Sonntag, 30. Juni 2019

Rhum Barbancourt Three Stars Haiti (Vintage 1955)

Liebe Rum Gemeinde,

hoch spannendes aus schon längst vergangenen Tagen habe ich heute für euch aus Haiti am Start! Durch einen glücklichen Zufall bin ich nämlich an eine alte Abfüllung vom Barbancourt Three Stars aus 1955 gekommen und ich bin sehr gespannt, wie er mir mundet!



Haiti... Barbancourt... Agricole... ! ... das ist normalerweise mal so überhaupt nicht meine Rum-Gegend. Die Berührungspunkte bisher waren marginal und wenn, dann auch stets eher wenig aufregend. Die Fläschchen habe ich bei einer günstigen Gelegenheit vor allem deshalb mitgenommen, weil sie ganz offensichtlich sehr alt waren und so mein Interesse weckten. Von daher hatte ich mich bislang aber auch nicht so sehr damit befasst, wie ich es beispielsweise mit Jamaica getan habe. Das führte folglich dazu, dass ich mir erst einmal die Geschichte der Destillerie angesehen und mit doch einiger Freude festgestellt habe, dass es sich bei Barbancourt noch um ein waschechtes Familienunternehmen handelt, dessen Geschichte bis ins Jahr 1862 zurückzuverfolgen ist und inzwischen bereits in der fünften, bzw. sechsten, Generation geführt wird! Damit ist Barbancourt eines der ältesten Unternehmen Haitis und dessen Rhum ein echter Exportschlager.


Zu Rhum Barbancourt:

Gründer dieses traditionsreichen Rhum Maison ist Dupré Barbancourt. Er führte die Firma von seiner Gründung, Ende 1862, bis zu seinem Tod im Jahr 1907 und damit über die ersten 45 Jahre. Er stammte ursprünglich aus der Cognac-Region Charente in Frankreich, bevor er nach Haiti kam, und begann damit, aus frischem Zuckerrohrsaft Rhum zu destillieren. Dabei brachte er sein Know How aus der Produktion von Cognac mit ein, in dem er Produktionsweisen übernahm und damit sehr gute Qualitäten herzustellen im Stande war. Nach seinem Tod im Jahr 1907 übernahm die Frau Dupré Barbancourts das Unternehmen, Nathalie Gardère. Sie führte Barbancourt insgesamt 21 Jahre lang bis zu ihrem Tod 1928 und wiederum ihr Neffe übernahm, Paul Gardère. Paul half seiner Tante zuvor schon im Unternehmen, stand dann für 18 Jahre an der Spitze der Destillerie und übergab im Jahr 1946, mit seinem Tod, an seinen Sohn Jean Gardère. Dieser wiederum sollte bei Barbancourt eine Ära prägen, denn er führte die Firma stolze 44 Jahre lang und damit aus der Nachkriegszeit bis ins ausgehende 20. Jahrhundert! In diese Zeit fiel eine Umsiedlung der Zuckerrohrfelder innerhalb Haitis ins Plain of the Cul-de-Sac, was dazu führte, dass man zwar zwischen 1949 und 1952 keinen Rhum produzieren, die Kapazitäten aber insgesamt vergrößern konnte. Das machte den Schritt von einer kleinen, regionalen Destillerie zu einer großen weltweit erfolgreichen Rhum-Marke möglich. 1990 übernahm dann Jeans Sohn Thierry Gardère das Steuer. Damit einher ging, soweit ich es richtig verstanden habe an diversen Stellen, auch eine Veränderung bei der Produktion, nämlich die Umstellung von traditionellen, schweren Pot- auf moderne und effektivere aber auch leichtere Column Stills. Thierry führte Barbancourt bis zu seinem Tod 2017, also auch insgesamt 27 Jahre lang, und hatte während seiner Ägide unter anderem mit den Konsequenzen des schweren Erdbebens vom Januar 2010 zu kämpfen, bei dem nicht nur Teile des Lagerbestands zerstört wurden, sondern vor allem auch Mitarbeiter der Destillerie starben oder ihre Häuser verloren. Erst im Mai des selben Jahres, also fünf Monate später, nahm man die Produktion wieder auf. Mit Delphine Nathalie Gardère steht seit 2017 erstmals seit 1928 wieder eine Frau an der Spitze der Firma. Sie ist die Tochter Thierry Gardères, was bedeutet, dass die Firma ununterbrochen, seit 157 Jahren, ausschließlich in Familienhand ist. Davor ziehe ich ehrlich den Hut!

Der Rhum um den es heute im Speziellen geht ist einer, der, laut Eric Witz, aus dem Jahr 1955 stammt. Auf dem Etikett ist zwar noch der Name Paul Gardères zu lesen, der ja bis 1946 am Ruder war, aber eine Prägung am Boden der Flasche verweist wohl auf das Jahr 1955. Wie gut, dass es Menschen gibt, die sich mit der Historie von Flaschen so gut auskennen, dass sie einem dabei helfen können sie zu datieren, denn da war ich am Ende dann doch leicht überfragt. Vielen lieben Dank dafür! Das heißt für den Rhum wiederum, dass er entweder aus der Produktion kurz nach der Umsiedlung stammen und noch recht jung sein müsste, oder aber schon einige Zeit länger gereift war und noch aus Beständen von vor der Umsiedlung stammt.  Vielleicht komme ich in dieser Frage ja wiederum geschmacklich etwas weiter. Ansonsten ist nur bekannt, dass es sich um die so genannte Three Stars Abfüllung Barbancourts handelt, die laut neueren Angaben eine Reife von vier Jahren ausdrücken, aber da weiß ich nicht, wie lange das schon fest so gehandhabt ist. Ansonsten bietet das Label nicht viele Anhaltspunkte, mit Ausnahme vielleicht noch der vielen Medaillen, die der Rhum damals gewonnen hat. Das kennen wir so oder ähnlich ja auch von anderen traditionsreichen Marken. So. Und nun bin ich gespannt, wie das Teil schmeckt!





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Verkostung des Rhum Barbancourt Three Stars Haiti aus 1955:


Preis: ich denke, der Rum war einst nicht sehr teuer. Ob Sammler heute große Summen für diese Rums legen, weiß ich nicht. 

Alter: NAS - neuere Three Stars werden mit einer Reifezeit von vier Jahren angegeben, aber ob das auch 1955 schon so war, weiß ich nicht. 

Lagerung: die Fässer werden bei Barbancourt tropisch gereift worden sein. 

Fassnummern: unbekannt - es hat sich um eine massenhaft produzierte Standardabfüllung gehandelt. 

Angel's Share: unbekannt, aber im Rahmen der tropischen Verhältnisse. 

Alkoholstärke: der Alkoholgehalt wird mit 86° Proof angegeben, also 43% vol.

Destillationsverfahren: damals wurde noch mit Pot Stills destilliert. 

Mark: unbekannt.

Farbe: braun, dunkler Bernstein. 

Viskosität: es bilden sich eng aneinander liegende kleine Tröpfchen an der Glaswand, die dann in schnellen, engen und regelmäßigen Schlieren zurücklaufen.

