Sonntag, 29. November 2020

Velier Caroni Ceremony 2019 - Vintage 1998

Liebe Rum Gemeinde,

zum ersten Advent und zum Ausklang dieses Monats möchte ich euch noch einmal mitnehmen zur Caroni Ceremony 2019. Leider konnte ich, wie die meisten von euch, damals nicht dabei sein und so bleibt mir nur, dank der Hilfe der wenigen Glücklichen denen es besser erging, mir im Nachgang zumindest einen kleinen Überblick darüber zu verschaffen, was es dort seinerzeit zu verkosten gab. Den Anfang machte Ende Oktober der Jahrgang 2000 nun nun geht es hier, knapp einen Monat später, mit drei Vertretern aus 1998 weiter!




Dazu möchte ich eingangs natürlich auch heute erst einmal wieder den lieben Menschen danken, die es mir überhaupt erst möglich gemacht haben dieses spannende und exklusive Tasting durchzuführen! Das ist einfach ganz, ganz großes Kino und mir bedeutet das sehr viel! Vielen lieben Dank dafür! 

Ansonsten habe ich das meiste zum Rahmen der Ceremony am 12. April 2019 und auch zum status quo der verbliebenen Caroni Casks (die inzwischen Glas Ballons gewichen sind und nicht mehr weiter reifen), sowie zu den weiteren Plänen Veliers und Luca Garganos bereits im ersten Teil meiner Ceremony Tastings hier behandelt. Die Stichworte waren hier die Employee Serie, The Last & Tasting Gang, Single Cask Bottlings und der VSGB (Velier Small Great Bottles) Club mit seinen 10 cl Abfüllungen. Wer das gerne nochmal etwas detaillierter haben möchte, der möge gerne hierauf zurückgreifen. Was ich noch verraten kann ist, dass nach meinem heutigen Tasting der 1998er Caronis auch noch Sessions zu den 1996er Trinidad Stock, den 1996er Guyana Stock und den 1994er Guyana Stock Caroni Casks folgen werden. Wann ich dazu komme, muss ich aber schauen. Solange aber die unabhängigen Abfüller weiter so großartige Releases in der Schlagzahl wie in diesem Jahr veröffentlichen könnte sich das aber hinziehen... Glaubt einem ja kein Mensch, was sich da gerade diese Woche schon wieder angekündigt hat... 🙈 Doch bleiben wir für den Moment im hier und jetzt und widmen uns den drei 1998er Fassproben!



-------------------------------------------------------------------------------------------------

Caroni 1998 HTR 21 YO (1998 - 2019), ??% vol. (#3909)

Nase: schöne volle, reichhaltige und intensive Caroni-Nase! Anders als bei vielen der 2000er Casks vom letzten Mal schreit einem Caroni hier schon fast ins Gesicht. Das Bouquet ist sehr ausbalanciert, hier überlagert nichts und hier fehlt auch nichts. Da ist Dreck, da ist Fruchtigkeit, da sind Tannine und dazu kommt noch eine ungewohnte aber sehr gut zum Potpourri passende Note aus Zitrusfrüchten und etwas medizinischem. Der Alkohol ist dazu sehr gut eingebunden und sticht nach etwas Atmen im Glas auch kein bisschen mehr. Für einen 1998er beeindruckt mich die Nase wirklich sehr und ich fühle mich da an den Buju oder auch den Yunkoo Employee erinnert.

Gaumen: am Gaumen erscheint mir der Rum zunächst etwas banal und weit weniger Caroni-typisch als es die Nase noch vermuten ließ. Der Alkohol ist schon sehr präsent und der Einschlag von Menthol, Medizin, Jod und Tanninen ist sehr krass! Da fehlt mir leider so ein wenig die Süße und die Fruchtigkeit, die gehen dem #3909 zu meinem Bedauern komplett ab. Sehr schade! Dieses könnte gefühlt auch einfach einer dieser 1997er oder 1998er Caronis der vielen anderen UA sein. 

Abgang: dreckiger Abgang mit viel Jod, aber wenig begeisternd. Das ganze schlägt schnell um auf eine sehr trocken werdende Seite. Auch hier gefällt mir das Fass #3909 leider nicht so. 


-------------------------------------------------------------------------------------------------

Caroni 1998 HTR 21 YO (1998 - 2019), ??% vol. (#3911)

Nase: die Nase vom #3911 geht in eine ähnliche Richtung und gefällt mir ebenfalls, da besteht kein Qualitätsverlust im Vergleich zum #3909. Im Gegenteil, sie gefällt mir sogar eher noch besser. Die Balance und Einbindung des Alkohols stimmen hier, der Rum erscheint komplex, die Intensität ist ausgeprägt. Der Side-Kick aus Zitrusfrucht und Medizin fehlt hier, bzw. ist nicht vorhanden, wodurch der Caroni noch etwas typischer daher kommt als die #3909. Auch der gefällt mir sehr gut! Bis hier her sogar mein Favorit! 

Gaumen: ein ordentlicher erster Eindruck, der mir schon sehr viel mehr zusagt als es der #3909 am Gaumen vermochte. Caroni 1998 kommt hier sehr gut raus, allerdings hatten z.B. der Buju und der Yunkoo noch immer mehr Süße und Fruchtigkeit, als es auch dieses Fass hier aufweist. Der Rum ist nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Mir fällt hier das Beispiel mit dem ungeschmückten Weihnachtsbaum wieder ein (s. Caroni #4053) und fühle mich darüber hinaus einmal mehr darin bestätigt, dass 1998 einfach nicht mein Batch ist bei Caroni. Schade, insbesondere nach der tollen Nase!

Abgang: typischer 1998-Abgang mit ordentlich Dreck und einigem an Tanninen. Dann trockener und angenehm bitter werdend. Das Finish weiß zu gefallen! 


-------------------------------------------------------------------------------------------------

Caroni 1998 HTR 21 YO (1998 - 2019), ??% vol. (#3912)

Nase: dem #3912 merkt man am ehesten an, dass es sich bei ihm um einen 1998er Caroni handelt denn erinnert mich sehr an den Dennis "X" Gopaul Employee. Diese Nase braucht lange Zeit zum Atmen, ist dann aber sehr stark! Der Alkohol ist gut eingebunden, die Intensität hoch, einzig bei der Balance hat der Rum leicht Schlagseite, denn er tendiert schon sehr klar ins dreckige, weit stärker als die beiden anderen vor ihm. Das ist nicht ganz so meins, aber qualitativ ist spielt auch der #3912 auf ganz hohem Niveau! Der krasse Anis-Einschlag der mit der Zeit kommt, gefällt mir!

Gaumen: am Gaumen erinnert mich der Rum ebenfalls sehr an den Dennis "X" Gopaul. Von allen dreien hat er wohl die ausgeprägteste Süße (auch dieser Kontrast von Nase zu Gaumen war ja beim Dennis schon zu beobachten) und die am meisten ausgeprägte Balance am Gaumen. Der Alkohol ist zwar nicht ganz optimal eingebunden, aber der Rum in der Tendenz lecker und von den heutigen dreien wohl überraschend der beste am Gaumen. Doch selbst hier wieder: 1998 ist einfach nicht meine Präferenz No. 1! 

Abgang: trocken und bitter werdender Abgang, etwas Spekulatius bilde ich mir ein (?!), darüber hinaus aber unspektakulär. Der schwächste Part des Rums. 


