Sonntag, 27. Oktober 2019

Velier Blended Trinidad Rum 23 YO Caroni 1996 - "Tasting Gang"

Liebe Rum Gemeinde,

seit einigen Wochen hat Velier zwei neue Caroni am Start, die auch wieder einmal weite Teile der Rum Szene elektrisiert haben und so auch mich. Die Vorhang für die beiden letzten regulären Releases ist gefallen: das 38th und das 39th Release. Ersteres firmiert unter der Bezeichnung "Tasting Gang" und diesen sehen wir uns heute genauer an.



Der Tasting Gang ist der erste Blended Caroni der regulären Serie seit sehr langer Zeit. Genauer gesagt muss man bis ins Jahr 2010 zurück reisen, bis wir die letzte solche Abfüllung wiederfinden. Caronis aus 1991 und 1993 waren das damals. Aus 1996 gab es das vorher in diesem Rahmen noch nie, da hat es nur ein Magnum Release gegeben zum 70. Geburtstag von Velier und ein Teil der Trilogie zum 60. von LMDW war auch ein Blended Caroni 1996. Ansonsten sahen wir da bislang nichts. Bedenkt man, dass an diese Abfüllungen wiederum nur die wenigsten Connaisseure dran gekommen sein werden, selbst zum probieren, dann ist der Tasting Gang also für die allermeisten eine Premiere.

Der Rum entstammt dem so genannten Guyana Stock von Velier. Das bedeutet, dass die Fässer mit Blended Caroni 1996 allesamt ab 2008 in Guyana bei DDL reiften und nicht mehr auf Trinidad, wie zuvor und wie die allermeisten der anderen Caroni Fässer von Velier. Die Blended Caroni 1996 tragen alle Fassnummern, die mit #55xx beginnen. Der Alkoholgehalt bei dieser Abfüllung liegt bei 63,5% vol., was dem typischen Alkoholgehalt für die 1996er Caroni aus dem Guyana Stock entspricht. Die 1996er aus dem Trinidad Stock liegen alle bei fast 70% vol. oder gar mehr. Wie diese Differenz genau zustande kommt weiß ich nicht, aber es gibt sie. Reifen durfte der Tasting Gang stolze 23 Jahre lang, in welchen er ca. 85% seiner ursprünglichen Menge an die Engel eingebüßt hat. 100 Fässer Blended Caroni in 1996 haben also noch ca. 15 Fässer Blended Caroni in 2019 ergeben. Das ist übersichtlich. In die Abfüllung gelangten insgesamt 22 Fässer und die Auflage liegt dementsprechend bei 5.083 Flaschen. Damit ist dieses Release das offiziell vorletzte mit einer derart hohen Auflage, die auch weniger schnellen Connaisseuren ausreichende Chancen sicherte, daran zu partizipieren.

Und last but not least, bevor es dann auch direkt übergeht in die Verkostung, sei noch erwähnt, dass diese Abfüllung den 23 Connaisseuren gewidmet ist, die mit Luca Gargano im Frühjahr 2019 dessen restliche Fassbestände in Cognac getestet haben. Ein sicherlich tolles Event, bei dem ich gerne dabei gewesen wäre. Einer der Connaisseure hat vor kurzem eine Flasche Tasting Gang geteilt und insbesondere bei den Labeln einmal mehr hervorragende Arbeit geleistet! Vielen Dank für das Sample, die Teilung und die tolle optische Aufmachung!


.
Verkostung des Velier BlendedTrinidad Rum 23 YO Caroni 1996 "Tasting Gang":

Preis: der Ausgabepreis der Abfüllung lag bei 350,- Euro in Frankreich und Italien. In Deutschland kostete er mitunter etwas mehr, in Belgien oder den Niederlanden aber zum Teil auch weniger. 

Alter: von 1996 bis 2019 reifte der Rum 23 Jahre lang im Eichenfass.

Lagerung: die Reifung fand bis 2008 auf Trinidad statt. Danach reiften sie bis ins Jahr 2019 bei DDL in den Warehouses in Guyana. Daher zählt der Rum zum sog. Guyana Stock.

Fassnummern: unbekannt. Man weiß aber, dass insgesamt 22 Fässer der Nummern #55xx in dieser Abfüllung aufgingen, die 5.083 Flaschen ergaben.

Angel's Share: >85% gingen an die Engel. 

Alkoholstärke: Full Proof - der Rum kommt mit 63,5% vol. daher.

Destillationsverfahren: unklar.

Mark: Blended (HTR & LTR)

Farbe: dunkles, goldbraunes Mahagoni. 

Viskosität: lange, dünne und sehr regelmäßige Schlieren laufen an der Glaswand herab, zurück ins Glas.

