Sonntag, 29. September 2019

Velier FP Heavy Trinidad Rum 21 YO Caroni 1998 - Kevon "Slippery" Moreno

Liebe Rum Gemeinde,

seit bereits einiger Zeit ist die zweite Serie der Velier Caroni Employees auf dem Markt und dementsprechend möchte ich euch meine Eindrücke dazu nicht vorenthalten. Beginnen werde ich, wie schon bei der ersten Serie, beim 1998er. Dieser ist dem ehemaligen Caroni-Mitarbeiter Kevon "Slippery" Moreno gewidmet, dessen Portrait das Frontlabel ziert.



Im letzten Jahr hatte ich darüber noch nur spekuliert, inzwischen ist die Spekulation allerdings der Gewissheit gewichen: die Employee-Serie ist die letzte größere Velier Caroni-Serie überhaupt! Die regulären Releases erfahren mit dem "Tasting Gang" (38th Release) und dem "Last Caroni" (39th Release) gerade ihren Abschluss und werden danach auserzählt sein. Noch einmal 46 Fässer sind in diese beiden letzten großen Bottling geflossen, was den Stock nun auf deutlich unter 100 Fässer hat schrumpfen lassen. Denn in die Employee Serie, die aktuell zweite bereits mitgerechnet, sind bisher auch schon 20 Fässer gegangen, zehn waren es je Serie. Bedenkt man, dass, wenn ich richtig informiert bin, noch fünf Serien folgen werden und auch diese wohl jeweils ca. 10 Fässer ausmachen werden, komme ich auf am Ende insgesamt ca. 70 Fässer Employees und 46 Fässer 38th und 39th Release. Dazu kamen das Single Cask für Japan und ein verlorenes Fass 1994 auf dem Transport  aus der Karibik nach Europa. In einem Interview mit meinem Kollegen "Roger Caroni" berichtete Luca Gargano im letzten Jahr, dass Velier nur noch 142 Fässer Caroni Rum verfügte, bevor diese nach Europa in die Stahltanks kamen. Es bleiben somit nur noch ca.25 Fässer übrig, die vermutlich als Single Casks abgefüllt werden. Im Anschluss daran wiederum wird 100% tropisch gereifter Caroni dann ganz offiziell durch sein!




















Wie die erste Employee-Serie, so besteht auch die zweite aus Rums der beiden Jahrgänge 1996 und 1998, wobei ich heute mit dem 1998er beginnen werde. Dieses Bottling ist dem ehemaligen Caroni-Employee Kevon "Slippery" Moreno gewidmet, der, das erfahren wir auf dem Backlabel, insgesamt zehn Jahre bei Caroni gearbeitet hat. Leider erfahren wir ansonsten nichts weiter über ihn oder seinen Aufgabenbereich bei Caroni. Ob sein Portrait, auf einem Bürostuhl sitzend, auf einen Schreibtisch-Job hinweisen soll? Man weiß es nicht, aber ich wäre neugierig, es zu erfahren.
Was man im Gegensatz dazu aber weiß ist, dass diese Abfüllung aus 1.400 Flaschen besteht, für die insgesamt sechs Fässer 21 Jahre alter HTR 1998 des Trinidad Stocks miteinander vermählt wurden. Damit ist diese Abfüllung diejenige der Employees mit der bisher höchsten Auflage überhaupt. Der Alkoholgehalt liegt, wie schon bei seinem direkten Vorgänger, bei 69,5% vol. und der Angel's Share beträgt >85%. Das Sample  inklusive Leergut des Bottlings habe ich, genau wie im letzten Jahr, vom Kenneth aus Dänemark via Flaschenteilung erhalten. Mange Tak! :-) Dementsprechend werde ich jetzt zur Verkostung übergehen und dem Kevon zum Vergleich auch den Dennis "X" Gopaul aus dem letzten Jahr daneben stellen. Viel Spaß!




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Verkostung des Velier FP HTR 21 YO Caroni 1998 - Kevon "Slippery" Moreno:

Preis: zu Release lag bei die Flasche bei 380,- Euro. Und obwohl sie etwas länger verfügbar war, als das bei Velier Caroni Releases normalerweise der Fall ist, ist auch diese Abfüllung inzwischen nur noch in wenigen eher weniger bekannten Online- oder in Offline Shops zu bekommen, oder aber, zu leicht höheren Kursen, auf dem Secondary Market. 

Alter: von 1998 bis 2019 reifte der Rum 21 Jahre lang im Eichenfass.

Lagerung: die Fässer des Rums reiften von 1998 bis 2019 komplett auf Trinidad.

Fassnummern: unbekannt. Insgesamt wurden aber sechs Fässer zu 1.400 Flaschen abgefüllt.

Angel's Share: >85%

Alkoholstärke: der Rum weist noch einen Alkoholgehalt von 69,5% vol. auf - Full Proof!

Destillationsverfahren: unklar.

Mark: HTR

Farbe: dunkles Bernstein, Mahagoni. 

Viskosität: der Rum bildet an der Glaswand dünne, regelmäßige und eng aneinander verlaufende Schlieren, die träge und fett am Glas herab laufen.