Nase: der Rum muss im Blender's Glass erst noch ein wenig atmen, bevor sich mir die Nase in Gänze offenbart und der Alkohol verflogen ist. Dann allerdings habe ich einen Rhum vor mir, der mich vor allem erst einmal zu überraschen vermag. Das scheint richtig guter Stoff zu sein! Nicht furchtbar schwer, aber auch kein Leichtgewicht. Die Nase kommt tief, voll und reichhaltig daher, wenn auch nicht zwingend komplex. An die Barbancourt von heute, die ich vor einigen Jahren mal im Glas hatte, erinnert mich da wenig. Klar, der Stil ist kein brachialer, wie bei Jamaica oder den Heavy Type Caroni, aber er hat Charakter und erinnert spontan an Blended Caroni. Dass es sich um einen Agricole handelt, hätte ich dagegen nicht vermutet. Da sich Agricole bislang allerdings immer sehr eindeutig als solcher zu erkennen gegeben hat im Glas, frage ich mich gerade, ob es sich bei dieser Abfüllung nicht eventuell um einen Melasse Rhum handeln könnte. Ansonsten erinnert mich das Bouquet eben wirklich sehr an Blended Caronis, also dem Mix aus Heavy und Light Types. Da sind viele grasige Eindrücke und Zuckerrohr, dazu auch schon eine schöne Holznote, aber eben auch die dreckigeren Komponenten aus Teer und verbranntem Gummi. In einem Blindtasting würde ich den Rum wohl dort verorten... In der Nase legt der Rum für mich einen starken Auftritt hin!

Gaumen: am Gaumen macht sich schon bemerkbar, dass der Rum mit 43% vol. doch eher vergleichsweise leicht daher kommt. Das ist schon ein ungewohntes Mundgefühl, wenn man sonst fast nur noch diese Fassstärke-Monster trinkt. Dafür sind größere Schlücke möglich. Von einer Verwässerung würde ich aber noch nicht sprechen. Was ihm etwas an Konsistenz fehlt, macht er an Fülle und Komplexität am Gaumen aber schnell wieder wett! Halleluja! Das ist ein richtig guter Rum! Ich nehme ihm den Agricole nun etwas eher ab, auch wenn das immer noch weit weg ist von dem, was ich da bisher so kannte. Blended Caroni könnte nach wie vor gut hinkommen! Der Rum hat hier viele vegetale Eindrücke, grasiges, Zuckerrohr, geschnittenes Geäst und auch eine ordentliche Holznote. Ich lege mich einfach mal fest und behaupte, dass das, wenn 1955 tatsächlich stimmt, dann auf jeden Fall Stoff von vor dem Umzug der Zuckerrohrfelder ist. Ich glaube nicht, dass es sich hier um nur drei Jahre junge Rums handelt. Nimmt man größere Schlücke wird der Rum auch ordentlich adstringierend. Das macht richtig Spaß! Zum Ende hin werden die pflanzlichen Eindrücke mehr und ich glaube wieder vermehrt an einen Agricole. 

Abgang: hier bleibt ein leicht medizinischer Touch und etwas sprittiges, wobei ich mir irgendwie fast sicher bin, dass das auch zum Teil Alterserscheinungen des Rums sind, denn dieser Eindruck passt erstens eher nicht zum bisherigen Auftritt des Rums und zweitens habe ich dahinter auch noch Rest-Anklänge, die sehr viel besser dazu passen.

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Fazit: richtig guter Stoff! Ich weiß ja, dass frühere Abfüllungen von heutigen teils erheblich abweichen, sei es in Stil als auch in Qualität, aber das hier ist heute schon eine Ansage gewesen! Ich bin schwer beeindruckt! Da hat Barbancourt ja mal richtig geilen Rum hergestellt, der in mir zusätzlich die Frage aufwirft, inwieweit Caroni nicht doch auch anderswo herzustellen wäre, denn die groben Ähnlichkeiten sind schon da! Davon ausgehend, dass die damals nicht unbedingt einen Heavy Barbancourt herstellen wollten, um 70 Jahre später irgendwelche Nerds zu beeindrucken, vermute ich, dass Kopf und Schwanz des Destillats großzügig abgeschnitten wurden, und hier vor allem das Herz zum Zuge kam. Wären sie hier damals also "großzügiger" beim Schneiden gewesen, wer weiß, was dabei am Ende rausgekommen wäre... Leider sind die heutigen Abfüllungen mit dieser Qualität nicht mehr zu vergleichen. Bei der Punktevergabe habe ich mich deshalb heute extrem schwer getan, weil auch Nostalgie mitschwingt. Ich versuche fair zu bleiben und denke aber, bei nur leicht höherem Alkoholgehalt und ohne die Alterserscheinungen im Finish wäre sicher noch mehr drin gewesen! Aber auch so sind es noch:

-89/100-



Ich hoffe, mein kleiner Ausflug in die Vergangenheit hat euch gefallen! Wir sehen uns dann hier demnächst wieder. 

Bis dahin,
Flo

Sonntag, 23. Juni 2019

The Hampden DOKtrine: 6 x Highest Ester Rum!

Liebe Rum Gemeinde,

lange Zeit galt das Mark DOK von Hampden als so etwas wie eine Art unbekannter heiliger Gral. Niemand hatte ihn je gesehen, aber jeder, der sich mit Hampden intensiver auseinander gesetzt hatte, wollte ihn einmal kosten. Etwas beinahe schon mystisches umgab dieses Mark: während die einen an das ultimative Geschmackserlebnis glaubten, waren sich andere schon beinahe sicher, dass ein Rum mit derart hohem Estergehalt nahezu ungenießbar sein müsste. Seit 1,5 Jahren ca. ist der Mythos schließlich Wirklichkeit geworden und wir alle konnten Hampden DOK probieren. Zeit also, 5 der für mich spannendsten DOKs, sowie eine zweifelhafte Neuerscheinung einmal nebeneinander zu verkosten!

Zur Erinnerung: mit dem Mark DOK (Dermot Owen Kelly-Lawson, ein ehemaliger Besitzer Hampdens) bezeichnet Hampden seinen Rum mit dem höchsten legal auf Jamaica möglichen Estergehalt. Die Grenze liegt hier von Gesetzeswegen bei 1600 gr/hlpa nach der Destillation und das Mark DOK bezeichnet dementsprechend Rums mit einem Estergehalt von 1500 - 1600 gr/hlpa. Laut der Klassifizierung der Jamaica Rums im Allgemeinen macht ihn das zu einem Continental Flavoured Rum. Bereits eingangs sprach ich die Kontroverse um DOK an: das Mark galt unter Connaisseuren lange Zeit als das spannendste Geheimnis der Destillerie. Seinen Ursprung hat der Stil nämlich im Rumhandel mit Deutschland im 19. Jahrhundert, weswegen er quasi als Hampden-Essenz angesehen werden kann. Die Frage der Genießbarkeit stand dabei aber immer wieder im Raum. Und da würde ich jetzt, mit sechs gefüllten Gläsern vor mir, einfach sagen: schauen wir mal! 


Die heute verkosteten DOKs:

  • Letter Of Marque Jamaica Rum 8 YO Hampden 2009 - 66,4% vol.
  • Compagnie Des Indes Jamaica Rum 9 YO Hampden 2009 - 60% vol.
  • Hampden Jamaica Rum unaged - ~75% vol.
  • Hampden Jamaica Rum unaged  - 85,6% vol.
  • 1423 S.B.S. Jamaica Rum 6 Months Old 2018 - 59,7% vol.
  • Rom De Luxe Jamaica Rum 3 Months Old 2009 - 85,2% vol.





