Sonntag, 4. Oktober 2020

Flensburg Rum Company KFM Demerara Rum 29 YO Enmore/Versailles 1991

Liebe Rum Gemeinde!

auf den heutigen Tag und den Rum, den ich euch vorstellen möchte habe ich mich schon lange gefreut, schon seit Februar diesen Jahres um genau zu sein, als ich ihn bei einer Fassverkostung erstmals im Glas hatte. Die Rede ist von KFM Demerara Rum aus dem legendären 1991er Batch!


Das Jahr 2020, ich glaube das kann man schon jetzt mehr als festhalten, ist für Fans von High End Rum ein historisches Jahr, das im Rückblick einmal als eines gelten wird, in welchem wahnsinnig viele legendäre Rum Batches zurückgekehrt sind auf die große Bühne, nachdem man sie bereits für immer verschwunden geglaubt hatte: das von RA zurückgebrachte Demerara Mark REV aus 1994 ist so ein Beispiel, aber natürlich auch das 1989er PM-Batch aus Uitvlugt oder das 1986er Rockley Batch der West Indies Rum Distillery (WIRD) von Barbados, beide herausgebracht von Silver Seal, sind hier bisher zu nennen.




In diese starke Serie reiht sich der heutige Rum ein, denn auch das KFM-Demerara Batch aus 1991 wähnten viele seit bereits fast 15 Jahren als ausgestorben! Damals brachte Cadenhead nochmal einen solchen Rum im Alter von 16 Jahren in die Flasche (und Samaroli etwa zur selben Zeit eine Version davon mit 45% vol.), nachdem sie zuvor auch schon einen 12 YO abgefüllt hatten, aber danach kam eben nichts mehr. So musste man annehmen, dass die Stocks einfach sehr gering und dementsprechend die Reserven schnell erschöpft waren, allerdings hat die Main Rum Company uns nun hier ebenso eines Besseren belehrt, wie schon bei den oben genannten Beispielen und Fässer dieses Batches. In diesem Fall ging ein Fass KFM an Old Man Spirits, die es unter dem Label Flensburg Rum Company nun auf die Flasche gebracht haben. Doch wie genau kam es dazu? Nun, so einfach wie das in der Theorie klingt, war es tatsächlich nicht. Seinen Anfang nimmt diese Geschichte im Februar 2020, als ich mit Falk Redlich gemeinsam bei mir zuhause ein paar Main Samples für Old Man Spirits probierte um mögliche neue Abfüllungen herauszufinden. Dabei stach mir ein Sample natürlich besonders ins Auge, das so eigentlich erstmal ganz unscheinbar wirkte. Denn wie bei Main üblich stand da natürlich nicht einfach KFM drauf, sondern der Rum besaß das Mark "MEK". Da allerdings angegeben war, dass er aus Enmore kommt und eben aus dem Jahr 1991 sein soll, lag der Fall ziemlich klar: MEK stand für Main Enmore KFM. Das anschließende Tasting bestätigte meine Vermutung in Sekundenbruchteilen! Um also bestimmte Rums bei Main finden zu können, muss man sich also einerseits mit deren internen Marks, als auch mit den Original Marks der Rums und mit den auf dem Markt befindlichen Rum Batches extrem gut auskennen. Auch deshalb ist Independent Bottling eben nicht so einfach, wie sich das viele oft vorstellen.

KFM-Fass #65


Aber was genau hat es mit dem Mark "KFM" auf sich? 

Rum Fans die schon lange dabei sind und die die Zeit noch mitgemacht haben als man alte Batches noch problemlos Jahre später kaufen konnte, haben nun freilich eine ungefähre Vorstellung davon was sie erwartet. Doch ich könnte mir vorstellen, dass großen Teilen da draußen die erst in den letzten Jahren dazu gekommen sind überhaupt nicht klar ist, was das Mark KFM eigentlich bedeutet. Nun, zunächst einmal steht KFM ganz simpel und wie bei den Rum Marks so häufig, für die Initialen eines Mannes, im konkreten Fall ist das Kenneth Francis McKenzie (1749 – 1831). Jener K.F. McKenzie war laut Marco Freyer, dessen Demerara Artikel die wesentlichen Informationen dieses Abschnitts entnommen sind, ein früher Besitzer der Lusignan Plantage und das Mark steht dementsprechend und ihm zu Ehren für den alten Rum Stil von Lusignan. Mitte des 20. Jahrhunderts verschmolz Lusignan mit Enmore, das zu diesem Zeitpunkt wiederum Teil der Bookers Gruppe war, und dessen kulturelles Erbe, sprich, der Rum mit dem Mark KFM, fand also bei Enmore seine Fortsetzung. Dies geschah mittels der Single Wooden Pot Still von Versailles, die nach der Schließung Versailles' ebenfalls nach Enmore kam und die anscheinend in der Lage war und ist, diesen Stil nachzuahmen. Ein ursprünglicher Brennapparat aus Lusignan jedenfalls kam dazu nicht mehr zum Einsatz. Seit alle Demerara Stile nur noch zentral bei DDL produziert werden, wird das Mark KFM dementsprechend heute in Diamond gebrannt, denn auch die Versailles Single Wooden Pot Still hat es bis dorthin geschafft. Geschmacklich allerdings gibt es krasse Unterschiede zwischen dem Batch aus 1991 und dem aus beispielsweise 2002. So wurde mindestens letzteres Batch z.B. auch nicht mehr gefärbt.

