Sonntag, 18. November 2018

Drams of Lost Hampden Classics

Liebe Rum Gemeinde,

bereits letzte Woche hatte ich euch berichtet, dass ich beim Aufräumen und Ausmisten meines BAT-Archivs einige alte Verkostungsnotizen zu einigen Rums gefunden habe. Einen Teil davon habe ich euch schon letzte Woche zukommen lassen, da ging es vor allem um alte, lange gereifte, eher gemäßigte Jamaicaner. Heute hingegen kommen ein paar High Ester Notes von einigen Klassikern aus Hampden. Die Notes sind um die Jahre 2011/2012 herum entstanden, als ich die Rums unzählige Male verkostet habe und sie auch noch alle weitestgehend gut verfügbar waren. Inzwischen, nur wenige Jahre später, haben sie alle einen absoluten Raritäten-Status!
Bei Raritäten neigen wir oft dazu, sie rückblickend romantisch zu verklären. So wird dann so mancher Durchschnitt am Ende noch zur "Spitzenabfüllung von einst". Gerade auch auf Ebay zeigt sich das oftmals sehr deutlich in den Preisvorstellungen einiger. Ich habe mir im Folgenden vorgenommen, derlei aus der Gesamtgleichung zu streichen und nur den Rum selbst zu sehen. Mit den Eindrücken von einst, aber eingeordnet in die Gegenwart und unter Berücksichtigung dessen, was seitdem passiert ist. Das hat bei mir dann kurioser Weise aber eher dazu geführt, dass ich viele Rums heute tendenziell nüchterner sehe als noch vor über 5 Jahren. Doch lest selbst... :-)



Die verkosteten Jamaicaner:

- Berry's Own Selection 17 YO Hampden 1990 - 46% vol.
- Cadenhead Cask Strength HLCF 13 YO Hampden 1992 - 66,2% vol.
- Cadenhead Green Label 14 YO Hampden 1992 - 46% vol.
- Renegade Rum Company 15 YO Hampden 1992 - 46% vol.
- Cadenhead's Cask Strength JMLR 8 YO Hampden 2000 - 63,2% vol.
- Renegade Rum Company 8 YO Hampden 2000 - 46% vol.

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Berry's Own Selection Jamaica Rum 17 YO Hampden 1990 - 46% vol.

Nase: woah, eine wahnsinnig fruchtige Nase! Über die Maßen esterreich und dabei typisch jamaikanisch kommt der Rum um die Ecke, stark und voll. Außergewöhnlich! Wahnsinn!

Gaumen: das gleiche Spiel am Gaumen: auch hier wieder unglaublich viel Frucht, man fällt quasi Kopf über in eine Obstschale mit allen erdenklichen exotischen Früchten! Erst im zweiten Moment kommen auch geringfügig Noten der Fasslagerung vom Holz mit, die sich perfekt mit den Fruchtaromen. Das erscheint alles sehr ausgewogen und ergänzt sich perfekt. Der Rum ist so unfassbar mundfüllend und körperreich, außerordentlich gut!

Abgang: lang und länger... der volle Geschmack der Frucht verweilt eine ganze Zeit am Gaumen, erst nach Stunden schmeckt man nichts mehr vom Rum nach. Unglaublich!


Fazit: eine Geschmacks-Explosion! Ein Rum, der seinerzeit alles bis dahin dagewesene getoppt hat und auch heute noch zum erweiterten Kreis der besten Hampden zählt, die es überhaupt gibt. Mein Urteil fiel ursprünglich noch berauschender aus, allerdings haben einige mit der Zeit noch erschienene und länger gelagerte 1990er, die in einer höheren Stärke abgefüllt wurden, das ein kleines Stück weit relativiert. Aber die Verdünnung war wirklich der einzige Schwachpunkt dieses Rums. Die 70,- Euro, die er ursprünglich gekostet hat, waren aus heutiger Sicht ein Traum-Preis. Heute würde ich wohl noch bis zu 150,- Euro für diesen Rum bezahlen. Ob ich ihn dafür aber auch bekäme?



Cadenhead's Cask Strength HLCF 13 YO Hampden 1992 - 66,2% vol.

Nase: es zeigt sich mir erneut eine Ester-Bombe! Esterreich, fruchtig, aber auch gesetzt kommt dieser Rum daher. Den Ester-Anteil des 1990ers kann er nicht ganz mitgehen, aber dafür habe ich hier auch einige deutlicher gelagerte Noten vom Holz mit Vanille, Zitrone und Erde. 

