Sonntag, 8. März 2020

RA Demerara Rum 25 YO Enmore REV 1994

Liebe Rum Gemeinde,

heute habe ich einmal mehr eines dieser Reviews für euch, wo ich schon wieder gar nicht weiß, wo ich überhaupt anfangen soll, weil ich mich am liebsten direkt in Superlativen übertreffen möchte, wenn ich allein nur höre, über was wir hier heute sprechen werden. Daher ohne weitere Umwege: es geht um nicht weniger als um einen 25 Jahre alten Enmore/Versailles Demerara Rum des Marks REV aus dem Jahr 1994, abgefüllt vom deutschen unabhängigen Abfüller Rum Artesanal!


Und für alle, bei denen es beim Lesen dieses Marks nun noch nicht unmittelbar geklingelt hat, denen möchte ich den Cadenhead Cask Strength REV Demerara Rum 11 YO Enmore 1994 in Erinnerung rufen, der bereits im Jahr 2006 abgefüllt wurde. Wofür genau das Mark REV steht, ist nicht ganz bekannt. Es ist wohl davon auszugehen, dass EV für Enmore/Versailles steht, denn Cadenhead verriet uns seinerzeit, dass der Rum aus Enmore, sowie aus einer Pot Still stammt, was nur bedeuten kann, dass er mit der VSG Still hergestellt wurde, denn eine andere Pot Still gab es bei Enmore nicht. Da der Rum aus Mai 1994 stammt, zählte er mit zum allerletzten, was überhaupt noch am Standort Enmore gebrannt wurde. Kurze Zeit später wurde die Destillerie Enmore geschlossen, bzw. deren Stills an Diamond überführt. Ob REV zu den offiziellen Marks von DDL zählt, ist nicht hinreichend bekannt. Vermutet wird, dass auch dieses bereits in Europa entstanden ist. Heute kürzt die Main Rum Company dieses Mark mit MER ab, was letzten Endes natürlich leider dazu führt, dass das Wissen über die Ursprünge der Rums immer weiter zurück geht, denn kaum ein unabhängiger Abfüller kann dieses Kürzel (MER) noch mit dem Mark (REV) in Verbindung bringen, wenn er sich nicht sehr gut mit Rum auskennt. Das wiederum kann bei vielen IB leider nicht vorausgesetzt werden und so werden viele Demerara Rums von außen immer gleicher und können letztlich fast nur noch durch Nerds geschmacklich entschlüsselt und zugeordnet werden. Für Demerara Rums aus der Zeit nach 2000 gilt das natürlich noch einmal mehr als für die älteren.
Der Cadenhead REV gilt vielen Connaisseuren heute als eine echte Legende, die auch auf Auktionen oder bei Facebook nur äußerst selten angeboten wird. Dieser Umstand führt leider auch dazu, dass die allermeisten von euch da draußen diesen Rum vermutlich noch niemals im Glas gehabt haben werden. Da ich in meiner Review zum neu erscheinenden RA allerdings auch in Teilen auf den Cadenhead als Vergleich eingehen werde, kann ich an dieser Stelle nur auf Marcos Review aus dem Jahr 2013 (s. Link) verweisen, bzw. werde euch jetzt natürlich auch selbst kurz von diesem Rum berichten.



Dürfte ich den Cadenhead in nur einem einzigen Wort beschreiben, so würde ich dafür vermutlich das Wort "extrem" wählen, denn extrem ist dieser Rum in jeder Hinsicht gewesen. Mit genau 70% vol. (!) kam er im jungen Alter von nur 11 Jahren (kontinentale Reifung) in die Flasche und war ein Melasse-Monster, wie man es selten zuvor gesehen hat, wenn überhaupt. Marco glaubte zu jener Zeit noch an mit Melasse ausgestrichene Fässer aus Guyana, was er allerdings in seinem großen Guyana Artikel einige Zeit später selbst revidiert hat und ins Reich der Legenden verweisen konnte. Nichts desto weniger wirkte die Legende, auch wenn sie letztlich unwahr war, dennoch glaubhaft, was natürlich viel über den Geschmack dieses Rums aussagte. In der Konsequenz hieß das wiederum auch: der gefiel nicht jedem, und mir z.B. gefiel er unter'm Strich auch nicht. Klar, das ganze hatte etwas wirklich faszinierendes und grundsätzlich war da schon auch einiges was ich mochte, aber in Summe war mir das einfach zu krass und für meinen Geschmack nicht schön zu trinken. Andere wiederum waren von dieser Extremität vollkommen geflasht und nennen den REV von damals bis heute als einen ihrer All Time Favorites.