Nase: etwa 45 Minuten durfte der Rum im Glas atmen, bevor ich das eigentliche Tasting beginne. Und der erste Eindruck ist dann doch erstmal sehr überraschend, denn die Nase, das kann man quasi sofort feststellen, wird schon klar vom HTR-Anteil im Blend dominiert. Das stellte sich bei meinen bisherigen Erfahrungen mit Blended Caroni noch durchaus anders dar. Die Nase präsentiert sich intensiv, reif, komplex und zunächst auch noch sehr konzentriert und verwoben, wobei sich das letztlich dann auch sehr zeitig auflöst. Ist die Nase dann freigegeben, habe ich zu Beginn viele stiltypische Lösungsmittel, Klebstoffe und weitere ätzende Substanzen in der Nase. Ebenso typische Elemente wie Teer oder Motorenöl findet man zu Beginn eher geringfügig, aber tendenziell mit zunehmender Verweildauer im Glas dann immer mehr. Ich habe dazu noch ordentlich was an Orangenzeste und englischer Bitterorangen-Marmelade, die für ein wenig Süße im Potpourri sorgt, sowie Menthol. Ganz schwach und auch eigentlich nur peripher ist zu merken, dass er nicht ganz die Tiefe eines HTR hat, aber ich denke, das würde ich blind nicht unbedingt erkennen. Über dem ganzen schwebt dann immer eine Art Tannine-Schleier, die dem Rum ihren Stempel aufgedrückt haben, durch die lange und intensive tropische Reife. Das ganze kommt hier allerdings beeindruckend gut eingebunden daher. Ich habe zu keiner Zeit das Gefühl, dass das ein besonders holziger Rum ist, obwohl die Komponenten zu jeder Zeit da sind. Aber sie überlagern das Gesamtpaket eben nicht. Mit der Zeit wird die Nase dann süßer und fruchtiger, so dass man da nach insgesamt ca. 3 Stunden schon eine sehr deutliche Entwicklung sieht. Well done!

Gaumen:  der Rum schmiegt sich direkt weich und angenehm an den Gaumen, weist keinerlei alkoholische Schärfe auf. Dafür glänzt er mit einer ausgeprägten natürlichen Süße und vielen stiltypischen Merkmalen von Caroni. Gleichzeitig verheimlicht er nun ganz eindeutig nicht länger, dass es sich um einen Blended Caroni handelt. Zwar ist der Anteil der Heavy Rums immer noch wesentlich ausgeprägter als das bei 1988, 1991 oder 1993 der Fall war, aber der Anteil der Light Trinidad Rums ist deutlich spürbar. Das macht ihn auf der einen Seite zwar zu einem wunderbar entspannten Easy Drinkin' Caroni, auf der anderen Seite aber fehlt Hardcore-Fans aber möglicherweise natürlich auch der gewisse Kick. Da kommt es sehr darauf an, worauf man Lust hat und was man erwartet. Statt der für Caroni typischen Elemente, wie Teer oder verbranntes Gummi, habe ich hier eher trockenes Holz und ganz viele Assoziationen zur vierquadratigen Brennerei aus Barbados. Leider mutet das alles dann auch wenig komplex an, so dass ich zwar finde, dass das generell nicht schlecht ist, aber für die aufgerufenen Preise reicht mir das einfach nicht. Zudem kann ich persönlich mit dieser spanischen/vierquadratigen Note leider eher wenig anfangen kann. Da trennt sich für mich dann in gewisser Hinsicht also auch die Spreu (Blended) vom Weizen (HTR).

Abgang: der Abgang gestaltet sich schon sehr spanisch, hält leider auch nicht besonders lange an. Doch eher enttäuschend.

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Fazit: im Grunde ist ja bereits alles gesagt worden. Der Rum ist nicht schlecht, bei weitem nicht, und in der Einbindung des Alkoholgehalts und in der Nase finde ich ihn sogar über weite Strecken noch sehr gut, aber spätestens am Gaumen ist das für mich dann Caroni auf Sparflamme und damit kann ich nur wenig anfangen. Ja, klar, er wird gerade vieler Orten als super toller Easy Sippin' Caroni gefeiert und ja, in meinen Augen ist das auch der beste Blended Caroni, den ich bisher im Glas hatte, denn er hat im Gegensatz zu den anderen eigentlich alles mit an Bord, was einen Caroni charakterisiert. Und ebenfalls ja, für das was er sein möchte ist er mehr als gelungen, aber selbst der beste Blended sieht bei mir persönlich einfach alt aus gegen einen soliden Heavy Caroni. Das bin einfach ich mit meinem subjektiven Geschmacksempfinden und da haben es die Blended leider sehr schwer. Hinzu kommt dann natürlich noch der Preis und spätestens da bin ich bei diesem Rum dann völlig raus. Nicht, dass der Preis ungerechtfertigt wäre, angesichts Angebot und Nachfrage, aber für 350,- Euro muss mich ein Rum schlicht zu 110% abholen und das ist hier für jeden klar ersichtlich nicht der Fall. Viele andere hat genau dieses Profil hingegen komplett angesprochen und gerade, wer auch hin und wieder einem Spanier sehr zugeneigt ist, aber auch gegen die heftigen Bretter nichts hat, der könnte hier wirklich fündig werden, das möchte ich nicht verschweigen. Die Qualität stimmt zu 100%. Und sucht man einen Hybrid aus anspruchslosem und gedankenverlorenem Genießen und intensivem, aber auch oft anstrengenden Aromen-Feuerwerk, dann ist das hier möglicherweise der Kandidat und dann sollte einen auch der Preis nicht abschrecken, denn günstiger wird es nicht mehr und ein solches Caroni Profil wird es in dieser Qualität möglicherweise, bzw. sehr wahrscheinlich, nie wieder geben.