Gaumen: ich habe sehr viel Pot Still-Hampden-Aroma am Gaumen, eine wahnsinnige Vielfalt! Der Rum wirkt trotz "nur" 13 Jahren Reife sehr ausgewachsen, hat vom Fass einiges abbekommen, was dem Rum gut tut. Auch alkoholische Schärfe ist dabei, allerdings fällt die für den Alkoholgehalt des Rums lächerlich gering aus. Ansonsten fallen mir Banane, Ananas, Erde, Zitrusfrucht und Vanille auf, die ich auch schon in der Nase fand. 

Abgang: sehr lang! Alles, was man am Gaumen hatte, bleibt für Stunden deutlich im Mund. Überaus angenehm!


Fazit: dieser Rum war für mich, zu Anfang meiner Rum-Zeit, der absolute König unter den Jamaica Rums, mein Einhorn! Er war der erste Rum, für den ich eine dreistellige Summe bereit war zu zahlen und lange Zeit war dies auch der einzige Hampden mit höherem Estergehalt, den es in Fassstärke abgefüllt gab. Das machte ihn zu etwas sehr besonderem und einzigartigem. Aus heutiger Sicht ist der Cadenhead HLCF 13 YO natürlich noch immer ein toller Rum, aber seine absolute Ausnahme-Stellung hat er bereits seit langem eingebüßt. Inzwischen gab es schon viele andere, vergleichbare Rums, die ähnlich oder besser waren, beispielsweise einige der Hampdens aus 1998 oder auch andere 1992er in Fassstärke. Daher würde ich wohl heute kaum mehr zahlen als anno 2011, nämlich ca. 100,- Euro. Ich denke, dass der Marktwert aktuell klar höher liegt, aber dafür würde ich ihn nicht mehr aufmachen.



Cadenhead Green Label 14 YO Hampden 1992 - 46% vol.

Nase: sehr ähnlich zum Cadenhead HLCF 13 YO, nur alles etwas dünner, nicht so enorm konzentriert - aber es ist eindeutig das gleiche Batch! Fruchtige Ester und gelagerte Noten vom Holz bilden hier eine schöne Kombination, die Lust auf mehr macht.

Gaumen: leider macht sich die Verdünnung hier schon bemerkbar. Dadurch fehlt jeglicher alkoholischer Einschlag und viel Kraft. Die Komponenten aus Banane, Ananas, Vanille, Erde oder Zitusnoten sind aber auch hier vorhanden. Bedauerlich, dass man diesen Rum nicht in Fassstärke abgefüllt hat, so wie man es ein Jahr zuvor noch mit seinem jüngeren Bruder gehandhabt hat. Dann wäre dieser Rum sicher noch viel besser gewesen.

Abgang: das ist dann wieder Hampden in Reinform! Lang und länger. Esterig. Typisch Hampden!


Fazit: dieser Rum hätte, in Fassstärke abgefüllt, der ganz große Wurf werden können! Seinerzeit war er mit 40,- Euro ein echtes Schnäppchen, zumal aus heutiger Sicht, aber die Verdünnung ist ein Malus, den ich einem Hampden inzwischen kaum noch nachzusehen bereit bin. Dafür ist das Angebot an gereiften Hampden in Fassstärke in den letzten Jahren einfach zu sehr gewachsen. Ich würde diesen Rum daher heute nicht mehr kaufen oder öffnen. Im Mai Tai hingegen hat er immer super funktioniert. 



Renegade Rum Company 15 YO Hampden 1992 - 46% vol.

Nase: okay, noch einmal 1992! Der Rum kommt im Kern schon sehr ähnlich daher, allerdings deutlich gemäßigter, durch die Verdünnung, und auch spürbar abgerundeter durch sein Bordeaux-Fass-Finish. Klar habe ich da die typischen Hampden-Noten, aber das Finish macht schon deutlich was mit dem Rum. Auch im Glas ist das zu sehen, wo der Rum farblich eher wie ein Rosé erscheint, als dass er wie ein Rum wirken würde. Sehr ungewöhnlich!

Gaumen: hier kommt der Hampden etwas besser und deutlicher durch als in der Nase, aber das Finish ist auch hier präsent. Das wirkt alles sehr gediegen, sehr gemacht, sehr experimentell. Das ist kein Rum mehr, den ich mir eingießen würde wenn mir nach einem Rum wäre, sondern wenn mir nach einem Wein wäre. Und wieder diese Farbe... fast möchte man ihn aus einem Rosé-Glas trinken. 

Abgang: Hampden ist Hampden. Und Finish hin oder her, der Rum bleibt lange am Gaumen verweilen und verschwindet erst nach über einer Stunde.