Blick ins noch gefüllte KFM-Fass - Was für ein geiler Duft! 

Fassreste aus dem entleerten KFM-Cask


Bier-Feature:

Wie schon der FRC 2007 Jamaica Rum aus Hampden wird auch der KFM 1991 mit zwei Bieren ausgeliefert! Man hat das, wie ich fand sehr erfolgreiche, Experiment mit der Südtondern Brauerei fortgesetzt und deren "Kiek An" Brown Ale für kurze Zeit im KFM-Fass reifen lassen. Allerdings, so sagte man mir, war diese Zeit kürzer als beim Vorgänger-Bier, was man geschmacklich leider auch deutlich merkt. In der Nase kommt KFM zwar sehr deutlich raus vor jedem Schluck, aber geschmacklich hat es der Rum da leider nahezu gar nicht hinein geschafft. Hier gefällt mir das Kiek An in seiner Urfassung vermutlich sogar einen Ticken besser. Nichts desto weniger gefällt mir der experimentelle Gedanke an sich, weswegen ich persönlich mich sehr freuen würde, wenn dieses Experiment nicht das letzte in diese Richtung gewesen ist. Denn das hat durchaus Potenzial, wie ich finde.



Aus Gründen der Transparenz sei an dieser Stelle erwähnt, dass ich sowohl eine Probe als auch eine Flasche des KFMs, sowie die beiden gezeigten Biere unentgeltlich zu Verkostungs- und Fotozwecken erhalten habe. Auf den Inhalt meiner Review hatte diese Geste allerdings selbstverständlich keinen Einfluss. 



Verkostung des Flensburg Rum Company KFM Demerara Rum 29 YO Enmore/Versailles 1991:

Preis: der Ausgabepreis wird, inklusive der beiden Biere, bei stolzen 289,90 Euro liegen. Das ist schon nicht wenig, gar keine Frage, allerdings sprechen wir hier eben auch über eine absolute Legende aus Guyana, die nächstes Jahr die Marke von 30 Jahren knackt. Der Vertrieb durch Kirsch erfolgt ab dem 8. Oktober 2020. 

Alter: von Juni 1991 bis Juli 2020 lag der Rum insgesamt 29 Jahre im Fass. 

Lagerung: der Rum reifte mutmaßlich während der gesamten Zeit über in kontinentalem Klima. 

Fassnummer: Fass #65 ergab noch insgesamt 131 Flaschen a 0,7 Liter.

Angel's Share: >50% gingen an die Engel. 

Alkoholstärke: der Rum kommt mit 45,4% vol. daher, was aber trotz des eher ungewöhnlich geringen Werts der vollen Fassstärke entspricht. 

Destillationsverfahren: bei diesem Rum kam Versailles' Single Wooden Pot Still zum Einsatz. 

Mark: KFM (Kenneth Francis McKenzie), das alte Mark der Lusignan Plantage.

Farbe: tiefes, dunkles, rötlich schimmerndes Mahagoni. 

Viskosität: ein fetter, satter Film, der schon beinahe wie Sirup anmutet, legt sich über die gesamte Glaswand und hinterlässt recht eng, parallel und zügig verlaufende Schlieren.

Nase: ich habe bereits direkt nach dem Einschenken eine unglaublich schöne, volle und vor allem intensive Nase! Fast schon wie Parfum mutet dieser KFM an, der, obgleich sofort als solcher erkennbar, sich in seinem Charakter doch auch sehr grundlegend von anderen KFM des gleichen Jahrgangs unterscheidet. Der Alkohol, auch das fällt sofort auf, ist sehr, sehr gut eingebunden, was in diesem Fall auch wenig überraschend ist. Da sind gerade ältere KFM wie der 16 YO von Cadenhead, der noch mit über 60% vol. daher kam, natürlich sehr viel rauer und ungehobelter gewesen, während dieser hier von der FRC sehr reif, gediegen und gesetzt erscheint. Ja, klar, er hat nur 45,4% vol., und auf den ersten Blick mag das den einen oder anderen der es gerne mit den Fassstärken hält vielleicht sogar abschrecken, aber obwohl ich mich dazu ebenfalls zählen würde bleibt für mich und für meinen Geschmack hier gerade kein Wunsch offen! In diesem blumig-pafümiert anmutenden Bouquet finde ich viel Anis, Rosinen, Melasse, Leder oder auch gebrannte Mandeln. Wuuuhuuu, also selbst nach einer knappen Stunde im Glas bin ich immer wieder auf's neue geflasht von dieser Nase! Die ist wirklich unfassbar gut! Es zeigen sich Schwefelstoffe und mit der Zeit wird der Rum dann auch tatsächlich dreckiger und geht in eine KFM-typischere Richtung, allerdings bleibt er im Vergleich zu anderen KFM schon auch noch immer außergewöhnlich. 

