Donnerstag, 9. Februar 2017

Forgotten Thoughts: Barbados, Blackrock Distillery: Cadenhead's BBR 11 YO vs. Cadenhead's BRS 16 YO

Werte Rum-Gemeinde,

lange war es ruhig hier auf Barrel Aged Thoughts, aber nun wacht der Blog aus seinem langen Winterschlaf wieder auf. Ja, ich habe mich rar gemacht in der Rum-Welt. Der Spaß an der Freunde war lange verschwunden, und so widmete ich mich anderen schönen und wichtigen Dingen des Lebens. Diese wiederum machten es möglich, mir den Spaß auch an diesem schönen Hobby wiederzufinden, und so geht es hier also weiter. 
Leider schied Marco schon vor längerer Zeit aus diesem tollen Blog aus und zog es vor, den Weg alleine weiterzugehen. Das Ergebnis ist mit Barrel Aged Mind ein neuer erstklassiger Blog in der Rum Welt. Alles Gute auch an dieser Stelle noch einmal!
Mit Marco verschwanden hier auch die Reviews des Landes Barbados, weswegen ich heute mit einem Bajan Review beginne, welches ich schon vor langer Zeit verfasst habe. Da Marco damals für Barbados und Guyana und ich für Jamaica zuständig war, wurde es allerdings nie veröffentlicht. Deshalb: Forgotten Thoughts
Nachdem bei mir bisher ausschließlich Rums aus Jamaica dran waren, gibt es also heute erstmals zwei Rums aus Barbados pur zu verkosten, die aus der Blackrock Distillery auf Barbados stammen!

Cadenhead BRS Rockley 16 YO und Cadenhead BBR Blackrock 11 YO

Mit der Blackrock Distillery verhält es sich ähnlich, wie mit der Long Pond Estate oder der Monymusk Distillery auf Jamaica, sie füllt nämlich keinen Rum unter eigenem Label ab, sondern verkauft den Großteil des Rums an unabhängige Abfüller, was auch bei unseren beiden heutigen Rums geschehen ist.
Die südwestlich auf Barbados gelegene West Indies Rum Distillery, oder auch Blackrock Distillery (nach dem Ort Blackrock) hat nach der Schließung von Rockley Distillery deren Still oder zumindest einen ihrer Destillationsapparate übernommen, die Rockley Still. Wie man heute weiß, ist diese aber nicht für die Rums aus 1986 und 2000 verantwortlich, da sie lange Zeit vorher schon außer Betrieb gestellt war. Das heißt, unsere heutigen Rums stammen aus einer Pot Still aus WIRD/Blackrock (Mark: BBR/BRS).
Rums im so genannten "Rockley Style" (die Bezeichnung beruht höchstwahrscheinlich von John Barrett her, hat aber mit Rockley, wie gesagt, nichts zu tun) unterscheiden sich grundlegend von allen anderen Rums, die ansonsten auf Barbados hergestellt werden. Während die Rums von Foursquare (R.L. Seales) bspw. eher einen Rum mit leichtem bis mittleren Körper ergeben, erhält man bei "Rockley" einen Rum mit mittlerem bis fast schwerem Körper, so dass das ganze auch schon mal eher Richtung Jamaica gehen kann, als dorthin, wo die meisten wohl am ehesten einen Barbadier vermuten würden. "Rockley" Rum hat nichts mit den anderen Rums aus Blackrock gemein, oder gar mit Doorly's XO, Cockspur oder Plantation X.O. zu tun! Wer nun aber an eine Jamaica-Kopie denkt, oder gar an Jamaicaner für Arme, der irrt wiederum. Die Rums von dort haben ihren ganz eigenen, unverwechselbaren Stil, den nicht nur Marco, sondern auch ich sehr schätze und den ich nun anhand zweier großartiger Rums hier auch näher betrachten möchte.

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Die beiden Rums im Vergleich:

Preis: für den Cadenhead's BBR musste man ca. 50 Euro einkalkulieren. Für einen Rum diesen Alters in Fassstärke sehr fair. Der BRS kostete ca. 70 Euro. Beide sind aber nirgends mehr zu bekommen, bzw. wenn, dann mal mit Glück in einem Fachgeschäft ohne Onlineshop vor Ort.

Alter: der BBR reifte von Juni 2000 bis März 2012 und reifte damit 11 volle Jahre im Fass. Beim BRS waren es 16 Jahre, von 1986 bis zum Juni 2003.

Alkoholstärke: beide Rums wurden in Fassstärke abgefüllt. Der BBR hat einen Alkoholgehalt von 59,1% vol., der BRS ist mit 67,7% vol. etwas stärker.

Destillationsverfahren: beide Rums wurden im Pot Still Verfahren destilliert, das gibt Cadenhead jeweils auf der Flasche an.

Farbe: hier zeigen die beiden Rums im Glas keinen Unterschied. Beide haben eine klare, goldene, strohige, helle Farbe. In der gefüllten Flasche ist der BRS allerdings ein ganz klein wenig dunkler.

Viskosität: der BBR zeigt sich im Glas ölig und satt, er beißt sich regelrecht am Glasrand fest. Enge Schlieren laufen am Glasrand herunter. Der BRS wirkt hier etwas filigraner, die Glaswand ist dünner benetzt und die Schlieren verlaufen weiter als beim BBR.