-------------------------------------------------------------------------------------------------

Gesamtfazit:

Mein Fazit fällt heute erstaunlich ähnlich aus wie beim letzten Mal, als ich die 2000er Fassproben der Ceremony im Glas hatte. Und das heißt zunächst einmal: keines der Fässer hätte ich am Ende des Tages für ein Single Cask ausgewählt! Das Fass #3912 ist sicher kein schlechtes, gerade wenn man auf diesen Stil steht, und kommt der Qualität für ein Single Cask ganz sicher am nächsten, aber kaufen würde ich ihn nicht. Fairerweise muss man aber auch dazu sagen, dass ich aus 1998 mit drei verkosteten Fässern eindeutig die wenigsten Fässer aller Jahrgänge probieren konnte, was sicher auch daran liegt, dass die Jungs von denen ich die Samples habe alles andere als große Fans von 1998 sind und da dementsprechend wenig mitgenommen haben. Ich kann es ihnen nachfühlen und das ist dann gleichsam auch der große Unterschied zu den verkosteten 2000er Fassproben: meine Erwartungen waren heute deutlich geringer, einfach, weil ich kein 1998er Fan bin. Die große Parallele wiederum zu den Fassproben des Jahrgangs 2000 ist aber vor allem, dass es mich fasziniert wie wenig mich die einzelnen Fässer für sich gesehen überzeugen, welch gute Blends es Luca aber schafft daraus zu kreieren! Immer wieder gelingt es ihm an der Stelle, Schwächen im Blend untergehen zu lassen und die jeweiligen Stärken herauszustellen. Das kann man gar nicht oft genug positiv bemerken! Gerade im Hinblick auf Buju oder Yunkoo bin ich da wirklich beeindruckt (über den Brigade mag ich an der Stelle gerade lieber den Mantel des Schweigens legen😉), bei denen ist der Blend eindeutig besser als es die Summe seiner Einzelteile gewesen sein dürfte. Das ringt mir den allergrößten Respekt ab! Andererseits wirft das aber natürlich auch die Frage auf, inwieweit 1998 nicht generell eher zum blenden taugt denn als Single Cask, auch ob der Tatsache, dass aus 1998 meines Wissens nach bisher noch nie ein einzelnes Fass von Velier abgefüllt wurde. Eventuell hat das ja gute Gründe... 

Ich wünsche euch nun noch einen schönen ersten Advent und eine besinnliche Vorweihnachtszeit! 

Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 22. November 2020

Flensburg Rum Company Jamaica Rum 21 YO Monymusk 1999

Liebe Rum Gemeinde,

das in jeder Hinsicht unfassbare Jahr 2020 neigt sich langsam aber sicher dem Ende entgegen, aber die unabhängigen Rum-Abfüller liefern einfach weiter! Und so bringen uns Old Man Spirits zum Jahresabschluss und mit ihrer siebten regulären Abfüllung unter dem Label "Flensburg Rum Company" nochmal einen 21 Jahre alten Monymusk aus dem Jahr 1999! 



Kontinental gereifter Monymusk, ein Estergehalt von 164 gr/hlpa... Die reinen Randdaten allein, so könnte ich mir gut vorstellen, wirken auf den einen oder anderen schon etwas fortgeschritteneren Connaisseur zunächst einmal eher abschreckend, zumindest auf den ersten Blick. Und in der Tat, unter diesen Vorzeichen und bei näherer Betrachtung gab es in der Vergangenheit tatsächlich nicht so sonderlich viele Rums aus Monymusk, die die Rum Gemeinde wirklich verzückt hätten. Klar, es gibt ein paar ganz, ganz wenige eingefleischte Fans der Destillerie und es gab auch vor ca. 20 Jahren mal die alten Rums von Bristol Spirits (die heute aber kaum noch einer kennt, weil sie sehr selten geworden sind), aber der große Wurf war eher selten dabei. Selbst die meines Erachtens sehr gute Supreme Lord VIII Abfüllung von Rum Nation läuft bei den meisten unter dem Radar und ist auch nach vier Jahren auf dem Markt noch immer problemlos erhältlich. 

Was also hat dieser Monymusk, dass ich ihm meine Aufmerksamkeit widme? Nun, ähnlich wie beim FRC 29 YO KFM 1991 beginnt diese Geschichte im Februar 2020, also vor ziemlich genau einem dreiviertel Jahr. Als Falk damals, die Main Samples im Gepäck, bei mir zum Tasten war und wir die Rums alle durchprobierten um zu schauen, welche davon sich zur Abfüllung eigneten, flog der Monymusk bei mir noch unter dem Radar - aus allen eben genannten Gründen. Der einzige Grund aus dem ich damals überhaupt nur vorgeschlagen hatte dieses Sample bei Main zur Ansicht mit zu bestellen war das reine Alter des Rums von damals 20,5 Jahren. In diesem Alter gab es in der jüngeren Vergangenheit nämlich nicht viel von Monymusk auf dem Markt, fast alle Rums waren mindestens aus 2003 oder jünger. Und wenn es eine Brennerei gibt, bei denen die lange kontinental gereiften Vertreter den eher jungen Rums meines Erachtens grundsätzlich und meilenweit überlegen sind, dann ist es eben jene. Also schlug ich vor, dass wir uns auch diesen Tropfen mal genauer ansehen sollten, wenn gleich mein Hauptaugenmerk doch sehr klar und eindeutig dem KFM galt. Nun, als die Samples dann da waren und Falk bei mir einkehrte, hatte er natürlich auch den Monymusk dabei. Anders als erwartet gefiel er mir auf Anhieb auch richtig gut und mich faszinierte vor allem, wie komplett der einfach daher kam. Weich und rund aber nicht weichgespült, nicht anstrengend aber doch komplex und gar nicht anspruchslos. Richtig leckerer Stoff einfach, mit Erinnerungen an die alten Bristols aus den 1970er Jahren, aber durch den höheren Alkoholgehalt deutlich besser meines Erachtens! Und tatsächlich war der Jahrgang 1999 von Monymusk jetzt noch eher selten vertreten, so dass der Rum schon so etwas wie ein kleiner Geheimtipp sein dürfte. Kurz: ich gab den Jungs deutlich zu verstehen, dass ich mich persönlich wahnsinnig freuen würde, wenn nicht nur der KFM, sondern auch dieses Fass mit auf dem Einkaufszettel landen würde und das tat er dann letztlich auch. So, und vielmehr möchte ich da vor der Verkostung nun daher auch gar nicht mehr verraten sondern einfach loslegen! 

Aus Gründen der Transparenz sei an dieser Stelle aber noch erwähnt, dass ich ein Sample zur Verkostung sowie eine Flasche dieses Rums gratis erhielt. Auf meinen Geschmack und die Bewertung hat dies selbstverständlich aber keinen Einfluss. 



Verkostung des Flensburg Rum Company Jamaica Rum 21 YO Monymusk 1999:

Preis: die unverbindliche Preisempfehlung für den Monymusk wird bei 144,90€ liegen und der Rum voraussichtlich gegen Ende der 48. Kalenderwoche zu beziehen sein. 

Alter: von September 1999 bis Oktober 2020 lag der Rum insgesamt 21 Jahre im Fass. 

Lagerung: der Rum lagerte während der gesamten Zeit seiner Reifung in Europa. 

Fassnummer: Fass #3 ergab 257 durchnummerierte Flaschen a 0,7 Liter.

Angel's Share: unbekannt, ich vermute aber einen Anteil von ca.  15-25%.

Alkoholstärke: der Rum kommt in Fassstärke daher und weist einen Alkoholgehalt von 56,2% vol. auf. 

Destillationsverfahren: Pot Still.

Mark: unbekannt, ich vermute geschmacklich allerdings, dass es sich um das Mark EMB handelt.

Farbe: kräftiges, goldenes Stroh

Viskosität: der Rum bildet fette, eher weite und parallel verlaufende Schlieren an der Glaswand und fließt zügig hinab, zurück ins Glas. 

Nase:
 aah, eine einerseits kräftige, dabei aber dennoch auch filigrane und auf jeden Fall aber ausdrucksstarke Nase, die schon ziemlich deutlich nach Jamaica geht, zumindest wenn man diese Art von Jamaica Rum auch kennt; denn der Rum ist definitiv keine Ester-Bombe und es kommt auch kein Rum-Topf Feeling auf. Dafür habe ich aber sehr klare Erinnerungen an den Appleton 1999 von neulich, mit dem Unterschied jedoch, dass mir dieser Style hier wesentlich besser gefällt, und auch an alte Long Ponds aus den 1980s! Alkoholische Schärfe ist fast gar nicht vorhanden und der Rum macht für sein Alter auch sehr schnell auf, wie ich finde, so dass sein Bouquet nicht lange gesucht werden muss. Dort habe ich dann etwas sehr nussiges, wie ich es eben ganz charakteristisch von den alten Long Ponds in diesem Alter noch kenne, dazu viele vegetale, grasige Einflüsse, eine Spur Bourbon Vanille, zarte Rauchnoten, ganz hinten und eher dezent auch gegrillte Ananas und Anis. Dazu kommt eine schöne Note vom Holz, welches der Rum definitiv nicht leugnen kann, und das gefällt mir besonders gut, denn gerade daran scheitern einige der kontinental gereiften Vertreter in diesem Alter auch gerne mal und dann finde ich es doch schade, wenn 20 YO+ Rums den Eindruck vermitteln, sie könnten auch erst halb so alt sein. Diesem Verdacht sieht sich der FRC Monymusk 1999 ganz ausdrücklich nicht ausgesetzt!

