Sonntag, 3. Februar 2019

Velier FP Heavy Trinidad Rum 22 YO Caroni 1996 - John "D" Eversley

Liebe Rum Gemeinde,

heute kommt eine Abfüllung, die ich euch eigentlich gerne schon im Herbst des letzten Jahres vorgestellt hätte. Aus dieser Zeit stammen, wie unschwer zu erkennen, auch die meisten der Bilder des Tastings. Was dann dazwischen kam, ist mir zuvor noch nie passiert und wird mir hoffentlich auch nie wieder passieren. Dies ist meine ganz persönliche Geschichte mit dem Velier Full Proof Heavy Trinidad Rum 22 YO Caroni 1996 - John "D" Eversley und sie wird euch Leser auch gleichzeitig kleines Stück mitnehmen zu einem Blick hinter die Kulissen eines Rum Blogs!



Alles begann damit, dass mein Freund Kenneth aus Dänemark mir Ende September mitteilte, dass er die beiden Velier Caroni Employee gekauft habe und, dass er beabsichtige diese zu teilen und mich dafür auch schon vorgemerkt habe. Da habe ich mich natürlich sehr gefreut, denn wie immer, wenn Velier neue Caroni releast, war es ja so eine Sache an die Flaschen dann auch dran zu kommen. Ihr kennt das. Einige Wochen später, Mitte Oktober, kam Kenneth bei mir vorbei um noch etwas abzuholen und brachte mir bei dieser Gelegenheit sowohl die Samples als auch die leeren Flaschen der Employees vorbei, damit ich schöne Fotos für den Blog machen konnte, denn da sehen die original Flaschen ja immer ein wenig hübscher aus als Samplefläschchen. Wunderbar also, noch dazu, wo auch das Wetter an diesem Tage absolut mitspielte! Da es allerdings noch Vormittag war und mir auch noch nicht die Lust danach stand augenblicklich Rum zu verkosten (und erst recht keine so raren und teuren Tropfen!), entschloss ich mich dazu, für den Augenblick nur die Fotos zu machen, separat zum Tasting, das dann später folgen sollte. Soweit, so verhängnisvoll. Zwar ist diese Vorgehensweise durchaus gängige Praxis, denn nicht selten nutze ich sonniges Wetter dazu, um entsprechend schöne Bilder zu bekommen, auch wenn ich gerade einmal gar nichts testen möchte, aber an jenem Tag im Oktober sollte sich das rächen. Denn trotz dessen, dass ich -wie jedes Mal- sehr darauf achtete, dass ich am Ende alles wieder in die richtigen Sample-Fläschchen zurückkippe (immerhin standen vier verschiedene Gläser auf dem Tisch), verwechselte ich die beiden Employee-Fläschchen und kippte Dennis "X" Gopaul in das Fläschchen von John "D" Eversley und das Malheur war perfekt! Zwar hatte ich John zuvor bereits in John zurückgeschenkt, weswegen es mir direkt auffiel, allerdings war ich für einen Moment so gedankenverloren, dass es bereits zu spät und etwas von Dennis in John gelandet ist. Deswegen ist der Rum natürlich keinesfalls schlecht, ich genieße ihn noch immer sehr, aber für die Verkostung auf BAT brauchte ich ein neues Sample (daher der enorme zeitliche Verzug) und wurde glücklicherweise bei Marius fündig, der mir dankenswerter Weise 2 cl abgetreten hat, nachdem ich ihm die Story erzählt habe. Vielen lieben Dank dafür noch einmal!
Wer den Schaden hat, der braucht für den Spott nicht zu sorgen und so wollte ich nicht nur Marius, sondern auch euch Leser gerne an diesem Missgeschick teilhaben lassen. Bevor mir das passiert ist, hätte ich geschworen, dass mir das nicht passieren kann. Niemals. Nun hingegen bin ich mir sogar noch sicherer, dass mir das kein zweites Mal passiert!😉

... denn tatsächlich habe ich seitdem immer parallel zum Fotografieren auch wieder verkostet. 😅😆




