So wird der Rum in der Flasche aussehen. Source: Rum Artesanal
Daher war ich umso gespannter als ich von Dominik erfuhr, dass da von RA in Kürze ein Nachfolger in den Startlöchern stehen würde, der nun mit 25 Jahre Reife daher käme und auch nur noch 51,4% vol. aufweisen wird. Das, so mein Gedanke, der mir in den Kopf schoss, könnte verdammt gut passen! Und nun ja, ihr könnt euch beim Lesen dieser Zeilen vermutlich schon denken, dass der Rum bei mir am Ende wohl nicht durchfallen wird, wenn ich hier so einen Spannungsbogen aufbaue, aber ich möchte, bevor ich zum Tasting komme, doch noch kurz etwas auf die Randdaten eingehen, um deutlich zu machen, warum dieses Bottling in meinen Augen tatsächlich einer Sensation gleichkommt. Da ist zunächst einmal das absolute Alleinstellungsmerkmal. Dieser REV ist der meines Wissens erste überhaupt seit den Bottlings von Cadenhead und Samaroli im Jahr 2006, also seit 14 (!) Jahren. Das ist eine enorme Zeitspanne, lang genug um zu suggerieren, dass wir uns auf weitere Bottlings dieses Marks eigentlich wohl eher nicht mehr einstellen durften. Zum anderen müssen wir aber auch unbedingt über den Preis reden, der für eine Abfüllung wie diese einfach nur phänomenal ist, vor allem in der heutigen Zeit. Denn die aufgerufenen 109,- Euro zahlt man heute leider oft schon für viele Rums, die qualitativ gerade mal dem Durchschnitt entsprechen. Zu diesen, wieder spoilere ich, zählt der heutige Rum definitiv nicht, weswegen der Preis ein echter Hammer ist! Hier werden normal wesentlich heftigere Preise aufgerufen, weshalb man RA wirklich nur gratulieren und danken gleichzeitig kann, dafür, dass sie sowas noch machen und auch in der heutigen Zeit die Ruhe bewahren und ein echtes Interesse an qualitativ hochwertigem Rum zu fairen Preisen zeigen! Das verdient allerhöchsten Respekt!

Abschließend an dieser Stelle sei na klar um der Transparenz wegen erwähnt, dass ich ein Sample dieses Rums vorab kostenlos zum probieren erhalten habe (vielen Dank dafür!) und den Rum hier ausschließlich deshalb vorstelle, weil ich das frei jeder externer Interessen gerne möchte.




Verkostung des RA Demerara Rum 25 YO Enmore REV 1994:

Preis: der Ausgabepreis wird bei 109,- Euro für eine 0,5 Liter Flasche liegen. Releasetermin ist der 13.03.20 in den bekannten Shops die RA Rums führen, sowie auf der Cologne Spirits. 

Alter: von Mai 1994 bis März 2020 reifte der REV volle 25 Jahre und 10 Monate im Eichenfass.

Lagerung: die Reifung fand mutmaßlich gänzlich in Europa statt. Das trifft üblicherweise auf alle alten und bei der Main Rum Company gelagerten Guyana Rums zu.

Fassnummer: #187. Insgessamt wurden 249 Flaschen abgefüllt. 

Angel's Share: ~31%

Alkoholstärke: der Rum kommt mit 51,4% vol. daher - Fassstärke!

Destillationsverfahren: zum Einsatz kam die Single Wooden Pot Still von Versailles (VSG), die 1994 noch bei Enmore stand. 

Mark: REV (hergestellt mit der VSG-Still)

Farbe: der erste Wow-Moment! Schwarz wie die Nacht gibt sich der Rum in der Flasche, im Glas kommt er dementsprechend in einem tiefen, edlen Braun daher, ebenfalls schon fast ins schwarze gehend. 

Viskosität: der Rum bildet wunderschöne Kronen am Glasrand und hat dabei noch immer diesen Style von Motoröl, den schon der 11er Cadenhead REV im Glas hatte. Das ist optisch wirklich abartig wie faszinierend zugleich, wie sich der Rum im Glas gibt.

Nase: Wuhuhuhuuuuu... was für ein Rum!! Richtig schön voll und reichhaltig kommt dieser alte Demerara Rum daher und bringt im Bouquet eine wahre Fülle an heftiger Melasse, dunklem Obst, karamellisiertem Zucker und Pflaumenmus mit. Die Tiefe und vor allem die Intensität die ich hier vorfinde sind schon bemerkenswert! Keine Frage, gerade im Vergleich zum Cadenhead damals muss man sagen: der REV ist erwachsen geworden! Stand mit dem 11 YO damals noch eine richtige Drecksau von ca. 70% vol. vor mir, präsentiert sich das ganze nun sehr gereift und deutlich entspannter, mit ordentlich Tanninen, dabei aber immer noch REV-typisch. Peripher habe ich noch Cola und Menthol, auch Leder ist deutlich wahrnehmbar. Das ist richtig geiler, komplexer Old Demerera Rum wie wir ihn lange nicht mehr zu Gesicht bekommen haben! Ich finde keine Fehlnote, alles passt hier zusammen, sehr außergewöhnlich. Na klar, der Rum braucht einiges an Zeit um sich wirklich zu entfalten, keine Frage, aber er ist dennoch vom Start weg sehr zugänglich. Auch alkoholische Schärfe beispielsweise spielt hier keinerlei Rolle. Einfach nur richtig guter Stoff!