-84/100-

Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 20. Oktober 2019

Velier Jamaica Rum EMB 24 YO Monymusk 1995

Liebe Rum Gemeinde,

erst im Juli diesen Jahres hatte ich euch den neuen Habitation Velier 9 YO EMB Monymusk aus 2010 vorgestellt, der alles was wir bisher zu Monymusk gesehen haben so ein wenig auf den Kopf gestellt hat. Nun hat Velier mit einem EMB aus 1995 direkt einen Nachfolger hinterher geschoben, bei dem alleine schon die Eckdaten für große Augen sorgen - und der gleichzeitig auch den Startschuss zu einer zweiten Khong-Serie markiert: der Velier Jamaica Rum 24 YO Monymusk 1995!



24 Jahre tropische Reife... nein, schon das allein sehen wir nicht sehr häufig, insbesondere seit es von Velier keine alten Demeraras mehr gibt. Auch die allermeisten Caronis reiften nicht so lange. Einen so lange tropisch gereiften Rum aus Jamaica kenne ich, abgesehen von wenigen Appleton Rums, glaube ich sogar überhaupt gar nicht. Insofern ist dieser neue Monymusk von Velier also schon so etwas wie eine kleine Sensation, die durchaus aufhorchen lässt. Veröffentlicht wird diese im Rahmen einer zweiten sechsteiligen Warren Khong Serie, also einer Serie an Veröffentlichung, dessen Label-Gestaltung in der Hand des Künstlers Warren Khong liegt, die zugleich aber auch eine Hommage an die Villa Paradisetto in Genua ist, in der Velier von 1988 an bis in dieses Jahr Quartier bezogen hat. Im nächsten Jahr steht dann, nach 32 Jahren in der Via G. Byron 14, ein Umzug an. Das Kunstwerk Khongs auf dem Frontlabel stellt dabei jeweils dessen Interpretation des Bildes vom Backlabel dar. Ebenfalls schon bekannt ist eine weitere Abfüllung der Serie, ein Savanna Traditionell aus dem Jahr 1999.




















Schon beim 9 Jahre alten EMB von Habitation Velier fiel mir auf, wie enorm reif Monymusk auch in jungen Jahren schon sein kann, wenn sie in den Tropen reifen. Und ehrlicherweise muss ich gestehen: nach der Verkostung des EMB 2010 hätte ich nicht gedacht, dass man die Reifung auf insgesamt 24 Jahre ausdehnen könnte. Ich empfand diesen schon sehr nah dran am Zenit, nach dem, wenn er überschritten wurde, sich Reife dann ja eher negativ auswirken würde, und war daher, als ich von diesem neuen Bottling hörte, sowohl euphorisch als auch skeptisch. Heute verkoste ich den Rum hier auf BAT und so werden wir gemeinsam feststellen, welches Gefühl sich da am Ende durchgesetzt hat. Eines aber scheint jetzt schon sehr klar zu sein: Velier hat in puncto Monymusk ganz offensichtlich noch einiges auf dem Plan, denn auch für 2020 kündigen sich schon neue Bottlings aus dieser Destillerie an. Das findet wiederum meine ausdrückliche Zustimmung, denn ich finde, gerade der EMB 2010 hat gezeigt, dass bei Monymusk noch viel mehr geht als wir bisher gesehen haben. Besonders gut gefällt mir, dass der Rum aus 2010 und dieser heute aus 1995 das gleiche Mark tragen. So lässt sich doch einigermaßen aussagekräftig abschätzen, wie sehr sich der Stoff mit einem deutlichen Plus an mehr Reifejahren im Laufe der Zeit verändert. Folglich werde ich beide jetzt gleich auch nebeneinander verkosten. Das Mark EMB, hier hatte ich das ausführlicher erläutert, steht für die ehemalige Brennerei Bog Estate. Ein Dank geht heute an einen lieben Connaisseur, mit dem ich den Rum zusammen verkostet habe und von dem ich dankenswerter Weise auch das Sample samt Altglas und -papier für's Foto bekam. Vielen Dank! :-)


.
Verkostung des Velier Jamaica Rum 20 YO Monymusk 1995:

Preis: der Rum war teilweise für unter 200,- Euro in einigen Shops zu finden, lag meist aber bei genau 200,- bis 240,- Euro. Das ist, bei aller Perversion der Preisexplosionen in den letzten Jahren, für einen 24 Jahre tropisch gereiften Rum im Jahr 2019 durchaus als Schnäppchen zu begreifen. 

Alter: von 1995 bis 2019 reifte der Monymusk insgesamt 24 Jahre in Fässern. 

Lagerung: die Fässer lagerten auf Jamaica, direkt bei Monymusk, der Rum reifte also komplett tropisch. 

Fassnummern: unbekannt. 

Angel's Share: unbekannt. Ich vermute aber, anhand anderer Abfüllungen, die unter vergleichbaren Bedingungen reiften, dass er nicht unter 80% gelegen hat.  

Alkoholstärke: 67% vol. - Full Proof.