Nun aber auch noch etwas zu John "D" Eversley! Zur Employee-Serie habe ich euch ja neulich beim Review zu Dennis "X" Gopaul schon etwas erzählt und nun folgt eben auch noch John, dessen Spitzname bei Caroni offenbar "D" war. Er arbeitete von 1981 bis zur Schließung von Caroni (1975) in 2003 bei Caroni, also stolze 22 Jahre lang, und damit, ob beabsichtigt oder zufällig, exakt genauso lange wie der Rum reifte, der ihm gewidmet wurde. Worin genau seine Aufgabe bei Caroni bestand erfahren wir leider nicht, aber auf dem Foto wirkt John auf mich wie ein Mann, der angepackt hat, der stolz auf das gewesen ist, was er gearbeitet hat und dem die Rolle im Mittelpunkt eines Fotoshootings dagegen schon fast ein wenig peinlich zu sein schien.
Die Abfüllung bestand aus fünf Fässern Caroni des Jahrgangs 1996 und die Auswahl der Fässer wurde von Luca Gargano und meinem Kollegen Olivier Scars von Who Rhum The World vorgenommen. Das hat bei Dennis "X" Gopaul bereits prima funktioniert und so bin ich auf John, der mit 1996 noch dazu aus einem meiner absoluten Lieblingsjahrgänge stammt, natürlich umso mehr gespannt! Insgesamt haben die fünf Fässer noch 1192 Flaschen Rum ergeben, die im Jahr 2018 abgefüllt wurden. Der Angel's Share fiel mit >81 % deutlich geringer aus als bei früheren, jüngeren Caroni aus 1996, was mich etwas irritiert hat. Laut Label lag der Rum die gesamten 22 Jahre über auf Trinidad, was einer früheren Information, dass alle Caroni Fässer von Velier ab 2008 in Guyana lagen widerspricht. Hier herrscht für mich derzeit leider noch Unklarheit, weswegen ich mir diesbezüglich mit einer definitiven Aussage derzeit leider schwer tue. Klarheit hingegen gibt es über den Rum selbst, weswegen ich mich nun auch diesem widmen werde.
Allerdings muss ich dazu noch eine Anmerkung machen. Während die Fotos noch an jenem Tag im Oktober mit den altgedienten Spiegelau Nosinggläsern entstanden sind, fand die spätere Verkostung bereits mit den "1920s Professional Blender's Glass" Ballongläsern statt, die insbesondere das Nosing wirklich noch einmal auf ein anderes Level heben. Optisch mögen sie nicht der "Hit in Tüten" sein und etwas ulkig sieht es sicher auch aus, wenn man daraus trinkt, aber ich möchte sie nicht mehr missen! Klare Empfehlung meinerseits!



Verkostung des Velier FP 22 YO Caroni 1996 - John "D" Eversley:

Preis: der Ausgabepreis lag bei 390,- Euro. In einigen Shops, die ich zum "Schattenreich" zwischen dem ersten und zweiten Markt zählen würde, wird er noch für ca. 450,- bis 500,- Euro gehandelt. 

Alter: von 1996 bis 2018 reifte der Rum 22 Jahre lang im Eichenfass.

Lagerung: die Reifung fand von 1996 bis mindestens 2008 auf Trinidad statt. Über den Ort der Reifung von 2008 an gibt es unterschiedliche Stimmen, weswegen derzeit einzig sicher scheint, dass der Rum bis 2018 auf jeden Fall tropisch lagerte.

Fassnummern: unbekannt. Es wurden insgesamt 1192 Flaschen abgefüllt.

Angel's Share: >81%

Alkoholstärke: Full Proof - der Rum kommt mit 66,5% vol. daher.

Destillationsverfahren: unklar.

Mark: HTR

Farbe: dunkles, goldbraunes Mahagoni. 

Viskosität: kleine Tröpfchen bilden sich unregelmäßig am Glasrand und laufen dann träge und ebenso unregelmäßig an der Glaswand herab.