Gaumen: Lecker! Bereits mit dem ersten Schluck fällt direkt auf, dass die 56,2% vol. hier genau passen! Der Rum hat einen tollen, voluminösen Körper und kommt dabei richtig weich und smooth daher - optimum strength! Der Alkohol ist perfekt eingebunden! Der Rum liegt schön ölig auf der Zunge, ist angenehm mundfüllend und wird im Verlauf dann immer cremiger. Ich habe starke, präsente Aromen von Nuss am Gaumen, dazu vegetale Noten, viel, viiiiel Anis und auch leichte gegrillte Ananas und dazu Birne, sowie ganz dezent Orange. Dazu gesellen sich Vanille und in geradezu perfekter Dosierung die Tannine und Einflüsse vom Holz! Erneut kommen Erinnerungen an frühere Bristol Monymusk aus den 1970s, Long Ponds aus 1986 und Veliers/Appletons 1999er Abfüllung auf (aber wiederum positiv). Das ist einfach ein richtig leckerer, intensiver Rum voller Tiefe und Komplexität! Eine feine Süße, die zu Beginn noch da ist, schlägt mit zunehmender Verweildauer am Gaumen in Trockenheit um und signalisiert, dass es Zeit für ihn ist zu gehen. 

Abgang: kein ewig langes Finish, aber er bleibt eine Weile. Ich habe noch Anis, frisch geschnittenes Geäst, leichte Macadamia, das ganze trockener und leicht (angenehm) bitter werdend. Sehr schön!

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Fazit:
 ich hatte es ja oben schon mehr oder weniger angeteasert, aber das ist für mich tatsächlich ein nahezu kompletter Rum, der mich noch dazu sehr an eines der schönsten Kapitel meiner Rum-Zeit überhaupt erinnert, nämlich an die alten Stile Jamaicas aus den 1970s und 1980s! Damals, um das Jahr 2011, waren diese für mich das absolute non plus ultra, meine uneingeschränkten Favoriten. Nun, die Zeiten haben sich ein wenig gewandelt und mit ihnen mein Geschmack und so sehe ich heute durchaus doch so einige Styles über diesen Rums, aber dennoch rangieren sie bei mir natürlich noch immer sehr weit oben. Und genau dort, also sehr weit oben, würde ich auch diesen Rum ansiedeln. Nicht in der absoluten Spitze und den letzten 5%, das wäre doch zu hoch gegriffen, aber eben knapp darunter. Und angesichts diesen Tropfens muss ich sogar sagen, dass es in mir einmal mehr die große Frage aufwirft, wie gut all die alten Rums von Bristol u.a. hätten sein können, wenn sie nicht so extrem verdünnt worden wären. Man weiß es nicht und wir werden es nie erfahren, aber ich könnte mir vorstellen, dass es arg in die Richtung meines heutigen Rums im Glas gegangen wäre. Und viel mehr Lob geht dann auch schon kaum noch. Im Hinblick auf den Preis würde ich sagen, dass dieser für einen 21 Jahre alten Jamaica Rum und vor allem die hier gebotene Qualität mehr als angemessen, für viele Connaisseure aber vielleicht auch schon hart an der Grenze dessen ist, was sie für diesen Typ Rum bereit sind auszugeben. Denn auch wenn ich diesen Monymusk schon sehr viel besser finde als alles was sonst an kontinental gereiften Monymusk so rumläuft, so bleibt es eben ein Monymusk und diese haben es am Markt traditionell schwerer als Hampden oder Long Pond. Wer aber z.B. mit den Bristols oder den alten Long Ponds damals durchaus etwas anfangen konnte, der wird die deutlich gesteigerte Intensität durch den höheren Alkoholgehalt lieben, kann hier nicht viel falsch machen und auch eigentlich bedenkenlos zuschlagen - allerdings auch nur dann. Denn wer eigentlich eher auf die Dampfwalzen abfährt und trotz gegenteiliger Darstellung in meiner Review noch immer die Rest-Hoffnung hegt bei diesem Rum eine solche zu bekommen, der sollte auf jeden Fall erstmal zu einem Sample greifen. 

-91/100-


PS: Nutzer der Rum Tasting Notes App finden diese Abfüllung auch hier:

Flensburg Rum Company Jamaica Rum 21 YO Monymusk 1999


Bis demnächst
Flo

Donnerstag, 19. November 2020

Velier feat. Appleton Estate 💙 Hearts Collection

Liebe Rum Gemeinde,

vor etwa einem Jahr schon wurden sie uns von Luca Gargano angekündigt, nun endlich stehen sie in Form der Hearts Collection kurz vor dem Release: drei 100% Pure Pot Still Rums aus drei verschiedenen Jahrgängen in Fassstärke von Appleton Estate in Kooperation mit Velier!


Was liegt heute an? 

Was wurde nicht alles schon geschrieben, gesprochen und gemutmaßt, bevor sich sämtliche Gerüchte im Laufe dieses Jahres dann peu a peu erst konkretisierten und dann schließlich in einer definitiven Ankündigung mündeten. Sie kommen nun also definitiv, die Appletons! Seit jeher lag der Fokus dieser Mutmaßungen dabei vor allem auf zwei Komponenten, die die Rums deutlich von jenen Standard-Bottlings unterscheiden sollten, die wir auch hierzulande und beinahe auf der ganzen Welt in fast jedem gut sortierten Fachhandel beziehen können: darauf, dass sie zu 100% aus Pot Still Destillaten bestehen und auf einem Alkoholgehalt von deutlich mehr als den viel zu dünn geratenen immer gleichen 45% vol., die uns normalerweise offeriert werden. Seit Freitag nun werden die Rums in diversen Online-Live Tastings mit Joy Spence, Ian Burrell und Luca Gargano selbst der Welt vorgestellt und am vergangenen Montag hatte ich dabei sogar selbst das Glück, bei einem dieser Tastings dabei sein zu dürfen. 

Aus Gründen der Transparenz: zu diesem Zweck erhielt ich von La Maison du Whisky und Velier 3 x 20 cl Samples zur Verkostung gratis (was aber natürlich wie immer mit keinerlei Pflichten meinerseits einher geht). Das sei an dieser Stelle aus Gründen der Transparenz selbstverständlich erwähnt, ebenso wie natürlich ein riesiges Dankeschön an alle Beteiligten! Grazie Mille, Merci Beaucoup & Thank you very much!

A gift to the rum lovers

Meine persönliche Beziehung zu Appleton war daher seit jeher ambivalent. Auf der einen Seite habe ich damit meine Rumlaufbahn begonnen und auch zwischendurch immer mal wieder registriert, dass mir der Stil grundsätzlich eigentlich auch sehr zusagt, weshalb die Rums für mich schon auch eine wichtige Rolle spielen. Auf der anderen Seite fühlte ich mich als Nerd bisher von Appleton aber auch stets ein Stück weit ignoriert, was noch die positivste aller Interpretationen dieser Beharrlichkeit ist, mit der Appleton seit Jahren die Wünsche aus Sicht der High End Connaisseure unerfüllt ließ. Mir ist dabei vollkommen klar, dass wir in unserer kleinen Blase nicht der Nabel der Welt sind und das Geld mit eben jenen Standards verdient wird, denen wir längst entwachsen sind. Auch, dass man darüber jetzt die Produktion komplett umstellt habe ich daher natürlich nie erwartet. Dass man es aber niemals hinbekommen hat die Core Range zumindest einfach mal um z.B. einen 12 YO mit 50-60% vol. zu ergänzen, das habe ich tatsächlich nie verstehen können, denn das bekommen andere große Produzenten auch super hin. Das ist weder wahnsinnig anspruchsvoll noch wäre das aus meiner Sicht zu viel erwartet gewesen - dafür aber zeitgemäß! Und da bin ich dann durchaus bei einem meiner Hauptkritikpunkte überhaupt an die Produzenten in der Karibik: sie sind aus meiner Sicht nicht immer zeitgemäß aufgestellt. Spirituosen mit erhöhter Trinkstärke sind längst kein Geheimtipp mehr und eine relevante Nachfrage besteht durchaus. Nicht umsonst sehen es karibische Produzenten seit einigen Jahren oft plötzlich problematisch, dass europäische unabhängige Abfüller deren Stoff unter Nennung des Namens der Brennerei in Fassstärke verkaufen. Das hat aber aus meiner Sicht nichts mit "Colonialism" zu tun, sondern schlicht damit, dass die Produzenten fast sämtlich das Potenzial ihrer eigenen Produkte nicht hinreichend erkannt haben und zum Teil immer noch nicht erkennen, oder überhaupt keinen Plan davon haben, wie sie dieses wirklich ausschöpfen können. Somit wird das Problem aus meiner Sicht ganz simpel durch die Gesetze der Wirtschaft erfasst und ist nicht Kolonisierung oder ähnliches zurückzuführen. 