Fazit: das war der bis dahin wohl ungewöhnlichste Hampden, den ich im Glas hatte und ich glaube, da kam auch bis heute kaum einer dazu der es geschafft hat, einen Hampden weiter weg vom Markenkern zu ziehen wie das bei diesem Renegade der Fall war (und bei einem weiteren, doch dazu weiter im Text mehr...). Und doch mag ich diesen Rum, auch, weil das Finish dazu geführt hat, dass der Rum nicht diese für 46% vol. bei Hampden so typische Wässrigkeit aufweist. Der ist angenehm ölig. Damals habe ich ca. 60,- Euro für eine Flasche gezahlt. Heute wäre mir der Rum vielleicht auch noch etwas mehr wert, aber bei 80,- bis 90,- Euro wäre wohl Ende. Das ist einfach so speziell: probiert sollte man ihn haben. Aber ob man da eine ganze Flasche braucht?



Cadenhead's Cask Strength JMLR 8 YO Hampden 2000 - 63,2% vol.

Nase: hier habe ich zunächst starke, alkoholische Noten. Dass der Rum noch sehr jung ist, ist offenkundig. Jamaica und Hampden kommen dahinter durch und die Ester zeigen sich. Der Rum braucht einige Minuten Zeit, bis sich auch andere Aromen, wie Toffee, Vanille, Humus, Ananas und Banane durchsetzen können. Der JMLR ist in der Nase deutlich weniger rund als sein 13 jähriger Bruder und bringt auch deutlich weniger Power mit.

Gaumen: die alkoholische Schärfe steht zunächst im Vordergrund, weicht aber dann dem typisch jamaikanischen Geschmack von Früchtekorb. Ich habe auch hier wieder Ester, aber das fällt alles einfach ein wenig beschränkter aus, als bei anderen Hampden mit höherem Estergehalt. Das erinnert alles sogar fast eher an einige kräftigere Long Pond. Die kurze Reifedauer wird dem JMLR 8 YO leider etwas zum Verhängnis, denn der Rum ist noch sehr rau und kratzig. Ansonsten zeigen sich eine leichte Bitternote, sowie letztlich doch auch noch ein wenig Holz vom Fass. 

Abgang: der fällt leider deutlich kürzer aus als beim HLCF z.B. oder gar beim Berry Bros., die Fruchtnoten verschwinden, etwas leicht bitteres bleibt haften, ein wenig Melasse vielleicht, insgesamt aber eher enttäuschend, denn der Rum ist, für einen Hampden, wirklich schnell weg.


Fazit: ein eher ernüchternder Auftakt der LROK 2000 Reihe von Hampden. Der Rum war für das damalige (überschaubare) Angebot und für das was er seinerzeit gekostet hat, ca. 50,- Euro sind es gewesen, durchaus sein Geld wert und auch im Mai Tai hat er eine gute Figur gemacht, allerdings ist der Rum aus meiner Sicht im Jahr 2018 nicht mehr konkurrenzfähig. Der Jahrgang 2000 aus Hampden war einfach sehr, sehr ergiebig in den letzten Jahren und so sind viele andere, reifere Rums dieses Batches erschienen und ich persönlich habe den Jahrgang insgesamt sogar so ein bisschen "über". Ich würde den JMLR 8 YO heute nicht mehr kaufen und hätte ich noch einen hier, so würde ich ihn eher versetzen als irgendwann noch einmal öffnen. Es gibt einfach bessere, die auch nicht die Welt gekostet haben, wie z.B. der 2000er von Andreas Schwarz.



Renegade Rum Company 8 YO Hampden 2000 - 46% vol.

Nase: nochmal Renegade, nochmal ein Weinfass-Finish! Und zunächst wird der Rum dann auch vom Chateau Climens Fass dominiert, aber anschließend kommen dann die Esternoten, etwas Frucht und das typisch jamaikanische mit, wobei es diese Eindrücke gegen das Weinfass wirklich schwer haben.

Gaumen: für seine gerade einmal acht Jahre lange Lagerzeit schmeckt er schon sehr reif. Wieder liegt das Weinfass über allem, was den Rum einzigartig macht, ihn aber auch sehr verformt und ihn zu etwas völlig neuem macht. Alkoholische Schärfe ist leicht da, aber überhaupt nicht störend. Würde sie fehlen, wäre der Rum auf jeden Fall zu weich gespült für meinen Geschmack, dafür nimmt das Chateau Climens Fass dem Rum einfach zu viel von seinem jamaikanischen Charakter.