Destillationsverfahren: der Rum entstammt einer Single Retort Pot Still von Monymusk.

Mark: EMB, das Mark des alten Bog Estate. 

Farbe: tiefes, dunkles Mahagoni, der Rum wechselt schon beinahe ins rötliche. 

Viskosität: der Rum bildet weite, gleichmäßige Tränen an der Glaswand, die die enorme Reife des Rums geradezu visualisieren. 

Nase: hui, das ist mal Reife! Dass wir es hier und heute mit einem richtig lange und auch tropisch gereiften Rum zu tun haben, ist vom Start weg unübersehbar! So intensiv, mit solch einer Tiefe und Komplexität in der Nase... das sieht man selten. Ein Monster von einem Rum steht da vor mir! Ich habe mir den Monymusk EMB von 2010 einfach mal zum direkten Vergleich daneben gestellt und da fällt es dann direkt noch einmal noch mehr auf. Wahnsinn! Denn wir erinnern uns, schon der 9 Jahre alte Rum hatte eine extrem präsente Fassreife, aber das hier geht noch einmal meilenweit darüber hinaus, ohne, und das möchte ich von Beginn an klarstellen, dass auch nur entfernt der Eindruck entsteht, dass der Rum verholzt sein könnte. Ganz im Gegenteil, die intensive Reife steht ihm hervorragend! Ebenfalls auffällig ist, wie gut der Alkoholgehalt von 67% vol. in der Nase eingebunden ist. Klebstoffe und Lösungsmittel sind sehr präsent, der Rum hat gut Ester. Riecht man eine längere Zeit am Glas und wechselt dann aber unmittelbar zum 2010er EMB, dann riecht der erstmal nach gar nichts mehr. Puh! Ansonsten finde ich Anis und Tabak noch sehr ausgeprägt vor und eine leichte Zitrusnote schwingt mit. In dieses herrliche Potpourri weben sich dann in ausgezeichneter Manier die starken Tannine ein, die dem Rum ihren Stempel aufdrücken, ohne ihn dabei aber zu dominieren. Eine ausgezeichnete Nase! In dieser Disziplin hat der deutlich jüngere Bruder leider keine Chance! 

Gaumen: der Rum brennt am Gaumen zunächst einmal schon ganz gut. Hier verleugnet er seine 67% vol. ganz und gar nicht. Das geht schon ganz schön ab! Nach einer Weile legt sich das aber und der Rum beginnt, all sein Können zu zeigen. Der Rum macht, während man ihn sich auf der Zunge hin und her legt, eine klare Transformation durch.  Zum Einstieg nehme ich eine sehr präsente Zitrusnote wahr, dann aber habe ich vor allem Anis, ganz viel davon, reichlich Tannine vom Holz und eine leicht medizinische Assoziation. Er wird mit der Zeit natürlich auch immer trockener. Der Rum ist dabei zwar nicht unbedingt der komplexeste, am Gaumen, allerdings macht er das durch atemberaubende Intensität einfach locker wett. Hier liegt seine große Stärke! Und nicht zuletzt muss man festhalten: der Rum ist richtig, richtig lecker! Was auffällt ist, dass Assoziationen zu den bisherigen, europäisch gereiften Monymusk hier überhaupt nicht aufkommen, wie schon beim 2010er EMB, bei dem das auch schon so war. Grundverschiedene Rums! Stilistisch ist das alles viel, viel näher an Long Pond. Untereinander ist die Verwandtschaft der EMBs zueinander aber klar erkennbar. Der Stil ist grundsätzlich der gleiche, nur ist der 1995er eben sehr, sehr, sehr viel reifer. Davon profitiert er enorm!

Abgang: deutliches Anis, Tannine, angenehme Bitterkeit, frisch geschnittenes Geäst, würzig-trocken. Der Rum verweilt mittellang bis lang am Gaumen.

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Fazit: ganz, ganz großer Rum zu einem, zumindest wenn man den Ausgabepreis heranzieht, unfassbar guten Preis! Richtig stark! Der Rum toppt seinen kleinen Bruder, den EMB 2010 von Habitation Velier, spielend. Das hätte ich in dieser Deutlichkeit nicht erwartet, hatte den 2010er gar schon am Zenit gewähnt, allerdings gibt es da einfach kein Vertun. Ich gehe hier klar mit dem älteren Bruder. Wer ihn zu einem guten Preis noch bekommen kann, sollte zuschlagen. Klasse, dass es Velier schafft solche Schätze immer und immer wieder auszugraben.
Doch so hervorragend das alles klingt: für die allerhöchste Kategorie reicht es für mich persönlich nicht ganz, dafür fehlt mir etwas die Komplexität und gleichzeitig etwas weniger alkoholische Schärfe am Gaumen. Ich könnte stundenlang an ihm riechen und ihn auch trinken, wenn ich nicht nur ein kleines Sample hätte, und mich von dieser intensiven Leckerheit wirklich berauschen lassen, aber da müsste für die letzten % einfach noch etwas mehr kommen. Ich denke, gemessen am eigenen Potenzial, wäre hier noch mehr möglich. Aber was ist das? Richtig! Meckern auf unglaublich hohem Niveau! Daher nicht beirren lassen: für mich einer der Rums des Jahres und der neuerliche Beweis, was Monymusk alles kann! Und am Ende ist genau das dann wahrscheinlich auch schon so ein kleines Foreshadowing für das, was uns in 2020 erwartet, das ein wahres Monymusk-Jahr werden könnte. Beim 2010er EMB hatte ich gesagt, dass er das klare Potenzial dazu besitzt, Monymusk aus dem Schatten der anderen Brennereien zu ziehen. Der 1995er allerdings hat das Potenzial, Monymusk nicht nur neben die anderen, sondern es gar auf die große Bühne zu stellen. Ich bin neugieriger denn je, wie der 1984er Monymusk schmeckt, der nächstes Jahr kommt. Es sind aufregende Zeiten in der Rum-Szene!

