Sonntag, 2. August 2020

Velier HTR 21 YO Caroni 1998 - Ganesh "Buju" Ramgobie

Liebe Rum Gemeinde,

nachdem Nita "Nitz" Hogan als erste weibliche Employee der bisherigen Velier-Caroni Serie letzte Woche den Anfang gemacht hat, geht es heute mit Ganesh "Buju" Ramgobie weiter, dem der neue 1998er Employee gewidmet ist.



Und genau wie beim 2000er Bottling dürfen wir auch heute una World Premiere😉 feiern, wir sehen nämlich den ersten Velier Caroni in himmelblauer Optik! Nein, das ist sicher nicht so aufregend wie die erste Frau auf dem Label oder der erste 2000er Full Proof mit stärkerer Auflage, aber hey: World Premiere ist World Premiere! Es wundert mich eigentlich nur, dass das nicht auf dem Label vermerkt war.😆 So, aber nun ist gut.😎




















Tatsächlich gibt es über die 1998er Abfüllung des 3rd Employee Release erst einmal wenig aufregendes zu sagen. Wir erfahren auf dem Backlabel, dass Ganesh "Buju" Ramgobie insgesamt zehn Jahre bei Caroni gearbeitet hat, womit er zumindest schon mal unmittelbar in die Fußstapfen seines Jahrgangs-Vorgängers Kevon "Slippery" Moreno tritt, der ebenfalls zehn Jahre bei Caroni gearbeitet hat.

Nun sind die 1998er Caronis ja nicht gerade als meine Lieblinge bekannt - im Gegenteil, es handelt sich bei diesem Jahrgang vermutlich sogar um den meines Erachtens schwächsten der gesamten 1990er Jahre von Velier, wenn man jetzt nur mal auf die Auflagen-starken Jahrgänge (1992, 1994, 1996, 1998, 2000) schaut. Anders als letzte Woche beim 2000er, als ich dem Tasting richtig entgegen fieberte, gehe ich das ganze heute also deutlich nüchterner an. Ich erwarte weder viel, noch spekuliere ich auf große Überraschungen. Was dennoch wichtig ist, ist die korrekte Einordnung dieser Worte in mein Geschmacksbild. Denn was nun ziemlich despektierlich klingt, ist in Wahrheit noch immer Kritik auf ganz hohem Niveau! Denn auch wenn ich die 1998er im internen Caroni-Ranking als eher schwach ansehe, so schlagen diese Rums im Gesamtvergleich aller Destillerien die meisten derer noch immer mit links. Und so gingen Dennis "X" Gopaul und Kevon "Slippery" Moreno denn auch beide mit stolzen 93 Punkten aus ihren Verkostungen. Nun allerdings muss man das wiederum zu lesen wissen: was bei vielen Reviewern jetzt schon eine absolute Top-Wertung wäre, weil bei den meisten schon bei 95 Punkten das Ende erreicht ist, ist bei mir eben noch die Vorstufe zum wirklich letzten, absoluten Spitzenbereich. Ich nutze die 100er Skala also bis ganz nach oben aus.

Was können wir über den Ganesh Caroni noch sagen? Nun, er besteht aus dem Inhalt von insgesamt sieben Fässern des Jahrgangs 1998 und ergab am Ende noch 1.295 Flaschen. Ich sprach es letzte Woche schon an, in diese Rechnung sind die Mini-Bottlings noch nicht mit einbezogen. Insofern haben die sieben Fässer wohl schon noch etwas mehr hergegeben, als es hier auf den ersten Blick scheint. Preislich lagen wir bei 395,- Euro zu Ausgabe - ja, waren, denn der Rum war innerhalb weniger Minuten sofort vergriffen und generiert daher nur noch Secondary-Preise von ca. 600,- Euro. Inwiefern das alles gerechtfertigt ist, sei einmal dahin gestellt. Fakt ist: so lange tropisch gereifter Stoff in dieser Qualität ist, gemessen an der Nachfrage, extrem rar. Und Stoff dieses Geschmacksprofils gar wird wohl nie wieder kommen. Insofern finde ich es nachvollziehbar, dass Menschen, die das realisiert haben, bereit sind extreme Summen für derlei Rum auf den Tisch zu legen. Kurios ist, um auf das Bottling selbst zurückzukommen, und auch bei der Nita fand sich dieser Hinweis schon, dass es sich laut Backlabel um Fässer des Guyana Stocks halten soll, wobei es meines Wissens nach keine Fässer aus 1998 nach Guyana geschafft haben. Dies war lediglich einigen Fässern aus 1992, 1994 und 1996 vorbehalten - wie gesagt: so weit ich weiß. Aber die Info ist eigentlich schon ziemlich safe. Daher kommen wir nun direkt zur Verkostung und hier sei angemerkt, dass ich den Ganesh heute mit einem seiner Vorgänger vergleichen möchte, nämlich mit Dennis X Gopaul. Diesen sah ich relativ gleich auf mit dem Kevon, allerdings erfreut er sich in der Rum Welt insgesamt deutlich größerer Beliebtheit als dieser. Daher heute das Duell Ganesh vs. Dennis!