Zoom-Talk am Montag Abend mit Luca Gargano, Joy Spence, Ian Burrell 
und Rum-Lovern aus der ganzen Welt


Wo Appleton selbst also entweder geschlafen oder es aus anderen Gründen versäumt hat sein Produkt weiter zu denken, musste also erst wieder der große Zampano aus Italien kommen und das scheinbar unmögliche möglich machen. Luca, das ist bekannt, hegte schon lange den Wunsch einmal gemeinsam mit Appleton einen Rum nach seiner Vorstellung zu releasen. In der Live-Konferenz am Montag nannte er die Jamaicanische Destille seinen persönlichen Mount Everest, den er Reinhold Messner gleich nun bestiegen habe. Und das ist durchaus nachvollziehbar. Er hat Hampden gebracht, er hat Long Pond gebracht, hatte Worthy Park im Portfolio und hat mit den EMBs aus 1995 und 2010 auch Monymusk nochmal auf ein neues Level gehoben. Ignoriert man New Yarmouth, bzw. sieht sie als Teil von Wray & Nephew, hat Luca mit den Appletons nun also seinen ganz persönlichen jamaicanischen Zirkelschluss erreicht, alle Destillen durch und feilt damit selbstverständlich weiter an seinem Legendenstatus, der ihm aber auch schon nach den tropisch gereiften Demeraras und Caronis schon nicht mehr zu nehmen gewesen wäre. Und obwohl ich Lucas Ansichten nicht immer zu 100% teile und auch in einigen Punkten sogar energisch widerspreche, so komme ich angesichts dieser, seiner, Leistungen und Verdienste um die Rumwelt nicht umhin, mich an dieser Stelle wirklich einmal zu verneigen! Denn Guyana, Caroni und Jamaica gehören für mich wirklich zu dem allerbesten was die Rumwelt je gesehen hat, nur weniges von außerhalb dieser drei Größen reicht für mich daran heran, und Luca hat hier in vielen Bereichen (und in sämtlichen Belangen was Tropical Aging angeht!) die absoluten Benchmarks gesetzt! Was für eine Lebensleistung! Chapeau! 

So, und auch wenn das alles sicher schon Grund genug ist dem ganzen seine Aufmerksamkeit zu schenken, so hat man hier doch seitens der Verantwortlichen sogar noch ein Stück weiter in die Trickkiste gegriffen und jetzt nicht einfach irgendwelche Jahrgänge von Appleton abgefüllt, nur um ein Häkchen auf der Bucketlist machen zu können, sondern man hat sich auch für richtig alte und lange gereifte Vertreter mit sehr hohem Congeners-Gehalt entschieden. So kamen am Ende ein 26 YO Rum aus 1994 mit 1184 gr/hlpa, ein 25 YO aus 1995 mit 1440 gr/hlpa und ein 21 YO aus 1999 mit einem Congeners-Gehalt von 855 gr/hlpa in die Flasche. Geblendet wurden dafür jeweils 12 Fässer gleichen Marques miteinander. Welche Marques jeweils verwendet wurden (bei zwei Jahrgängen war es das gleiche Marque) wollte Joy Spence allerdings zu meinem Bedauern unter keinen Umständen verraten. Wir haben es am Montag mehr als einmal versucht ihr zu entlocken ;-) Der Alkoholgehalt schließlich liegt beim 1994er bei 60% vol., bzw. bei jeweils 63% vol. beim 1995er und 1999er. Und nun schauen wir uns die drei mal aus der Nähe an!


-------------------------------------------------------------------------------------------------



Velier Jamaica Rum 26 YO Appleton Estate 1994: 

In der Nase habe ich direkt nach dem Einschenken ein schönes, dunkles und durchaus an Appleton erinnerndes Profil mit reichlich Tiefgang, Komplexität und Intensität, dafür aber nahezu ohne alkoholische Schärfe. Der Rum ist richtig Smooth! Joy Spence sprach hier im Live-Tasting von Orangen und Ingwer und ich würde ihr hier durchaus zustimmen. Ich habe außerdem einiges an Klebstoff und Lösungsmitteln, in denen sich definitiv der recht hohe Congeners-Gehalt widerspiegelt, sowie starke Bourbon Vanille und weitere Gewürze. Darüber hinaus ist aber natürlich auch der Einfluss des Fasses nach 26 Jahren tropischer Reifung enorm, so dass auch Eichenholz und Tannine nicht zu übersehen sind und diesem Rum durchaus ihren Stempel aufgedrückt haben. Einigen könnte das sogar schon zu viel sein, mir allerdings gefällt's! Mit zunehmener Zeit im Glas wird die Nase dann noch deutlich besser, noch komplexer und erreicht definitiv eine Qualität, wie wir sie nicht jeden Tag zu sehen bekommen! 
Am Gaumen kann ich zunächst nur sagen: Wow! Das ist mal richtig, richtig guter Stoff! Erinnerungen an andere Jamaicaner, wie den Monymusk 1995 von Velier kommen sofort auf, aber auch Assoziationen zu Worthy Parks sind bei mir vorhanden, bzw. so stelle ich mir einen WPM 2006 nach 26 Jahren tropischer Reifung in Zukunft vor! Der Rum ist stark, im Sinne von Potent, aber nicht übertrieben alkoholisch und dazu überaus vollmundig. Mit zunehmender Zeit am Gaumen wird er dann auch cremiger und zeigt sich mit Noten von Bananenchips, Orangen, vor allem aber Anis en masse (!!) und Tanninen sehr typisch für einen lange und intensiv gereiften Jamaicaner. Wenn man den Rum allerdings zu lange im Mund behält, gewinnen diese die Übermacht und der Rum gerät für mich ein wenig zu bitter, daher würde ich zu kleineren Schlücken tendieren, die man schneller heruntergebracht hat. Dann aber belohnt einen der Rum nach allen Regeln der Kunst!
Im Abgang zeigt sich der Rum dann nochmal warm und trocken und mit der Zeit bitterer werdend. Dann ein charakteristischer, medizinischer Touch. Geschnittenes Geäst. Nelke. Cola. Leicht an Gardel erinnernd. Sehr komplex, richtig gut und vor allem wirklich sehr langanhaltend! 

-92/100-

Nutzer der Rum Tasting Notes App finden diese Abfüllung auch hier:

Velier Jamaica Rum 26 YO Appleton Estate 1994

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Velier Jamaica Rum 25 YO Appleton Estate 1995:

Die Nase vom 1995er gefällt mir vom Start weg besser als die des 1994ers! Hier finde ich durchaus auch einige für Appleton vollkommen untypischen Esternoten, die hier aber leider nicht gesondert auf dem Label angegeben werden, sondern lediglich in der Gesamtmasse der Congeners mit erfasst sind, die hier von allen drei Rums der Collection am stärksten ausgeprägt ist. Das wiederum geht ein wenig zu Lasten der Komplexität und der Tiefe, die ich beim 1994er stärker sehe, allerdings macht die Nase das für mein persönliches Gefallen durch eine starke Intensität wett, die mir sehr gefällt. Auch beim 1995er ist der Alkohol gut in die Nase eingebunden. Im Bouquet finde ich weniger das Appleton-typische, da die Congeners vieles durch Lösungsmittel  und Flüssigklebstoff überlagern, aber etwas Bitterorangen und natürlich auch Eichenholz und Tannine habe ich hier auch. Nach hinten heraus und mit zunehmender Zeit im Glas gewinnt der Rum allerdings nicht in dieser Weise noch dazu, wie ich das beim 1994er sehe. Ich habe nun auch Sahne-Toffee, allerdings nimmt die Intensität und damit die große Stärke dieser Nase deutlich ab. Seine beste Zeit im Glas hat der Rum für mich in den ersten 30 Minuten. 
Der Wow-Gedanke schleicht sich auch hier beim 1995er Appleton am Gaumen ein! Hatte ich beim 1994er schon deutliche Assoziationen zum 1995er Monymusk, so werden diese hier nochmals klar gesteigert! Die Parallelen sind überdeutlich! Die Erinnerungen an Worthy Parks WPM fallen bei diesem Vertreter allerdings komplett weg, das geht dann schon in eine andere Richtung. Die 3% vol. mehr im Vergleich zum 1994er fallen nicht so sehr auf, dafür aber der höhere Anteil an Congeners. Das ist schon deutlich mehr Jamaican Funk als beim 1994er mit aber ebenfalls sehr viel Anis, roten Früchten, Orangen, medizinischen Tönen und unfassbarer Intensität! Richtig, richtig lecker! Die Tannine spielen dabei natürlich auch immer noch mit, aber es gilt im Grunde das gleiche wie beim 1994er: lieber etwas kleinere Schlücke, da der Rum mit zunehmender Zeit am Gaumen ins bittere tendiert. 
Im Abgang habe ich frisch geschnittenes Geäst, einen leichten medizinischen Touch (nicht ganz so arg wie beim 1994er), aber insgesamt bei weitem nicht die Komplexität, die der 1994er hier noch aufwies. Zwar zieht sich auch der 1995er noch lange nach dem letzten Schluck hin, aber insgesamt ist das zu 1994 kein Vergleich! 