-93/100-

Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 13. Oktober 2019

Cadenhead's Guadeloupe Rhum 20 YO Gardel 1982

Liebe Rum Gemeinde,

auch wenn viele von euch diese Woche sicherlich mit einem der neuen Velier Caronis gerechnet haben, so möchte ich meinen Blick heute doch aber lieber nochmal zurückwerfen in die Vergangenheit, genauer gesagt sogar ziemlich weit zurück in die Vergangenheit, denn mit dem Cadenhead's Guadeloupe Rhum 20 YO Gardel 1982 habe ich eine echte Rum-Legende entdeckt, die ich euch keinesfalls länger vorenthalten möchte!



Meine ganz persönliche Geschichte mit dieser Abfüllung aus der lange schon ruhenden Brennerei Gardel von Guadeloupe beginnt schon im März 2018, zur Cologne Spirits, als ich die Möglichkeit hatte die Abfüllung mit Marius von SCR zusammen bei Rene van Hoven am Raritätenstand zu probieren. Wir waren beide ziemlich begeistert von dem guten Tropfen (klick für Marius' Review), auch wenn ich gestehen muss, dass ich ihn danach doch erst einmal für ziemlich genau ein Jahr aus den Augen verloren hatte. Genau ein Jahr später, zur nächsten Cologne Spirits, entdeckte ich die Flasche dann erneut bei Rene am Stand und gönnte mir erneut ein Glas.

Nun schaffte es Gardel endgültig auf meinen Zettel, woraus dann wiederum die Reviews zum Secret Treasures 1989 und zum Bristol 1992 von Gardel im Sommer diesen Jahres resultierten. Mir war klar, dass sie nicht an den Cadenhead heranreichten, zu sehr gereicht an der Stelle eine Verdünnung zum Nachteil, aber die Möglichkeit einer erneuten Verkostung des Cadenhead hatte ich eben erst einmal nicht. Das änderte sich schlagartig, als Rene sich entschloss Teile seiner Sammlung zu verkaufen und ich mir ohne zu zögern den Gardel bei ihm sicherte. Meine Freude war riesig und überglücklich holte ich die Flasche beim Rum Fest in Berlin dann schließlich bei ihm am Stand ab. Doch das ist noch nicht alles, denn, das möchte ich vorab verraten: es ist mir inzwischen ebenfalls gelungen, zwei weitere Gardel Abfüllungen von The Secret Treasures aufzutreiben, eine 14 Jahre alte Abfüllung aus 1989 und einen 11 Jahre alten Rum aus 1992! Beide probierte ich ebenfalls in Berlin im Lebensstern und beide werden hier selbstverständlich ebenfalls noch beizeiten vorgestellt. Doch jetzt soll es erst einmal ausschließlich um den Cadenhead gehen.



.
Verkostung des Cadenhead's Guadeloupe Rhum 20 YO Gardel 1982:

Preis: den Ausgabepreis damals vermute ich anhand der Eckdaten zwischen 50,- und 100,- Euro. Rhum aus den französischen Departements hatte schon früher seinen Preis als andere Rhums. 

Alter: der Rum ist 20 Jahre alt, lag von 1982 bis Januar 2003 im Fass.

Lagerung: unklar. Da nicht selten auch gereifte Fässer von den französischen Antillen nach Europa gelangten, ist eine tropische Lagerung möglich, mindestens teilweise. Die Farbe des Rhums spricht klar dafür und ich unterstelle da auch einfach mal, dass nicht gefärbt wurde. Andere Gardel sind ja ebenso dunkel.

Fassnummer: unbekannt.

Angel's Share: keine Angabe

Alkoholstärke: 57,8% vol. - Fassstärke!

Destillationsverfahren: der Rhum wurde via Column Still gebrannt.

Mark: unbekannt.

Farbe: sehr dunkel, im Glas leuchtendes Mahagoni.

Viskosität: der Rum bildet satte, enge, regelmäßige Schlieren am Glas und läuft träge und langsam an der Glaswand herab. Man möchte fast meinen, er haftet am Glas.