Gaumen: auch am Gaumen brauchen wir über das Thema alkoholische Schärfe keine Worte verlieren, die gibt es hier schlicht nicht. Der Rum ist herrlich weich, legt sich angenehm auf die Zunge und ist dabei schön konsistent, ölig und vollmundig. Große Klasse! An Assoziationen sind da zunächst eine schöne, natürliche Süße, die viel an Pflaumen erinnert, dazu viel Dörrobst, dominante (aber nicht überwältigende!) Melasse, Kräuter, Holz, sehr viel Nuss, Toffee, Gewürze, Anis,... ich könnte ewig weiter suchen! Es will einfach nicht enden, was da an Eindrücken auf den Gaumen einprasselt, so viel gibt dieser Rum her! Das ganze stellt sich wunderbar ausgewogen dar, ist, so banal das klingt, einfach unfassbar lecker! War die Nase schon richtig gut, dreht der Rum am Gaumen dann aber erst so richtig auf! Hier legt er die für mich stärkste Performance insgesamt hin! Was man allerdings vermeiden sollte ist den Rum zu lange im Mund zu behalten, da er sonst zu bitter wird. Das kann man aber für sich selbst sehr gut abstimmen und geht ein wenig über's ausprobieren.

Abgang: es bleibt etwas sehr nussig-melassiges, dazu frisch geschnittenes Geäst, Anis, Tannine, dann ins nussig-bittere gehend. Sehr lang anhaltend und der krönende Abschluss eines herausragenden Destillats!

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Source: Rum Artesanal
Fazit: ich habe schon als ich registrierte, dass es sich bei dem neuen RA Rum um einen REV handeln würde sehr leuchtende Augen bekommen. Gar nicht mal weil mir der Cadenhead damals so gut geschmeckt hätte, das hat er nämlich gar nicht unbedingt, da er mir viel zu krass und zu anstregend war. Aber es hat mich wahnsinnig interessiert, wie sich dieser Stil wohl über die vielen Jahe seit dem entwickelt hat und mein Gefühl sagte mir, dass ihm das unglaublich gut getan haben könnte. Und nun, was soll ich sagen? Mein Gefühl hat mich nicht getrügt! Dieser REV ist wirklich ein unglaublicher und wahnsinnig leckerer Rum. Er hat noch immer alles was den Stil REV ausmacht, kombiniert aber mit allen Vorteilen einer 25 jährigen Fassreifung! Selten hat mich ein Demerara Rum so abgeholt, so rund herum überzeugt. Vollkommen irre! Und vor allen Dingen hätte ich einfach niemals gedacht, dass es solch geile alte Demerara Rums da draußen überhaupt noch gibt bei den Brokern. Mega! Das macht dementsprechend natürlich auch Mut, dass da vielleicht noch mehr richtig guter alter "Scheiß" kommt! Achso, müssen wir nochmal über den Preis reden? Ich glaube nicht, bzw. dazu habe ich oben bereits alles gesagt. Für Rums wie diesen wurde das Wort PLV-Hammer erfunden! Das hier ist einfach nur ein riesen Pick von Dominik und von RA, dieses Fass an Land gezogen zu haben! Chapeau, meine Glückwünsche und vielen Dank!

-94/100-

Bis demnächst,
Flo

4 Kommentare:

Artur hat gesagt…

Was in diesem Kontext vielleicht interessant ist: Das Mark REV stellt den Pot-Still Anteil im Blend des Wood's Navy Rum. Der Column Part besteht aus den Diamond Marks SV und SVW.

Anonym hat gesagt…

Hallo Flo,
Weisst du wieviel % wäre ein Barrel Proof Version ? Etwas 63 %
Gruss aus der Schweiz
Roberto Bessa Sno

Anonym hat gesagt…

What would be the difference between REV and MEV. Reading your article REV is quite special (not many bottlings) however MEV is not. There are quite a few of them as well one from Cadenhead's. It is known that the M is for Main Rum Company and the EV is sorry Enmore Versailles. So the E and V are the same. The only remaining question is the "R". Could these rum's be the same? As you state also REV as a rum from Main Rum Company?

Flo hat gesagt…

"Could these rum's be the same?"

No. You are right, EV is Enmore Versailles. So MEV and REV are made by the same still. But they taste very different, because the REV is a coloured version. But both are quite excellent, if I remember MEV 1985...

Best
Flo

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