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Letter Of Marque Jamaica Rum 8 YO Hampden 2009 - 66,4% vol.%

Zum Letter Of Marque DOK muss und möchte ich gar nicht mehr viel sagen. Der Rum ist schließlich auch mit mein Baby gewesen und daher wäre alles, was ich hier über ihn sagen könnte noch weniger objektiv als es die Meinung eines einzelnen ohnehin schon immer ist. Kurz die Facts: 8 Jahre kontinentale Reife weist er auf, er kommt in Cask Strength und hatte einen Ausgabepreis von ca. 50,- Euro für 0,5 Liter. Es war seinerzeit die meines Wissens nach erste Abfüllung, bei dem sich das Mark DOK auch auf dem Label eines Rums befand.


Nase: ich habe eine tiefe, ausgewogene, Hampden-typische starke Ester-Nase mit viel Klebstoff, Nagellackentferner, Marzipan und Ananas, aber auch gebackene Banane, Zitrusnoten und etwas Humus sind dabei und ein für seine 8 Jahre auch schon guter Einschlag vom Fass.

Gaumen: brutal schlägt der LOM am Gaumen ein. Bäm! Alkoholische Schärfe, Adstringens, Ester-Flut... der DOK geht die volle Distanz! Wahnsinniger Körper! Ich habe an Eindrücken Ananas, Toffee, altes Holz, Antipasti und eine für mich noch immer ungewöhnliche Reife, für einen nur 8 Jahre kontinental gelagerten Rum.

Abgang: esterige Eindrücke und Ananas begleiten den Rum, auf dem Weg nach unten, später gesellen sich auch Holznoten dazu.

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Fazit: ein starker Vertreter seiner Zunft, wenn auch kein ganz überragender. Der Reiz des Bottlings damals lag für mich seinerzeit im Unbekannten. Hampden kann durchaus noch mehr!

-85/100-




Compagnie Des Indes Jamaica Rum 9 YO Hampden 2009 - 60% vol.

Der Compagnie Des Indes DOK ist in dieser Runde, unter jenen Rums die offiziell releast wurden, so ein wenig der unterschätzte. Er führte das Mark DOK nicht auf dem Label, ist aber aus dem gleichen Batch wie der Letter Of Marque oder auch der heute nicht mit verkostete Kintra Hampden 2009 und mit einem Jahr Reife mehr. Mit seinen 60% vol. kommt er allerdings nicht ganz in Fassstärke daher. Der Ausgabepreis lag bei ca. 100,- Euro für 0,7 Liter.


Nase: die Eindrücke vom Letter Of Marque spiegeln sich hier in auffälliger Weise wieder, auch er hat die volle Dröhnung Ester mit all dem Klebstoff, scharfen Lösungsmitteln, Ananas, Bananen, Zitrusnoten und dunkler Erde. Das Fass hat sich hier noch positiver bemerkbar gemacht als beim LOM, denn der Rum kommt in der Nase deutlich runder daher, mutet noch etwas angenehmer an. Insgesamt sind sich beide Rums aber schon sehr, sehr ähnlich.

Gaumen: der Compagnie Des Indes kommt am Gaumen weicher und etwas gnädiger daher, die Verdünnung scheint sich hier positiv bemerkbar zu machen. Adstringens und die volle Ester-Power prägen aber auch hier das Bild am Gaumen. Die Assoziierungen decken sich hingegen nahezu vollständig mit denen beim LOM. Mit zunehmender Verweildauer bemerke ich die Verdünnung, da der Rum am Gaumen nicht ganz so cremig wird wie der LOM.

Abgang: eine riesige Schoko-Toffee-Note habe ich zu Beginn! Danach sind es dann Eindrücke vom Holz und von Antipasti.

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Fazit: die Verdünnung hat den Rum in der Nase und in seiner gesamten Zugänglichkeit meines Erachtens gepusht. Nach hinten heraus fehlte dann ganz leicht die Kraft. Unterm Strich sehe ich ihn aber leicht über dem LOM.

-86/100-




Hampden Jamaica Rum unaged - ~75% vol.

Den ungelagerten DOK mit 75% vol. erhielt ich aus ungenannter (aber nicht unbekannter) Quelle. Er wurde leicht verdünnt, hat nicht mehr ganz distillation-strength. Das Sample entstammt keiner releasten Abfüllung.


Nase: hui, hier wird das Tempo dann schon merklich angezogen. Hampden-DNA! Aber das ganze kommt leider auch sehr scharf und stechend daher. Dass das kein Rum in gewöhnlicher Trinkstärke mehr ist fällt sofort auf. Auch er bietet die geballte und vielfach umschriebene Ester-Palette mit allem was dazu gehört, allerdings fehlen natürlich die gelagerten Komponenten vom Fass. So ist dann hinter der Ananas auch schon beinahe Schluss.

Gaumen: der Einschlag erfolgt nicht ganz so brutal wie erwartet, aber er erfolgt. Der Alkohol fordert die Zunge und den Gaumen schon sehr heraus. Hat sich der Sturm gelegt, empfinde ich den Rum allerdings als angenehm, lecker und typisch. Ich habe esterige Eindrücke, viel Ananas und Banane, Traube und dazu Klebstoff, sowie etwas, was mich an Savanna HERR erinnert.

Abgang: es bleiben die Erinnerungen an den HERR und etwas Traube.

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Fazit: das ist nicht schlecht, aber auch nichts, was ich, zumal pur und ob der Extremität, häufiger trinken würde. Ich danke dem Spender dennoch, dass ich die Möglichkeit hatte, den Rum zu probieren.

-78/100-




Hampden Jamaica Rum unaged  - 85,6% vol.

Mein Sample des ungelagerten DOKs in distillation-strength mit 85,6% vol. erhielt ich von einem mir bekannten und lieben Connaisseur aus Dänemark. Auch dieses Sample entstammt in dieser Form keiner bisher releasten Abfüllung.


Nase: ja, okay, so langsam geht es dem Gipfel des Machbaren entgegen. Der Rum kommt sehr angenehm daher, nicht so stechend wie der DOK mit 75% vol., dafür aber noch voller und intensiver im Aroma. Großes Kino! Viel Lösungsmittel und etwas Ananas und Banane habe ich. Aber dieser Rum ist schon ein Ausrufezeichen!

Gaumen: kleine Schlücke sind angesagt, na klar. Und hier wird es nun schon wirklich krass. In mir melden sich Alarm-Rezeptoren, die dafür zuständig sind, uns vor giftigem und ungenießbarem zu schützen. Auf der Zunge bilde ich mir ein, dass sich der Rum gerade versucht durchzuätzen. Die Speichelbildung funktioniert nur noch eingeschränkt, man bekommt den Rum kaum milde "gebissen". Dennoch macht das auf eine perverse Art und Weise irgendwie Spaß. Ist der Alkohol dann weitgehend abgeklungen, was ewig dauert, ist der Rum richtig lecker und aromatisch. Ich habe Ester-Total, Banane, etwas Sahnetoffee und mediterrane Assoziationen. Ein bemerkenswerter Tropfen!

Abgang: Antipasti und etwas Humus begleiten den Hampden nach unten. 

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Fazit: Freak-Stoff! Ob sowas wirklich Platz am Markt hätte? Einmalig mit Sicherheit, aber ich glaube, die Möglichkeiten der Anwendung sind hier sehr begrenzt. Und so lecker der Rum irgendwie auch ist, aber nicht mal im Drink kann ich mir vorstellen, dass das richtig gut geht, da er vermutlich zu dominant wäre. Die Grund-Qualität liegt hier eindeutig höher als bei der Probe mit dem 75% Stoff, aber der Alkohol ist omnipräsent.