Nase: Ohh jahh! :-) Volltreffer! Das Profil, was wir vor allem beim The Secret Treasures 1989 gefunden haben, erkenne ich hier auch direkt wieder und bin, anders kann man es kaum beschrieben, geflasht! Ich bin von Gardel aller spätestens seit eben jenem The Secret Treasures ja wirklich begeistert, aber der hier toppt das direkt noch einmal! Wunderbar warm, kräftig, schwer, tief, dabei aber überhaupt nicht alkoholisch empfängt mich der Rum in der Nase. Ein solch komplexes Aromen-Feuerwerk findet man nicht alle Tage vor und schon jetzt bin ich gespannt, ob es mir auch nur annähernd gelingen wird, in Worten wiederzugeben was mich hier im Glas gerade übermannt! Wie schon beim 1989er ist mein Gefühl schon deutlich, dass das hier in die französische Richtung geht, auch wenn der Rhum sicherlich nicht die klassischen Komponenten eines Agricoles aufweist. Er ist weder so trocken und erdig, noch so "muffig" wie ich den klassischen Agricole empfinde. Stattdessen hat der Gardel etwas unglaublich pafümiertes, was ich so noch bei keiner anderen Destille wahrgenommen habe. Darüber hinaus fällt die fortgeschrittene Reife definitiv auf. Der Rum hat einen tollen, intensiven, aber nicht zu starken Fasseinfluss erhalten, der diesen Rhum schon zu etwas ganz besonderem macht. Ansonsten geht das alles sehr in eine trocken, würzige, aber auch fruchtige Ecke mit überreifen Bananen und Aprikosen, aber auch Eukalyptus und karamellisiertem Zucker. Ein Mega Rum!

Gaumen: der Rum muss kurz gezügelt werden, kommt dann aber sehr mild und wenig scharf daher. Der Alkohol ist hervorragend eingebunden! Der erste Eindruck ist dann erst einmal ganz simpel, nämlich dass dieser Rum unglaublich lecker ist! Die pafümierte Komponente zeigt sich auch am Gaumen stark ausgeprägt und scheint einfach die Signature-Note von Gardel zu sein. Ganz, ganz eigen! Dahinter wird es dann mannigfach. Ich muss gestehen, dass ich hier nur sehr unzureichend wiedergeben und beschrieben kann was ich wahrnehme, zu ungeübt sind meine Sinne auf diesem, für mich ungewohnten, Gebiet! Es gesellen sich auf jeden Fall Tannine vom Holz, etwas nussiges, pflanzliche Assoziationen, sowie eine großzügige Ladung Anis dazu, auch etwas muffiges nehme ich wahr, kann das aber nicht zuordnen. Das ganze kommt auf jeden Fall in einer trocken, würzigen, aber durchaus auch leicht süßen Charakteristik daher und mutet auf mich wahnsinnig komplett an. Es fehlt dem Rum an nichts und es gibt gleichzeitig auch nichts, was mich irgendwie stören würde. Am Gaumen möchte ich, anders als in der Nase, dann doch beinahe wieder an ein Destillat aus frischem Zuckerrohrsaft glauben, aber mir wurde mehrfach berichtet, dass es sich bei den Rhums aus Gardel um Rhums aus Melasse handelt. An anderer Stelle ist das in dieser Form meines Erachtens wiederum auch ebenso wahrzunehmen. Ein Hybrid läge also nahe. Zum Schluss wird der Rum dann immer cremiger und, das hatte ich selten, schon beinahe zu cremig, so dass sich ein Gefühl einstellen kann, als würde der Rum auf der Zunge zerfallen. Da muss man für sich den Absprung schaffen und den Rum rechtzeitig in den Abgang entlassen. Dann aber, ist das hier wirklich perfekter Genuss!

Abgang: im Finish finden sich dann noch einmal, vereinfacht gesagt, alle wesentlichen Merkmale, die den Rum bis hier hin ausgezeichnet haben, an vorderster Front natürlich die pafümierte Signature-Note. Dazu halten die Eindrücke ungewöhnlich lange an. Klasse!

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Fazit: ihr Lieben, auch wenn ich meine Assoziationen zum Rum heute ungewohnt wenig benennen konnte und der Fokus daher auf der reinen Charakterisierung lag, so dürfen keine Missverständnisse darüber aufkommen, dass dieses für mich ohne Wenn und Aber einer der allerbesten Rums ist, die ich je im Glas hatte! Schon beim Secret Treasures 1989 habe ich mich zu der Einschätzung hinreißen lassen, dass dieser Stil in unverdünnter Form das Potenzial für ganz, ganz großes hat und ich fühle mich darin heute mehr als bestätigt! Überrascht hat mich vor allem, dass das Fass trotz der erheblich längeren Lagerung im Vergleich zum Secret Treasures keine Überhand genommen und den Rum nicht verholzt hat, sondern zur Perfektion geschliffen. An diesem Rum gibt es nichts(!), was man hätte besser machen können! Extra-Klasse! Überragend! Der Stil Gardels wird dementsprechend in Intensität, Komplexität und Einzigartigkeit meines Erachtens nur von tropisch gereiften Caroni, Demerara und St. Lucia Rums, sowie von Rockley, Long Pond und Hampden Rums erreicht. Outstanding unique Stuff! Das Bedauern darüber, dass wir solche Rums durch die Demontage der Brennapparate bei Gardel in den 1990er Jahren nie wieder sehen werden, kann ich ebenso wenig gänzlich in Worte fassen, wie meine geschmacklichen Wahrnehmungen und Assoziationen zum Rum.

