Sonntag, 24. Februar 2019

Kintra Barbados Rum 18 YO Mount Gay 2000

Liebe Rum Gemeinde,

heute geht es in eine Destillerie, von der ich ehrlich gesagt nicht zwingend gedacht hätte, dass ich dorthin noch einmal für ein Review zurückkehren würde: es geht in die nach eigenen Angaben älteste noch aktive Destillerie der Welt, in die Mount Gay Destillerie von 1703 auf Barbados nämlich!



Ihr Lieben, was soll ich sagen?! Nein, Mount Gay gehört wirklich nicht zu meinen Favoriten in der Rum Welt. Auf Barbados ist sie zwar immerhin meine #2 (meine #1 ist die WIRD mit deren sog. "Rockley"-Style Rum), aber auch fast eher aus einem Mangel an wirklichen Alternativen heraus, als durch eigene Stärke bedingt. Die Last Wards aus der Nebenlinie Mount Gilboa, die Velier abgefüllt hat, waren sehr solide und wussten durchaus auch zu überzeugen, aber sowohl der Mount Gay XO in Fassstärke aus 2016, als auch die unabhängig abgefüllten Mount Gay aus 2000 konnten mich bislang alle nie richtig überzeugen. Es gab da ja einige, ein 8 YO von Cadenhead, ein 12 YO von Duncan Taylor oder ein 12 YO und ein 16 YO von Isla Del Ron fallen mir zuvorderst ein, aber da war keiner dabei, von dem ich eine ganze Flasche gebraucht hätte. Vor allen Dingen empfand ich sie alle durchgehend als sehr scharf, der Alkohol war bei keiner der Abfüllungen in meinen Augen besonders gut eingebunden, was dem Genuss meiner Meinung nach grundsätzlich dann sehr im Wege steht. Das waren mehr oder weniger zusammengefasst die Gründe, weswegen ich mit Mount Gay eigentlich schon so gut wie abgeschlossen hatte. Und doch reizte mich irgendetwas, als Kintra vor einigen Wochen einen neuen Mount Gay ankündigten, nochmal zu probieren. 18 Jahre alt sollte er immerhin sein inzwischen und der Preis ging auch in Ordnung. So bestellte ich bei Freddy also ein Sample mit und wurde doch stark überrascht. Doch dazu mehr in der Verkostung.

Leider setzte sich bei dieser Mount Gay Abfüllung aber auch ein Trend fort, den ich eigentlich gar nicht so nennen mag, da der Begriff für mich positiv konnotiert ist, ganz im Gegensatz zur Entwicklung, die dieser gerade umschreiben sollte. Denn der Name "Mount Gay" durfte nicht auf dem Label der Abfüllung auftauchen, weswegen das Bottling ganz offiziell "Confidential Cask #36 Bunghole Delight Barbados Oldest" heißt. Das ist letzten Endes natürlich eine eindeutige Umschreibung für Mount Gay und Kintra macht auch kein Geheimnis daraus, dass es sich um einen Mount Gay Rum handelt, aber mich stört die Entwicklung, dass mehr und mehr versucht wird, die Namen der Destillerien von den Labeln der unabhängigen Abfüller zu tilgen. Immerhin, das muss ich hier ohne Widerworte anerkennen und mache das auch gerne, gehört Mount Gay zu den ganz, ganz wenigen Destillerien, die die unabhängigen Abfüller nie gebraucht haben um zu ihrem Ruhm zu gelangen, das haben sie ganz alleine geschafft. Insofern kann und möchte ich hier nicht mit meinem Hauptkritikpunkt ansetzen, wie ich es normalerweise tue, aber die grundsätzliche Entwicklung dahin kann mir als Connaisseur, der wissen möchte, woher mein Rum stammt, nicht gut finden. Transparenz bedeutet, zu wissen wo mein Rum gelagert wurde, nicht, mir zu verheimlichen wo er gebrannt wurde!





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Verkostung des Kintra 18 YO Mount Gay 2000:

Preis: während die Preise für unabhängig abgefüllte Mount Gay Rums vor einigen Jahren noch eher über jenen von anderen Destillerien lagen, so hat sich das inzwischen deutlich relativiert. Klar ziehen auch hier die Preise an, aber mit den 90,- bis 100,- Euro, die für eine 0,7 Liter Flasche aufgerufen werden, liegt der Rum, gemessen an Alter und Alkoholgehalt, doch noch eher im preislichen Durchschnitt. Da sind andere Destillerien inzwischen vorbeigezogen.

Alter: der Rum reifte von Juni 2000 an bis zum 26. November 2018 im Fass und ist somit fast 18,5 Jahre alt.

Lagerung: unbekannt. Da jedoch auch schon junge Rums aus dem 2000er Batch von Mount Gay teilweise sehr dunkel waren, ich erinnere bloß an den 8 YO von Cadenhead, kann eine Teilreifung in den Tropen nicht ausgeschlossen werden. Ansonsten gehe ich aber von kontinentaler Reife ab spätestens 2008 aus, als die ersten unabhängigen Abfüllungen auf den Markt kamen.

Fassnummer: das Fass #36 ergab genau 132 Flaschen. Somit dürfte es sich hierbei entweder sogar um eine Single Cask Abfüllung im eigentlichen und ursprünglichen Sinne handeln, oder aber, was ich glatt vermuten würde, es ist die Hälfte eines Split-Casks mit The Rum Mercenary, die zeitgleich einen Mount Gay mit gleichen Parametern auf den Markt gebracht haben. 

Angel's Share: unbekannt. Anhand der üblichen Berechnungsgrundlage von 1-2% im Jahr, dürfte er aber zwischen 15 und 25% liegen. 

Alkoholstärke: der Rum kommt mit 55,6% vol. daher. Ob das die Fassstärke ist, weiß man bei Kintra nie so genau, aber anhand anderer Mount Gay Abfüllungen ist das nicht unwahrscheinlich. 

Destillationsverfahren: der Rum wurde zu 100% mit einer Pot Still gebrannt. 

Mark: unbekannt. Die Main Rum Company hat gemeinhin das hauseigene Mark BMMG (Barbados Main Mount Gay) verwendet. 

Farbe: schönes, dunkels Stroh, ins bräunliche gehend. Ein Hauch von Tropical Aging liegt in der Luft. 

Viskosität: es bilden sich in engen Abständen kleine Tröpfchen oben am Glas, die dann langsam, sich zu Schlieren entwickelnd, eng aneinander liegend und fast synchron die Glaswand herunterlaufen.

Nase: Große Freude! Der Rum macht fast aus dem Stand in der Nase auf und gibt bereits nach 15 bis 20 Minuten einen schönen, nur wenig bis gar nicht stechenden Mount Gay preis. Ohne große Schnörkel, langes Warten oder ähnliches habe ich also einen wirklich gut riechenden und perfekt ausballancierten Barbadier im Glas, der richtig Lust auf mehr macht! Leute, nochmal, ich bin echt kein Fan von Mount Gay, wirklich nicht, ihr wisst das inzwischen, aber ich komme hier absolut ins Schwärmen!
Insgesamt fehlt es der Nase ganz bestimmt etwas an Komplexität, aber das Bouquet gefällt mir dennoch einfach sehr, auch in seiner Entwicklung. Ich habe zunächst Mandeln und Zimt, dazu Salzkaramell. Später sehr präsent dann süße Pfirsiche und Toffee, Leder, Menthol und eine würzige Kombination aus Anis, Zimt und anderen Gewürzen. Fast ist es, als sei mir das Gewürzregal von der Wand auf den Boden gefallen und all diese Gerüche breiten sich nun im ganzen Haus aus. Dazu kommt dann ein schöner Einfluss der Eiche, der diesen Rum vermutlich auf den Punkt getroffen hat. Wirklich hervorragend, ein exzellentes Fass!