John "D" Eversley im Spiegelau Snifter
Nase: die Nase macht im normalen Nosingglas, welches auch auf den Bildern zu sehen ist, zunächst einen eher alten, lange gereiften Eindruck. Nach dem Umfüllen ins Ballonglas benötigt der Rum vor allem erstmal viel Zeit, da er zunächst wieder komplett dicht macht, stark konzentriert und verwoben daher kommt. Einzig jede Menge Klebstoff ist zu riechen. Im Ballonglas macht er dann nach ca. zwei Stunden auf und gibt eine Nase frei, die der vorherigen aus dem normalen Nosing Glas sehr ähnlich ist, dabei allerdings sehr viel intensiver und auch deutlich komplexer auftritt. Zunächst einmal gibt es also festzuhalten: das Ballonglas ist der Wahnsinn und ich benötige ganz dringend noch ein paar mehr davon! Im Bouquet habe ich viel schönes, altes, gediegenes und gesetztes Holz, sowie die 1996er Caroni-Süße von tropischen Früchten, als auch sehr viel Menthol, das mich an den Jahrgang 2000 erinnert. Hinten heraus kommen viele schwere, dunkle Gewürze durch, habe hier Nelke und Kardamom. Die richtig dreckigen und Brennerei-charakteristischen Töne muss man allerdings lange suchen. Der Caroni ist noch als solcher zu erkennen, aber das ist wirklich ein Rum in hohem Alter, wie man ihn nicht häufig antrifft in einer solchen Qualität. Ich ziehe hier ehrlich meinen Hut!

John "D" im 1920's Professional Blender's Glass
Gaumen: der Rum macht am Gaumen zunächst einmal vor allem einen sehr kompletten Eindruck! Zu Beginn ist da schon auch noch ein kleines Brennen auf der Zunge und im Mundraum, der hohe Alkoholgehalt macht sich auf jeden Fall bemerkbar, aber das gehört dazu und klingt auch schnell ab. Ich habe dabei auch einiges an fruchtiger 1996er Caroni-Süße, Menthol und jede Menge sehr gut eingebundenes Holz vom Fass, wobei der Fokus eindeutig auf diesem enormen Einschlag von Menthol liegt. Dazu Erinnerungen an die typischen Aromen aus 1996, wie Holzlack und auch Teer und Phenole. Der Rum wird am Gaumen zunehmend cremiger. Das Holz schlägt nun vermehrt bitterer durch, allerdings nicht unangenehm. Insgesamt ist der Rum einfach unheimlich üppig und macht immer wieder irgendwo eine neue Tür auf. Das ist alles sehr, sehr komplex! So stelle ich mir einen 2000er Caroni in dem Alter vor! 

Abgang: viel altes, trockenes Holz, dazu sehr präsent Nelke und Kardamom. Warm. Trocken. Langanhaltend.

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Fazit: ja, krass! Ein wirklich unglaublich intensives und berauschendes Tasting heute mit Caroni at its Best, wenn auch ein wenig untypisch. Diesen Schwerpunkt auf Menthol kenne ich in der Form wirklich nur aus dem Jahrgang 2000 und wurde von mir bei noch keinem anderen Caroni aus 1996 von mir so wahrgenommen. Je dois donc dire: Bravo, Olivier! 👍



Leider, leider ist allerdings, wie schon beim Dennis "X" Gopaul, der Preis extrem schmerzhaft! Die 390,- Euro bei Ausgabe waren schon ein echtes Brett! Ich komme da so ein wenig in eine Zwickmühle: einerseits ist das ein Aufpreis von fast 100 Prozent im Vergleich zum ein Jahr jüngeren 21 YO aus 1996, der in 2017 erschienen ist. Klar, der John hat nochmal fast 10% vol. mehr und er ist auch zweifelsohne besser als der 21 YO, aber fast 100 Prozent? Andererseits haben nahezu alle anderen unabhängigen Abfüller ebenfalls extrem bei den Preisen angezogen bei Caroni und verlangen nicht selten auch mal bis zu 300,- Euro für, im Vergleich, sehr durchschnittliche Caroni. Und da muss ich dann wieder sagen: dann lieber nochmal 100,- Euro drauflegen und den John holen, denn er ist wirklich sehr gut und sein Geld, wenn man es denn übrig hat, auch wert! Für mich ganz persönlich aber sind an der Stelle einfach die Grenzen des realisierbaren erreicht, weswegen ich auch hier keine ganze Flasche geholt habe, obwohl ich gerne eine hätte. Aber das sind Summen, die kann und möchte ich derzeit einfach nicht ausgeben. Ich bin wirklich froh, dass ich, dank der Teilung von Kenneth und dank Marius, die Möglichkeit hatte zu probieren, aber eine ganze Flasche ist für mich leider nicht darzustellen.
-94/100-

Bis demnächst,
Flo

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen