Donnerstag, 10. Mai 2018

Bodegas Toro Albalá: Pedro Ximénez 1931, 1946 & 1958

Liebe Rum Gemeinde,

ich habe meinen Tellerrand heute einmal darum gebeten ihn kurzfristig verlassen zu dürfen und er hat dieser Bitte zu meiner großen Freude entsprochen: daher werden hier heute drei alte PX-Sherrys von Bodegas Toro Albalá aus drei verschiedenen Jahrgängen zur Verkostung kommen: aus 1931 (84 YO), aus 1946 (65 YO) und aus 1958 (59 YO)!



Nun möchte ich gleich zu Beginn klar stellen, dass bisherige Erfahrungen mit Wein im Allgemeinen, mit Sherry im Speziellen und mit Pedro Ximénez im Besonderen bei mir nicht gegeben sind. Ich kann hier also wirklich auf keinerlei Expertise verweisen und vor diesem Hintergrund ist alles was ich zu den dreien von mir gebe bitte auch einzuordnen. Weder werde ich Kaufempfehlungen aussprechen (können), noch werde ich die Sherrys in irgendeiner Weise einordnen (können). Hier wird es heute um drei zweifelsohne besondere Tropfen aus der Perspektive eines Rum-Nerds gehen und zwar ausschließlich aus dieser Perspektive. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.  Wer als Sherry-Fan nach diesen Weinen via google gesucht hat und nun bei mir gelandet sein sollte: vergesst bitte entweder alles was ich schreibe oder genießt, wenn ihr könnt, den unerwarteten Perspektivwechsel. Aber nehmt das hier keinesfalls als für euch relevante Kritik wahr.


Die Reise beginnt:

Wie aber bin ich denn jetzt überhaupt auf die drei Sherrys gekommen? Dazu muss ich nur ganz kurz zurückblicken, nämlich auf die Cologne Spirits im März. Dazu hatte ich in meinem Messebericht ja auch von einem alten Sherry berichtet. Dieser wanderte ganz konspirativ und schneller als ich schauen konnte in mein Glas und hatte mich wirklich umgehauen! Der edle Spender darf sich an dieser Stelle noch einmal meines tief empfundenen Dankes sicher sein. :-) 
Kurz nach der Messe bot dann die Eva aus dem Rum Club drei Sherrys, nämlich die heutigen drei, als Flaschenteilung an und einer davon war eben jener 58er von der Messe. Logisch, dass mein Interesse geweckt war. Da Interesse allein aber noch kein Know How erzeugt, musste ich mich erst einmal auf die Suche nach Informationen zu dem guten Stoff begeben und glücklicherweise wurde ich auch fündig.



Alle drei Sherrys stammen aus der Bodega Toro Albalá. Deren Geschichte wiederum reicht zurück bis ins Jahr 1844, in dem sie vom Urgroßvater des heutigen Besitzers, Antonio Sanchez, gegründet wurde. Es handelt sich hierbei also um ein beeindruckend geschichtsträchtiges Familienunternehmen. Der Firmensitz befindet sich seit 1922 in Aguilar de la Frontera, einer kleinen Stadt in der traditionellen Weinbauregion Montilla-Moriles, welche wiederum den Status einer sog. Denominación de Origen aufweist. Das bedeutet, dass es sich dabei um eine besonders geschützte Herkunftsregion handelt, ähnlich der Appellation d'Origine Contrôlée (AOC) in Frankreich und der Schweiz. Auf den Anbau der Rebsorte Pedro Ximénez ist man dort seit jeher spezialisiert und Toro Albalá ist bis heute eines der ganz wenigen Weingüter, die Jahrgangs-PX herstellen. Die dort gelagerten Jahrgangsweine reichen oft viele Jahrzehnte zurück, wie auch die heute vorgestellten drei Weine belegen.
Doch was genau ist eigentlich (PX-)Sherry, bzw. wie wird er gemacht? Die Kurzfassung: Sherry, dessen Name und Aussprache zwar an die englische Kirsche (Cherry) erinnert, letztlich aber auf den Ort Jerez de la Frontera zurückgeht und mit Kirschen nichts zu tun hat, ist ein sog. verstärkter spanischer Weißwein. Pedro Ximénez wiederum ist eine spanische Weißweinsorte aus Trauben, deren Zuckerwerte sehr hoch sind. Nach der Lese (Traubenernte) werden die Trauben beim PX nicht sofort gekeltert, sondern zehn Tage lang auf dafür vorgesehenen Bastatten getrocknet und anschließend gepresst. Der sog. Grundwein weist nun einen Alkoholgehalt von maximal 5 % vol. auf, besitzt aber einen hohen Fruchtzuckergehalt. Wie aber kommt der fertige Sherry dann auf einen Alkoholgehalt von ca. 17% vol.? Dies hat mit der eben erwähnten "Verstärkung" des Weines zu tun, denn vor der langen Reife im Eichenfass wird der Grundwein mit edlem Weindestillat auf ca. 17% vol. angereichert. Seine dunkle  Farbe erhält der PX dann im Eichenfass.

Und nach diesem kurzen "Crashkurs" würde ich sagen, kann es dann auch schon direkt losgehen!