-90/100-

Nutzer der Rum Tasting Notes App finden diese Abfüllung auch hier:

Velier Jamaica Rum 25 YO Appleton Estate 1995

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Velier Jamaica Rum 21 YO Appleton Estate 1999:

Der 1999er hingegen mag mir schon direkt in der Nase hingegen so gar nicht zusagen! Dieser hat irgendetwas Gin-artiges an sich, was mir so gar nicht gefällt und meinen Geschmack leider sehr verfehlt. Da andere Tasting Teilnehmer, deren Expertise ich sehr schätze vom 1999er allerdings sehr begeistert waren, muss das wirklich eine sehr persönliche Sache sein und ist keine Frage der Qualität! Der ganze Rum wird aus meiner Sicht durch eine frisch und süß-säuerlich anmutende und an Gin, Zitrusfrüchte oder Ananas erinnernde Note überlagert, die mir nicht gefällt. Normalerweise sind das zum Teil zumindest eher Assoziationen, die mir gut gefallen, daher mag das paradox klingen, aber hier kommt das anders daher und für mich irgendwie unpassend. Hinter dieser Note habe ich dann aber warme und wiederum an Orangen und Appleton erinnernde Töne, die das ganze für mich aber erstmal nicht mehr rausreißt. Mit längerer Verweildauer im Glas allerdings verändert der Rum sein Bouquet bemerkenswert deutlich, so dass diese mir unangenehme Note weniger wird, auch wenn sie nie ganz verschwindet und immer noch sehr präsent ist, wenn man das Glas längere Zeit nicht an der Nase hatte und dieses dann wieder dort hinführt. 
Leider habe ich genau diese Note mit der Erinnerung an Gin aus der Nase auch am Gaumen und sie ist dort noch stärker ausgeprägt. Nein, der 1999er möchte mir einfach nicht gefallen, da kann ich zu meinem Bedauern machen was ich möchte, das wird nicht besser. Dementsprechend schwer fällt mir daher aber auch die weitere Beschreibung des Rums, da ich mich hier wirklich dazu nötigen muss, den 1999er im Mund zu behalten. Erinnerungen zu einigen weniger tollen Long Ponds kann ich ihm noch abringen, etwas Anis und durchaus schon bemerkenswert ausgeprägte Tannine, dafür, dass der Rum ja immerhin ganze fünf, bzw. vier Jahre jünger ist als seine beiden Partner der Hearts Collection. Aber es bleibt am Ende immer der Muff. Für mich leider ein Reinfall, auch wenn die Parameter ansonsten stimmig erscheinen. Der Rum ist immerhin vollmundig, intensiiv und der Alkohol zeigt sich gut eingebunden. Leider nutzt mir das nur herzlich wenig. Sehr schade!
Im Abgang dann wieder etwas leicht muffiges mit geschnittenem Geäst. Dazu lang anhaltend, bzw. in diesem Fall sogar länger als mir lieb ist. Machen wir besser einen Haken darunter. 

-79/100-

Nutzer der Rum Tasting Notes App finden diese Abfüllung auch hier:

Velier Jamaica Rum 21 YO Appleton Estate 1999

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Gesamt-Fazit: 

Meine Eindrücke zu den neuen Appletons waren tatsächlich sehr gemischt. Während ich nach der ersten Verkostung am Freitagabend ziemlich begeistert war, so war ich am Montag, während der Live-Verkostung mit Luca, Joy und Ian Burrell, im Verhältnis schon fast ernüchtert und empfand die Rums zwar natürlich als deutliche Steigerungen zu den normalen Appleton Blends, aber eben nicht als absolut herausragend. Heute allerdings, in meiner dritten Session und nachdem ich die Rums jetzt das erste mal wirklich in Ruhe und für mich alleine verkostet habe (so wie sonst auch, wenn ich Reviews verfasse) muss und möchte ich doch sehr deutlich festhalten, dass man hier meines Erachtens seitens Velier und Appleton schon ziemlich abgeliefert hat - zumindest, was die beiden Rums aus 1994 und 1995 betrifft! Über den 1999er möchte ich an dieser Stelle eher nicht weiter sprechen, da er mir einfach nicht gefiel. Dass er hier dennoch mit vorgestellt wurde lag schlicht daran, dass er eben auch Teil der Hearts Collection ist und einzig eine Vorstellung dieser Serie im Gesamten wirklich einen Sinn ergeben hat. 
1994 und 1995 aber sind zwei wirklich hervorragende Jamaica Rums, die man als Rum Liebhaber definitiv mal im Glas gehabt haben sollte, allein schon um zu realisieren was Appleton am Ende des Tages wirklich alles kann. Und das ist doch schon eine Menge, wie ich finde! Klar, es wird jetzt immer noch ein paar Leute geben die jetzt, angesichts einer doch sehr hohen Erwartungshaltung die da im Vorfeld entstanden ist, die absoluten Überrums erwartet haben und nun enttäuscht sind. Allerdings ist mir in dem Fall nicht klar, wohin genau die Erwartungen gingen. Hätte man sich mehr Appleton DNA gewünscht? Das war, im Hinblick darauf, dass 100% Pot Still Rums angekündigt waren, tatsächlich in der Tendenz nicht zu erwarten. Wer danach sucht, der wird verblüffender Weise eher bei den 1994er New Yarmouth Abfüllungen fündig, z.B. von Rum Artesanal, obgleich ich insbesondere heute in meiner Verkostung schon auch sehr viel Appletons in den Rums wiedergefunden habe. Hat man sich High Esters ausgerechnet? Auch hier hat Joy Spence schon mehrfach betont, dass dies nicht der Weg von Appleton ist. Was ich aber wirklich hoffe ist, dass sich ein Angebot einer Abfüllung mit über 50% vol. seitens Appleton in naher Zukunft wirklich mal etablieren könnte. 
Was ich in Bezug auf den 1994er und den 1995er auffällig fand: habe ich die Nasen in meinen beiden Erstverkostungen am Freitag und am Montag noch relativ ähnlich zueinander wahrgenommen, so gehen sie nun in meiner dritten Session schon klar auseinander und der höhere Anteil an Congeners beim 1995 macht sich doch sehr klar bemerkbar. Von Joy Spence gab es ja die Info, dass zwei der drei Rums das gleiche Mark haben und das können dementsprechend eigentlich nur diese beiden sein, aber wie gesagt, in meiner Wahrnehmung gehen auch diese nun schon ziemlich auseinander, so dass wir es all in all schon mit drei sehr unterschiedliche Rums zu tun haben, die, soweit mir das bislang aufgefallen ist, auch alle bereits jeweils ihre Liebhaber gefunden haben. Ich habe jeden der drei Jahrgänge schon mehrfach als Favoriten genannt gesehen. Was also, soll man noch sagen - außer natürlich noch ein letztes Mal "Vielen Dank!". Das kann man an dieser Stelle nicht oft genug sagen.

In diesem Sinne, bis demnächst!
Flo



Sonntag, 8. November 2020

Velier Caroni 4th Employee Series

Liebe Rum Gemeinde,

bereits vor einigen Wochen schmiss Velier mit der insgesamt nun schon vierten Employee Serie (und der zweiten in diesem Jahr) noch einmal neue Caronis auf den Markt. Wie auch die dritte Serie im Sommer, so kommt auch diese wieder mit drei Bottlings daher. Heute werde ich mir diese im Gesamten einmal ansehen!