-96/100-

Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 6. Oktober 2019

Velier FP Heavy Trinidad Rum 23 YO Caroni 1996 - David "Sarge" Charran

Liebe Rum Gemeinde,

letzte Woche war mit dem 21 YO Kevon "Slippery" Moreno der erste Caroni der zweiten Employee Serie von Velier dran und heute folgt mit David "Sarge" Charran dann auch direkt der zweite Streich, dieses Mal aus dem Jahrgang 1996 und mit 23 Jahren Fassreife! Viel Spaß!



Zunächst einmal: anders als im letzten Jahr, als ich die Employees im Rahmen eines Besuchs von Kenneth bei mir fotografiert hatte, dabei ausversehen die Rums aus 1996 und 1998 miteinander verwechselt und vermischt habe und ich vom John "D" Eversley danach erst einmal ein neues Sample benötigte, ist dieses Jahr alles glatt gegangen und ihr bekommt die Reviews der beiden Caroni dementsprechend nicht erst im nächsten Jahr. :-D





















Das zweite Bottling des 2nd Release der Caroni Employee Serie ist David "Sarge" Charran gewidmet, der, und das wirkt auf einen jungen Kerl wie mich doch schon sehr beeindruckend, stolze 28 (!) Jahre bei Caroni (1975) gearbeitet hat. Wer da einmal kurz nachrechnet wird feststellen: ja, genau, das bedeutet, dass Sarge Charran im Jahr 1975 zu Caroni kam, also exakt in jenem Jahr, an dem Caroni endgültig und zu 100% vom britischen Multi Tate & Lyles in staatliche Hand überging und von Caroni (1937) zu Caroni (1975) wurde. Inwieweit das zusammen hing ist heute wohl eher nicht mehr feststellbar, aber ein interessanter Fakt am Rande ist es allemal. Leider, und ja, ich finde das wirklich schade, erfahren wir ansonsten nichts wirklich zu den Employees, also deren genaue Tätigkeit z.B. Das hätte ich ungemein spannend gefunden und hätte der Serie noch einen zusätzlichen Mehrwert an Information verliehen. Vielleicht kann man da bei den kommenden Releases ja noch etwas mehr in die Tiefe gehen, das würde mich sehr freuen.
In die Abfüllung floss der Inhalt von insgesamt vier Fässern des Jahrgangs 1996 aus dem Trinidad Stock, also Fässern, die die gesamte Zeit über auf Trinidad reiften. Dementsprechend ist das Bottling mit nur 953 Flaschen auch das insgesamt bisher am strengsten limitierte der Employee Serie. Von den drei anderen Abfüllungen gibt es jeweils immer über 1.000 Flaschen, zum Teil sogar deutlich über 1.000. Der Rum reifte 23 Jahre lang in Fässern und wurde im Frühjahr 2019 schließlich mit einem Alkoholgehalt von 66,5% vol. abgefüllt. Der Angel's Share betrug sagenhafte >88%, fiel also so hoch aus wie bei vermutlich kaum einem anderen Caroni Bottling. Der Jahrgang 1996 zählt zu meinen absoluten Favoriten bei Caroni, das ist längst kein Geheimnis mehr. Und nachdem der John "D" Eversley für diesen Jahrgang doch sehr untypisch daher kam, bin ich heute natürlich umso mehr gespannt, wie sich der David "Sarge" Charran machen wird. Finden wir es heraus!


.
Verkostung des Velier FP HTR 23 YO Caroni 1996 - David "Sarge" Charran:

Preis: der Ausgabepreis der Abfüllung lag bei 420,- Euro in Frankreich und Italien. Deutschland erreichte er nur in so minimalen Mengen, dass der Importeur, Kirsch Whisky, die wenigen verfügbaren Kontingente ausschließlich auf Messen und ähnlichem ausschenkt. Eine faire Lösung!

Alter: von 1996 bis 2019 reifte der Rum 23 Jahre lang im Eichenfass.

Lagerung: die Reifung fand zu 100% auf Trinidad statt.

Fassnummern: unbekannt. Es wurden insgesamt 4 Fässer zu 953 Flaschen abgefüllt.

Angel's Share: >88% gingen an sicherlich glückliche Engel. 

Alkoholstärke: Full Proof - der Rum kommt mit 66,5% vol. daher.

Destillationsverfahren: unklar.

Mark: HTR

Farbe: dunkles, goldbraunes Mahagoni. 

Viskosität: der Rum läuft fett und in engen, gleichmäßigen Schlieren zügig die Glaswand herunter.