Gaumen: am Gaumen kommt der Mount Gay direkt angenehm cremig, kaum alkoholisch und mit einer feinen natürlichen Süße. Die Fassstärke, so sie es denn ist, ist hier auf jeden Fall auch gleichzusetzen mit einer angenehmen Trinkstärke. Komplett smooth, total entspanntes Easy Sippin', ich mag das! Darüber hinaus kann der Rum auch problemlos in größeren Schlücken getrunken werden, ohne, dass er unangenehm zu brennen beginnt. Klasse! Der Mount Gay kommt durchaus stiltypisch und intensiv daher, wird aber an keiner Stelle brachial. Eine deutliche Würze mit Anis und Nelke im Vordergrund kommt mir entgegen.  Daneben habe ich süßes Weihnachtsgebäck und Marzipan, nasses Gras und trockenes Holz. Insgesamt wird deutlich, dass Komplexität nicht die ganz große Stärke dieses Rums ist, verglichen mit absoluten High End Rums, aber das Fass hat hier schon sehr intensiv gewirkt und gut mit dem Rum interagiert. Dazu ist der Rum komplett ausgeglichen, Trockenheit und Süße wechseln sich immer wieder gegenseitig ab, und einfach lecker! 

Abgang: leicht adstringierend. Herbes Anis und frisches Geäst verweilen angenehm lange am Gaumen. Trocken werdend. Eichenholz. Klasse!

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Fazit: manchmal sind die unerwartetsten Volltreffer fast die schönsten! Meine 10 cl bestellte ich aus einer Intuition heraus und fast noch mehr aus Gruppenzwang innerhalb unserer kleinen Community, erwartete aber eigentlich nicht viel. Bekommen habe ich dann aber einen unglaublich leckeren Barbadier, der mich in der Nase, am Gaumen als auch im Nachgang überzeugen konnte. Kurz: für mich ist das der mit Abstand beste Mount Gay überhaupt bisher, weit vor den oft so hoch eingeschätzten Abfüllungen von Isla del Ron oder Duncan Taylor, denen diese Ausgeglichenheit und Ballance in meinen Augen leider vollkommen abgingen!
Bei allen bis zu diesem Punkt so begeisterten Tönen möchte ich aber auch deutlich machen, dass das schon auch im Zusammenhang zu meinen bisherigen (eher weniger positiven) Erfahrungen mit Mount Gay zu betrachten ist und es daher natürlich auch nicht übertreiben mit meinem Lob für diesen schönen Rum. Denn so lecker der Tropfen am Ende zwar ist, so kann man ihn nun, rein was die gestellten Ansprüche betrifft, auch nicht in die erste Garde an tropisch gereiften Caroni oder lange gereiften Hampden, Long Pond oder Rockley-Style Rums z.B. einordnen. Dazu fehlt es ihm dann doch noch ein Stück weit z.B. an Komplexität. Das soll nicht bedeuten, dass ich den Mount Gay nicht an vielen Tagen den eben genannten vielleicht sogar vorziehen würde (meine 10 cl vom Sample sind bereits fast leer!), eben weil der Rum so herrlich unangestrengt zu trinken ist, aber das steht wieder auf einem anderen Papier. Zu guter Letzt möchte ich dem Freddy einmal mehr danken, dafür, dass er die Teilung organisiert und mir anschließend auch noch eine ganze Flasche besorgt hat. Vielen Dank dir!

-89/100-

Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 17. Februar 2019

Bristol Classic Trinidad Rum 1974 Caroni 34 YO

Liebe Rum Gemeinde,

auf den heutigen Rum habe ich mich schon lange gefreut, denn ich stelle euch mit dem Bristol Caroni 1974 das Gegenstück zum Velier Caroni von 1974 vor, dem wiederum besten Caroni, den ich für mich persönlich bis dato im Glas hatte!



Was vielen hingegen wohl über Jahre nicht unbedingt bewusst war ist, dass nicht nur die Stocks von Velier, sondern dass auch jene von Bristol Spirits Ltd. aus den Trinidad Auktionen stammen, auf denen damals die Fässer mit Caroni Rum versteigert wurden. Hier schlug also nicht nur Luca Gargano zu, sondern auch John Barrett erwarb damals erhebliche Anteile aus den alten Beständen der Brennerei. Anders als Velier, das seine Anteile an den Caroni Stocks weiter in den Tropen lagerte, zunächst weiter in Trinidad, ab 2008 dann zum Teil auch bei DDL in Guyana, holte Bristol seine Fässer unmittelbar nachdem es sie erworben hatte nach Europa und lagerte sie in seinen kühlen Kellern in England ein. Einen Teil der Rums, darunter der heutige 34 YO aus 1974, aber auch ein 19 YO aus 1989, ein 10 YO aus 1998 und ein 12 YO aus 1996 füllte Bristol direkt im Jahr 2008 noch ab, so dass diese Abfüllungen eine ebenso hundertprozentige tropische Reifung erfahren haben wie die Veliers. Anders als jene von Velier wurden diese Rums von Bristol allerdings sämtlichst herunter verdünnt, so dass hier aus meiner Sicht leider viel Potenzial verschenkt wurde. Einige seiner Rums verkaufte Bristol in den kommenden Jahren an andere unabhängige Abfüller, darunter zwei Fässer Caroni aus 1996 im Jahr 2009. Für diese kann also z.B. ebenso eine nahezu komplett tropische Reifung angenommen werden. Die tropisch gereiften Caroni waren also nicht per se ein Alleinstellungsmerkmal Veliers. Dieses bestand lediglich darin, dass sie das in großem Stil getan haben und darin, dass sie als einzige auch nach 2008 noch vollständig dort gereifte Caronis anbieten konnten.
Für den heute verkosteten Bristol Classic Rum 34 YO Caroni 1974 bedeutet das somit vor allem, dass seine Geschichte also auch einmal mehr eine Geschichte von verpassten Chancen und Gelegenheiten darstellt. Denn wie zuvor schon bei einigen anderen Caroni, so erinnere ich mich auch beim Bristol Caroni 1974 nur zu gut noch daran, wie ewig auch er wie Blei in den Regalen lag, ohne, dass sich jemand nennenswert dafür interessiert hätte. Der Preis war zu dieser Zeit mit über 150,- Euro noch eher abschreckend, zumal für einen Rum mit 46% vol.. Für einen 34 Jahre lang tropisch gereiften Caroni hingegen war der Preis, aus heutiger Sicht, mehr als fair und heute würde ihn dafür wohl nahezu jeder ohne zu überlegen kaufen, denn er wird inzwischen für 400,- Euro und mehr gehandelt. Damals allerdings waren den allermeisten Connaisseuren die Umstände um die Rums aus Caroni noch vollkommen unbekannt, was den stark verspäteten Boom letztlich auch erklärt.





Verkostung des Bristol Classic Rum 1974 Caroni 34 YO:

Preis: der ursprüngliche Ausgabepreis lag mal bei 160,- bis 180,- Euro, wenn ich mich richtig erinnere. Heute kostet der Rum ca. 400,- bis 500,- Euro und mehr. 

Alter: der Rum lag von 1974 bis ins Jahr 2008 im Fass und ist somit volle 34 Jahre alt.

Lagerung: Bristol hat, genau wie Velier, zu Anfang des Jahrtausends Trinidad Stocks von Caroni in größerem Stil erworben. Diese lagen also bis 2008 ca. auf Trinidad. Da der 74er zu dieser Zeit abgefüllt wurde bedeutet dies, dass er komplett tropisch gelagert wurde.

Fassnummern: unbekannt. Laut Cyril ließ John Barrett verlautbaren, dass die Abfüllung aus vier Fässern bestand. Insgesamt 1500 Flaschen wurden abgefüllt. 

Angel's Share: keine Angaben, er muss aber sehr, sehr hoch gewesen sein. Selbst nach 20 tropischen Reifejahren liegt er schon bei ca. 80-85%. 

Alkoholstärke: der Rum wurde auf Trinkstärke verdünnt - 46% vol. 

Destillationsverfahren: unbekannt.

Mark: HTR

Farbe: ein schöner, dunkler Kupferton zeugt, trotz der erfolgten Verdünnung, von seiner langen, tropischen Reifung. 