Was liegt heute an? 

Das Kontingent an tropisch gereiften Caronis die der breiten Öffentlichkeit noch zugänglich sein werden, neigt sich stark dem Ende entgegen. Das ist kein Geheimnis, wobei sich diese Aussage im Grunde auf das Ende der Employees bezieht, nach deren Auslaufen die danach folgenden (Single Cask-) Releases nur noch Mikro-Auflagen haben werden. Allerdings muss man nach den Beobachtungen im Zuge der dritten Serie im Sommer und erst recht nach jenen der aktuellen Herbst-Serie doch auch irgendwo konstatieren, dass man selbst die Verfügbarkeiten der 2020er Serien eigentlich auch schon nicht mehr mit der breiten Öffentlichkeit in Zusammenhang bringen kann - zumindest nicht, ohne dass dabei auch eine gehörige Portion Hohn mitschwingt. Denn wenn man ehrlich ist, war es quasi kaum möglich hier noch zum Ausgabepreis zu shoppen, es sei denn man hat Beziehungen zum Händler oder schlicht übergroßes Glück. Bei der vierten Serie ging das schließlich soweit, dass die Flaschen bei LMDW und Spirits Academy insgesamt vielleicht eine Minute online waren? Verrückt! Zum Glück hat der Chris Tophe bei Facebook die Rums in einer Mega-Flaschenteilung der breiten Community in Europa zugänglich gemacht und auch meine Proben stammen aus dieser Teilung! Darüber hinaus war er auch so freundlich mir ein paar Bilder der Flaschen zu machen, so dass ich sie in meiner Review heute zeigen kann. Sämtliche hier heute gezeigten Bilder sind also von ihm. Vielen lieben Dank dafür, lieber Chris Tophe, Merci beaucoup! 

Huge Caroni 4th Employee Series Split by Chris Tophe


Eine Besonderheit der vierten Serie ist es aber auch sicher, dass erstmals kein 1996er Caroni abgefüllt wurde. Stattdessen gibt es zwei 1998er und einen 2000er. Letzterer Jahrgang feierte in der vorangegangenen dritten Employee Serie in Form von Nita "Nitz" Hogan seine Premiere und mit dem Basdeo "Dicky" Ramsarran ist nun eben wieder einer dabei. Fast noch auffälliger finde ich allerdings, mit was für einer unglaublichen Schlagzahl Velier die Releases seit diesem Jahr auf den Markt spült. Sahen wir in 2018 und 2019 noch je eine Employee Serie a zwei Bottlings, so waren es in 2020 nun zwei Serien a drei Bottlings, also die dreifache Menge der vergangenen beiden Jahre. Hier kann ich mich daher insgesamt des Eindrucks nicht entziehen, dass man seitens Velier ein großes Interesse daran hat diese Serie nun möglichst rasch abzuschließen, was aber natürlich dann auch ein wenig lieblos anmutet und so gar nicht zu dem Maß an Leidenschaft passt, was man ansonsten ja geneigt ist Velier stets zu unterstellen. Das finde ich ein wenig schade und ich denke, eine Serie pro Jahr (ob nun mit zwei oder drei Bottlings sei dahin gestellt) hätte den meisten Connaisseuren besser gefallen. Nun allerdings sind die Rums da und wir schauen sie uns dementsprechend nun natürlich auch an!


-------------------------------------------------------------------------------------------------


Velier HTR 21 YO Caroni 1998 - Dayanand "Yunkoo" Balloon: 

Unser erster Caroni entstammt dem Jahrgang 1998, wurde bis ins Frühjahr 2019 auf Trinidad im Fass gelagert und ist somit 21 Jahre alt. Gewidmet ist dieser dem ehemaligen Caroni-Mitarbeiter Dayanand "Yunkoo" Balloon, der für 10 Jahre dort gearbeitet hat. Für die Abfüllung wurden sechs Fässer Heavy Trinidad Rum Caroni 1998 herangezogen, die insgesamt 1.180 Flaschen a 0,7 Liter und 519 Flaschen a 0,2 Liter für das Coffret ergeben haben. Der Angel's Share lag bei >80% und der Alkoholgehalt des Rums beträgt noch stolze 68,3% vol.! Trivia: noch passender hätte ich es natürlich gefunden, wenn man sich dieses Label für ein 1996er Employee Bottling aufgespart oder dieses dafür verwendet hätte und auf diese Weise einen Bogen zum Kirsch und zum Shinanoya/Bar Lamp Single Cask geschlagen hätte, so wie man es bei unserer heutigen dritten Abfüllung gemacht hat.

Nachdem ich den Rum bestimmt eine gute halbe bis dreiviertel Stunde habe Atmen lassen, führe ich mir den Yunkoo das erste Mal zu Gemüte. Und ich muss sagen, im allerersten Eindruck, dass der für einen 1998er Caroni eine doch überraschend ausgeglichene und balancierte Nase hat, ähnlich dem Buju im Sommer, den ich als einen wirklich selten guten Vertreter dieses Jahrgangs empfinde. Und tatsächlich, der Quervergleich mit dem Buju bestätigt meinen Eindruck! Ich habe dreckige Komponenten von intensiven Lösungsmitteln genauso wie fruchtige Anklänge von Mango oder Papaya, sowie Gewürze wie Anis. Dabei kommt der Caroni-typische Brennerei-Chartakter ebenso durch, wie auch schon ein sehr stolzer Einfluss durch das Fass in Form von Tanninen. Insgesamt macht der Rum einen wirklich sehr kompletten Eindruck und ich habe weder Eindrücke die mich stören, noch vermisse ich etwas. Der Alkohol ist darüber hinaus sehr gut eingebunden, da gibt es wirklich nichts zu meckern!
Am Gaumen gefällt mir der Yunkoo ebenso gut wie in der Nase! Wow, der ist richtig lecker! Eine tolle und präsente natürliche Süße, dazu kaum Brennen durch den Alkohol, Caroni-typische Töne, die mich fast an Jahrgänge wie 1996 denken lassen und ein bockstarker Abgang! Keine Frage, der Rum weiß zu gefallen! Der Yunkoo hat jede Menge Holzlack und kommt für einen 1998er wahnsinnig fruchtig um die Ecke! Das ganze verschmilzt mit den Tanninen zu einem stimmigen und kompletten Gesamteindruck, der den Rum aus meiner Sicht fast auf die Ebene vom Buju hebt. Letzterer hat noch ein wenig mehr Süße, was mir gut gefällt. Aber beides sind verdammt gute 1998er! 
Im Abgang weist der Rum leicht medizinische Töne auf und wird trockener und bitterer. Er verbleibt allerdings lange am Gaumen. Klasse! 

-94/100-

Nutzer der Rum Tasting Notes App finden diese Abfüllung auch hier:

Velier Heavy Trinidad Rum 21 YO Caroni 1998 - Dayanand "Yunkoo" Balloon

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Velier HTR 21 YO Caroni 1998 - Balas "Brigade" Bhaggan:

Der nächste im Bunde kommt ebenfalls aus dem Jahr 1998 und reifte, genau wie der Yunkoo, bis Frühjahr 2019 für ganze 21 Jahre auf Trinidad. Er ist dem ehemaligen Caroni-Mitarbeiter Balas "Brigade" Bhaggan gewidmet, der 14 Jahre lang Mitarbeiter von Caroni war. Auch für diese Abfüllung wurden sechs Fässer Heavy Trinidad Rum Caroni 1998 herangezogen, die insgesamt aber ein bisschen weniger, nämlich "nur" 1.158 Flaschen a 0,7 Liter und 519 Flaschen a 0,2 Liter für das Coffret ergeben haben. Der Angel's Share lag aber wohl auch bei >80% und der Alkoholgehalt des Rums gleicht beinahe dem des Yunkoo, er liegt bei 68,4% vol.! Ob sich die Rums auch sensorisch so sehr gleichen?

