Sonntag, 13. Januar 2019

Velier Demerara Rum 25 YO Albion 1986

Liebe Rum Gemeinde,

der Jahreswechsel ist durch und ihr seid alle hoffentlich gut ins neue Jahr 2019 hereingerutscht - das bedeutet also, dass dies der erste Rum ist, der in diesem Jahr auf BAT verkostet wird. Und dementsprechend habe ich mir da mit dem Albion 1986 auch gleich mal eine echte Granate für euch rausgesucht! Let's go!



Moment mal?! Erst Scoring, nun Demerara Rum?! Auf BAT?! Alles neu in 2019?! Ja, zugegebener Maßen bin ich grundsätzlich kein besonders großer Fan der Rums aus Guyana und dementsprechend waren diese bisher auch durch mich hier nicht vertreten. Das war bis 2015 immer der Part von Leo oder Marco und blieb im Anschluss daran, nach Leos Ausstieg und Marcos Umzug, leider verwaist. Leider, da ich weiß, dass viele von euch da draußen sehr auf Demeraras abfahren, aber ich kann mich nur schwer konstruktiv zu einem Stil äußern, der mir selbst nicht zusagt. Warum dann aber der Albion? Ganz einfach: der Albion-Stil ist die berühmte Ausnahme von der Regel! Dieser Stil gefällt mir nämlich ganz hervorragend.

Doch zunächst zum Rum selbst: beim Thema Albion muss ich ein klein wenig weiter ausholen, denn grundsätzlich haben wir es dabei mit einer Destillerie in Guyana zu tun, die es schon seit bereits fünfzig Jahren nicht mehr gibt, seit 1968 nämlich, und die dementsprechend auch gar nicht mehr unmittelbar für den heutigen Rum verantwortlich ist, gar nicht mehr verantwortlich sein kann. Wie der Name Albion dennoch auf das Label gelangen konnte? Nun, bei Albion handelt es sich, vereinfacht gesagt, inzwischen nicht mehr um eine aktive Brennerei, sondern nur noch um deren mutmaßlichen damaligen Stil, der als solcher auch über die Jahrzehnte noch namentlich erhalten blieb und in Form von Marks weiterhin zum Repertoire verschiedener Destillerien in Guyana gehörte und möglicherweise auch nach wie vor gehört. Das ist durchaus nicht ungewöhnlich für Demerara Rum, denn inzwischen existiert mit der Diamond Distillery nur noch eine einzige Destillerie in Guyana, aber es gibt trotzdem noch viele verschiedene Stile die auch namentlich bekannt sind und die auch immer wieder von unabhängigen Abfüllern auf die Flasche gebracht werden. Weitere Beispiele sind Port Mourant oder Enmore, die auch beide Schnittpunkte mit der Geschichte Albions haben.