-82/100-




1423 S.B.S. Jamaica Rum 6 Months Old 2018 - 59,7% vol.

Der 1423 S.B.S. DOK ist eingeschlagen wie zuvor nur der Letter Of Marque, nachdem bekannt wurde, dass es sich hierbei um einen New Make DOK aus 2018 mit lediglich dreimonatiger Reifung in einem PX-Cask handelt. Mit einem Alkoholgehalt von 59,7% vol. ist er, wenn man so will, das "Leichtgewicht" in unserer heutigen Runde. Der Ausgabepreis lag bei ca. 80,- Euro für 0,7 Liter, was für einen nahezu ungelagerten Rum schon eine Ansage war. Und zumindest in meinem Fall war der Preis auch der Grund, warum ich keine Flasche gekauft habe. Mir war er deutlich zu teuer, auch wenn unser nächster und letzter Rum gleich zeigen wird, dass es auch immer noch abgehobener gehen kann.


Nase: es geht mit den Volumenprozenten wieder deutlich nach unten, dafür kommt ein wenig Fass dazu und das nimmt man deutlich wahr! Es wird zwar klar, dass auch dieser DOK noch sehr jung ist, aber das PX-Fass hat hier in nur drei Monaten schon gewirkt. Typisch Hampden, aber mit einem leichten PX-Einschlag kombiniert diese Abfüllung so ein wenig das beste aus beiden Welten, aged als auch unaged. Gefällt mir sehr gut!

Gaumen: nach der Tortur mit den 75, bzw. 85%igen Hampden gleicht dieser DOK hier einem Gaumenschmeichler. Und tatsächlich tut er das nicht nur rein wegen des geringeren Alkoholgehalts, sondern weil die Qualität hier auch richtig gut mitspielt! Ich sehe Ähnlichkeiten zum 85%igen DOK, aber das ganze kommt hier, mit ca. 25% vol. weniger, natürlich ungleich smoother daher. Am Gaumen macht sich das PX-Fass zunächst wenig bemerkbar und so steht vor mir ein doch eher noch klassischer Hampden in sehr bedacht berührter Form. Dann plötzlich, der Rum verweilt schon eine ganze Weile im Mundraum, kommt der Sherry doch noch. Das passt wirklich gut! Allerdings zeigt sich am Gaumen auch, dass der Rum eben wirklich noch nicht alt ist, kann sich, anders als in der Nase, gegen die beiden acht jährigen nicht mehr behaupten.

Abgang: Sherry und Hampden-typische Elemente weisen dem Tropfen den Weg hinab. 

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Fazit: hier hat man ganz offensichtlich mit sehr wenig schon sehr viel erreicht. Von den (in diesem Fall fast) ungelagerten DOKs bisher das mit Abstand beste und rundeste Paket! Well done!

-83/100-




Rom De Luxe Jamaica Rum 3 Months Old 2009 - 85,2% vol.

Der Rom De Luxe DOK ist für mich, auf den Punkt gebracht, wohl schon jetzt der ambitionierteste Anwärter auf die Frechheit des Jahres! Bei einem Ausgabepreis von ca. 200,- Euro (!!) und Randdaten zur Abfüllung, deren Inhalt als auch Layout dem Konsumenten auf den ersten Blick eine Fassreife von 10 Jahren suggerieren, macht sich dieser Rum bei mir hochgradig unbeliebt. Die Angaben auf dem Label sind in höchstem Maße irreführend! Mit der "10" wird eine konventionelle Fassreife suggeriert und man gibt sich alle Mühe zu verschleiern, dass es sich hier lediglich um einen ungelagerten Rum mit dreimonatiger Stippvisite in einem Ex-Madeira Cask handelt, für den man aber, Achtung, nochmal, 200,- (!!) Euro haben möchte! Und ich halte es darüber hinaus an der Stelle schon auch für gewagt, bei der Lagerung im Ex-Madeira Fass von einem Finish, also einer Nachreifung, zu sprechen, wo es zuvor aber niemals überhaupt auch nur irgendeine Reifung in anderer Form gegeben hat! Die zehn Jahre im Stahltank sind vollkommen irrelevant, nehmen stilistisch auf dem Label aber den Rahmen einer Fassreife an. Für mich ist diese Abfüllung daher ein Täuschungsversuch und ein Schlag ins Gesicht vieler anderer ehrlich und transparent arbeitenden unabhängigen Abfüller! Entschuldigt, Jungs, aber überteuerte Produkte mit Pseudo-Age-Statements? Genau dafür werden Marken wie Zacapa & Co. seit Jahren stark aus der Rum Szene heraus kritisiert. Zurecht. Musste man wirklich ausgerechnet dort nun anschließen?


Nase: im Vergleich zum 1423 S.B.S. kommt dieser hier wieder schärfer und stechender daher. Das Finish macht sich auch hier bemerkbar, allerdings muss man da durch den dichten Alkohol auch erstmal hinkommen. Das Madeira Cask hat diesem Hampden irgendwas mitgegeben, was mich irritiert und mir auch, gerade im Vergleich zum vorherigen Glas, nicht so gut gefällt. Die geringe Reife des Rums kommt hier ebenfalls viel stärker heraus als beim 1423 DOK.

Gaumen: und zum Abschluss also nochmal voll in die Fresse! Klar, der Alkohol macht sich auch hier bemerkbar, ist aber deutlich besser eingebunden als bei der ungelagerten Version mit 85,6% vol.. Die Reifung im Madeira Cask hat dem Rum sicher schon etwas von seiner Schärfe genommen. Das ist damit zwar weniger brutal als beim 85% unaged DOK, aber dieser gefiel mir geschmacklich besser. Das Finish bringt eine Art Trauben-Einschlag mit rein, was mir weniger gefällt.

Abgang: im Mund bleibt ein ganz unangenehmer Ton zurück, der vermutlich vom Madeira-"Finish" stammt, ergänzt um die typischen Eindrücke von ungelagertem High Ester Rum. 

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Fazit: Viel Lärm um doch eher wenig! Mir gefielen alle Rums heute, bis auf den 75%igen unaged DOK, besser als dieser hier.

-78/100-

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Gesamt-Fazit:

"DOK is not for drinking!" ? - Jain! Diese inzwischen schon fast legendäre Aussage, die in erster Linie aber angeblich nur feststellen wollte, dass diese Art Rum weder kreiert wurde, um pur getrunken zu werden, noch dass sie in der Karibik, bzw. auf Jamaica, von den Einheimischen pur genossen wird, schlug hohe Wellen. Aus Sicht eines mitteleuropäischen Rum Snobs allerdings, bieten auch diese Monster extreme Reize und insbesondere durch Fassreife, entstehen hier meines Erachtens durchaus sehr gut genießbare Tropfen. Und doch: dieses Cross-Tasting war in höchstem Maße anstrengend und schon sehr für die Wissenschaft! Ich kann den Compagnie Des Indes, der für mich beste DOK im Feld, pur genießen und auch den knapp dahinter rangierenden Letter Of Marque, also jene beiden, die auch schon acht, bzw. neun, Jahre im Fass gelegen haben und ja, vielleicht auch noch den 1423 S.B.S.. Aber alles dahinter ist mir dann einfach zu extrem. Das kann man trinken, klar, und ich finde das auch in höchstem Maße spannend und für den Moment dann reizvoll, aber ich sehe mich damit nicht in einem Ledersessel sitzend und einfach nur genießend. Da fallen mir viele andere Rums eher ein.