Den Brigade, auch dieser durfte lange Atmen, empfinde ich in der Nase als etwas weniger ausgeglichen als den Yunkoo und er gefällt mir im ersten Eindruck auch nicht ganz so gut. Hauptverantwortlich dafür dürfte sein, dass ich im Bouquet eine doch sehr präsente Note von Umami finde, die einige der 1998er Caroni aufweisen und die mir einfach nicht gefällt, vor allem nicht, wenn sie so über dem gesamten Rum liegt. Dadurch wird nämlich der Caroni-Brennerei-Charakter verdrängt und diesen muss man doch schon sehr suchen. Das hatten die unmittelbar vergleichbaren Buju und Yunkoo jeweils nicht. Davon ab finde ich natürlich auch einiges an Lösungsmitteln und dreckigen Anklängen, aber die Umami Note liegt da schon sehr stark über allem, weswegen das leider nicht so rauskommt. Der Alkohol ist top eingebunden, aber meine Freude über den Rum verstärkt das logischerweise dennoch nicht gerade. 
Wie beim Yunkoo, so bestätigt sich auch beim Brigade am Gaumen was sich in der Nase ankündigte: der Rum gefällt mir nicht! Die Umami Note schafft es auch bis hin zum Gaumen und der Gesamteindruck liegt für mich weit jenseits dessen, was ich von Velier gewohnt bin. Die Tendenz lautet für mich eher Dennis oder Kevon, wobei diese beiden jeweils eine klar höhere Qualität aufweisen meines Erachtens. Dieser Rum hebt sich für mich nicht wesentlich von diversen 1998-Vertretern anderer Abfüller ab. Der Rum ist dreckig, aber nicht auf die angenehme Weise. Fruchtigkeit oder Holzlack suche ich fast vergebens, eine natürliche Süße ist nur in geringem Ausmaß da. Dazu bilde ich mir ein, dass auch die Tannine hier schon ganz schön am Werkeln waren. Nein, ich kann mir nicht helfen, aber dieser Employee ist für mich ein Totalausfall für die Serie und gemessen an deren hohem Standard. 
Im Abgang bleibt es dann unspektakulär. Hier fühle ich mich leicht an Dennis erinnert, aber zu retten ist da nichts mehr, auch wenn hier soweit keinerlei Ausfälle mehr dazu kommen. 

-79/100-

Nutzer der Rum Tasting Notes App finden diese Abfüllung auch hier:

Velier Heavy Trinidad Rum 21 YO Caroni 1998 - Balas "Brigade" Bhaggan

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Velier HTR 19 YO Caroni 2000 - Basdeo "Dicky" Ramsarran:

Aller guten Dinge sind drei und so durchbricht unser dritter Rum das bisherige Muster und entstammt nicht dem Jahrgang 1998, sondern dem Vintage 2000. Da aber auch er, bzw. die für ihn verwendeten Rums, im Frühjahr 2019 von Holzfässern in Glasballons wechselten, reifte der Rum für insgesamt 19 Jahre in tropischem Klima auf Trinidad im Fass. Der 2000er der Serie ist Basdeo "Dicky" Ramsarran gewidmet, der natürlich auch ehemaliger Mitarbeiter von Caroni ist, bzw. dies sogar für einen sehr langen Zeitraum war, nämlich stolze 20 Jahre! In der Abfüllung gingen sechs Fässer Heavy Trinidad Rum Caroni 2000 auf, die insgesamt 1.251 Flaschen a 0,7 Liter und 519 Flaschen a 0,2 Liter für das Coffret ergeben haben. Somit ist dieser Rum der auflagenstärkste dieser vierten Serie. Der Angel's Share lag bei >79% und der Alkoholgehalt des Rums beträgt noch 64,3% vol.. Als besonderen Fan-Service empfinde ich es bei der Labelgestaltung dieses Rums natürlich, dass es eine Hommage an gleich zwei Single Cask Releases des gleichen Jahrgangs darstellt, nämlich an jene für Ullrich und Lion's Whisky. 

Der Dicky ist dann zunächst doch irgendwie erstmal wieder der typische 2000er. Das Profil kommt durch und Erinnerungen an die Nita schwingen direkt mit. Und in der Tat, ich habe sie ja daneben zu stehen, kommt das schon ganz gut hin und die Rums bewegen sich auf Augenhöhe! Nach allem, was ich neulich an 2000er Cask Samples im Glas hatte, ist das durchaus eine Überraschung. Die Betonung liegt hier doch sehr auf dem Brennerei-Charakter Caronis, allerdings steht der Rum gleichzeitig auch auf der fruchtigen und leicht süßen Ebene, aber genau das gefällt mir so sehr an diesem Wundertüten-Jahrgang, der diese Anleihen an die Ursprünge für meinen Geschmack meist doch etwas besser hinbekommt als der Jahrgang 1998. Richtig klasse finde ich, dass die Nase hier mit einer Art Zitrus-Side Kick daher kommt, der mich an Grapefruits erinnert. Das kannte ich von 2000 bisher so noch nicht und sorgt hier für ein stimmiges Alleinstellungsmerkmal. Der Alkohol macht sich in der Nase fast gar nicht bemerkbar, was den sehr ausgeglichenen und super balancierten Eindruck dieses Tropfens unterstreicht.
Am Gaumen setzt sich dieses Bild dann im Grunde unvermittelt fort, wie schon bei den anderen beiden Abfüllungen vor ihm. Der Rum ist lecker und bringt alles mit, was ich mir von guten 2000er Jahrgangs-Caronis erhoffe: ein starker, leicht dreckiger Brennereicharakter, eine gute aber nicht zu heftige Portion Menthol, eine schöne, natürliche Süße und geiler Holzlack! Dazu kommen hier, bedingt durch nun auch schon immerhin 19 Jahre im Fass, herrliche Tannine, die sich klasse in das Gesamtbild einfügen. Ein richtig guter, komplexer, balancierter Rum! Mhm, ja, den mag ich schon sehr! Dazu ist der Alkohol zwar nicht perfekt, aber insgesamt schon super eingebunden, was mir tendenziell schon auch immer sehr wichtig ist. Im Vergleich zur schon sehr genialen Nita muss sich der Dicky auf keinen Fall verstecken! Ich sehe beide, auch nach Vergleichen am Gaumen, definitiv auf Augenhöhe! 
Im Abgang verweilt der Rum sehr lange am Gaumen und kommt zeigt sich noch einmal von seiner dreckigen Seite! Starker Abgang! 

-94/100-

Nutzer der Rum Tasting Notes App finden diese Abfüllung auch hier:

Velier Heavy Trinidad Rum 19 YO Caroni 2000 - Basdeo "Dicky" Ramsarran

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Gesamt-Fazit: 

Zweimal Volltreffer und einmal Totalausfall! Ja, der Jahrgang 1996 war und ist der große Abwesende dieser vierten Employee Serie, das stand bereits im Vorfeld fest und kann man nicht verleugnen, aber das hat diese nicht daran gehindert trotzdem auch noch einmal mit je einem hervorragenden 1998er und 2000er aufzuwarten, wie wir das auch schon in der dritten Serie im Sommer gesehen haben! Und na klar, 1998 als auch 2000 sind keine 1996er, insofern muss ich da mit großer Begeisterung schon auch immer sehr vorsichtig sein und das ganze etwas ins Verhältnis setzen, aber ich hätte dennoch nicht gedacht, dass diese Vintages da am Ende nochmal so viele Körner zusammengekratzt bekommen und dazu im Stande sind eine so starke Performance hinzulegen! Gerade nachdem ich aus diesen beiden Jahrgängen auch ein bisschen was von dem Stoff von der Ceremony 2019 hatte, also die Fasssamples, bin ich da schon einigermaßen erstaunt, dass da teilweise solche Qualitäten noch möglich sind. Auf der anderen Seite stehen natürlich aber auch Rums wie der Brigade, die da schon wesentlich eher ins Bild dieser Verkostungen passen und tendenziell dem entsprechen, was ich da probieren konnte. Ein Rum, wie er meines Erachtens auch von Main hätte kommen und von jedem anderen x-beliebigen Abfüller hätte gebottlet werden können. Und auch wenn das jetzt despektierlich den anderen UA gegenüber klingt, so unterstreicht das doch in erster Linie den besonderen Status, den die von Velier abgefüllten, tropisch gereiften Caronis ansonsten genießen und den ihnen sicher auch niemand absprechen wollen würde. Und andererseits zeigt das aber natürlich auch, wie schmal selbst bei Velier inzwischen der Grat geworden ist auch mal daneben zu liegen. Hingegen finde ich es aber wiederum auch spannend und irgendwo konsequent zu sagen, dass man zwar zwei 1998er Caroni in einer Serie bringt, sich diese aber so deutlich voneinander unterscheiden, dass nicht der leiseste Verdacht von Willkür aufkommt. Und da ich auch schon von Leuten gehört habe, die den Brigade z.B. auch mochten, hat Velier dann am Ende des Tages vermutlich einmal mehr einfach alles richtig gemacht.

