heute kommen von mir erneut ein paar Zeilen, die ich schon vor sehr langer Zeit zu Papier gebracht habe. Es geht heute um einen Hampden-Artikel, den ich Anfang 2012 geschrieben und, so weit ich mich erinnere, auch auf meinem früheren Blog "Mai Tai roa ae" für kurze Zeit online gestellt hatte, bis ich wenige Monate später den gesamten Blog zu Gunsten von Barrel Aged Thoughts offline nahm.
Warum ich den Artikel heute erneut online stelle, nach dieser langen Zeit und, so viel sei vorweg genommen, nachdem er glücklicherweise inzwischen jegliche Aktualität verloren hat? Gute Frage! Und ich denke, ich werde sie mir für das Ende aufheben. Hier nun die Zeilen von einst, lediglich an einigen Stellen auf den neuesten Stand gebracht (an anderen Stellen aber auch bewusst nicht, um den Wandel der Zeit anschaulich zu halten):
"Die Hampden Estate auf Jamaica, deren Geschichte bis ins Jahr 1743 zurückreicht, ist heute neben Wray & Nephew (Appleton), Worthy Park oder Monymusk eine der letzten Rum Destillerien auf Jamaica und steht vor allem für einen ganz speziellen, aber auch ganz fantastischen Rumstil. Hampden steht für einen unverwechselbaren Charakter, einen Hampden Rum erkennt man sofort, wenn man ihn im Glas hat. Seine Fruchtigkeit, sein schwerer Körper und seine Ester machen Rums dieser Brennerei einzigartig. Es ist nicht der sanfte Weg, mit dem Hampden seine Liebhaber überzeugt. Es ist ein Nischenrum. Nur wenige bevorzugen Rums dieser Gattung, statt sich von Gaumenschmeichlern aus Guatemala oder der Dominikanischen Republik um den Finger wickeln zu lassen.
Aber sein Nischen-Dasein hat für den Rum auch eine gravierende Folge: er hat es verdammt schwer am Markt! Dieses Schicksal teilt er mit vielen Dingen, die zwar nur wenige, dafür aber brennende Liebhaber haben. Die wohl schwerwiegendste Folge in unserem Fall war die Schließung der Brennerei, Anfang der 2000er. Seit dem gibt es an gelagerten Hampden Rums nur noch die Reste zu erstehen, die noch auf dem Markt sind, und in näherer und fernerer Zukunft jene Tropfen, die noch immer bei unabhängigen Abfüllern in Fässern schlummern und als länger gereifte Rums eines Tages abgefüllt werden. Der Lichtblick: Hampden ist inzwischen wiedereröffnet worden, und so kann auf neuen jungen gereiften Rum in etwa 10 Jahren gehofft werden. Bis dahin aber, sieht es momentan noch eher mau aus. Zwar füllen eben diverse unabhängige Abfüller immer wieder Rums aus Hampden ab (2011 erst erschien eine neue achtzehnjährige Abfüllung von Silver Seal), allerdings trauen sich die aller wenigsten, dieses auch mal in Fassstärke zu tun. Die bislang letzten Rums der Brennerei, die in Fassstärke abgefüllt wurden, sind der HLCF aus 2006 und der JMLR aus 2008, jeweils von Cadenheads.
JMLR 8 YO und HLCF 13 YO aus Hampden, beide von Cadenhead's. |
Hier einige gelagerte Abfüllungen der letzten Jahre aus Hampden (Stand 2011):
- Berry's Own Selection from Hampden 1990 17 YO, 46% vol
- Blackadder Hampden 1990, 46% vol.
- Cadenhead's Cask Strength HLCF 1992 13 YO, 66,2% vol.
- Cadenhead's Cask Strength JMLR 2000 8 YO, 63,2% vol.
- Cadenhead's Green Label (HLCF, 1992) Jamaica 14 YO, 46% vol.
- Mabaruma Hampden 1993 17 YO, 46% vol.
- Mezan Hampden 2000 8 YO, 40% vol.
- Renegade Jamaica Hampden 1992 15 YO, 46% vol.
- Renegade Jamaica Hampden 2000 8 YO, 46% vol.
- Silver Seal from Hampden 1993 18 YO, 50% vol.
- Vom Fass Hampden 19 YO, 40% vol.