Viskosität: enge, gleichmäßige Schlieren fließen eher zügig an der Glaswand herab. Hier wird die Verdünnung noch sichtbarer als in seiner Farbe.

Nase: gigantisch! Die Verdünnung sorgt dafür, dass dieser Rum auch kurz nach dem Einschenken schon wahnsinnig viel hergibt, ohne, dass er durch die Verdünnung in irgendeiner Weise geschwächt wirkt. Die Verwandtschaft zum Velier Caroni 1974 ist klar und deutlich zu erkennen. Wie auch schon sein Bruder in Full Proof, so kommt auch dieser 74er unglaublich tief, voll, schwer, komplex und vielschichtig daher. Auch er benötgt sehr, sehr viel Zeit, wenn auch nicht unbedingt um zu atmen, sondern einfach um das alles zu erfassen, was mir hier im Glas geboten wird. Und diese Zeit möchte man sich bei diesem Rum auch widerstandslos nehmen!
Das reichhaltige Bouquet wartet mit sowohl dreckigen Komponenten von Holzlack, Teer, Fahrradschlauch, Petroleum, Phenolen und Nagellackentferner, als auch mit süßen Anklängen von Orangenzesten, Rosinen, Trauben oder kandierter Banane auf, die sich mit den Einflüssen vom Fass, zu vorderst seien hier unaufdringliche Tannine, Cashewkerne, Bourbon Vanille und Nelken genannt, zu einem stimmigen Gesamteindruck zusammensetzen. Und nach hinten heraus kommt da auch noch eine Rauchnote. Allerdings nicht, wie beim Velier, vom Bacon, sondern hier erinnert das eher an ein Lagerfeuer. Wunderbar! Auch dieser Rum ist nach 34 Jahren kein bisschen overaged! 

Gaumen: der erste Eindruck gehört der erfolgten Verdünnung, denn diese macht sich unzweifelhaft beim ersten Schluck bemerkbar. Der Rum ist leider schon sehr dünn geraten und jeder weitere Tropfen Wasser würde ihn ganz sicher versenken. Hier konnte im Vergleich dazu der Velier natürlich enorm punkten. Der zweite Eindruck gehört einer süßen Komponente, die mich nun begrüßt, sowie einem leichten Kribbeln auf der Zunge. Echte alkoholische Schärfe besitzt dieser Rum aber nicht. Was dann folgt, mag ich eigentlich nur noch als Caroni-Essenz bezeichnen, denn da kommt einfach alles, was ich mir unter einem Caroni vorstelle und von einem guten Caroni auch erwarte: Verbranntes Gummi, Teer, Phenole, Holzlack, Petroleum, etwas Mango, reichlich Tannine und Holztöne verschiedener Art, Nelke und so viel mehr. Ich habe niemals das Gefühl, dass der Rum zu irgendeinem Zeitpunkt mal einen Punkt macht. Es geht einfach immer weiter...

Abgang: ... und ist der Rum dann erstmal heruntergeschluckt, geht die ganze Party einfach nur von unten her weiter und die Eindrücke vom Gaumen hallen scheinbar ewig nach. Nach hinten heraus wird er dann auch sehr dunkel und zeigt sein hohes Alter. Aber auch hier habe ich nie das Gefühl, eine auch nur ansatzweise verholzte Spirituose vor mir zu haben. Unglaublich beeindruckend!

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Fazit: den Velier Caroni 1974 habe ich nahezu gänzlich für sich selbst sprechen lassen und auch der heutige 74er von Bristol hat das denke ich über weite Strecken getan. Nein, der Rum reicht für mich nicht ganz an den Velier heran, dazu ist einfach zu viel Wasser eingesetzt worden, aber er ist mit momentan ca. 400,- bis 500,- Euro DIE Alternative für all jene, die auf den 74er Caroni Style stehen, aber keine 2000,- Euro und mehr für eine Flasche vom 74er Velier ausgeben können oder möchten! Natürlich ist auch das noch unglaublich viel Geld, aber wir reden hier auch andererseits über einen 34 Jahre lang tropisch gereiften Caroni! Und bedenkt man die momentane Preisentwicklung bei dieser Destillerie, so könnte ich mir gut vorstellen, dass man es in nochmal ein bis zwei Jahren durchaus bereuen könnte, nicht doch jetzt noch zugeschlagen zu haben, wenn man auf den 74er Style steht und das nötige Kleingeld besitzt.

-95/100-

Bis demnächst,
Flo

Donnerstag, 14. Februar 2019

New Rare Demeraras: Albion 2004 & Skeldon 2000

Liebe Rum Gemeinde,

ja, auf diese Rums hat glaube ich nahezu die gesamte Rum Welt gewartet! DDL hat im Rahmen seiner El Dorado Rare Collection jeweils einen Rum der Stile Albion und Skeldon abgefüllt, die wohl in den letzten Jahren zu den gesuchtesten Stilen des Demerara Rums überhaupt zählten. Ich bin gespannt!






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Albion:

Wenn wir über Albion sprechen, dann komme ich zwangsläufig zunächst einmal auf die Frage, was ich euch dazu überhaupt noch erzählen kann, was ihr noch nicht bereits irgendwo gehört habt. Marco Freyer hat sich auf seinem Blog intensiv mit Demerara Rum im Allgemeinen auseinander gesetzt und diesen beleuchtet und auch ich habe ich sogar neulich erst ein wenig über diesen alten Stil von Albion erzählt, als ich euch den 1986er von Velier vorgestellt habe. Da es dabei aber vornehmlich um das Mark AW ging, werde ich nun gleich noch ein paar Worte über das Mark AN verlieren, aber ihr werdet merken, dass sich die Informationen grundsätzlich sehr ähneln.

Zur Erinnerung: wenn wir heute über Albion sprechen, dann geht es dabei nicht vorwiegend um die guyanische Brennerei, die von 1802/1803 bis 1968 bestand und die damit also bereits seit 50 Jahren schon keinen Rum mehr produziert, sondern vielmehr um deren mutmaßlichen damaligen Rumstil. Dieser, bezeichnet mit dem Mark AN, hat nämlich bis heute überlebt und wird nach wie vor produziert. Zunächst geschah das von 1968 bis 1994 in der Enmore Distillery und mit deren Wooden Coffey Still aus dem Jahr 1880. Dafür, dass möglicherweise auch mit der alten Still aus Albion gebrannt wurde, gibt es keinerlei Hinweise, weswegen davon nicht ausgegangen werden kann. Als Enmore geschlossen wurde, ging diese Wooden Coffey Still zu Uitvlugt, die wiederum im Jahr 1999 die Lichter ausmachte. Ob in dieser Zeit, von 1994 bis 1999, ebenfalls das Mark AN produziert wurde weiß ich nicht, aber die Möglichkeit hat in jedem Fall bestanden. Von Uitvlugt gelangte die Wooden Coffey Still dann zu Diamond, die nun mehr letzte verbliebene Destillerie in Guyana, wo mit ihr weiterhin destilliert wurde und noch immer wird. Das betrifft möglicherweise auch nach wie vor das Mark AN, denn die Abfüllung um die es heute geht stammt aus dem Jahr 2004 und somit eindeutig aus der Zeit in Diamond. Ob das Mark AN allerdings noch immer mit der Wooden Coffey Still gebrannt wird oder ob das über die Metal Coffey Still von Blairs passiert ist hingegen nicht ganz klar.

