Liebe Rum Gemeinde,
here we go again! Nachdem der
Hampden DOK unsere kleine Rumwelt ja ganz schön aufgemischt hat, geht es hier auf Barrel Aged Thoughts heute wieder um eine Abfüllung der geschlossenen Destillerie Caroni von der Insel Trinidad. Dargereicht wird sie einmal mehr vom
renommierten italienischen Abfüller Velier, der diesen Rum schon im Jahr 2013 als das insgesamt 31st Release seiner Caroni-Linie auf die Flasche gebracht hat.
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Frontlabel |
Velier, das ist, denke ich, hier auf dem Blog schon häufiger deutlich geworden, und wer die Szene auch darüber hinaus verfolgt der weiß das sowieso, hat sich bei Rums von Caroni einen Sonderstatus erarbeitet. Keinem anderen unabhängigen Abfüller wird so blind vertraut wie Velier. Und mit keinem anderen unabhängigen Abfüller assoziiert man die Destillerie so sehr wie mit jenem aus dem italienischen Genua. Ein nüchterner Blick auf die reinen Zahlen zeigt auch sehr deutlich, weshalb das so ist: insgesamt 37 Releases, sowie weitere Serien oder Single Cask Abfüllungen wurden von Velier bisher aus Caroni abgefüllt. Nur
Bristol Spirits Limited hat eine vergleichbare Menge Fässer nach der Schließung der Destillerie erstanden. Allerdings lagerte weder Bristol noch einer der anderen Abfüller sie anschließend weiter in tropischem Klima. Das ist das Alleinstellungsmerkmal von Velier!
Diese Fakten allein machen noch nicht jeden Velier Caroni zu einer sehr guten Abfüllung, aber sie zeigen die Besonderheiten meines Erachtens sehr schön auf. Dass daraus dann ein derartiger Hype entstehen konnte, da darf man sich wohl genauso wenig vormachen, liegt freilich allerdings auch am hervorragenden Marketing in den letzten Jahren und der entsprechenden Positionierung in der Rum-Szene, auch und gerade über die Sozialen Netzwerke. Dementsprechend muss man anerkennen, dass Luca Gargano sowohl an Caroni und seinen einzigartigen Rum geglaubt hat als er große Teile des letzten Fassbestands aufkaufte, als auch, dass er dies tat, als die Rums von dort und auch Fassstärken im Allgemeinen noch nahezu niemand sonst auf der Welt auf dem Schirm hatte und letztlich auch, dass es ihm im Laufe der Jahre gelungen ist, die Marke Caroni entsprechend am Markt zu platzieren. Dafür gebührt ihm allerhöchster Respekt!
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Backlabel |
Nun aber endlich zum heute verkosteten Rum! Das 31st Release wurde im Jahr 1996 destilliert, auf Trinidad zwölf Jahre in Fässern eingelagert, 2008 nach Guyana verschifft und reifte dort bis 2013 noch einmal fünf Jahre nach. Insgesamt gingen während dieses Prozesses über 80% des Destillats verloren, bzw. an die Engel. Abgefüllt wurden letztlich 3910 Flaschen mit 55% vol., das heißt, dass eine Verdünnung um ca. 8% vol. stattgefunden hat, denn die Full Proof Variante dieser Abfüllung kommt mit 63% vol. daher. Was der High Proof kann, das schauen wir uns nun an.
Verkostung des Velier High Proof 17 YO Caroni 1996:
Preis: die Abfüllung liegt derzeit bei ca. 300-500 Euro. Der ursprüngliche Ausgabepreis lag mit ca. 80 Euro natürlich deutlich darunter.
Alter: der Rum reifte von 1996 bis 2013 und ist damit 17 Jahre alt.
Lagerung: der Rum ist während der gesamten 17 Jahre tropisch gereift. Von 1996 - 2013 lagerte er auf Trinidad.
Fassnummern: wieviele Fässer in diese 3910 Flaschen starke Abfüllung aufgingen und welche Fassnummern sie hatten ist leider unbekannt.
Angel's Share: >80% gingen an die Engel.
Alkoholstärke: High Proof - 55% vol.
Destillationsverfahren: unklar. Sowohl Pot- als auch Columnstill scheinen derzeit theoretisch in Frage zu kommen. Die Tendenz geht in die Richtung einer Columnstill.
Mark: HTR (Heavy Trinidad Rum)
Farbe: dunkler Bernstein, Mahagoni.
Viskosität: satte, vereinzelte und unregelmäßige Schlieren laufen träge am Glas herunter.