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Verkostung des Velier FP HTR 21 YO Caroni 1998 - Ganesh "Buju" Ramgobie:

Preis: mit einem Ausgabepreis von 395,- Euro blieb der 1998er Employee des 3rd Release noch einmal (und vermutlich ein letztes mal) ganz knapp unter der 400,- Euro Marke.

Alter: vom Jahr 1998 an bis April 2019 reifte der Rum 21 Jahre lang im Eichenfass.

Lagerung: die Reifung fand laut Label bis 2008 auf Trinidad statt, bevor die Fässer dann weiter zu DDL nach Guyana kamen. Sehr viel wahrscheinlicher ist es aber, dass sie zu 100% auf Trinidad statt fand. Das traf bisher auf alle 1998er zu und auch ein wenig Recherche ergab, dass hier eher ein Labelfehler vorliegt.

Fassnummern: unbekannt. Es wurden insgesamt 7 Fässer zu 1.295 Flaschen abgefüllt. Damit ist der Ganesh die auflagestärkste Abfüllung der 3. Employee-Serie.

Angel's Share: >80% gingen an glückliche Engel. 

Alkoholstärke: Full Proof - der Rum hat noch eine Stärke von genau 67% vol..

Destillationsverfahren: unklar.

Mark: HTR

Farbe: dunkles, goldbraunes Mahagoni. 

Viskosität: der Caroni bildet parallele, relativ eng zueinander verlaufende Schlieren, die recht zügig an der Glaswand hinablaufen.

Nase: ouhh, Überraschung! Mein erster Eindruck ist extrem positiv, so hatte ich 1998 eher weniger in Erinnerung. Da bin ich ja mal gespannt, was der Ganesh uns heute noch bereit hält! In der Nase wird allerdings zunächst erst einmal deutlich, dass die Reife-Entwicklung bei den Caronis auch vor diesem Bottling keineswegs halt gemacht hat. Insbesondere im direkten Vergleich zum Dennis "X" Gopaul wird das offenkundig. Das kann man mögen, ich selbst bin großer Fan dieser extremen tropischen Reifung, hingegen kenne ich auch viele Connaisseure, die diesem Prozess auch in entschlossener Abneigung gegenüber stehen. Ein klarer Kontrast zueinander besteht zwischen den beiden 1998ern auch in der Einbindung des Alkohols. Wo der Dennis noch immer ganz schön sticht, hat sich die alkoholische Schärfe beim Ganesh vergleichsweise schnell verzogen. Zwar braucht auch er einiges an Zeit zum Atmen, aber die 67% vol. kommen definitiv deutlich smother daher als die 69,5% vol. des Dennis. Hinter der Wand aus Alkohol erwartet mich dann beim Ganesh ein deutlich tanninigeres Bouquet als es der Dennis noch bot, finde aber auch gleichzeitig ein Mehr an natürlicher Süße vor, wo beim Dennis noch sehr viel dreckigere Eindrücke die Überhand hatten. Nach ca. 1,5 Stunden im Glas habe ich das Gefühl, dass der Rum wirklich angekommen ist. Zu den sehr schweren tanninigen Eindrücken mit zarter Süße, die mich nun sogar ein wenig an den Skeldon 1978 erinneren, gesellen sich Trockenfrüchte, leichte Lösungsmittel, Orangenzeste, Mangos, Papayas, Bourbon Vanille und Anis. Nach hinten heraus ist da auch noch ein bisschen sehr trockene Bitterschoki. Die für 1998er so typische Umami-Note ist nur schwach wahrnehmbar, aber vorhanden. Die dreckigeren Assoziationen, wie die zu verbranntem Gummi oder Teer muss man wirklich suchen. Blind könnte ich hier vielleicht wirklich eher auf einen Demerara Rum tippen. Der Dennis erscheint dagegen ausgewogener und etwas dreckiger als der Ganesh. Den tanninigen Einschlag hat er merklich schwächer. Nach ca. zwei Stunden geht der Rum ein wenig ins minzige. Die Veränderung, die der Rum im Glas durchlebt ist bemerkenswert und spricht für die doch gesteigerte Komplexität, die dieses Bouquet insgesamt zu bieten hat!