Abgang: hier halten sich Jamaica und Chateau Climens die Waage, der Geschmack verweilt etwas am Gaumen und so weiß der Abgang zu gefallen.


Fazit: es gilt im Prinzip das gleiche wie für den Renegade 1992. Nie vorher und nie nachher war Hampden vermutlich weiter weg von dem was sie ausmacht, als bei diesen Abfüllungen, selbst beim Murray McDavid 13 YO aus 1992 nicht. Im Falle des 2000ers gelingt die Kreuzung aus zwei Welten hingegen noch etwas besser als beim 1992er, so dass hier wirklich etwas komplett eigenes entstanden ist, was ich richtig gut finde. Toller Rum! Würde ich ihn heute irgendwo finden, so wüsste ich aus dem Stand nicht, was er mir wert wäre, ein Rum, den ich durchaus vermisse! Das wäre also vermutlich eine Bauchentscheidung. Wer eine Flasche bei sich herumstehen hat, dem würde ich, anders als beim 1992er, fast auch raten, sie einfach mal zu öffnen. Für mich ist das bis heute mit der beste 2000er, weil er eben nicht ist, wie die anderen. 

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Gesamt-Fazit:

Einen klaren Sieger auszumachen, so wie das letzte Woche beim Monymusk von Bristol funktioniert hat, ist heute nur bedingt möglich. Und das hängt vor allem damit zusammen, dass ich einen echten Verlierer heute nicht gesehen habe. Die Qualität war durch die Bank weg hoch, das waren alles klasse Rums!
Dennoch gibt es natürlich eine Gewichtung. So sehe ich den 1990er Hampden von Berry Bros. & Rudd. sehr weit vorne, da 1990 einfach mein Lieblings-Batch aus Hampden ist und diese die Verdünnung auch besser vertragen als z.B. das Batch aus 1992. Dahinter folgen der 13 YO HLCF und der 8 YO Renegade, die jeweils ebenfalls sehr zu gefallen wissen. Etwas hinten an kommen aber der Renegade 1992, der JMLR 8 YO und der Cadenhead Green Label 14 YO aus 1992, die für mich , aus jeweils ganz individuellen Gründen, nicht ganz das Niveau der anderen Abfüllungen erreichen. Sie wären auch diejenigen, die ich heute eher auch nicht mehr aufmachen würde. Aber für das was die damals gekostet haben waren auch diese drei wirklich super! Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich den JMLR und den Green Label mit ihren knapp unter 50,- bzw. 40,- Euro seinerzeit als gehobenen Standard für den Mai Tai empfohlen habe. Lange ist's her!

Hampden heute: Abfüllungen erscheinen häufig in Fassstärke.
Aus heutiger Sicht finde ich es spannend, dass ich auch Rums, die für mich damals wirklich das non plus ultra waren, inzwischen nicht mehr vermisse, bzw. die sich eher überlebt haben, einfach, weil mit der Zeit noch bessere, vergleichbare Rums erschienen. Bei Hampden finde ich das allerdings auch besonders bezeichnend und sehr auffällig. Man muss damals nicht schon dabei gewesen sein um die besten Hampden zu kennen. Da kommt heute zum Teil noch besserer Stoff, wie ich finde. Entweder noch aus den alten Stocks, oder zum Teil auch schon aus den Beständen des neuen Rums aus der Zeit nach der Wiedereröffnung der Brennerei im Jahr 2009. Hier unterscheidet sich die Destillerie von nahezu allen anderen beliebten Rum Brennereien, denn normal lief es eher in eine entgegengesetzte Richtung. Bei anderen Stilen, z.B. den Rockley Rums aus WIRD von Barbados, ist das gänzlich anders und ich würde gar von einem nahezu verlorenen Stil sprechen, denn der Jahrgang 1986 z.B. hat vor fast 6 Jahren seinen letzten Release erlebt und auch die 2000er kommen immer seltener und sind auch nicht identisch zu den 1986ern. Da ist der Zug heute abgefahren. Auch für Caroni gilt das bedingt bereits (vor allem zu bezahlbaren Konditionen) und ebenso ist es für die alten Jahrgänge von Long Pond meist schon zu spät - von den Demeraras ganz zu schweigen!

Demnächst geht es dann hier weiter mit noch ein paar weiteren wiederentdeckten Verkostungsnotizen. Ich habe noch einiges aus Long Pond und auch zu ein paar alten Cadenhead und Demerara Rums. Seid gespannt!

Bis dahin,
Flo

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

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Keep up the good writing.

Flo hat gesagt…

Thank you! :-)

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