Nase: typische Caroni-Nase, nachdem der Rum ca. 30-45 Minuten atmen durfte. Alkoholische Schärfe nehme ich zu Beginn etwas stärker, im Verlauf aber deutlich leichter wahr. Sehr intensive, aber zunächst auch konzentrierte Nase. Die Verdünnung um ca. 8% vol. ist ihm zunächst, meines Erachtens, nicht anzumerken, lediglich nach hinten heraus fehlt ihm vielleicht ein wenig die Tiefe. Vieles geht über das periphere Nosing. Man muss sich die Nase ein wenig erarbeiten, da der Rum sich schwer damit tut sich zu öffnen. Im Vordergrund spielen sehr deutlich die Caroni-Schrottplatz Assoziationen, erst dahinter habe ich auch Melasse, Trockenfrüchte und etwas Menthol, wie ich es vor allem von 2000er Caronis kenne. Darüber hinaus bietet der Rum allerdings erstaunlich wenig in der Nase. Sie ist deshalb nicht schlecht, ganz im Gegenteil, aber eben mangels Vielschichtigkeit meines Erachtens nicht überragend.
Gaumen: Man merkt dem Rum die Verdünnung zu Beginn an, denn alkoholische Schärfe geht nahezu gar keine durch die Mundhöhle. Danach allerdings bietet er viel, viel von dem Caroni-Flavour was wir alle so kennen und lieben und er bietet auch diese für 1996er Caroni so spezielle Note, für die ich noch immer keine Beschreibung gefunden habe. Sehr schön! Hier zeigt der Rum seine Stärke, die er in der Nase noch etwas vermissen ließ und spielt auf. Nussige Noten kombinieren sich mit dem Schrottplatz zu etwas sehr, sehr leckerem. Hinten raus habe ich dann tatsächlich Assoziationen zu DomRep Rum, ganz leicht nur, aber merklich. Das kenne ich von Caroni so nicht. Am Gaumen zeigt sich der Rum bis dahin aber klar am stärksten.
Abgang: hier bleibt der Rum leider etwas blass, denn es bleibt vor allem der an DomRep Rum erinnernde Eindruck am Gaumen verhaften, der mit den Caroni-Aromen kombiniert ist. Insgesamt sicher nicht schlecht, aber der Abgang ist leider der schwächste Part des Rums.
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Fazit: ein Caroni, wie gemacht für einen Caroni-Einsteiger! Der Rum wird zu keinem Zeitpunkt richtig fordernd, zeigt dem Connaisseur aber dennoch, vor allem am Gaumen, sehr deutlich was Caroni grundsätzlich kann. Die Verdünnung um ca. 8% vol. erleichtern den Zugang darüber hinaus merklich. Anders als der
21er Caroni aus der Extra Strong Serie, den ich ebenfalls für Einsteiger-tauglich erachtete, ist dieser Rum hier aber meines Erachtens eher weniger parallel auch für Caroni Nerds geeignet, denn dafür ist er in meinen Augen tatsächlich zu anspruchslos. Das soll keinesfalls bedeuten, dass ich den Rum für schlecht erachte, da möge man mich bitte auf gar keinen Fall falsch verstehen. aber verglichen mit anderen Qualitäten von Velier ist mir das für die heute aufgerufenen Preise, bei dieser Abfüllung sind es ca. 200-400 Euro für eine ungeöffnete Flasche, doch etwas zu wenig, insbesondere in der Nase und vor allem später im Finish.
Mir ist selbstverständlich bewusst, dass der ursprüngliche Ausgabepreis deutlich darunter gelegen hat und wären wir noch bei diesen Preisen, so sähe mein Fazit in Bezug auf das Verhältnis zwischen Preis und Leistung auch deutlich anders aus! Doch das Review entstammt dem Jahr 2018 und richtet sich daher natürlich auch an all jene die noch überlegen zu den heutigen Preisen eine Abfüllung zu erwerben oder eine bereits erworbene Abfüllung zu öffnen. Und an jene gerichtet kann ich zwar nicht pauschal vom Rum abraten, dafür ist er eindeutig zu gut, wohl aber rate ich dazu, sich selbst dahingehend zu hinterfragen, wo man bei Caroni steht und worin genau die eigenen Vorlieben bei dieser Destillerie bestehen. Nicht mehr und nicht weniger. Denn wer es extremer mag, der könnte bei dieser Abfüllung durchaus enttäuscht werden. Der Rum ist "nur" gut und meines Erachtens keinesfalls überragend. Daran ändern auch weder die Tatsache, dass er von Velier stammt, noch dass er tropisch gereift wurde nichts. Ob die Full Proof Variante dieses Rums, das 30th Release, mehr kann, das kann ich an dieser Stelle leider noch nicht sagen, da ich bisher keine Chance hatte diesen Rum zu probieren. Sobald ich das aber getan habe werde ich hier berichten und umgehend vergleichend zum 31st Release Bezug nehmen.
-87/100-
Bis dahin, bzw. bis demnächst,
Flo
2 Kommentare:
The original price was around 80 Euro.
At that price it was a great deal. Today Caroni is overpriced - I don't see any reason to pay more than 200 Euro for almost any rum.
Thank you! I've added the information to my review.
Yes, many Caroni are overpriced in my opinion. But some of them are worth the money. This one isn't one of them, but the Kirsch (for example) is.
Regards
Flo
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