In diesem Sinne: bis demnächst!
Flo



Sonntag, 1. November 2020

Mai Tai mit RA Jamaica Rum JNY 2009 2nd Edition

Liebe Rum Gemeinde,

da viele von euch den neuen Jamaica Rum JNY 2009 2nd Edition von RA ja bereits schon probieren konnten, möchte nun auch ich meinen Senf noch dazu geben ;-) Genauer gesagt möchte ich das im Mai Tai tun, denn das wird für mich das Haupt-Anwendungsgebiet des Rums sein. 



Als Dominik Marwede mir vor einiger Zeit steckte, dass zum Jahresabschluss nochmal ein New Yarmouth 2009 kommen würde, da war ich überrascht und verzückt zugleich. Denn das Single Cask im Frühjahr war meines Erachtens ein echter Hammer und dementsprechend freute ich mich na klar auch auf die neue Version. Nun muss ich anmerken, genau wie ich das auch schon im Review zum Single Cask im März dargelegt hatte, dass es mich zu solchen Ester-Bomben immer weniger hinzieht was den puren Genuss anbelangt. Klar, das ist geil und das haut einen auch immer wieder aus den Latschen, wenn man da etwas neues in die Richtung probiert und mich fasziniert das jedes Mal wieder, aber dass die Rums danach noch häufig oder gar regelmäßig pur ihren Weg in mein Glas finden... das kann ich selten bestätigen. Im Mai Tai hingegen, meinem Lieblingsdrink, sind solche Rums für mich noch immer ungeschlagen! Hier fand schon das Single Cask seine Haupt-Anwendung und so wird es auch dem Second Edition ergehen. Als ich also meine Bestellung aufgab, war das Einsatzgebiet des Rums vorbestimmt! Und ja, tatsächlich stammt der Rum heute aus meiner privaten Bestellung und nicht aus einem Gratis-Sample von Dominik. Nicht, weil ich ihn nicht haben oder er ihn mir nicht geben wollte, sondern einfach, weil wir zuletzt viel über anderes sprachen und den NYE da glaube ich so ein wenig vergessen haben :D Aber nun findet er eben auf diesem Wege auf den Blog! :-) Da ich euch das Single Cask pur vorgestellt habe aber leider nie den Mai Tai dazu nachgeliefert habe dachte ich, dass mir das dieses Mal nicht passiert und reiche euch einfach gleich direkt den Mai Tai rein. 


Zum puren Genuss kann ich allerdings anmerken, dass er mir sehr gut, aber nicht ganz so gut gefiel wie das Single Cask. Sah ich ersteren noch bei 90 Punkten, würde ich die 2nd Edition eher bei 87-88 Punkten einordnen. Für den gebotenen Preis ist hingegen auch das noch immer ein Wahnsinn, lag eine Flasche doch gerade mal bei ca. 45,- Euro. Zweifelsohne ein ebenso geiler Rum und insgesamt verdammt nah dran, allerdings war mir hier der Fasseinfluss schon fast ein wenig zu doll. Da ist doch schon ein wenig mehr passiert als beim Single Cask, den ich in seiner Gesamterscheinung da einfach noch als ein wenig mehr auf den Punkt gebracht empfand. Wobei ich dazu sagen muss, dass mir das erst im unmittelbaren Vergleich auffiel. Ich habe ihn zuerst solo verkostet und dabei fiel es mir beim ersten Mal nicht wirklich auf. Im Mai Tai sollte man davon also dementsprechend wenig bis gar nichts merken und daher schauen wir uns eben auch den nun genauer an! 


Das Rezept meiner Wahl (nach Trader Vic):

  • 5,5 cl RA Jamaica Rum 10 YO New Yarmouth 2009 2nd Edition
  • 1,5 cl Ferrand Dry Curacao 
  • 1,0 cl Meneau Orgeat
  • 0,5 cl J.M. Zuckersirup
  • 3,1 cl Limettensaft (frisch gepresst!)



Mai Tai mit RA Jamaica Rum 10 YO New Yarmouth 2009 2nd Edition:

Farblich haben wir einen archetypischen Mai Tai mit kontinental gereiftem Jamaica Rum vor uns, so wie man ihn kennt. Sehr hell und farblich nur vom Curacao und vom dunklen Zuckersirup leicht angefärbt. Da ich mit genau solchen Rums im Mai Tai "sozialisiert" wurde, ist das für mich farblich tatsächlich auch mehr klassischer Mai Tai als solche, die mit dunkleren Rums gemixt werden.

Ui, schon beim ersten Schluck wird klar, dass es heute seeehr lecker wird! Richtig, richtig geil! Fruchtig, esterig, dabei aber auch mit deutlichem Fasseinfluss der hier sehr gut und passend dazu kommt, potent, explosiv und ohne, dass einen der Alkohol erschlägt! Einmal mehr zeigt sich, dass weniger bei solchen Rums mit derart hohem Alkoholgehalt dann im Drink auch oft mehr ist. Da ist dann einfach die Balance noch stimmiger. Klar, das geht auch mit 6 cl, habe ich ja auch lange genug selbst so gemixt und das ist dann eben noch extremer, aber mir gefällt es in dieser Form doch noch besser. Und der New Yarmouth, das muss ich mal so festhalten, steht mindestens in diesem Drink einem Hampden in nichts nach! Würde man mir diesen Mai Tai blind reichen, ich würde hier auch definitiv einen Hampden im Drink wähnen, keine Frage! Wobei ein klarer Unterschied dann doch in einem Punkt auffällt und äußerst positiv ins Gewicht fällt: die weiteren Zutaten aus Curacao, Orgeat, Zucker und Limettensaft kommen hervorragend zur Geltung, ohne, dass der Rum dabei auch nur irgendwie ins zweite Glied verbannt wird. Klar, das kann Hampden auch, allerdings nur selten so rund und balanciert. Sich zurück zu nehmen, ohne dabei an Dominanz einzubüßen ist nicht Hampdens Sache. Aber New Yarmouth hat hier eben dieses kleine bisschen weniger Omnipräsenz, was im Mai Tai dann sehr vorteilhaft ist. Alles wirkt wie aus einem Guss. Und schließlich: mag mir der Rum auch pur nicht ganz so gut gefallen haben wie das Single Cask, so bekommt er das im Mai Tai wirklich vollkommen verborgen. Hier spielt das keine Rolle! Der Mai Tai ist einfach nur mega! Total süffig, komplett entspannt! Vollgas!

Fazit: 

Große Klasse! Ein in jeder Hinsicht gelungener Drink mit einem starken Rum als Kopf dieses bereits seit Jahren vertrauten Ensembles an Zutaten, die einmal mehr eine überaus stimmige Komposition darbringen. Seit 2015 (damals waren es die The Rum Cask 1998 Bottlings) waren die beiden 2009er New Yarmouths die ersten Jamaica Rums auf diesem Niveau für um die (bzw. unter) 50,- Euro die einen derart hochklassigen Mai Tai ins Glas zaubern! Wer hätte gedacht, dass sowas fünf Jahre später noch einmal denkbar wäre. Insofern: ein wirklich großartiger Mai Tai mit einem einem tollen Rum für unglaublich schmales Geld! Mit gerade einmal ca. 45,- Euro zählen die beiden New Yarmouth 2009 Releases von RA definitiv zu den Preis-Leistungs-Knallern in 2020, so wie auch so viele andere RA Releases. Da haben Dominik und sein ebenso sympathisches Team wirklich Maßstäbe gesetzt in diesem Jahr und die Messlatte für das kommende Jahr verdammt hoch gelegt! Insofern: was für ein schöner und gelungener Ausklang dieses in jeder Hinsicht so besonderen Jahres 2020! Fast schon konsequent mutet es da nur an, dass auch dieser Rum, trotz der für RA Verhältnisse schon enorm hohen Auflage, bereits direkt mit Release mehr oder weniger ausverkauft war und es teilweise sogar bis nach Kanada geschafft hat. Irre! Daher noch einmal: vielen lieben Dank an euch alle dort in Bad Bevensen und meine Hochachtung für eure Arbeit! Es macht so wahnsinnig viel Spaß das zu verfolgen und zum Teil ja auch begleiten zu dürfen! Vielen, vielen Dank! 

Bis demnächst,
Flo