Und wer nun schon seit einigen Zeilen verwirrt sein sollte, weil er die Wooden Coffey Still aus Enmore fest mit dem Mark EHP in Zusammenhang bringt und nun glaubt, er habe sich geirrt, den kann ich beruhigen, denn beides schließt sich nicht aus. Doch eins nach dem anderen. Es gab in den letzten ca. 50 Jahren insgesamt nur noch eine Handvoll Brennapparate in Guyana, mit denen dort nachweislich gearbeitet wurde und noch immer gearbeitet wird. Diese sind folgende:

  • Wooden Coffey Still aus Enmore (ursprüngliches Mark: EHP)
  • Single Wooden Pot Still aus Versailles (VSG)
  • Double Wooden Pot Still aus Port Mourant (PM)
  • French Savalle Column Stills aus Uitvlugt (ICBU)
  • Blairs Metal Coffey Still aus Diamond (unklar, möglicherweise SVW)


Mit diesen fünf Brennapparaten lassen sich aber nicht nur die dazugehörigen ursprünglichen fünf Marks herstellen, sondern auch noch einige Marks mehr. Das Mark AN, jenes aus Albion, um das es heute geht, stammte in der Vergangenheit eben aus der Enmore Coffey Still, bzw. kann von dieser erzeugt werden. Das Mark <B> ist das ursprüngliche Mark von Blairmont und wurde später von den French Savalle Stills von Uitvlugt produziert. Das Mark SWR ist jenes von Skeldon und wurde wiederum mit einer Coffey Still von Diamond gebrannt. Dieses wird uns in wenigen Minuten noch weiter beschäftigen. Und schließlich gibt es da noch den Stil von La Bonne Intention (LBI), von dem aber unklar ist, mit welchem der Brennapparate er hergestellt wird.

Doch sehen wir uns nun endlich den Albion an...




Verkostung des El Dorado 14 YO Albion 2004:

Preis: der günstigste Preis, den ich für den Albion gefunden habe, lag um ca. 200,- Euro herum. Das war, im Vergleich zu den vielfach aufgerufenen 250,- Euro und mehr, sehr fair.

Alter: der Rum ist 14 Jahre alt und reifte von 2004 bis 2018 im Fass.

Lagerung: die Reifung fand von 2004 bis 2018 bei DDL in Guyana statt.

Fassnummern: unbekannt. Auch die genaue Auflage entzieht sich leider meiner Kenntnis. 

Angel's Share: unbekannt. Er wird aber, gemessen an den angenommenen 10-12% pro Jahr in den Tropen, bei ca. 75% insgesamt gelegen haben. 

Alkoholstärke: Full Proof - der Rum hat eine Fassstärke von 60,1% vol.

Destillationsverfahren: der Albion entstammt einer der Coffey Stills von Diamond. Ob es jene von Enmore ist, die Diamond von Uitvlugt übernahm, oder die Blairs Metal Coffey Still von Diamond selbst ist nicht ganz klar.

Mark: AN - das ursprüngliche Mark von Albion. 

Farbe: Mahagoni, Kastanie. 

Viskosität: weite, unregelmäßige Schlieren fließen träge und peu a peu an der Glaswand herunter.

Nase: Wow! Ich habe dem Rum lange Zeit im Glas gegeben, ca. zwei Stunden werden es insgesamt gewesen sein, und das hat sich auch gelohnt! Mich erwartet ein tiefes, volles Bouquet. Das Mark AN lässt sich erahnen, wenn man die alten Rums kennt. Sowohl den Jahrgang 1983 als auch den Jahrgang 1994 finde ich hier eindeutig wieder, wenn auch in jüngerer Form und auch mit ein wenig mehr Power, zumindest was den 1983er betrifft. An Assoziationen finde ich eine salzig-fleischige Note, die irgendwie dreckig daher kommt, viel Nelke, etwas Jod, etwas unreife Banane und immer wieder Nelke und Milchcreme-Schokolade. Dazu kommt auch ein ordentlicher Holz-Einschlag vom Fass. Das waren 14 durchaus intensive Jahre der Reifung! Im Hintergrund nehme ich ganz leichte florale-parfümierte Anklänge wahr. Ich fühle mich insgesamt auch leicht an Caronis aus dem Januar 1998 Batch erinnert, aber in etwas besserer Form.

Gaumen: der Rum, das gefällt mir, kann auch in größeren Schlücken getrunken werden, der Alkohol ist sehr gut eingebunden! Auch die Viskosität mag ich. Der Rum ist angenehm cremig und dann adstringierend. Ich habe im ersten Eindruck einen Anflug von trockenem, behandelten Holzfußboden, allerdings nicht in einer süßen Variation, wie bei einigen Caroni z.B., sondern in einer Weise, die mich eher an Foursquare Rums erinnert. Diese kombiniert sich dann mit etwas medizinischem und Orangenzesten und bestimmt den Gesamteindruck des Rums am Gaumen. Für einen kurzen Moment  und trotz dessen, dass er insgesamt wirklich trocken daher kommt, frage ich mich, ob der Rum leicht gesüßt wurde, allerdings ich gehe nicht davon aus. Leider trifft dieser Albion meinen Geschmack am Ende nur äußerst bedingt. Mein Fall ist er nicht. Schade, da hatte ich nach der Nase etwas mehr erwartet.

Abgang: sehr trocken. Ich habe trockenes Holz und frisches Geäst. Noch immer zieht es mir dabei den Mund zusammen.

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Fazit: ohne große Umschweife kann ich festhalten, dass ich mehr erwartet hatte. Ich liebe die Albions aus 1983 und 1986 und ich hatte gehofft, auch diesen hier lieben zu können, doch da fehlen mir einfach die Reife und die genialen Momente. Versteht mich nicht falsch, der Rum hat mit 14 Jahren in den Tropen bereits wirklich viel Holz gesehen, aber die 25 Jahre, die die alten Vintages reiften, sind da eben nochmal eine andere Ansage. Wenn ich jetzt böse wäre, so würde ich glatt vermuten, dass dieses Bottling vielleicht offen legt, dass die Genialität der alten Velier-Abfüllungen eher darin bestand, durch hervorragende Fassreife einen eigentlich eher schwachen Grundcharakter zu kaschieren, aber dafür hätte man wohl die alten Albions mal in dem Alter testen müssen, um darüber Auskunft zu erhalten. Eventuell sind diese ja aber auch noch etwas anders gebrannt worden (wenn wirklich die Still zur Produktion gewechselt wurde). Nichts desto trotz fand ich es bezeichnend, Elemente von Foursquare gefunden zu haben und ansonsten aber wenig, was ich als interessanten Brennereicharakter hätte ausmachen können. Schade! Die Nase rettet ihn in die 80+ Range, aber kaufen würde ich eine volle Flasche, auch zu einem Kurs von ca. 200,- Euro, nicht.

-87/100-


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Skeldon:

Und wo ich euch zu Albion noch einiges erzählen konnte, wird es da bei unserem zweiten Rum heute schon schwerer, denn in Bezug auf Skeldon und das Mark SWR bin ich noch Jungfrau.😄Ich habe zwischen 2011 und 2014 nahezu alle großen Demerara Rums von Velier im Glas gehabt und jeden der Stile zumindest einmal probiert - außer Skeldon! Da gab es von Velier einen aus dem Jahr 1973 und einen aus 1978, aber beide habe ich nie probiert. Damals lagen meine Interessen einfach anders und heute wäre mir das schlicht zu teuer. So wird der Skeldon 2000 von DDL also auch mein erster überhaupt und ich denke, da wird es, eben angesichts der Preise, auch vielen von euch Lesern so gehen. 
Was die Destillerie Skeldon betrifft, so kann ich auch hier nur auf den oben verlinkten Artikel von Marco verweisen, werde mich aber daran versuchen, euch die wesentlichen Informationen kurz zusammenzufassen. Grundsätzlich gibt es zwischen den beiden heute besprochenen Stilen viele Gemeinsamkeiten. Genau wie Albion ist Skeldon eine ehemalige Destillerie in Guyana, die es so heute nicht mehr gibt. Es gab sie von frühestens 1802 und spätestens vom Jahr 1834 an, bis sie im Jahr 1960 geschlossen wurde. Somit gibt es sie sogar fast noch ein Jahrzehnt länger schon nicht mehr als Albion. Doch auch der Stil von Skeldon, intern durch das ursprüngliche Mark der Destillerie, SWR, gekennzeichnet, wurde über die Jahrzehnte bewahrt und von anderen Destillerien weiterproduziert. Zunächst scheint das in Uitvlugt geschehen zu sein, wenn ich Marco da richtig verstanden habe, und dann spätestens ab dem Jahr 2000 in Diamond. Allerdings erschließt sich mir dann nicht ganz, warum bei den alten Velier (aus 1973 und 1978) eine Coffey Still angegeben wurde, die schon damals in Diamond gestanden haben müsste (auch die alten Diamonds wurden mit ihr gebrannt), wo es in Uitvlugt eine solche Still aber meines Wissens nach nicht gegeben hat. Somit vermute ich, wurde das Erbe Skeldons schon weit vor der Schließung Uitvlugts in Diamond bewahrt und das Mark SWR von der Diamond Coffey Still von Blairs hergestellt. Eine der ursprünglichen Brennanlagen von Skeldon hat es hingegen, wie bei Albion, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nicht bis in die Neuzeit geschafft. 