Hier sieht man sehr schön, dass wirklich das allermeißte bei 46% vol. abgefüllt wird, einige wenige wurden sogar mit nur 40% vol. in die Flasche geschickt. Das ist wirklich schade, da der Rum dadurch unheimlich viel von seiner Kraft verliert, die ihn so einzigartig macht. Man merkt dem Rum die Verdünnung wirklich jedes mal enorm an und ich habe noch keinen anderen Rum getrunken, bei dem mich das so eklatant stört wie bei Hampden Rums. Diese Rums wollen in Fassstärke in die Flasche. Selbst zerstören verdünnen kann man sie immer noch, wer es denn mag ;) So aber, wird einem die Entscheidung abgenommen. Sicherlich kann man damit argumentieren, dass der Rum auf 46% verdünnt massentauglicher ist. Aber mal ganz im Ernst: ist es den Abfüllern wirklich entgangen, welch großer Erfolg mit dem Cadenhead HLCF erzielt wurde, von denen sie tausende hätten verkaufen können? Diese Rums sind so rar, dass man sich um deren Verkauf keine Sorgen zu machen braucht. Hampden ist eine Niesche. Macht es da nicht mehr Sinn, diese Niesche voll zu bedienen, als darüber hinaus zu gucken?
Berry's Own Selection Hampden 1990 von Berry Bros. & Rudd. ist ein genialer Rum. Aber er wurde verdünnt und, so gut er auch ist, das merkt man und das schwächt ihn. Ohne Verdünnung wäre dieser Rum eine kaum zu schlagende Granate! Nun kostet der Rum 80 Euro. Das ist eine ganz schöne Ansage. Für ein echtes Monster, in Fassstärke, da hätten einige diesen Preis sicher viel eher hingenommen, wer weiß, vielleicht wäre der Rum sogar so gut, dass er schon längst ausverkauft wäre, er wurde immerhin schon 2007 abgefüllt. So aber, wird der Rum noch ne Weile verfügbar sein. Das hätte anders sein können.
Ein ähnliches Beispiel: der Cadenhead Green Label Jamaica Rum 14 YO. Dieser ist aus dem 1992er HLCF Batch, ein Jahr länger gereift als der Bruder in Fassstärke und eben verdünnt. Die Ähnlichkeiten zu seinem kleinen Bruder sind unübersehbar, aber die Verdünnung schwächt ihn sehr und noch wesentlich mehr als das beim Berry Bros. der Fall war. Als Hampden-Fan fragt man sich da nur noch: musste das sein? Warum? :( Man hat es doch ein Jahr vorher besser gemacht. Stattdessen: Wasser Marsch! Und darüber hinaus anonym abgefüllt, so dass er nicht einmal bewusst als Hampden Rum gefunden werden kann. Für mich nicht nachvollziehbar!
Und schließlich: auch eine erste Verkostung des Mabaruma Hampden 17 Jahre von Pellegrini aus dem Jahr 1993 machte deutlich, dass das ein schöner Rum ist, dass die 46% vol. aber auch diesen Jamaicaner absolut killen! Gespannt bin ich nun auf den 50 prozentigen Silver Seal, das sind wenigstens mal ein paar Volumenprozent mehr. Ich hoffe, das macht sich schon bemerkbar. Aber zu viele Erwartungen habe ich da nicht, zu gering schätze ich die 4% mehr ein. Diese scheinen mir, ob der "5 " an erster Stelle, doch eher ein Vorteil in der Wahrnehmung zu sein. Das ist sehr schade, eben weil die Vorräte immer kleiner werden. Jeder weitere stark verdünnte Hampden Rum der auf dem Markt erscheint, ist eine Vergeudung an Potenzial!
Daher, liebe Abfüller: nehmt euch doch bitte mal ein Herz, und lasst die letzten Reste, die es aus Hampden noch gibt am Leben! Wasser tut diesen Rums nicht gut!
Aber auch, wenn diese Bitte eben direkt an die Abfüller gerichtet war: ich mache mir keine Illusionen. Ich glaube nicht, dass dieser Artikel ein radikales Umdenken bei den Abfüllern bewirkt, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wird dieser Artikel dort nicht mal gelesen werden, das hier ist schließlich nur ein kleiner und deutschsprachiger Blog. Jedoch bin ich auch der Meinung, dass wenn sich nie jemand beschwert, dass sich dann erst recht nichts ändern kann und wird. Es macht mich traurig, wenn ich einen Rum probiere und ich weiß: dieser Tropfen wäre perfekt gewesen, wenn man ihn nicht verdünnt hätte. Ich hoffe auf mehr Mut. Ich fand es in diesem Moment wichtig, das auch mal zur Sprache zu bringen, schließlich geht es um einen Missstand, der behoben werden kann. Rum ist ein Naturprodukt und als ein solches kann er in seiner Qualität zwar sehr gefördert, aber nicht erzwungen werden. Umso trauriger aber, wenn einem perfekten Naturprodukt, vieles seiner Klasse dann künstlich genommen wird.