Gaumen: am Gaumen machen sich zunächst einmal die 45,4% bemerkbar, nämlich dahingehend, dass der Rum keinerlei alkoholische Schärfe aufweist, aber auch dahingehend, dass der Rum schon auch leicht dünn ist, wenn auch keinesfalls zu dünn. Denn da der geringe Alkoholgehalt der natürlichen Fassstärke entspricht und nicht aus einer nachträglichen Dreingabe von Wasser resultiert, spreche ich nämlich nicht von Wässrigkeit, da besteht ein Unterschied. Man muss sich das eher vorstellen wie beim Velier Albion 1983, der mit 46,7% vol. eine ähnliche Stärke aufweist. Wer den schon mal im Glas hatte weiß: das kann sehr viel Spaß machen! Im Zweiten Schluck fällt dieser Effekt dann auch schon deutlich geringer aus. Nach einigen Sekunden im Mund bricht der Rum dann komplett auf und flutet den gesamten Mundraum mit geilstem KFM-Geschmack! Ein wirklich heftiger Körper, der Demerera ist total mundfüllend und kommt mit einer schöne Süße von Pflaume und Dörrobst um die Ecke. Dahinter dann ganz viel Anis, deutliche Melasse, viel Holz, auch wenn ich das als extrem gut eingebunden empfinde, etwas nussiges und für mich nicht spezifischer benennbare Gewürze. Peripher habe ich noch Jod und Latex. Vor allem aber findet man mit jedem Schluck immer auch noch neue Aspekte und Eindrücke! Man kann sich wahnsinnig lange mit dem KFM beschäftigen, ohne dass es einem irgendwie langweilig wird. Das ist einfach wahnsinnig voller, intensiver Geschmack mit einem schon fast ewig anmutenden Tiefgang. 

Abgang: reichlich Anis, Tannine und Eichenholz begleiten den Rum auf seinem Weg nach unten. Ich habe fruchtige Nachklänge, die dann trockener, aber nicht bitter werden. Ein sehr langer Abgang für einen Demerara Rum! Auch sehr viel später am Tag habe ich ihn noch präsent!

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Fazit: unfassbar gut! Es ist ja so, dass wenn Legenden wie der KFM plötzlich und nach all den Jahren wie aus dem Nebel wieder auftauchen, dass die Erwartungen immens hoch sind, da gerade diese Legenden-Bildung immer auch dazu neigt, zweifelsohne sehr gute Rums von einst sogar nochmal zu überhöhen. Dass es dann gerade erst in diesem Jahr etliche Bottlings geschafft haben dem zu entsprechen, wirkt sich darauf dann auch noch eher potenzierend aus. Diesen dann schon fast ungerechten (wenn auch nicht ungerechtfertigten) Erwartungen ist ein solches Bottling dann -ob es will oder nicht- ausgesetzt und das ist schon auch eine enorme Bürde. Der heute verkostete KFM hat sich dieser allerdings angenommen und davon vollkommen unbeeindruckt als schon viertes Vintage Batch in 2020 ein grandioses Comeback gefeiert! An diesem dann auch noch ein Stück beteiligt gewesen zu sein, macht es für mich ganz persönlich dann natürlich auch nochmal besonders speziell! Insofern bedanke ich mich gerne an dieser Stelle auch noch einmal bei Old Man Spirits dafür, dass man mich bei der Verkostung der Main Proben dazu geholt hat und mir das so die Möglichkeit gab, dieses besondere Batch wiederzuentdecken.
Das war nun alles sehr positiv gesprochen und für alle, die sich da vielleicht noch ein wenig mehr Ausgewogenheit im Fazit wünschen, denen sei verraten: ja, der Rum könnte für meinen Geschmack wohl tatsächlich noch ein paar Volumen-Prozente mehr aufweisen und dadurch ein ganz klein wenig körniger sein, dann wäre er wahrlich perfekt, aber er ist auch so schon meines Erachtens verdammt nah dran!

-94/100-


PS: Nutzer der Rum Tasting Notes App finden diese Abfüllung auch hier:

Flensburg Rum Company KFM Demerara Rum 29 YO Enmore/Versailles 1991

Bis demnächst
Flo


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