Der Stil Albion wird durch die Marks AN und AW bezeichnet. Ob diese auch schon zu aktiven Zeiten Albions (1802/1803 bis 1968) verwendet wurden, oder nachträglich von späteren Destillerien zur Differenzierung und Unterscheidung von ihren hauseigenen Rums eingeführt wurden, weiß ich nicht. Laut Marco Freyer wurde der ursprüngliche Rum von Albion möglicherweise bereits in einer hölzernen Coffey Still gebrannt, während es gleichzeitig aber auch Hinweise gibt, dass in Albion in den Jahren vor der Schließung auch mit der Double Wooden Pot Still von Port Mourant destilliert wurde, welche sich zu diesem Zeitpunkt, in den 13 Jahren zwischen der Schließung Port Mourants im Jahr 1955 und der Schließung Albions im Jahr 1968, dort befunden haben soll. Unklar scheint mir dagegen, warum die Still von Port Mourant nach 1968 zu Uitvlugt ging, während das stilistische Erbe Albions anschließend bei Enmore produziert wurde, denn für alle neuzeitlichen Albions wird eine Wooden Coffey Still als Quelle angegeben, und da stand die letzte ihrer Art in Guyana eben in Enmore (bis auch dieses 1994 geschlossen wurde). Für unseren heutigen Rum bedeutet das also, dass es sich ganz genau betrachtet um einen Enmore Rum handelt, der im Jahr 1986 in der EHP Still im alten Stile Albions gebrannt wurde. Da wiederum ein Stil Albions nachgeahmt wurde, der wohl zwischen 1955 und 1968 mit der Double Wooden Pot Still von Port Mourant erzeugt wurde, trägt der Rum das Mark AW und nicht das Mark AN, welches wohl eher für den ursprünglicheren Stil stand.  Hinweise darauf, dass einer der ursprünglichen Brennapparate von Albion die Zeit der Destillerie Albion überdauert haben könnte, gibt es nicht. Eine solche Still war an keinem der Rums, die wir heute als Albions kennen, in irgendeiner Weise beteiligt. Lediglich der Geschmack soll an den Rum angelehnt sein, wie er damals produziert wurde. Hinreichend nachzuvollziehen ist das aber leider nicht mehr. Das Fass, in welchem der Rum lag trug die Nummer #10546 und lag vermutlich mindestens bis zur Schließung Enmores 1994 dort. Anschließend wanderten die Stills aus Enmore nach Uitvlugt, von wo sie Ende 1999 nach Diamond kamen. Ob das auch für die Fässer galt oder ob alte Lagerhallen aus Enmore möglicherweise weitergenutzt wurden, entzieht sich aber meiner Kenntnis. Spätestens ab dem Jahr 2000 lag dann aber wohl alles bei Diamond. 2011 wurde der Rum dann mit einem Alkoholgehalt von 60,6% vol. abgefüllt.
Wer da noch tiefer in die Materie einsteigen möchte, dem empfehle ich die Lektüre dieses Artikels zu Demerara Rum.

Zum ganz persönlichen Gossip gehört es, dass ich zu diesem Tropfen auf der Cologne Spirits 2018 am Stand von Rene van Hoven gekommen bin, wo es den Albion zu einem, für heutige Verhältnisse, unfassbar fairen Preis zu probieren gab. Von den insgesamt vier Albions, die es in Fassstärke gibt, war dies, nach dem 25 YO Albion AN 1983 und dem 17 YO Albion AN 1994, der insgesamt dritte für mich. Und um den Rum auch einmal ganz in Ruhe für den Blog, und damit für euch, verkosten zu können, konnte ich gar ein kleines Sample für zu Hause erwerben. Vielen Dank noch einmal an Rene!






Verkostung des Velier 25 YO Albion 1986:

Preis: der Ausgabepreis wird bei ca. 120 Euro gelegen haben. Heute hingegen wird es nicht einmal reichen, eine Null hinten dran zuhängen. Kaum irgendwo hat der Preiswahnsinn so zugeschlagen wie bei den Full Proof Demeraras von Velier.

Alter: der Rum ist 25 Jahre alt und reifte von 1986 bis 2011 im Einzelfass.

Lagerung: die Reifung fand von 1986 bis 2011 bei DDL in Guyana statt.

Fassnummer: #10546

Angel's Share: unbekannt. Er wird aber, gemessen daran, wie hoch er bei vergleichbaren Rums ausfällt, bei über 85% gelegen haben. 

Alkoholstärke: Full Proof - der Rum hat eine Fassstärke von 60,6% vol.

Destillationsverfahren: der Albion entstammt einer Wooden Coffey Still.

Mark: AW

Farbe: wunderbares tief braunes Kupfer, Mahagoni. 

Viskosität: satte, fette und breite Schlieren bilden sich an der Glaswand, die schnell an der Glaswand herunterlaufen. Wahnsinnig ölig!