Der Sieger im Cross-Tasting, ich hatte es gerade ja schon fallen gelassen, ist für mich der Compagnie Des Indes. Die Unterschiede zu unserem Letter Of Marque sind marginal, aber sie sind da und so führen die beiden das Feld für mich an. Dahinter sehe ich den 1423 S.B.S., der für mich sogar die beste Nase im Gesamtfeld und damit gar wortwörtlich die Nase vorn hatte. Er hatte erst am Gaumen dann gegenüber den beiden länger gereiften Rums das Nachsehen. Auf Platz 4 sehe ich den 85,6%igen ungelagerten DOK in distillation-strength, der zwar extrem eskalierte, für mich dann aber am Ende schon auch ein Stück zu weit von Genuss im eigentlichen Sinne geht. Den letzten Platz teilen sich der Rom De Luxe und der 75%ige unaged DOK. Beim Rom De Luxe störte mich einfach die Eigennote und der 75%ige ist für meinen Geschmack etwas zu unballanciert. Ein letztes Wort gerne noch zum Rom De Luxe: zunächst wollte ich diesen Rum eigentlich komplett boykottieren, habe mich aber letztlich dagegen entschieden, um meiner Verärgerung über ihn, siehe oben, hier auf BAT eine Plattform geben zu können, denn das war mir ein Bedürfnis!

Die Empfehlung freilich spricht sich heute eigentlich von selbst aus: der Compagnie Des Indes! Er ist der einzige aus der Runde, der mir gefallen hat, der mir sogar auch am besten gefallen hat und auch noch zu einem einigermaßen humanen Kurs erhältlich ist. Zwar empfand ich auch dessen Preis schon sehr hoch, da ich durch Letter Of Marque weiß, was Main für die Fässer haben wollte, aber das ist zumindest noch guten Gewissens vertretbar. Der Letter Of Marque wäre, zum Ausgabepreis, mein Preis-Leistungs-Sieger gewesen, aber das galt ja nur für nicht einmal 30 Minuten. Insofern ist es dann der wohl unterschätzte CDI, bei dem ich mich frage, warum es ihn noch auf dem Markt gibt, wo für den LOM teilweise vollkommen irre Summen auf dem Secondary Market aufgerufen als auch bezahlt werden.

Bedanken möchte ich mich abschließend bei den Jungs, die immer wieder unermüdlich Flaschenteilungen auf die Beine stellen, sowie bei den edlen Spendern, die sich jetzt hoffentlich angesprochen fühlen, der beiden unaged DOKs. Vielen Dank an alle, die dieses Tasting möglich gemacht haben!

Bis demnächst,
Flo

Freitag, 21. Juni 2019

Mojito mit Hampden Estate Jamaica Rum

Liebe Rum Gemeinde,

es ist Sommer und in der warmen Jahreszeit ist mir nach kühlen Drinks! Zwei Rums aus einer meiner Lieblings-Destillerien, die hier in meinem Schrank bislang eher ein Schattendasein geführt haben, treten dafür hervor ins Rampenlicht! 



Die beiden Originalabfüllungen von Hampden, die in enger Kooperation mit Velier entstanden sind, habe ich im August vergangenen Jahres auf BAT vorgestellt und hatte dabei keine schlechte Meinung zu ihnen. Sie waren allerdings in meinen Augen für Hampden eher untypisch, sehr unaufdringlich, bei weitem nicht so brachial, wie das, was wir von unabhängigen Abfüllern sonst so geliefert bekamen. Das hat sie nicht schlechter gemacht, aber sehr anders. So anders, dass ich sie mir auch in Drinks vorstellen kann, in denen ich Hampden sonst eher weniger sehe, Drinks, wie den Mojito.

Versteht mich nicht falsch, ich sehe die Rums nicht grundsätzlich im Bereich Mixing, die Qualität liegt sehr hoch. Einzig: recht dazu eingeladen, sie mir mal pur einzuschenken haben sie mich auch nicht, bedingt durch sehr viel Konkurrenz im Sample-Schrank. Und so trafen der Umstand, dass ich etwas bezahlbares zum Vermixen gesucht und einen großen Topf wunderbar sprießender Minze, den mir ein sehr lieber Mensch vertrauensvoll überantwortet hat, hier stehen habe zusammen und ergaben die Idee für diesen etwas gereifteren Mojito. Ob das funktioniert? Here we go!


Das Rezept:
  • 3,0 cl Hampden Estate Jamaica Rum - 46% vol.
  • 3,0 cl Hampden Estate Jamaica Rum - 60% vol.
  • 3,0 cl Limettensaft
  • 1,7 cl Rohrzuckersirup

  • Im Shaker mit ca. 8-10 Blättern Minze (vorher anklatschen!) geschüttelt, ins vorgefrostete Longdrink Glas geben und mit etwas Sodawasser auffüllen. Anschließend mit frischen, angeklatschten Minzeblättern garnieren. 


Mojito mit Hampden Estate Jamaica Pure Single Rum:

Da Minze nicht annähernd so viel Farbe abgibt wie beispielsweise Basilikum, habe ich einen leicht grünlichen, milchigen Drink vor mir, der, bedingt durch den verwendeten tropisch gelagerten Rum deutlich dunkler ist als ein Mojito normalerweise daherkommt.

Geschmacklich gefällt mir die Kombination auf Anhieb! Da die beiden Hampden sehr gemäßigt daherkommen und nicht einmal annähernd so extrem durchladen und reinpowern wie die allermeisten ihrer Vertreter im High Ester Bereich, sind sie offen dafür, hier mit der Minze eine Verbindung einzugehen, die funktioniert, und die auch Sinn ergibt, da sich beides genial ergänzt, wie ich finde. Die Minze verleiht dem ganzen, gerade auch in der Kombination mit Süße und Säure durch Zucker und Limette, einen wunderbar frisch-herben Grundcharakter, der super zur Jahreszeit und zu den Temperaturen draußen passt, und der Rum zaubert einem ja ohnehin die Karibik ins Glas. Gleichzeitig kommt aber mit jedem Schluck auch immer noch genug Hampden-DNA durch, um dass der Drink nicht allzu beliebig wird. Einzig bei der Zugabe von Soda muss man ein wenig aufpassen, sonst kann das ganze schnell verwässern. Ich empfehle hier wirklich nur eine Art Topping mit maximal 5 cl. Experiment gelungen!

Fazit: ich bin schon sehr angetan! Zwar denke ich, dass ich mir die beiden Rums nicht extra für diesen Drink kaufen würde (ich bin aber auch ein Freak, probiere noch dazu auch viel zu gern immer wieder neues, so dass ich grundsätzlich wenige Rums nur für einen Drink kaufen würde), und dahin würde auch meine generelle Empfehlung an dieser Stelle nicht gehen, aber wer sie ohnehin bei sich daheim zu stehen hat, dem lege ich mehr als nahe, diese Kombination einmal auszuprobieren. Es lohnt sich in meinen Augen! Und so ist dieser kleine Beitrag am Ende dann bitte auch zu verstehen. Ich habe bestimmt nicht den heiligen Gral gefunden, sondern möchte euch lediglich eine kleine Anregung für das kommende Wochenende mitgeben, denn ich weiß ja, dass die beiden Rums bei vielen von euch zuhause stehen. Am Sonntag wiederum gibt es dann wie gewohnt eine größere Review. 

Bis demnächst,
Flo

Sonntag, 16. Juni 2019

Rum Collins mit Habitation Velier Hampden LROK

Liebe Rum Gemeinde,

bereits Anfang Mai habe ich damit begonnen, euch die aktuelle White Rum Range von Habitation Velier vorzustellen. Der STC❤E von Long Pond markierte dabei den Startpunkt und heute wird es mit einem ungelagerten LROK aus Hampden weitergehen. 