Nichts desto trotz muss man sich letztlich mit dem, was auf den Markt kommt arrangieren. Das tue ich beim nächsten Mal dann in Form eines Mai Tai Tastings mit dem hier heute erwähnten Cadenhead Green Label Jamaica 14 YO. Im Laufe der Woche kann mit dem Review gerechnet werden."
Nachbetrachtung:
Tja... das waren nun also die Zeilen von einst. Und das Fazit lautet: Früher war alles besser! Oder nicht? Als ich den alten Artikel aus den Untiefen meines Archivs ausgrub und erstmals seit langem wieder las, so musste ich durchgehend schmunzeln. Schmunzeln, weil der ganze Artikel eindrucksvoll dokumentiert, wie sehr sich viele Dinge in der Rum Szene für die Connaisseure zum Positiven entwickelt haben.
Ja, wer heute einsteigt und die große Anzahl an guten alten und längst ausverkauften Abfüllungen sieht, der gerät schnell in Verlegenheit die damalige Zeit als eine Zeit zu sehen, in der Rum und Honig im Übermaß flossen und die Top Abfüllungen nur so wie Pilze aus dem Boden schossen. Ja, es gab in den letzten 20 Jahren viele sehr hochwertige Einzelfassabfüllungen. Aber es darf meines Erachtens nicht der Fehler begangen werden zu vergessen, die Anzahl an Jahren über die wir hier sprechen und die Anzahl an tollen Abfüllungen die es gab in Relation zueinander zu setzen. Wer das tut wird ernüchtert feststellen, dass am Ende lediglich vielleicht eine bis zwei gute Abfüllungen auf das Jahr gesehen erschienen.
Schwenk zurück zum Artikel: ich habe damals in 2012 elf Hampden Rums aufgeführt, die seit 2006 erschienen. Und ja, meines Wissens nach waren das zum damaligen Zeitpunkt alle Rums, die bis dahin aus Hampden erschienen. Elf Hampden Rums in sechs Jahren, davon lediglich zwei in Fassstärke und wiederum nur einer mit einem wirklich hohen Estergehalt. Und nicht alle dieser Hampden Rums aus der obigen Liste waren wirklich gut. Der eben geschätzte Schnitt von einer bis zwei guten Abfüllungen im Jahr wurde bei Hampden also noch deutlich unterschritten.
Es darf nun gerne jeder einmal selbst zusammenzählen, wie viele Hampden Rums in den fünf Jahren nach diesen Zeilen auf dem Markt erschienen und wie viele davon letztlich sogar High Proof und auch Full Proof kamen. Hier wird der Schnitt nun deutlich überschritten und dokumentiert eindrucksvoll, wieviel besser der Connaisseur in 2017 im Vergleich zum Connaisseur von 2012 in mancherlei Hinsicht dran ist. Natürlich darf nicht vergessen werden, dass heute auch mehr Durchschnitt abgefüllt wird als damals, aber diesen kann man heute wiederum auch besser aussieben, da die Rumszene in 2017 wesentlich besser organisiert ist. Regelmäßige Flaschenteilungen im Forum "Der Rum-Club" ermöglichen ein vergleichsweise günstiges durchprobieren.
Es darf nun gerne jeder einmal selbst zusammenzählen, wie viele Hampden Rums in den fünf Jahren nach diesen Zeilen auf dem Markt erschienen und wie viele davon letztlich sogar High Proof und auch Full Proof kamen. Hier wird der Schnitt nun deutlich überschritten und dokumentiert eindrucksvoll, wieviel besser der Connaisseur in 2017 im Vergleich zum Connaisseur von 2012 in mancherlei Hinsicht dran ist. Natürlich darf nicht vergessen werden, dass heute auch mehr Durchschnitt abgefüllt wird als damals, aber diesen kann man heute wiederum auch besser aussieben, da die Rumszene in 2017 wesentlich besser organisiert ist. Regelmäßige Flaschenteilungen im Forum "Der Rum-Club" ermöglichen ein vergleichsweise günstiges durchprobieren.
Wer erst heute dazu stößt hat bestimmt die eine oder andere Abfüllung verpasst, keine Frage, aber die Zeit bis zur nächsten Gelegenheit mit der Chance zuzuschlagen war noch nie so kurz wie heute!
Deshalb kann ich für mich nur feststellen, dass meine Wünsche, die ich einst im ursprünglichen Artikel niederlegte, erhört wurden und ich mit der heutigen Auswahl Rums sehr viel zufriedener bin als mit der damaligen. Hampden Estate - unausgeschöpftes Potenzial: Diese These ist heute glücklicherweise nicht mehr zu halten!
Bis demnächst und einen schönen Rest-Sonntag,
Flo
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