Und das soll es dann auch bis hier hin mit der Theorie gewesen sein, nun wollen wir uns den Rum ansehen! 




Verkostung des El Dorado 18 YO Skeldon 2000:

Preis: ca. 230,- Euro war der günstigste Preis für den Skeldon, den ich in den Niederlanden gefunden habe, während der reguläre Ausgabepreis aber eher bei 290,- Euro zu liegen scheint. Letzteren Preis empfinde ich hier schon als äußerst opulent. 

Alter: der Rum ist 18 Jahre alt und reifte von 2000 bis 2018 im Fass.

Lagerung: die Reifung fand von 2000 bis 2018 bei DDL in Guyana statt.

Fassnummern: unbekannt. Die genaue Auflage entzieht sich leider auch bei dieser Abfüllung meiner Kenntnis. 

Angel's Share: unbekannt. Gemessen an den angenommenen bis zu 10-12% pro Jahr in den Tropen, könnte er aber bei über 85% insgesamt gelegen haben. 

Alkoholstärke: Full Proof - der Rum kommt mit der Fassstärke von 58,3% vol. daher.

Destillationsverfahren: der Rum wurde mit der Blairs Metal Coffey Still von Diamond gebrannt.

Mark: SWR - das ursprüngliche Mark von Skeldon. 

Farbe: tiefes, dunkles Mahagoni. Noch dunkler, als der Albion. 

Viskosität: fette, satte und unregelmäßige Schlieren fließen langsam, zäh und träge an der Glaswand herunter.

Nase: auch nach mehr als zwei Stunden im Glas noch, gibt sich die Nase verschlossen und hoch konzentriert. Die Zeit braucht er, im Blender's Ballon Glas zumindest, auch unbedingt! Zwar hat sich die alkoholische Schärfe längst verzogen, aber der Rum versucht seine Geheimnisse lange zu bewahren. Die weiteren vier Jahre der Reife merkt man ihm, im Vergleich zum Albion, an. Der Skeldon wirkt alt und gesetzt. Es fällt mir, als jemandem der die alten Skeldons nicht kennt, schwer mir vorzustellen, wie das ganze wohl mit nochmal einem Jahrzehnt Reife mehr aussieht. Die dunkle Farbe überträgt sich bis in die Nase. Eine leicht salzig-fleischige Note habe ich auch hier. Eine kräftige Demerara-Würze rieche ich und Jod ist ebenfalls wieder präsent. Überhaupt zeigen sich die Assoziationen recht ähnlich zum Albion, wobei mir der Gesamteindruck hier etwas besser gefällt. Der Fasseinfluss ist beträchtlich, aber nicht zu extrem, und gerade die Velier Demeraras haben ja, zumindest bei anderen Stilen kann ich das bestätigen, immer wieder gezeigt, dass da auch noch ein paar Jahre mehr gehen. Zumal ich persönlich solche lange und dunkel gereifte Rums durchaus auch sehr gerne mag, sofern mir der Grundcharakter zusagt. Das ist hier in der Nase der Fall.

Gaumen: auch der Skeldon ist sofort angenehm zu trinken und schreckt nicht durch alkoholische Schärfe ab. Cremige Viskosität, ins adstringierende gehend. Am Gaumen habe ich dann Eindrücke von Orangenzeste, wieder in Kombination mit der Foursquare-Note. Ernsthaft jetzt? Das ist alles in allem schon ein leicht komischer Moment gerade. Nein, das ist natürlich nicht der gleiche Rum und ich nehme auch die dezenten Unterschiede wahr, aber die Ähnlichkeit zum Albion ist schon sehr, sehr groß, geradezu signifikant! Meines Erachtens könnten die beiden Rums auch aus der gleichen Brennblase sein! Wäre das so angegeben, würde ich es nicht in Zweifel ziehen. Da sind die Unterschiede zwischen dem Albion 2004 und den alten Albions von 1983 und 1986 schon wesentlich größer als jetzt die Differenzen zwischen Albion 2004 und Skeldon 2000! Das überrascht mich schon sehr. Nach hinten heraus geht die Fourquare-Note dann in einen Anflug von Espresso über. Ich hörte, dass das bei den lange gereiften Velier aus 1973 und 1978 sehr extrem gewesen sein soll, aber das kann ich selbst nicht bestätigen. Hier fällt das jedenfalls äußerst dezent aus. 

Abgang: trockenes Holz, die Foursquare-Note, begleitet den Rum auf seinem Weg nach unten. Unspektakulär.

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Fazit: leider holt mich auch der Skeldon, wie schon der Albion, am Ende nicht vollkommen ab. Zwar gefällt er mir alles in allem etwas besser als der Albion, aber die Ähnlichkeiten sind groß und der grundsätzliche Geschmack sagt mir dementsprechend auch hier nicht ganz zu. Da ich nie einen Vergleich zu den legendären Skeldon aus den 1970er Jahren hatte, war ich gespannt und unvoreingenommen, aber nichts desto trotz natürlich auch voller großer Erwartungen, was da wohl kommen würde. Die Ähnlichkeit zu Albion hat mich überrascht, da ich zuvor niemals Stimmen vernommen habe, nachdem die alten Stile sich ähnlich gewesen seien, im Gegenteil. Daher liegt die Vermutung nahe, dass auch zwischen Skeldon 2000 und jenen aus den 70s Unterschiede bestehen. Wer weiß, vielleicht hat sich die Destillationsablauf ja tatsächlich verändert, oder aber, es hängt doch alles an der extremen Reife. Ich kann das an dieser Stelle aber nicht festmachen. Die leichten Unterschiede zum Albion in eine für mich bessere Richtung verhelfen ihm zu einer leicht besseren Benotung, aber wirklich den Bock fett macht das nicht und auch den Skeldon würde ich, auch zu den günstigst möglichen Konditionen, nicht kaufen.

-88/100-


Mein besonderer Dank geht heute an den Freddy, der die Flaschen geteilt und mir die leeren Flaschen für die Fotos zur Verfügung gestellt hat und auch an Richard Blesgraaf, der die Abfüllungen zu sehr fairen Konditionen rausgehauen hat! Vielen Dank!


Bis demnächst,
Flo


Sonntag, 10. Februar 2019

Velier FP Heavy Trinidad Rum 20 YO Caroni 1996

Liebe Rum Gemeinde,

heute wartet ein kleines Caroni 1996 Finale auf uns, denn mit dem Velier Caroni 20 YO Full Proof "Trespassers" stelle ich den vorerst letzten Velier Caroni aus 1996 hier auf BAT vor, den ich in meiner Sample Bibliothek habe und gleichzeitig den vierten Rum einer Reihe von Caroni aus 1996, die ich vor einiger Zeit quer verkostet habe.