Nase: hui, auch hier benötigen die Rums einmal mehr etwas länger, bis man die Nase gefahrlos ins Glas stecken kann, ca. eine Stunde durften beide Rums ganz sicher atmen. Bemerkenswert ist, dass der alkoholische Eindruck im weiteren Tasting aber komplett zurück fährt mit der Zeit und dann gar nicht mehr präsent ist. Stattdessen offenbart sich ein tiefes, komplexes und reichhaltiges Bouquet.  Großes Kino, der Sarge Charran, aber natürlich auch John Eversley! Anders als die beiden 1998er unterscheiden sich die 1996er, John und David, sehr deutlich von einander! So kommt der 23 YO sehr viel Jahrgangs-typischer daher als sein ein Jahr jüngerer Kollege. Die enorme Menthol-Note, sonst eigentlich eine Signatur der 2000er Caroni, hat der John in seinem Bottling für 1996 exklusiv; bei anderen dieses Jahrgangs, und so auch bei David, fehlt diese, bzw. ist nur minimal und nach hinten hin leicht wahrnehmbar. Dafür hat der 23er reichlich wunderbar herrliche und perfekt eingewobene Tannine und dreckige Caroni-Töne von Teer, Klebstoff und Lösungsmitteln, die hier mit ein wenig Süße, die an tropische Früchte erinnert, in der Nase aufwarten. Peripher habe ich sogar zitruslastige Cola. Die lange und intensive Reifung merkt man ihm zu jeder Zeit an. Aber es hat sich gelohnt: in der Nase schlägt er seinen Vorgänger für mein Dafürhalten deutlich, schlicht, da ich nicht der größte Fan von Menthol bin!

Gaumen: aiaiai, im ersten Moment zwiebelt der David ganz schön am Gaumen! Donnerwetter! Nachdem sich der Gaumen dann aber an den Alkohol gewöhnt hat, gibt er den Blick frei auf einen wunderbar gereiften Caroni aus dem Trinidad Stock des Jahrgangs 1996 - wenn gleich ich unsicher bin, ob sich da nicht auch was aus dem Guyana Stock dazwischen gemogelt hat. Denn der hat diese spezielle Note, die ich mit diesen Rums verbinde und die ich u.a. auch beim Kirsch Single Cask damals gefunden hatte. Heißt natürlich: mag ich sehr! Für mich doch eher überraschend, finde ich am Gaumen dann aber doch auch noch das Menthol, was ich in der Nase noch als Abwesend geführt hatte; hier taucht es dann auf. Dazu hat der Rum wirklich einen doch sehr ordentlichen Fass-Einschlag. Der könnte, die Warnung sei ausgesprochen, einigen Caroni-Fans vielleicht sogar schon zu sehr über den Zentit sein, so wie ich das einschätze. Mir gefällt das, ich stehe persönlich immer mehr auf krasse Reifung und finde ihn, rein für mich selbst, auch nicht zu sehr drüber, aber die enorme Reife fällt hier schon auf. Der Rum wird nun immer cremiger, je länger er im Mund verweilt und es treten dann auch Assoziationen zu Anis und etwas medizinischem in Erscheinung. Nach hinten heraus kommen dann altes, poliertes Holz, und Gewürze wie Nelke oder Muskat immer mehr heraus und bereiten das Ganze hier langsam auf den Abgang vor. Auch hier ist der Rum seinem Vorgänger in meinen Augen klar überlegen!

Abgang: sehr trocken, medizinische Anklänge, sehr tanninig-holzig. Frisch geschnittenes Geäst ist auch dabei. Dazu Muskat. Lang anhaltend.

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Fazit: ein Rum, der sich ziemlich weit oben einreiht in meinem persönlichen 1996er Caroni Ranking, nämlich irgendwo zwischen dem Kirsch Whisky-Caroni Single Cask, der 1996er Benchmark, und dem direkten Vorgänger John "D" Eversley, wobei die Parallelen zum Kirsch aus meiner Sicht weit größer sind. Ein Rum vor allem aber, der einmal einmal mehr beweist, was für ein unfassbar geiler Jahrgang 1996 einfach ist! Hier können wir uns alle sehr glücklich schätzen, dass dies zugleich einer der Jahrgänge von Caroni war, aus dem es mit die meisten Fässer gegeben haben müsste, wenn nicht gar die meisten. Dieses Glück war uns beim Jahrgang 1992 beispielsweise leider nicht gegeben. Nun kommen mit dem Tasting Gang und dem Last Caroni noch einmal zwei große Batches dieses Vintages auf den Markt und auch da bin ich schon sehr gespannt, wie sie sich machen.
Preislich allerdings gibt es leider wenig erfreuliches zu berichten. Mit einem Ausgabepreis von 420,- Euro erreicht Velier hier beinahe neue Rekorde (einzig der 23 YO FP aus 1994 war glaube ich teurer), Sonderflaschen einmal nicht berücksichtigt. Das ist unfassbar viel Geld und doch stellt sich mit dem zur Neige gehen des Caroni Barrel Stocks von Velier und im Hinblick auf die Verhältnisse in der Whiskyszene oder bei den alten Demeraras immer mehr die Frage, inwieweit uns diese Preise in nicht allzu ferner Zukunft möglicherweise gar als günstig erscheinen werden. Das klingt obszön, und doch könnte genau das Realität werden. Ob einem die Flasche diese Summen wert ist, muss jeder selbst für sich entscheiden, aber wenn man grundsätzlich bereit ist so viel Geld auszugeben, dann lohnt es sich bei diesem Rum zumindest! Denn so sehr viel günstiger findet man Caroni ja auch insgesamt kaum noch und da stimmt bei Velier und insbesondere diesem Bottling zumindest die Qualität.

-96/100-

Bis demnächst,
Flo