Nase: beim BBR nehme ich zunächst eine leicht rauchige Note wahr und auch die Anwesenheit alkoholischer Schärfe fällt im ersten Moment auf. Dahinter dann deutliche Bourbon Vanille, weitere Gewürze, die mich an Weihnachten denken lassen. Nach einiger Zeit zeigt sich dann auch eine angenehme leichte Süße, die sich mit Toffee und Karamell paart.
Der BRS mutet im ersten Moment etwas süßer, aber auch reifer an. Alkoholische Schärfe ist auch hier vorhanden, hält sich insgesamt aber auch bei diesem Rum zurück. Die Bourbon Vanille des BBR finde ich auch hier, allerdings kommt bei diesem Rum auch noch eine deutliche Honignote dazu, die mit der Bourbon Vanille einher geht. Hinzu gesellen sich einige Ester, die mich kurz an Jamaica denken lassen. Und: beim BRS zeigt sich noch etwas mehr Holz als beim BBR.

Gaumen: zu Beginn beim BBR eine schöne Süße, die mich erneut an Weihnachten denken lässt, allerdings ist es dieses Mal Weihnachtsgebäck. Der Eindruck aus der Nase, bezüglich der alkoholischen Schärfe, setzt sich hier nicht ganz fort, sie ist vorhanden, hält sich aber wirklich in Grenzen. Der Rum lässt mich an Creme Brulee denken, dahinter etwas deutlich grasiges. Ein wenig Holz kommt nun durch, wobei dieses bei diesem Rum definitiv nicht die Hauptrolle spielt. Es drängt sich nicht auf, aber der Rum ist deshalb keinesfalls allzu jugendlich, frisch oder zu wenig gereift. Ein hervorragendes Fass! Ganz am Ende meine ich einen Hauch Anis wahrzunehmen. Der Rum ist schön mundfüllend und zeigt sich am Gaumen ebenso ölig, wie er sich schon im Glas zeigte.
Der BRS wirkt sofort etwas älter als der BBR, hat mehr Holz abbekommen. Es zeigt sich aber ebenso sehr, dass beide aus einer gemeinsamen Destillerie stammen, das können sie nicht leugnen. Das Weihnachtsgebäck zeigt sich hier ebenfalls und auch bei diesem Rum ist eine gewisse Süße da, aber auch hier spielt sie nicht zu sehr hinein; dezent und dadurch perfekt. Die alkoholische Schärfe kommt hier minimal mehr zum Tragen als beim BBR. Der Rum ist für einen barbadischen Rum wirklich esterreich, sogar deutlich mehr Ester, als der BBR, ein Umstand, der ihn während des Genusses gedanklich immer wieder nach Jamaica rückt. Gefallen haben mir seine ölige Konsistenz im Mund, genauso wie der BBR ist der BRS wirklich mundfüllend.

Abgang: Dezentes, frisch geschlagenes Holz + Gras beim BBR, nochmals die Bourbon Vanille aus der Nase. Im Hintergrund habe ich Röst-Noten. Der Eindruck insgesamt ist hier ein angenehm trockener. Einzig: er könnte etwas länger sein, sich mehr am Gaumen festbeißen.
Der Abgang des BRS ist noch etwas trockener als der des 11 YO BBR, aber gemeinsam haben sie wieder die Bourbon Vanille, die sich als Signatur der Blackrock Distillery erweist, beide Rums kommen nicht ohne aus. Ein längerer Abgang als beim BBR!

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Cadenhead BBR 11 YO (2000 - 2012), 59,1% vol. 
Fazit: zwei Hochkaräter, zwei Legenden, aus Barbados! Die Insel hat, wie eingangs erwähnt, in Bezug auf Rum, zwei Gesichter: einmal der Rum des leichten bis mittleren Stils, vor allem aus der Destillerie Foursquare, Rum, der eine breitere Masse begeistern kann, wie man es z.B. beim Plantation Barbados XO sieht. Zum anderen aber auch der Rum eines mittleren bis schweren Stils aus kupfernen Pot Stills, darunter unsere heutigen Rums, die stilistisch deutlich eher an Jamaica heranreichen, als an jenes andere Gesicht des Rums von Barbados. Ich persönlich finde den schwereren Stil deutlich spannender. Zwei Vertreter dieses Stils habe ich heute verkostet und dabei viel Vergnügen gehabt. Im Kern waren sich die Beiden nicht unähnlich. Dass ich zwei Rums einer Destillerie im Glas hatte, war deutlich zu merken, auch wenn sie durchaus auch Unterschiede aufwiesen.
Einen klaren Favoriten konnte ich objektiv nicht ausmachen. Der BBR war im Vergleich spannender, vielschichtiger, komplexer als der BRS 16 YO. Dieser ging klar eher in die Richtung Jamaica, was sicher an seinem sehr hohen Estergehalt liegt. Das gefiel mir, auf Grund meiner Vorliebe für Jamaica sehr gut, war mir im Vergleich höchstens eine Spur zu wenig eigen. Ich möchte hier daher keinen der beiden Rums abwerten, das sind zwei hervorragende Rums, an denen ich viel Spaß hatte, immer noch habe und auch weiterhin haben werde.
Beim BRS steckt natürlich seine Exklusivität besonders im Kopf und das bekommt man auch beim Trinken nicht ausgeblendet. Möchte ich auch garnicht, das ist für mich ein Teil des Genusses. Der BBR dagegen hatte es da natürlich etwas schwerer, umso höher ist es aber auch anzusiedeln, dass er sich ohne diesen Teil Geschichte gleichermaßen durchsetzen konnte. 50 Euro kostete der BBR 11 YO mit 59,1% vol. und ich finde, das Geld war er wert. Beide gibt es leider nicht mehr zu kaufen, was wirklich schade ist. 

Bis demnächst, 
Flo

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