Der so genannte "Trespassers"-Caroni, der so heißt, weil auf seinem Label ein altes Schild vom Destilleriegelände zu sehen ist, auf dem "Trespassers", also Unbefugte oder Eindringlinge, vor strafrechtlicher Verfolgung bei Betreten des Geländes gewarnt werden, erschien als insgesamt 35th Release der regulären Caroni-Serie von Velier im Jahr 2016.
Laut Label reifte er 20 Jahre lang komplett auf Trinidad. Der Alkoholgehalt liegt bei enormen 70,1% vol., was natürlich der Fassstärke und einem der alkoholischsten Rums entspricht, die ich je im Glas hatte. Für diese Abfüllung wurde die stolze Anzahl von 11 Fässern miteinander vermählt, weswegen die Auflage mit insgesamt 3038 Flaschen auch recht üppig ausfiel, zumal für eine 20 Jahre in den Tropen gelagerte Spirituose. Der Angel Share lag dementsprechend auch bei >85%, was bedeutet, dass von ca. 73 ursprünglich vorhandenen Fässern ca. 62 Stück einfach verdunstet sind über die Jahre. Das ist enorm und zeigt, warum wir derlei Abfüllungen auch so extrem selten angeboten bekommen.





















Wer hier häufiger mal mitliest der weiß, dass 1996 zu meinen drei Lieblingsjahrgängen von Caroni zählt. Dementsprechend stark frequentiert war 1996 bislang bereits auch hier auf meinem Blog. Glücklicherweise scheint dieser Jahrgang aber auch einer von jenen zu sein, von dem Luca Gargano wohl mit die meisten Fässer hatte, wenn nicht gar die meisten, denn es hat hier ja auch schon sehr, sehr viele Releases mit zum Teil auch recht hoher Auflage gegeben. Und grob gerechnet, komme ich da tatsächlich auch auf insgesamt ca. 70 bis 80 Fässer, die wohl abgefüllt worden sein werden. Und wenn wir uns dann noch einmal den Angel Share ins Gedächtnis rufen, dann ist klar, dass dafür wiederum ca. 450 bis 480 volle Fässer verdunsten mussten. Wahnsinn!
Doch zurück zu meiner Vorliebe für den Jahrgang 1996. Zuletzt kamen aus diesem Jahr ja immer mal wieder ein paar Abfüllungen auf BAT zur Verkostung und ich werde dementsprechend, zum Ende des Reviews, im Fazit, nochmal auf die anderen 1996er Caroni kurz eingehen und Bilanz ziehen: welche 1996er Caroni lohnen sich in der Anschaffung, und wo passen Preis und Inhalt vielleicht auch weniger gut zusammen? 




Verkostung des Velier 20 YO FP Caroni 1996:

Preis: im Jahr 2016 erschienen, lag der Ausgabepreis bei ca. 130,- bis 150,- Euro. Im Jahr 2019 kostet eine Flasche ca. 280,- bis 350,- Euro. 

Alter: der Rum reifte von 1996 bis 2016 insgesamt 20 Jahre lang im Eichenfass.

Lagerung: die Fässer des Rums reiften von 1996 bis 2016 auf Trinidad.

Fassnummern: unbekannt. Es wurden insgesamt 11 Fässer in 3038 Flaschen abgefüllt.

Angel's Share: > 85%

Alkoholstärke: Full Proof - der Rum kommt mit opulenten 70,1% vol. daher.

Destillationsverfahren: unklar.

Mark: HTR

Farbe: dunkles, goldbraunes Mahagoni.

Viskosität: eher enge, parallele Schlieren laufen unregelmäßig die Glaswand herunter.

Nase: die Nase ist das vielleicht spannendste Überhaupt heute! Ich habe mich nämlich während der Verkostung dazu entschlossen, das Glas zu wechseln. Zunächst habe ich den Rum in einem konventionellen Nosingglas von Spiegelau gehabt. Hier machte der Rum, trotz des hohen Alkoholgehalts, nach ca. 30 Minuten merklich auf und ließ klare Parallelen zu seinem Pendant, dem High Proof erkennen. Nun füllte ich den Rum um in meine neuen 1920s Blenders Glass Ballon-Tastinggläser und stellte fest, dass der Rum hier nun erstmal wieder komplett dicht machte. Klebstoff ist, auch nach einer Stunde, peripher zu riechen, aber den Zinken ins Glas stecken? Noch immer unmöglich! Das geht erst nach über zwei Stunden, als ich es erstmals schaffe, meine Nase komplett ins Glas zu halten. Ich finde nun eine doch sehr typische 1996er Caroni Nase vor und erkenne auch jüngere Destillate dieses Jahrgangs darin wieder, die hier allerdings merklich an Reife dazu gewonnen haben. Der enorm hohe Alkoholgehalt macht sich nun zwar nicht mehr in Form eines Stechens bemerkbar, allerdings ist er dem Rum anzumerken, insofern, als dass seine Nase einfach sehr dicht und verwoben ist und sein Bouquet nur widerwillig preis zu geben scheint. Ich weiß, das ist meine Art normalerweise nicht, aber ich glaube, gerade neben dem 34th Release, das auf 57,18% vol. verdünnt ist, dass die Beigabe von Wasser sich bei diesem Rum nicht unbedingt negativ ausgewirkt hat, wenn ihr wisst, was ich meine. Ganz entfernt im Background nehme ich etwas an Menthol wahr, was ich sonst vor allem mit dem Jahrgang 2000 verbinde. Aber ansonsten kommt da, trotz des Glases, leider relativ wenig mehr rüber als im Nosingglas. Solide Nase ohne Fehltöne oder ähnliches, aber nicht das ganz großes Kino.

Gaumen: zunächst einmal habe ich ein doch recht ordentliches und starkes Brennen am Gaumen, auch bei kleineren Schlücken. Man muss sich den Rum am Anfang so ein wenig "frei-beißen". Einen größeren Schluck genehmige ich mir zum Ende des Glases hin und bereue es zunächst. Hohe Adstringenz. Dann kommt die 1996er Süße in Kombination mit dreckigen Tönen vom Holzlack und Teer durch. Da ist aber auch noch etwas anderes, ungewohntes. Ich tippe auf Birne. Die lange Reife merkt man dem Rum (meines Erachtens positiv) an, er ist klar holzlastiger als z.B. die 17 YO Abfüllungen aus diesem Jahrgang oder sogar als sein gleich altes Pendant, das 34th Release High Proof. Der Rum wird mit zunehmender Verweildauer am Gaumen auch immer cremiger. Bei größeren Schlücken gewinnt der Rum noch etwas an Intensität, aber das wird dann gleichzeitig schon auch sehr fordernd. Alles in allem ist das schon wirklich sehr lecker, aber wie schon in der Nase, bleibt die ganz große Show bei dieser Abfüllung leider aus. Möglicherweise habe ich hier einen der wenigen Full Proof Caroni vor mir, der nicht besser ist als seine High Proof Variante. 

Abgang: irgendetwas, was mich an den Abriss alter Häuser erinnert habe ich hier, kombiniert mit Geäst und Nuss. Langanhaltend. Der vielleicht sogar beste Teil dieses Rums.

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Fazit: nein, dieser Rum ist nicht mein neuer Favorit aus 1996! Gerade im Quervergleich zum John "D" Eversley oder auch zum 34th Release und sogar auch zum 30th Release, zumindest in Teilen, offenbarten sich doch auch einige, ich nenne sie mal Rückstände, zu anderen Rums. Ich möchte nicht von Schwächen sprechen, die hat das 35th Release aus meiner Sicht kaum, sondern eher von einem leichten Mangel an Stärken in den letzten 5-10 Prozent, die ein besseres abschneiden bei mir verhindern. Ist das gerade also Kritik auf sehr, sehr hohem Niveau? Absolut!