Hampden in ungelagerter Form - das hat es bisher, zumindest ausgewiesen auf dem Label eines Rums, noch nie gegeben! Auch der Rum Fire, ein klarer Rum, ist gelagert worden. Nicht lang, gewiss, aber gelagert. Komplett ungereift sind der LROK und der <>H for Whisky Live 2018 die beiden ersten Rums, die in diese Richtung angeboten werden. 
Natürlich habe ich beide auch pur probiert und was den LROK betrifft, so war ich jetzt erstmal nicht komplett überzeugt. Natürlich schmeckt man Hampden-DNA und auch die Qualität stimmt, der Rum ist frisch, er ist fruchtig, aber ich würde ihn mir einfach nicht zwischendurch mal einschenken und pur genießen. Dafür fehlt mir da ungelagert einfach noch zu viel und ich schiele natürlich wieder in die Richtung eines Collins. 


Auffällig ist, wenn man die Label betrachtet, dass Velier den Estergehalt eines LROKs abweichend zu dem definiert, was Hampden selbst dazu für einen LROK angibt, nämlich 200 - 400 gr/hlpa. Ob es sich dabei einmal mehr um einen klassischen Labelfehler handelt oder wir hier demnächst vielleicht auch neue Fakten erhalten, bleibt für den Moment aber unklar. Ich für meinen Teil werde mich jetzt aber meinem Collins widmen. Und da ich beim letzten Mal tatsächlich vergessen hatte das Rezept mit anzugeben, werde ich das heute natürlich nachholen. 


Das Rezept:

  • 5 cl Habitation Velier Hampden LROK White
  • 2 cl Limettensaft
  • 1 cl Zuckersirup
  • Mit Sodawasser auffüllen. 





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Rum Collins mit Habitation Velier Hampden LROK White:

Farblich ist der Drink möglicherweise minimal grünlicher als der Collins mit dem STC❤E, da scheint die Limette also ein wenig mehr Farbe hergegeben zu haben.

Geschmacklich kommt der Hampden dann natürlich sofort ganz dominant durch und macht klar, wer der Chef im Ring ist. Das ganze wirkt mit einem Hampden so ein wenig wie die Basis für einen Mai Tai, in dem noch Orgeat und Curacao fehlen, aber durch deren Abwesenheit und ohne die Fassnoten eines gelagerten Rums ist das hier eben die noch viel frischere und sommerlichere Version dieses Drinks. Ich fühle mich allerdings an den Mai Tai damals mit Rum Fire erinnert, der nur nach Rum Fire mit Limette und Süße schmeckte. In die Richtung geht das hier auch. Die 62,5% vol. kommen sehr smooth daher und alkoholische Schärfe oder ähnliches sucht man im Drink vergebens. Wiederum gefällt mir die aufgefizzte Version eines Daiquiri sehr viel besser als mir oft Daiquiris selbst gefallen, da ich schon auch ein Fan von Long Drinks oder High Balls bin. Dadurch ist der Drink erfrischend, lecker, leicht, fruchtig und... ganz schön potent! Auch wenn man den Alkohol selbst nicht wirklich schmeckt, so fällt es einem doch auf, dass der Collins ganz schön bumms hatte, sobald das Glas leer ist.

Fazit: mir persönlich hat dieser Drink noch etwas besser geschmeckt als der Collins mit dem STC❤E, der mir ja auch schon sehr gefallen hatte. Das macht schon sehr großen Spaß im Glas. Aber auch für einen ungelagerten Hampden würde ich nicht dieses Geld ausgeben. Da fehlt mir einfach das Verhältnis und ich denke, es wäre theoretisch auch möglich, einen solchen Rum auch deutlich günstiger anzubieten. Lagerraum, Angels Share, Überwachung der Reife... quasi alle Posten, die über die Jahre richtig ins Geld gehen bei einem Rum fallen hier weg, daher war ich zwar neugierig, wie die Rums schmecken, aber eine ganze Flasche zu kaufen... nein, das ist dann angesichts dessen auch schon fast irgendwo wieder eine Sache des Prinzips!
Die reine Qualität des Produkts soll dieser Umstand aber natürlich nicht schmälern, weswegen ich es einerseits schade finde, dass der Preis den naheliegendsten Anwendungsbereich nahezu verhindert, es mir aber andererseits auch wichtig ist, diese Qualität dennoch auch noch einmal deutlich herauszustellen. Der Appell geht daher wirklich rein an die Preisgestaltung. 

Bis demnächst,
Flo


Sonntag, 9. Juni 2019

TRC Jamaica Rum 11YO WP 2007 - Ex-Laphroaig Cask

Liebe Rum Gemeinde,

es ist endlich einmal wieder soweit! Die erste "Recommended by Barrel Aged Thoughts"-Abfüllung von The Rum Cask seit eineinhalb Jahren steht vor der Tür und es geht gewisser Maßen ein Stück back to the roots - zurück zu den Wurzeln.



Wir erinnern uns: vor ziemlich genau sechs Jahren, im Sommer 2013, erschien mit dem 4 YO Worthy Park aus 2009 die erste solche Abfüllung mit dem goldenen Sticker und auch die jetzt insgesamt achte "Recommended"-Abfüllung wird wieder aus Worthy Park stammen - nicht offiziell, der Name darf das Label nicht zieren, aber das Kürzel WP führt in Zusammenhang mit Jamaica Rum wohl eher weniger zu irgendwelchen Unklarheiten. 😉

Damals, in 2013, war eine Abfüllung aus Worthy Park noch etwas sehr besonderes und spezielles. Es war seinerzeit der allererste Rum von dort den ich im Glas hatte und meines Wissens nach auch der erste unabhängig abgefüllte Worthy Park überhaupt. Es gab schon ein paar OBs, soweit ich mich erinnere, aber die wurden in Europa noch nicht vertrieben, zumindest nicht in einem größeren Stil, so dass sie den Connaisseuren zu dieser Zeit dementsprechend noch nicht bekannt waren. Kurz: die Abfüllung von TRC damals entsprang noch echtem Pioniergeist! Heute hat sich die Situation stark gewandelt. Rums aus Worthy Park diverser Jahrgänge zählen inzwischen  zum Portfolio zahlreicher unabhängiger Abfüller und auch die Destillerie selbst investiert viel in den Aufbau des eigenen Namens und seines Labels. Dies führte letztlich dann auch dazu, dass man damit begann, juristisch gegen die Verwendung des Namens Worthy Park auf den Labeln unabhängig abgefüllter Rums vorzugehen. Kein schöner Zug, wie ich finde, da die unabhängigen Abfüller sich in den letzten Jahren sehr um die Popularität Worthy Parks verdient gemacht haben. Ich plädiere im Zweifel immer für maximale Transparenz und finde, dass die Nennung des Erzeugers eines Produkts auch zu jenen Angaben zählt, auf die der Verbraucher am Ende auch ein Recht hat sie zu erfahren (und nicht nur, wenn er sich auskennt und Kürzel deuten kann). Nichts desto weniger kann ich den Schritt, rein aus Sicht von Worthy Park, natürlich ein Stück weit nachvollziehen und es ist ja auch deutlich zu erkennen, dass die Jungs dort noch einiges vorzuhaben scheinen und regelmäßig neue Releases am Start haben. Ich bin an dieser Stelle allerdings auch insbesondere gespannt, wie man die Destillerie langfristig spannend und im Gespräch halten möchte, denn ich sehe zwar die fast durchweg hohe Qualität bei Worthy Park, aber ich empfinde die Rums auch oft als ein wenig langweilig. Zu sagen, dass wenn man einen kennt, man irgendwie auch schon fast alle kennt wäre überspitzt, ist aber oft nicht weit weg vom ersten Gedanken. Höre ich inzwischen von einem neuen Worthy Park Release, dann stellt sich bei mir erstmal nicht direkt und unmittelbar ein Probieren-Wollen-Gefühl ein.