Verkostung der drei Toro Albalá Pedro Ximénez Sherry:


Bodegas Toro Albalá Pedro Ximénez 1931: 

Kurze Fakten:

Jahrgang: 1931
Abfüllung: 2015
Alter: 84 Jahre
Produzent: Toro Albalá
Traubensorte(n): Pedro Ximénez
Alkoholgehalt: 18% vol.
Parker-Punkte: 98/100


Nase: Sehr schwere, alte, ehrwürdige Nase! Wow! Sehr dicht, sehr komplex. Keinerlei alkoholische Hinweise. Mein erster Eindruck vom Bouquet, wie auch schon auf der Messe beim 1958er, ist Studentenfutter, was vor allem an der Rosine liegt! Ansonsten habe ich, nicht nur optisch, Ähnlichkeiten zu Balsamico, sowie Gedanken an Gartenkräuter. 

Gaumen: Erste Assoziation ist Sirup. Ganz schwer, fett, ölig, vollmundig und süß legt sich der Sherry auf die Zunge. Ich denke hier wieder an die Rosine! Und wieder fehlen auch alkoholische Hinweise gänzlich. Dann folgt ein medizinischer Einschlag. Der Sherry regt den Speichelfluss enorm an und schmeckt einfach lecker. Mir fällt es schwer, das zu beschreiben.

Finish: bitter-süßer, trockener Nachhall.


Bodegas Toro Albalá Pedro Ximénez 1946: 

Kurze Fakten:

Jahrgang: 1946
Abfüllung: 2011
Alter: 65 Jahre
Produzent: Toro Albalá
Traubensorte(n): Pedro Ximénez
Alkoholgehalt: 17% vol.
Parker-Punkte: 100/100


Nase: Hui, eine ganz andere Nase! Klar, wieder unglaublich komplex, dunkel, schwer und dicht, aber ich habe einen deutlich säuerlicheren Eindruck, weswegen Balsamico hier noch wesentlich präsenter ist. Die Süße dagegen ist deutlich dezenter. Aber auch hier kommt die Rosine letztlich voll durch. Allerdings nicht nur die, sondern auch u.a. Pflaume, sowie eine leichte Würze. Die lange Lagerung im Fass ist dem Sherry durchaus anzumerken, allerdings ausschließlich positiv.

Gaumen: Wieder ist da diese Sirup-Assoziation. Wie schon den 1931er, empfinde ich den Sherry als sehr fett, schwer, ölig und vollmundig. Dazu aber komplexer. Ich habe einen kurzen medizinischen Touch zu Beginn, dann aber Rosine und Trockenfrucht satt. Dazu Bitterschokolade. Schöne, ausgewogene Süße. Wie schon beim 1931er wird der Speichelfluss enorm angeregt. Dann ist da so etwas brotartiges, was insofern unerwartet ist, als dass ich sowas beim Rum z.B. glaube ich noch nie hatte. Alkoholische Einflüsse oder auch nur Hinweise nehme ich erneut nicht wahr. 

Finish: süß-säuerlicher, trockener Nachklang.


Bodegas Toro Albalá Pedro Ximénez 1958: 

Kurze Fakten:

Jahrgang: 1958
Abfüllung: 2017
Alter: 59 Jahre
Produzent: Toro Albalá
Traubensorte(n): Pedro Ximénez
Alkoholgehalt: 17,5% vol.
Parker-Punkte: 98/100


Nase: Und nochmal wieder was ganz anderes! Diese Nase ist die herbste der drei Sherrys. Sie ist kräutriger und würziger als die der beiden anderen und im Vergleich ist Studentenfutter hier auch am komplettesten, denn ich habe auch die Nussmischung noch viel klarer dabei als bei den anderen. Ansonsten präsentiert sich aber auch diese Nase, wie die der beiden anderen, sehr, sehr dicht, verwoben, konzentriert und ohne alkoholische Anklänge. 

Gaumen: Erneute sirupartige, schwere, ölige, zähflüssige und vollmundige Anmutung. Der Sherry steht im Vergleich zu den beiden anderen aber auf der herben Seite. Herb-bitter-süßes Bouquet. Nach der bitteren Note zu Beginn, dann deutliche Medizin in Kombination mit Studentenfutter. Wieder angeregter Speichelfluss. Hier kommt nun noch Kräuterlikör dazu. 

Finish: herb-bitterer, trockener Abgang. 