V.l.n.r.: Velier Caroni 17 YO FP, 20 YO 100° "Heavy", 20 YO FP "Trespassers", 22 YO FP "John "D" Eversley"




Der Employee ist insgesamt einfach eine Macht, dagegen haben es auch fast alle anderen Rums schwer. Mit 97 Punkten erreichte er bei mir auch eine ausgezeichnete Bewertung. In dieser Liga spielt für mich ansonsten auch nur noch der Kirsch Whisky Caroni. Dem 34th Release wiederum, er bekam 94 Punkte von mir, hat sicher die minimale Verdünnung etwas geholfen hat, die hier, für mich, etwas besser passt als die vollen 70,1% vol.. Der hohe Alkoholgehalt ist zwar spannend, aber auch sehr fordernd. Darauf muss man Bock haben und das hat man, erfahrungsgemäß, eher seltener und oft wird es dann doch ein schneller zugänglicher Rum. Denn man darf nicht vergessen, dass das Tasting eines Rums mit derart hohem Alkoholgehalt auch viel Zeit in Anspruch nimmt, zumindest wenn daraus ein Mehrwert generiert werden soll. Das 30th Release fand ich in der Nase klar schwächer als den heutigen Rum, dafür konnte dieser aber am Gaumen etwas mehr punkten. Diese beiden Caroni nehmen sich in meinen Augen nicht viel und liegen in meiner Gunst gleich auf. So fällt das 35th Release am Ende also natürlich nicht durch, ganz im Gegenteil, aber möglicherweise erwische ich mich gerade dabei, dass ich insgeheim vielleicht doch auch noch etwas mehr von dieser Abfüllung erwartet habe, zu groß ist da unter Umständen das generelle Versprechen des Jahrgangs 1996 von vorn herein gewesen.
Mit einer handfesten Kaufempfehlung tue ich mir schwer. Wenn man den Rum "günstig" bekommen kann, was in diesem Fall einen Preis von ca. 280,- bis 300,- Euro bedeutet, dann kann man das machen. Aber im Hinblick dessen, dass der Marktpreises doch meist eher bei 350,- Euro liegt und angesichts einer stärkeren und günstigeren Alternative, nämlich dem 34th Release, rate ich dann doch eher zu letzterem (oder aber zum John "D" Eversley, wenn Geld keine Rolle spielt), vor allem, wenn man vor hat, den Rum häufiger zu trinken. Wohl aber lege ich jedem Caroni-Liebhaber nahe, das 35th Release zumindest einmal zu probieren, wenn er es denn nicht schon getan hat, denn die Erfahrung von über 70% vol. ist schon eine, die sich durchaus auch lohnt und logischer Weise auch nicht von einer Abfüllung mit unter 60% vol. kompensiert werden kann.

-92/100-



... achso, und hier noch mein Caroni 1996 Ranking auf einen Blick:

97 Punkte: Velier Caroni 20 YO "Kirsch Whisky"
96 Punkte: Velier Caroni 22 YO "John "D" Eversley"
94 Punkte: Velier Caroni 20 YO 34th Release "Heavy"
94 Punkte: Krüger Caroni 12 YO "Rendsburger Bürgermeister"
92 Punkte: Velier Caroni 20 YO 35th Release "Trespassers"
92 Punkte: Velier Caroni 17 YO 30th Release "Musicans"
91 Punkte: Velier Caroni Extra Strong 21 YO
87 Punkte: Velier Caroni 17 YO 31st Release "Sugarcane Field"


Na klar gibt es da auch noch ein paar Abfüllungen mehr aus 1996, die mit Sicherheit ebenfalls hervorragend sind, aber leider setzen mir da die Preise, selbst für Samples, einfach Grenzen, die ich zum Teil nicht überschreiten möchte und zum Teil auch gar nicht mehr überschreiten kann. Da wird es einfach verrückt und ich sehe die Verhältnisse, gerade im Vergleich zu den acht oben gelisteten 1996ern, nicht mehr gegeben. Aber mal sehen, was vielleicht noch kommt! Ausschließen werde ich nichts. 😉


Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 3. Februar 2019

Velier FP Heavy Trinidad Rum 22 YO Caroni 1996 - John "D" Eversley

Liebe Rum Gemeinde,

heute kommt eine Abfüllung, die ich euch eigentlich gerne schon im Herbst des letzten Jahres vorgestellt hätte. Aus dieser Zeit stammen, wie unschwer zu erkennen, auch die meisten der Bilder des Tastings. Was dann dazwischen kam, ist mir zuvor noch nie passiert und wird mir hoffentlich auch nie wieder passieren. Dies ist meine ganz persönliche Geschichte mit dem Velier Full Proof Heavy Trinidad Rum 22 YO Caroni 1996 - John "D" Eversley und sie wird euch Leser auch gleichzeitig kleines Stück mitnehmen zu einem Blick hinter die Kulissen eines Rum Blogs!



Alles begann damit, dass mein Freund Kenneth aus Dänemark mir Ende September mitteilte, dass er die beiden Velier Caroni Employee gekauft habe und, dass er beabsichtige diese zu teilen und mich dafür auch schon vorgemerkt habe. Da habe ich mich natürlich sehr gefreut, denn wie immer, wenn Velier neue Caroni releast, war es ja so eine Sache an die Flaschen dann auch dran zu kommen. Ihr kennt das. Einige Wochen später, Mitte Oktober, kam Kenneth bei mir vorbei um noch etwas abzuholen und brachte mir bei dieser Gelegenheit sowohl die Samples als auch die leeren Flaschen der Employees vorbei, damit ich schöne Fotos für den Blog machen konnte, denn da sehen die original Flaschen ja immer ein wenig hübscher aus als Samplefläschchen. Wunderbar also, noch dazu, wo auch das Wetter an diesem Tage absolut mitspielte! Da es allerdings noch Vormittag war und mir auch noch nicht die Lust danach stand augenblicklich Rum zu verkosten (und erst recht keine so raren und teuren Tropfen!), entschloss ich mich dazu, für den Augenblick nur die Fotos zu machen, separat zum Tasting, das dann später folgen sollte. Soweit, so verhängnisvoll. Zwar ist diese Vorgehensweise durchaus gängige Praxis, denn nicht selten nutze ich sonniges Wetter dazu, um entsprechend schöne Bilder zu bekommen, auch wenn ich gerade einmal gar nichts testen möchte, aber an jenem Tag im Oktober sollte sich das rächen. Denn trotz dessen, dass ich -wie jedes Mal- sehr darauf achtete, dass ich am Ende alles wieder in die richtigen Sample-Fläschchen zurückkippe (immerhin standen vier verschiedene Gläser auf dem Tisch), verwechselte ich die beiden Employee-Fläschchen und kippte Dennis "X" Gopaul in das Fläschchen von John "D" Eversley und das Malheur war perfekt! Zwar hatte ich John zuvor bereits in John zurückgeschenkt, weswegen es mir direkt auffiel, allerdings war ich für einen Moment so gedankenverloren, dass es bereits zu spät und etwas von Dennis in John gelandet ist. Deswegen ist der Rum natürlich keinesfalls schlecht, ich genieße ihn noch immer sehr, aber für die Verkostung auf BAT brauchte ich ein neues Sample (daher der enorme zeitliche Verzug) und wurde glücklicherweise bei Marius fündig, der mir dankenswerter Weise 2 cl abgetreten hat, nachdem ich ihm die Story erzählt habe. Vielen lieben Dank dafür noch einmal!
Wer den Schaden hat, der braucht für den Spott nicht zu sorgen und so wollte ich nicht nur Marius, sondern auch euch Leser gerne an diesem Missgeschick teilhaben lassen. Bevor mir das passiert ist, hätte ich geschworen, dass mir das nicht passieren kann. Niemals. Nun hingegen bin ich mir sogar noch sicherer, dass mir das kein zweites Mal passiert!😉

... denn tatsächlich habe ich seitdem immer parallel zum Fotografieren auch wieder verkostet. 😅😆




















