnte, aber ich denke, dieser hier wird, wenn, dann nur sehr schwer aus den Top 10 zu verdrängen sein!
Als ich das fünf Jahre ältere 36th Caroni Release probiert und vorgestellt hatte wagte ich die These, dass der mit einigen Jahren weniger sehr viel besser gekommen wäre. Nun steht ein 18 jähriger vor mir. Lag ich damit also letztlich richtig? Jein! Ja, dieser 18 YO hat natürlich weniger Reife als der 23 YO und insofern erfüllte der 18er da in dieser Hinsicht meine Erwartungen. Aber ganz grundsätzlich muss ich gestehen, dass ich den 23 YO inzwischen, und mit ein paar Monaten Abstand zur Erstverkostung, tatsächlich vollkommen anders bewerte! Ich empfinde diesen mittlerweile als nahezu perfekt ausgereiftes Destillat und mitnichten als fast verholzt, so wie ich es im vergangenen Sommer noch beschrieben habe. Dass sich meine Sicht auf einen Rum so elementar verändert passiert mir nicht häufig, aber hier ist das wirklich mal geschehen. Und von dem her steht der These andererseits also auch ein klares Nein entgegen, denn die zusätzlichen fünf Jahre geben dem Jahrgang 1994 noch einmal etwas ganz besonderes oben drauf, das ich nicht mehr missen möchte.
Beide Rums, der 18 YO, als auch der 23 YO, weisen einen bemerkenswerten Reifegrad mit deutlicher Dominanz des Fasses auf und rangieren auf sehr, sehr hohem Niveau! Ich glaube sogar beinahe, dass der 23er bei mir noch leicht die Nase vorn hat, aber das ist wenn, dann nicht viel. Sie ergänzen sich, nebeneinander verkostet, perfekt und können beide ohne jede Einschränkung überzeugen. Welchen der beiden man persönlich bevorzugt dürfte aber kaum vorherzusagen sein. Konsensfähiger ist vermutlich der 18 YO, aber eine klare Aussage in eine Richtung ist heute nicht möglich. Und ich möchte fast anhängen: zum Glück! Ich empfehle jedem, nach Möglichkeit, beide mal ins Glas zu geben und ihnen jeweils viel Zeit zu geben. Diese Tropfen werden einen nicht enttäuschen!
Vor kurzem, allerdings erst nach der Parallelverkostung dieser beiden hier, war es mir möglich, auch den 23 YO Full Proof (der orangene mit 59% vol.) zu probieren. Sowohl im Vergleich zum 18 YO Full Proof, als auch zum 23 YO 100° Proof und an einem anderen Tag nochmal neben dem 100° Proof hatte ich ihn im Glas. Und da dürft ihr sehr gespannt auf meine Eindrücke sein, denn auch dazu wagte ich ja im Sommer eine Prognose und ich werde in jedem Fall berichten, inwieweit sich das ausgegangen ist!

Euch wünsche ich allen noch einen schönen Tag und ein angenehmes und erholsames Restwochenende und wir lesen uns hier demnächst wieder!

Bis dahin,
Flo