Fazit:
Sooo, das waren sie, die drei PX von Bodegas Toro Albalá aus der Sicht eines Rum Aficionado! Was, wenig überraschend, natürlich festzuhalten ist, ist, dass echte Vergleiche zum Rum einfach nicht möglich sind. Während Zuckergehälter, und hohe Zuckergehälter noch dazu, im Rum unter Nerds weitestgehend verpönt sind, so sind sie beim Sherry willkommen und passend. Und wo Rum gerne mal einen Alkoholgehalt von 50, 60 oder gar 70% vol. aufweist, kommt ein Sherry mit schlanken 17-18% vol. um die Ecke. Wenn der Alkohol in einem Rum ganz besonders gut eingebunden ist, dann spricht man schon mal davon, ihn, ob seiner Milde, "so wegtrinken" zu können. Tatsächlich mag es Menschen geben, die das bei hochprozentigem Rum auch wirklich können, allerdings ich kann das nicht und das muss auch nicht sein. Dafür ist Rum meines Erachtens auch nicht ausgelegt. Hier beim Sherry hingegen wäre das mehr als nur eine Floskel, hier ginge das wirklich. Ich habe mich im Review auch bemüht, das durch meine Formulierung sehr deutlich zu machen, wenn ich davon spreche, dass den Tropfen sämtliche "alkoholische Hinweise" abgehen: das war zu 100% so gemeint! Es mag meiner Gewöhnung an fassstarke Rums geschuldet sein, aber hätte ich nicht gewusst, dass Alkohol enthalten ist, ich hätte ihn nicht bemerkt. Er ist, für mich, unsichtbar! Und schließlich: auch eine vergleichbare Instanz zu Robert Parker, dessen Bewertung in der Weinwelt eine beispiellose Gewichtung und Beachtung genießt, gibt es in der Rumwelt in dieser Form noch nicht. Die von mir heute verkosteten Sherry erhielten jeweils Top-Bewertungen, einer gar die Höchstpunktzahl von 100 Punkten!
Doch nun ans "Eingemachte": was kann ich inhaltlich zu den drei Pedro Ximénez resümieren? Habe ich einen Favoriten und wenn ja, welcher wäre das? Hier möchte ich zunächst vor allem einmal festhalten, dass es für mich ein unglaubliches Erlebnis und eine unheimlich spannende Erfahrung war, drei solch außergewöhnliche und vor allem außergewöhnlich alte Sherrys zu verkosten! Dafür möchte ich auch und gerade der Eva sehr herzlich Danken, dass sie das möglich gemacht hat! Nun fehlen mir natürlich die Vergleiche zu gewöhnlichen Produkten mit moderateren Preisen, daher kann ich nicht beurteilen, wie weit diese von denen entfernt sind, aber was ich sagen kann ist, dass mich die drei PX vollkommen überzeugt haben! Das wiederum weckt in mir die Bereitschaft, da durchaus auch nochmal an der Basis vorbeizuschauen und zu gucken, wie es dort um die Qualitäten bestellt ist. 
Am besten von den dreien haben mir der 1931er und der 1946er, jeder auf seine Weise, gefallen. Die beiden haben sich, nebeneinander verkostet, toll ergänzt und waren meines Erachtens zu unterschiedlich, um den einen nun über den anderen zu heben. Während der 31er etwas süßer daher kam, war der 46er etwas ballancierter und vielleicht auch kompletter, da der Säureanteil etwas  höher war. Der 1958er wiederum fiel im Vergleich zu den beiden etwas ab und belegt umso deutlicher daher den dritten Platz. Dieser stand schon sehr auf der bitteren und herben Seite, was mir nicht so gut gefiel. Die Probe in Köln hatte ich auch etwas anders in Erinnerung. Eventuell gab es hier unterschiedliche Chargen. Bei meinen Recherchen zu diesem Artikel war ich über derlei Vermutungen einiger auch gestolpert. 
Recherchen sind dann letztlich auch das Stichwort, denn selbstverständlich waren solche für diesen Artikel besonders unabdingbar, da ich, anders als beim Rum, über keinerlei Kenntnisschatz beim Sherry verfüge. Auf diese Weise kam ich dann auch theoretisch etwas ins Thema, was ich sehr spannend fand. Wein ist ein wahnsinnig großes Feld mit einem ganz eigenen Universum, und zukünftige Ausflüge über den Tellerrand möchte ich gerne wieder unternehmen! Und ein letztes Bedürfnis ist es mir, meine Quellen zu diesem Artikel noch offen zu legen, auch, falls sich jemand noch weiter in die Materie einlesen möchte: 


Quellenverweise:

https://auktion.catawiki.de/kavels/18190423-1958-toro-albala-don-px-convento-1-bottle-in-original-box
https://www.carlosvinos.de/Sherry/Toro-Albal-DON-P-X-Convento-Selecci-n-1931-PX.html
http://www.cielo-del-vino.de/spanische-weine/montilla-moriles/toro-albala/toro-albala-don-px-convento-seleccion-1946.html
https://www.secli-weinwelt.ch/shop/pdf/don-px-convento-seleccion_00008261
https://www.sherrynotes.com/2014/reviews/pedro-ximenez/don-px-convento-1946-toro-albala/
https://de.wikipedia.org/wiki/D.O.
https://de.wikipedia.org/wiki/Montilla-Moriles
https://de.wikipedia.org/wiki/Parker-Punkte
https://de.wikipedia.org/wiki/Pedro_Xim%C3%A9nez
https://de.wikipedia.org/wiki/Sherry





Ich hoffe, euch hat mein kleiner Ausflug in die Welt der PX-Sherrys von Bodegas Toro Albalá gefallen und ich freue mich, euch demnächst dann auch wieder, wie gewohnt, den nächsten Rum vorzustellen!

Bis dahin,
Flo

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