Nase: huh, im ersten Augenblick kommt der Kevon deutlich alkoholischer und stechender daher als der Dennis. Beide werden allerdings Zeit zum Atmen brauchen, das zeigte sich beim Dennis ja vor knapp einem Jahr schon, zumal wenn im Blender's Glass verkostet wird. Nach ca. einer Stunde im Glas werden beide Rums dann allmählich zugänglicher. Im Vergleich macht sich das eine Jahr länger in den Fässern beim 21 jährigen Kevon allerdings erstmal wenig bemerkbar. Allerdings bleibt es dabei, dass die alkoholische Schärfe beim 21er deutlich präsenter ist. Die 69,5% vol. glaube ich ihm sofort! Erst nach 1,5 Stunden ca. hat sich das alles so weit im Glas beruhigt, dass ich meine Nase auch tiefer hineinhalten und die Rums wirklich und in vollem Umfang erfassen kann. Der Jahrgang 1998 ist klar zu erkennen. Das ist hier schon sehr dieses extrem dreckige, aber wenig süße und dafür sehr fleischige Caroni, das ich von anderen Rums dieses Jahrgangs kenne. Das fleischige ist dabei etwas stärker ausgeprägt als beim Dennis, während man eine schöne Süße nur ganz peripher und nach hinten heraus riecht. Sehr subtil. Dann findet man auch schwarze Johannisbeere und Holzlack. Ansonsten dominieren natürlich auch schöne Tannine vom Fass, die hier sehr zur Geltung kommen, aber immer ballanciert erscheinen. Der Rum, das ist wichtig, nein, sogar entscheidend, braucht unfassbar lange Zeit um zur Entfaltung zu kommen! Ich kann daher nur an euch alle appellieren, ihm diese einzuräumen. 

Gaumen: im ersten Schluck, inzwischen steht das Glas hier sicherlich schon zwei bis zweieinhalb Stunden, erscheint mir der Kevon direkt lecker, komplex und reichhaltig. Und vor allem: wie auch der Dennis punktet der Kevon mit einer tollen natürlichen Süße, die hier wirklich auch sehr ausgeprägt ist und lange anhält. Das ist insofern für mich immer wieder überraschend, da in der Nase so ungleich weniger davon rüber kommt. Kurios. Die alkoholische Schärfe dagegen hält sich für einen Rum mit diesem Alkoholgehalt wirklich in Grenzen, ist aber natürlich präsent, wenn auch nicht unangenehm. Bedenkt man, wie sperrig sich die Nase sehr lange gibt, ist auch das durchaus nicht zwingend erwartbar. Mit der Zeit wird der Rum am Gaumen immer cremiger und auch leckerer. Wo der Dennis sehr ins Würzige abdriftet, bleibt bei Kevon auch noch Süße erhalten, so dass das bis zum Ende sehr komplett und komplex bleibt. Schöne Caroni Noten kommen heraus, die Tannine und das Fass sind hervorragend eingewebt. Leckerer Rum! 

Abgang: Anis, nun bricht es so richtig heraus, und andere Gewürze, sowie frisch geschnittenes Geäst geleiten den Rum nach unten. Langanhaltend. Nun ist keinerlei Süße mehr da und der Rum geht ins trockene und bittere. Klasse!

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Fazit: der 21 YO Kevon Moreno ist nicht nur besser als sein Ruf, im Allgemeinen kam er ja nicht besonders gut weg, wenn man sich mal umgehört hat, sondern er ist auch grundsätzlich ein richtig guter Rum! Für mich ist er mindestens so gut wie der Dennis "X" Gopaul, wenn nicht sogar einen kleinen Ticken besser! Die haben auf jeden Fall beide viel für sich. Das Bashing, das dieser Rum teilweise erfahren hat, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen und tut dem Kevon in hohem Maße Unrecht! Ich gebe ja zu, als ich ihn in Berlin zum Rumfest erstmals probiert habe, war ich auch eher weniger begeistert, aber die Eindrücke auf so einer Messe sind ja auch nur bedingt brauchbar und wenn dieser Rum eines braucht, dann Zeit - ein kostbares gut, welches auf solchen Events leider nicht in diesem Maße für einzelne Spirituosen zur Verfügung steht. Daher noch einmal: gebt diesem Rum bitte Zeit! Er belohnt euch dafür!
Unabhängig von Zeit und Geschmack steht aber natürlich auch noch der Preis. Und da mag ich mich wiederholen, aber insbesondere für einen Caroni aus 1998 bin ich leider nicht bereit, diese Summen auf den Tisch zu legen. Nicht, weil sie schlecht sind, die auch heute wieder vergebenen Punkte sprechen für sich, aber weil ich jeden Euro nur einmal ausgeben kann und das noch bessere immer der Feind des guten und auch des sehr guten ist. Heißt im Klartext: bevor ich mir einen HTR aus 1998 für 380,- Euro kaufe, würde ich mir immer eher einen HTR aus z.B. 1996 für vergleichbares Geld kaufen. Sorry, Kevon! :-(  Nichts desto trotz habe ich diesen Rum wahnsinnig gern probiert und freue mich, noch einen Rest im Samplefläschchen für später irgendwann zu haben.

-91/100-

Nächste Woche geht es dann an dieser Stelle mit dem Employee aus 1996 weiter, der David "Sarge" Charran gewidmet ist.

Bis dahin,
Flo

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