Nun aber auch noch etwas zu John "D" Eversley! Zur Employee-Serie habe ich euch ja neulich beim Review zu Dennis "X" Gopaul schon etwas erzählt und nun folgt eben auch noch John, dessen Spitzname bei Caroni offenbar "D" war. Er arbeitete von 1981 bis zur Schließung von Caroni (1975) in 2003 bei Caroni, also stolze 22 Jahre lang, und damit, ob beabsichtigt oder zufällig, exakt genauso lange wie der Rum reifte, der ihm gewidmet wurde. Worin genau seine Aufgabe bei Caroni bestand erfahren wir leider nicht, aber auf dem Foto wirkt John auf mich wie ein Mann, der angepackt hat, der stolz auf das gewesen ist, was er gearbeitet hat und dem die Rolle im Mittelpunkt eines Fotoshootings dagegen schon fast ein wenig peinlich zu sein schien.
Die Abfüllung bestand aus fünf Fässern Caroni des Jahrgangs 1996 und die Auswahl der Fässer wurde von Luca Gargano und meinem Kollegen Olivier Scars von Who Rhum The World vorgenommen. Das hat bei Dennis "X" Gopaul bereits prima funktioniert und so bin ich auf John, der mit 1996 noch dazu aus einem meiner absoluten Lieblingsjahrgänge stammt, natürlich umso mehr gespannt! Insgesamt haben die fünf Fässer noch 1192 Flaschen Rum ergeben, die im Jahr 2018 abgefüllt wurden. Der Angel's Share fiel mit >81 % deutlich geringer aus als bei früheren, jüngeren Caroni aus 1996, was mich etwas irritiert hat. Laut Label lag der Rum die gesamten 22 Jahre über auf Trinidad, was einer früheren Information, dass alle Caroni Fässer von Velier ab 2008 in Guyana lagen widerspricht. Hier herrscht für mich derzeit leider noch Unklarheit, weswegen ich mir diesbezüglich mit einer definitiven Aussage derzeit leider schwer tue. Klarheit hingegen gibt es über den Rum selbst, weswegen ich mich nun auch diesem widmen werde.
Allerdings muss ich dazu noch eine Anmerkung machen. Während die Fotos noch an jenem Tag im Oktober mit den altgedienten Spiegelau Nosinggläsern entstanden sind, fand die spätere Verkostung bereits mit den "1920s Professional Blender's Glass" Ballongläsern statt, die insbesondere das Nosing wirklich noch einmal auf ein anderes Level heben. Optisch mögen sie nicht der "Hit in Tüten" sein und etwas ulkig sieht es sicher auch aus, wenn man daraus trinkt, aber ich möchte sie nicht mehr missen! Klare Empfehlung meinerseits!



Verkostung des Velier FP 22 YO Caroni 1996 - John "D" Eversley:

Preis: der Ausgabepreis lag bei 390,- Euro. In einigen Shops, die ich zum "Schattenreich" zwischen dem ersten und zweiten Markt zählen würde, wird er noch für ca. 450,- bis 500,- Euro gehandelt. 

Alter: von 1996 bis 2018 reifte der Rum 22 Jahre lang im Eichenfass.

Lagerung: die Reifung fand von 1996 bis mindestens 2008 auf Trinidad statt. Über den Ort der Reifung von 2008 an gibt es unterschiedliche Stimmen, weswegen derzeit einzig sicher scheint, dass der Rum bis 2018 auf jeden Fall tropisch lagerte.

Fassnummern: unbekannt. Es wurden insgesamt 1192 Flaschen abgefüllt.

Angel's Share: >81%

Alkoholstärke: Full Proof - der Rum kommt mit 66,5% vol. daher.

Destillationsverfahren: unklar.

Mark: HTR

Farbe: dunkles, goldbraunes Mahagoni. 

Viskosität: kleine Tröpfchen bilden sich unregelmäßig am Glasrand und laufen dann träge und ebenso unregelmäßig an der Glaswand herab.

John "D" Eversley im Spiegelau Snifter
Nase: die Nase macht im normalen Nosingglas, welches auch auf den Bildern zu sehen ist, zunächst einen eher alten, lange gereiften Eindruck. Nach dem Umfüllen ins Ballonglas benötigt der Rum vor allem erstmal viel Zeit, da er zunächst wieder komplett dicht macht, stark konzentriert und verwoben daher kommt. Einzig jede Menge Klebstoff ist zu riechen. Im Ballonglas macht er dann nach ca. zwei Stunden auf und gibt eine Nase frei, die der vorherigen aus dem normalen Nosing Glas sehr ähnlich ist, dabei allerdings sehr viel intensiver und auch deutlich komplexer auftritt. Zunächst einmal gibt es also festzuhalten: das Ballonglas ist der Wahnsinn und ich benötige ganz dringend noch ein paar mehr davon! Im Bouquet habe ich viel schönes, altes, gediegenes und gesetztes Holz, sowie die 1996er Caroni-Süße von tropischen Früchten, als auch sehr viel Menthol, das mich an den Jahrgang 2000 erinnert. Hinten heraus kommen viele schwere, dunkle Gewürze durch, habe hier Nelke und Kardamom. Die richtig dreckigen und Brennerei-charakteristischen Töne muss man allerdings lange suchen. Der Caroni ist noch als solcher zu erkennen, aber das ist wirklich ein Rum in hohem Alter, wie man ihn nicht häufig antrifft in einer solchen Qualität. Ich ziehe hier ehrlich meinen Hut!

John "D" im 1920's Professional Blender's Glass
Gaumen: der Rum macht am Gaumen zunächst einmal vor allem einen sehr kompletten Eindruck! Zu Beginn ist da schon auch noch ein kleines Brennen auf der Zunge und im Mundraum, der hohe Alkoholgehalt macht sich auf jeden Fall bemerkbar, aber das gehört dazu und klingt auch schnell ab. Ich habe dabei auch einiges an fruchtiger 1996er Caroni-Süße, Menthol und jede Menge sehr gut eingebundenes Holz vom Fass, wobei der Fokus eindeutig auf diesem enormen Einschlag von Menthol liegt. Dazu Erinnerungen an die typischen Aromen aus 1996, wie Holzlack und auch Teer und Phenole. Der Rum wird am Gaumen zunehmend cremiger. Das Holz schlägt nun vermehrt bitterer durch, allerdings nicht unangenehm. Insgesamt ist der Rum einfach unheimlich üppig und macht immer wieder irgendwo eine neue Tür auf. Das ist alles sehr, sehr komplex! So stelle ich mir einen 2000er Caroni in dem Alter vor! 

Abgang: viel altes, trockenes Holz, dazu sehr präsent Nelke und Kardamom. Warm. Trocken. Langanhaltend.

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Fazit: ja, krass! Ein wirklich unglaublich intensives und berauschendes Tasting heute mit Caroni at its Best, wenn auch ein wenig untypisch. Diesen Schwerpunkt auf Menthol kenne ich in der Form wirklich nur aus dem Jahrgang 2000 und wurde von mir bei noch keinem anderen Caroni aus 1996 von mir so wahrgenommen. Je dois donc dire: Bravo, Olivier! 👍



Leider, leider ist allerdings, wie schon beim Dennis "X" Gopaul, der Preis extrem schmerzhaft! Die 390,- Euro bei Ausgabe waren schon ein echtes Brett! Ich komme da so ein wenig in eine Zwickmühle: einerseits ist das ein Aufpreis von fast 100 Prozent im Vergleich zum ein Jahr jüngeren 21 YO aus 1996, der in 2017 erschienen ist. Klar, der John hat nochmal fast 10% vol. mehr und er ist auch zweifelsohne besser als der 21 YO, aber fast 100 Prozent? Andererseits haben nahezu alle anderen unabhängigen Abfüller ebenfalls extrem bei den Preisen angezogen bei Caroni und verlangen nicht selten auch mal bis zu 300,- Euro für, im Vergleich, sehr durchschnittliche Caroni. Und da muss ich dann wieder sagen: dann lieber nochmal 100,- Euro drauflegen und den John holen, denn er ist wirklich sehr gut und sein Geld, wenn man es denn übrig hat, auch wert! Für mich ganz persönlich aber sind an der Stelle einfach die Grenzen des realisierbaren erreicht, weswegen ich auch hier keine ganze Flasche geholt habe, obwohl ich gerne eine hätte. Aber das sind Summen, die kann und möchte ich derzeit einfach nicht ausgeben. Ich bin wirklich froh, dass ich, dank der Teilung von Kenneth und dank Marius, die Möglichkeit hatte zu probieren, aber eine ganze Flasche ist für mich leider nicht darzustellen.
-94/100-

Bis demnächst,
Flo