Dabei kann die traditionsreiche und in 2005 wieder in Betrieb genommene Destillerie durchaus einiges bieten! Eine Besonderheit bei Worthy Park ist nämlich, dass es da auch einige tropisch gereifte Rums zu den Bulkhändlern nach Großbritannien geschafft haben. Dies kommt bei den allermeisten anderen Destillerien eher nicht vor. Die unabhängig abgefüllten Rums aus Hampden beispielsweise sind alle kontinental gereift. Was dabei leider oft noch fehlt sind exakte Angaben aller Beteiligter zum Thema Reifung. So war zum Beispiel klar, dass der 4 YO aus 2009 oder der 9 YO aus 2005 lange Zeit tropisch gelegen haben müssen, rein auf der Grundlage ihres Geschmacksprofils, aber gesicherte Angaben hat es leider keine gegeben. Beim Bottling um das es heute geht war das erfreulicherweise anders und so wissen wir, dass der Rum, laut Broker, bis 2017 tropisch reifte und dann nach Europa kam. In Europa angekommen, wurde er dann in ein Ex-Laphroaig Single Malt Whisky Fass umgefüllt, welches The Rum Cask eigens dafür nach Schottland geschickt hatten. Anschließend wanderte das Fass wieder nach Deutschland zurück und reifte dort noch zwei Jahre, bis Anfang 2019, bis der Rum schließlich abgefüllt wurde. Was leider verloren ging, sind Angaben zum Fassungsvermögen des ursprünglichen Fasses und dementsprechend auch, wie hoch genau der Angel's Share war. Das einzige was gewiss ist, ist, dass während der zwei Jahre in Deutschland nochmal 10% des Fasses verdunsteten, was für kontinentale Verhältnisse doch enorm ist. Da 335 Flaschen (167,5 Liter) abgefüllt wurden ist zumindest klar, dass, die 10% Verlust drauf gerechnet, das ursprüngliche Fass ca. 186 Liter Rum enthielt. Wie groß dessen Fassungsvermögen war und wie häufig auf Jamaica während der ersten ca. 9 Jahre Umfüllungen verschiedener Fässer stattgefunden haben ist damit aber natürlich nicht zu rekonstruieren.

Vor der Abfüllung des Rums schickte mir Jens von TRC dann eine Fassprobe vom Rum zu und fragte mich zu meiner Einschätzung des Ganzen. Aus den oben genannten Gründen war ich aber zunächst erst einmal skeptisch. Ja, okay, ein neuer Worthy Park... okay, mit Finish, ja, mal schauen! Ich denke, viele von euch Lesern werden sich darin gerade wiedererkennen und sich ebenfalls fragen, was man jetzt vom x-ten Worthy Park halten soll und warum genau einen das jetzt interessieren sollte. Was, zumindest bei mir, dann aber folgte... lest selbst! 




Verkostung des The Rum Cask Jamaica Rum 11 YO Worthy Park 2007 - Ex-Laphroaig Cask:


Preis: der Worthy Park ist seit heute Nachmittag im Shop von The Rum Cask für 53,90 Euro für eine 0,5 Liter Flasche zu beziehen. 

Alter: von 2007 bis 2019 reifte der Rum insgesamt 11 Jahre im Fass. 

Lagerung: die Reifung erfolgte 9 Jahre, bis 2017, in tropischem Klima und im Ex-Bourbon Fass, sowie 2 Jahre im Ex-Laphroaig Single Malt Scotch Whiskyfass in Deutschland. 

Fassnummer: unbekannt. Abgefüllt wurden 335 Flaschen a 0,5 Liter. 

Angel's Share: unbekannt.

Alkoholstärke: der Rum kommt mit einem Alkoholgehalt von 57,9% vol. daher. Das entspricht der Fassstärke. 

Destillationsverfahren: Pot Still.

Mark: WP? - am ehesten tippe ich hier geschmacklich auf WPL oder WPM.

Farbe: sattes, kräftiges Gold. 

Viskosität: ein fetter Film beißt sich an der Glaswand fest. Es bilden sich kleine Tropfen und der Rum fließt in engen, unregelmäßigen Schlieren wieder an der Glaswand herab. 

Nase: nachdem der Rum doch einige Zeit im Blender's Glass atmen durfte, nehme ich nach wie vor eine doch recht präsente alkoholische Schärfe wahr. Dieses Phänomen beobachte ich häufig bei diesem Glastypen und es dauert häufig sehr viel länger als bei Standardgläsern, bis sich die Schärfe verflüchtigt. Hinter dem Alkohol finde ich dann allerdings auch sehr schnell ein tiefes und reichhaltiges Angebot. Da sind z.B. die für Worthy Park typischen Eindrücke von Bananen in allen erdenklichen Formen, seien es Bananenchips oder Bananenkompott, sowie Menthol, Anis und weitere Gewürze. Daneben habe ich dann auch noch vegetale Eindrücke von frischem Gras, sowie tatsächlich Teer. Habe ich vorher einen Caroni im Glas gehabt und nicht gespült? Nein, so extrem ist es nicht. Aber hier beginnt sich dann natürlich das Islay Finish zu zeigen, welches deutlich über dem Rum liegt und in Form von Rauch, Salz und Torf und in kleinen Schüben immer mal wieder durchschlägt. Diese Nachreifung in einem Ex-Laphroaig Fass fällt allerdings weit weniger extrem aus, als ich es bisher gewohnt war, wenn ich Rums mit einem solchen Finish im Glas hatte. Hier kommt das sehr ausgewogen daher. Es passt zum Profil von Worthy Park und gefällt mir außerordentlich gut!

Gaumen: der Rum kommt am Gaumen zunächst einmal ausgesprochen weich daher. Alkoholische Schärfe fällt mir nahezu keine auf, nur ein wenig britzelt der Rum auf der Zunge, was ich allerdings ausschließlich positiv empfinde. Mit der Zeit wird er dann cremiger. Das Profil von Worthy Park, wieder habe ich vor allem ganz viel Banane, geht mit dem Finish eine spannende Verbindung ein. Zunächst kommt dieses gar nicht so sehr heraus, Worthy Park-Banane, vegetale Aromen und etwas parfümiertes haben die Oberhand. Dann setzt aber das Finish ein, das hier jetzt auch präsenter ist als in der Nase, was mir gut gefällt. Immer wieder schlagen Rauch, Salz und Torf vom Laphroaig durch, als wäre das Jamaica Rumfass bei der Überfahrt aus der Karibik nach Europa vor der Westküste Schottlands in einen Sturm geraten, ohne dabei aber Schiffbruch zu erleiden. Denn, und das ist meines Erachtens eine gute Nachricht, der Rum ist noch immer klar und deutlich ein Worthy Park. Das Finish ist ein Twist, es überlagert den Rum nicht. Dieser wird nun trockener und adstringierend. Zum Abgang hin schlägt das Finish dann nochmal so richtig schön ein. Es ist ein wenig, als würde man den Worthy Park aus einem Aschenbecher trinken. Klingt widerlich, ist aber geil!