Gaumen: am Gaumen überrascht mich der Ganesh neuerlich! Denn der extrem leckere Eindruck, der mich schon in der Nase erst einmal unerwartet traf, setzt sich auch am Gaumen fort. Der Alkohol ist tatsächlich extrem gut eingebunden, hier wird der Unterschied zum Dennis erneut so richtig deutlich. Alkoholische Schärfe ist wirklich nur ganz minimal vorhanden und zeigt sich einzig durch ein angenehmes Prickeln auf der Zunge. Der Dennis hingegen brennt im Vergleich schon ganz ordentlich! Als nächstes fällt eine angenehme und für 1998 schon überaus ausgeprägte natürliche Süße auf, die mich, warum auch immer, jedes Mal an eine Art Holzlack erinnert. Ich bin sicher, die Assoziation ist eine andere, aber ich bekomme die wenn, dann seit Jahren nun schon nicht korrekt abgerufen. Da ist sensorisch also noch Luft nach oben. Es ist diese Süße, die ich eigentlich dem Guyana Stock zuordne, weswegen ich mich, wie schon bei der Nita, frage, ob die Info auf dem Backlabel nicht doch korrekt ist. Hier besteht dann gleichzeitig auch der größte Unterschied zum Dennis, der diese Süße fast gar nicht hat, dafür aber vor dreckigen Assoziationen nur so strotzt, die wiederum dem Ganesh fast gänzlich abgehen. Im Vergleich wirkt der Dennis hier schon fast eindimensional. Der Ganesh ist ungemein fruchtig, kommt von dieser Fruchtigkeit dann ins trockenere. Jetzt kommen auch die Tannine ordentlich raus und bringen feine, subtile Röstaromen mit sich. Ein wenig Platz ist dann auch noch für den 1998er Teer und den verbrannten Fahrradschlauch, aber das ist schon wirklich minimal. Zum Ende hin wird dann Anis immer mehr und zuletzt auch sehr dominant, was ich gern mag. Sehr starker Rum, der auch am Gaumen mit extremer Komplexität und Tiefe glänzt!

Abgang: lang anhaltend! Dreckiger Abgang, das ist jetzt typisch 1998! Erinnerungen an die Nita kommen hoch, als das jahrgangstypische auch erst im Abgang nochmal so richtig heraus kam. Der Rum wird dann aber schnell trockener und bitterer. Wobei das noch fast untertrieben ist, denn ich würde das schon als staubtrocken bezeichnen. Fast ist es, als würde der Rum nach dem letzten Schluck zu Pulver verfallen. Dann folgt noch ein krass medizinischer Einschlag, bevor er dann aber auch wirklich weg ist.

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Fazit: der Ganesh ist für einen 1998er Caroni schon sehr untypisch! Vor allem im Vergleich mit einem Arche-1998er, wie dem Dennis, zeigte sich das deutlich. Aber: eben gerade deshalb gefiel mir der Rum wirklich ausgesprochen gut! Mehr noch, das ist der allererste 1998er, bei dem ich, zumindest zum Ausgabekurs, sage: okay, der ist es mir wert! Das bedeutet aber natürlich auch: wer vielleicht ein "Die Hard 1998"-Fan ist, der könnte möglicherweise enttäuscht werden, auch wenn ich mir das ehrlicherweise nur schwer vorstellen kann. Deutlich eher als Ausschlusskriterium taugt da aus meiner Sicht die schon sehr fortgeschrittene Reife, zumindest für die Connaisseure, die sich auch bisher schon eher bei den Caronis mit bis zu 20 Jahren Reife gesehen haben. Versteht mich bitte nicht falsch, aus meiner Sicht ist der Ganesh keinesfalls overaged, im Gegenteil, ich finde diesen Reifeprozess bis in die Spitze hinein großartig und genau auf den Punkt, aber man muss darauf eben auch stehen. Und wer da partout nicht vermag, sich dafür zu begeistern, der könnte mit dem Ganesh am Ende dann auch falsch liegen. Wenn, dann allerdings nicht nur mit dem, ihr ahnt es, sondern ich fürchte, dann ist für diejenigen der Caroni-Zug tatsächlich abgefahren, bzw. es bliebe nur das teure Shopping früherer Bottlings auf dem Secondary. Aber in dem Punkt erzähle ich ja hier niemandem noch etwas neues. In diesem Sinne...

-94/100-


Nutzer der Rum Tasting Notes App finden den Rum hier:

Velier Heavy Trinidad Rum 21 YO Caroni 1998 - Ganesh "Buju" Ramgobie

Ein Dank geht abschließend noch an Goose Nova aus Frankreich, der diese Abfüllung geteilt hat. Merci!

Bis demnächst,
Flo

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