Nase: Boah! Was für eine Nase! Sehr, sehr voll und reichhaltig. Tief. Komplex. Was für eine Bombe! Das hohe Alter und die tropische Reife merkt man dem Rum sofort an. Alkoholische Schärfe habe ich, nach ca. 45 Minuten des Atmens, kaum. Das Bouquet ist überaus üppig und erinnert mich spontan an sehr alte, tropisch gereifte Caroni. Ich habe zu Beginn eine deutliche Klebstoffnote (Pritt-Stift) und dahinter eine herrliche, natürliche Süße, die mich an Rosinen und andere Trockenfrüchte erinnert. Dazu kommen auch Karamell und Toffee. Danach gesellen sich dann sowas wie Holzlack, Petroleum, Terpentin und etwas Metallisches dazu, was mich an dieser Stelle besonders an die Caroni erinnert. Dahinter donnern dann aber auch schon die Tannine heran, und das gewaltig! Jetzt habe ich ganz viel Eichenholz vom Fass dabei, allerdings super integriert. Der Rum ist nicht verholzt, überhaupt nicht! Peripher erhasche ich Leder und Anis. Wow! Ich könnte ewig an diesem Rum herumschnüffeln.

Gaumen: mhmmm! Ein wunderbar gesetztes Destillat! Die alkoholische Schärfe blitzt nur zu Beginn kurz auf und macht dann Platz für Rum-Flavor ohne Ende. Der Albion ist vollmundig, wunderbar cremig und auch dezent adstringent. Das folgende Aromenfeuerwerk wird von einer schönen Süße eingeleitet, der eine unfassbar geile Holznote mit Earl Grey Tee und Anis folgt. Süße und Bitterkeit gehen hier in einer sehr, sehr gewinnbringenden Liaison zusammen. Mit dabei ist auch Teer, der mich wiederum sehr an Caroni erinnert, sowie etwas medizinisch anmutendes. Darauf folgt eine tolle Spur Nelke, die in den Abgang führt.

Abgang: Holzlack und Eichenholz satt! Dazu kommen Anis und Nelke. Trocken, bitter, aber nicht unangenehm bitter. Der Albion 1983 z.B. war in puncto Bitterkeit sehr viel intensiver. Das ist ganz große Klasse!

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Fazit: ich bin wahrlich kein ausgewiesener Fan von Demerara Rum und selbiges gilt auch für viele Rums aus Column Stills... und doch zählt dieser Albion für mich zu den wirklich allerbesten Rums, die es jemals für bares Geld zu kaufen gab! Es ist dieser eine Stil, der für mich ganz persönlich nicht nur die Ausnahme von der Regel in Bezug auf Demerara Rums markiert, sondern der darüber hinaus auch so einiges in den Schatten stellt, was bei mir generell schon auch einen sehr hohen Stellenwert genießt. Sollte ich meine persönlichen Top 5 Rums überhaupt benennen müssen, so wäre dieser Rum also sehr wahrscheinlich dabei. Mein Favorit unter den Demerara Rums ist er selbsterklärend ohnehin und auch mein Favorit unter den Albions, die ich bisher im Glas hatte (AN 1983 FP, AW 1986 FP & AN 1994 FP) ist ganz klar und eindeutig der Albion 1986. Er ist darüber hinaus eine Demonstration dessen, was tropische Reife kann und wir können denke ich alle nur hoffen, dass uns eines Tages seitens DDL wieder die Möglichkeit eröffnet wird, solche Rums erneut kaufen und trinken zu können* - ein Ausnahme-Tropfen, mehr als würdig hier auf BAT den Jahresauftakt und das erste große Ausrufezeichen im neuen Jahr zu setzen!

-97/100-


*das heutige Review entstand, noch bevor die Ankündigung draußen war, dass es von DDL im Rahmen der El Dorado Rare Collection demnächst eine Albion-Abfüllung aus dem Jahr 2004 (und auch einen Skeldon aus 2000) geben wird. Das feiere ich natürlich sehr und bin schon gespannt wie nur irgendwie, wie sich diese neuen Rums machen werden. Nach Möglichkeit stelle ich euch die Tropfen dann auch vor.

Ich wünsche euch allen an dieser Stelle nun noch einmal einen entspannten Start ins Jahr, wünsche euch gutes Gelingen bei all euren Vorhaben und Vorsätzen, seien sie vielleicht auch noch so ambitioniert, und wie immer natürlich auch ein glückliches Händchen auf der Jagd nach flüssigen Schätzen. Das werden wir alle wohl auch in diesem Jahr wieder brauchen.

Bis dahin,
Flo

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