Abgang: im Abgang kommt das Finish dann noch einmal so richtig schön heraus, ohne aber insgesamt zu aufdringlich zu sein. Das passt super! 

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Fazit: Jamaica Rum feat. Islay Whisky! Was eine Kombination! Das macht richtig Spaß! Ich kann frei heraus gestehen, dass mich der Rum ohne das Finish vermutlich weder wirklich interessiert noch unbedingt abgeholt hätte, obwohl es auch dann mit Sicherheit noch ein qualitativ sehr guter Rum gewesen wäre. Aber: Worthy Park gibt es, wie oben beschrieben, am Markt seit einiger Zeit schon wie Sand am Meer und sie sind fast alle gleich - hoch in der Qualität, ja, allerdings ohne das Besondere; sie sind zumeist einfach langweilig. Möchte man hier aus der unübersichtlichen Masse, fast hätte ich Schwemme gesagt, herausstechen braucht es also schon das spezielle Element um (zumindest meine) Aufmerksamkeit zu generieren und das ist hier in ganz großartiger Art und Weise gelungen! Für mich ist diese Abfüllung daher auch ein klares Signal dahin, wie man Worthy Park in Zukunft interessant halten kann. Gesondert hervorheben möchte ich darüber hinaus das handwerkliche Geschick und auch den Mut der Jungs, denn einen Rum in einem Islayfass nachreifen zu lassen ist für mich der sprichwörtliche Ritt auf der Rasierklinge! Ich hatte schon ein paar solcher Rums im Glas und sie waren allesamt klar vom Fass überlagert. Einige waren trotzdem gut, aber das Fass hatte dem jeweiligen Rum jedes Mal den ganz eigenen Charakter über weite Strecken abgenommen. Das ist hier ausgeblieben, ohne, dass der gewünschte Effekt der Nachreifung deshalb aber verpufft wäre und und das gehört meines Erachtens einmal deutlich so herausgestellt! Große Klasse! Dazu kommt dann noch der sehr faire Preis, der das abrundet, denn auch bei Worthy Park sind die Preise zuletzt vielfach gestiegen. Wenn man mal was anderes im Glas haben möchte, man auf Jamaica Rum so ein wenig steht und gegen ein Islay Finish nichts einzuwenden hat, dann ist das hier definitiv der Rum der Wahl! Meines Erachtens zeigen The Rum Cask hier par excellence, wie man das gewöhnliche zu etwas besonderem machen kann, und das finde ich super! Das Finish hebt ihn für mich in die oberen Sphären, daher:

-88/100-



Bis demnächst!
Flo

Sonntag, 2. Juni 2019

Mai Tai mit H. Velier HGML 9 YO Hampden 2010

Liebe Rum Gemeinde,

es wird allmählich Sommer und so gibts von mir dementsprechend auch mal wieder einen Mai Tai für euch - heute mit einem der derzeit meist gefragtesten Rums am Markt, dem Habitation Velier Jamaica Rum HGML 9 YO Hampden 2010!



Ich denke, der Habitation Velier Jamaica Rum HGML 9 YO Hampden 2010 gehört zu dieser Art Rum, zu der man nicht mehr viele Worte verlieren muss, denn momentan redet ohnehin fast jeder über ihn - sei es, weil man ihn gerade verkostet hat, weil man noch ein Sample sucht, eine Flasche sucht... oder eine Flasche verkaufen möchte. Das ist das übliche Karussell, sobald ein neues, gefragtes Release von Velier am Start ist.
Ich hingegen möchte, nach meiner Purverkostung vor zwei Wochen, heute einmal schauen, wie sich der besagte Rum in meinem Lieblingsdrink macht, dem Mai Tai! Ihr wisst, ich kann bei einem guten und kräftigen Jamaicaner in aller Regel gar nicht anders. Und konnte mich dann letztlich auch der sehr hohe Preis (der Drink hat einen reinen Materialwert von ca. 12,50 Euro!) nicht davon abhalten, das mal zu versuchen, da ich nach meinen Eindrücken im Glas klar davon ausgehe, dass der Mehrwert des HGML im Drink noch einmal beträchtlich sein könnte. Viel Spaß!


Das Rezept meiner Wahl (nach Trader Vic):

  • 6,0 cl HV Jamaica Rum HGML 9 YO Hampden 2010
  • 1,5 cl Ferrand Dry Curacao 
  • 1,0 cl Meneau Orgeat
  • 0,6 cl Zucker
  • 3,2 cl Limettensaft (frisch gepresst!)





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Mai Tai mit HV Jamaica Rum HGML 9 YO Hampden 2010:

Farblich habe ich einen Mai Tai vor mir, wie er von Trader Vic optisch nicht treffender hätte beschrieben werden können! Ins gold-braune gehend, durch den entsprechend dunkleren, tropisch gereiften Rum, nur leicht milchig... das ist ein Mai Tai im Sinne des (mutmaßlichen) Erfinders!

Und geschmacklich? Nun, ohne da groß drum herum zu reden habe ich einmal mehr absolute Weltklasse im Glas! Mögen sie in der puren Verkostung noch immer wieder Abzüge beim Finish erhalten, aber im Mai Tai hat bisher noch jeder tropisch gereifte Hampden, den ich da getestet habe, voll abgeliefert - und nicht weniger erlaubt sich heute auch der HGML! Der Rum bringt seinen gesamten Geschmack, all seine Kraft und Komplexität und die geballte Ladung Ester mit in den Drink hinein. Das ist natürlich Dominanz nach allen Regeln der Kunst, aber der Hampden nimmt den übrigen Zutaten nicht die Luft zum atmen, sondern gibt ihnen Raum zur Entfaltung. Der ist kleiner als bei einigen anderen Rums, ganz klar, der HGML ist äußerst tonangebend, aber ich habe keinen Daiquiri! Gerade das Orgeat featured den Mai Tai ein ums andere mal. Insbesondere gefällt mir hier aber die Holz-Komponente vom Fass, die die intensive Reifung unterstreicht. Der Drink ist sehr potent, der hohe Alkoholgehalt ist wahrzunehmen; nicht in einer unangenehmen Weise, aber mit deutlicher Präsenz! Dementsprechend profitiert der Mai Tai dann auch noch vom Schmelzwasser und man muss sich mit dem Trinken nicht allzu sehr beeilen, bevor es in die Verwässerung geht. Klasse!

Fazit: ein Rum für über 120,- Euro im Mai Tai? Vor ein paar Jahren war das noch das absolut oberste Ende der finanziellen Fahnenstange! Inzwischen aber ist es schwierig geworden, Hampden auf diesem Niveau noch deutlich günstiger zu erhalten. Daher ist leider die Zeit gekommen, in der sich jeder selbst Fragen muss, ob er bei der Qualität Abstriche bereit ist zu machen, oder die Preisanstiege mitmacht. Ich für mich löse diese Frage meist darüber, dass ich nach Möglichkeit immer verschiedene Rums im Mai Tai teste und diese dann hier vorstelle, aber um mal ad hoc einen sehr geilen Mai Tai zu zaubern, zur entsprechenden Gelegenheit und wenn mir danach ist, brauche ich schon einen Rum im Regal, der komplett abliefert und da hat mich der HGML aktuell überzeugt, weswegen ich hier zur Zweitflasche tendiere. Für mich ist der HGML nicht weniger als DIE Mai Tai Empfehlung des Jahres 2019! Ich denke, das sagt alles.



Ein großer Dank geht auch heute noch einmal nach Rostock an euch beide! :-)


Bis demnächst,
Flo