Sonntag, 9. September 2018

Kill Devil Jamaica Rum 10 YO Hampden 2007

Liebe Rum Gemeinde,

der Sommer neigt sich langsam dem Ende entgegen und nach dem gigantischen Velier Caroni 1974 letzte Woche habe ich nun eine kleine Kuriosität für euch, denn den Rum um den es heute geht, ein 10 jähriger Jamaica Rum aus der Hampden Estate, dürfte es, zumindest auf dem Papier, überhaupt nicht geben! Warum nicht und weshalb es ihn trotzdem gibt? 

Zunächst einmal: der Rum, um den es heute geht ist der Kill Devil Jamaica Rum 10 YO Hampden aus dem Jahrgang 2007. Und schon hier erscheint der Stolperstein: wer sich mit der Hampden Distillery zu irgendeinem Zeitpunkt mal ein bisschen genauer beschäftigt hat, dem fällt nun vermutlich sofort auf, dass die Destillerie zu diesem Zeitpunkt geschlossen war, und das schon seit ca. vier Jahren! Spätestens 2003/2004 waren bei Hampden die Schotten dicht und erst im Jahr 2009 wurde sie von den Hussey Brüdern reaktiviert. Wie kann es da dementsprechend einen Hampden Rum aus dem Jahr 2007 geben, das kann doch gar nicht mehr hinkommen?! Ich selbst habe zunächst das nahe liegende, einen simplen Label-Fehler, vermutet, aber nach allem was ich vernehmen kann, hat es 2007 wohl tatsächlich eine Art "Test-Durchlauf" von National Rums of Jamaica in Hampden gegeben, aus dem angeblich u.a. dieses Fass resultiert. Genaueres hierzu weiß ich leider nicht, aber ich finde das natürlich hoch spannend!
Anschließend wird der Rum relativ schnell nach Europa gelangt sein, denn wir werden in der Verkostung hinreichende Anzeichen dafür finden, dass die Reifung nicht in den Tropen stattgefunden haben dürfte. Im Jahr 2018 dann wurde ein Fass dieses Stocks 10 jährig von Kill Devil/Hunter Laing exklusiv für "The Whisky Barrel" in 290 Flaschen abgefüllt. Glücklicherweise tat man dies in Fassstärke, 64,1% vol. kann der Tropfen noch vorweisen, so dass mein Interesse für dieses Bottling abschließend geweckt war!


Verkostung des Kill Devil 10 YO Hampden 2007:

Preis: der Ausgabepreis beträgt vergleichbar günstige ca. 65£ in Großbritannien. 

Alter: 10 Jahre, von November 2007 bis Anfang 2018, durfte der Rum im Fass reifen.

Lagerung: die Reifung fand mutmaßlich in Großbritannien statt.

Fassnummer: unbekannt. Das Fass ergab 290 abgefüllte Flaschen.

Angel's Share: unbekannt. 

Alkoholstärke: Cask Strength - der Rum kommt mit stolzen 64,1% vol. daher.

Destillationsverfahren: Double Retort Pot Still.

Mark: C<>H

Farbe: sehr hell, an Weißwein erinnernd. Daher vermute ich auch eine kontinentale Reifung. 

Viskosität: eher dünn, wässrig und wenig fett wirkend.

Nase: was auch immer da 2007 veranstaltet wurde, es muss eindeutig in Hampden passiert sein! Die Nase lässt schon von weitem keinen Zweifel zu! Und was für ein Hampden das ist! Das ist nicht einfach nur High Ester, das ist schon Highest Ester. Ja, der erste Gedanke geht direkt in Richtung DOK! Ich habe mir zwei DOK aus 2009 daneben gestellt und werde in meinem Verdacht direkt bestätigt. Für meine Begriffe ist das DOK, mindestens aber C<>H*. Dementsprechend habe ich im Bouquet ganz viel Nagellackentferner und UHU-Kleber, der Rum ist zunächst auch leicht stechend. Die alkoholische Schärfe scheint hingegen sehr gut eingebunden zu sein, denn da fällt mir nichts penetrantes auf, trotz des doch recht hohen Alkoholgehalts bei eher kurzer Reifedauer. Der Hampden hat viele, viele Ester, wenn auch sehr smooth. Er ist sehr fruchtig, hat viel gegrillte Ananas und überreife Bananen, besitzt aber auch einen erheblichen Säureanteil - dementsprechend auch Erinnerungen an Zitronen. Dazu finden sich Marzipan und mediterrane Anklänge von Chorizo und Pepperoni, die dem Ganzen dann auch die Komplexität verleihen, die ich mir bei Hampden wünsche. 

Gaumen: der Hampden-Einschlag! ;-) Am Gaumen merkt man die 64,1% vol. sehr deutlich. Nicht besonders unangenehm, aber der Rum ist kein Easy Sipper und möchte gerne, dass man erst einmal ein wenig auf ihm herum beißt. Ist die Wucht der ersten Welle aber erst einmal über einen hinweggerollt zeigt sich schnell, dass der 2007er auch am Gaumen halten kann, was er in der Nase schon versprochen hat: der ist echt gut! Ich habe natürlich erneut Ester über Ester, aber dahinter kommt auch schon eine überaus präsente und sehr genial kommende Note von Bourbon Vanille! Diese kombiniert sich mit den fruchtigen Eindrücken der Ananas, einem Gemenge aus Erde, Zironen und Anis, sowie einer schön eingebundenen Holznote zu einem exzellenten, ausgewogenen und kurzweiligen Potpourri! Dazu ist der Rum auch sehr cremig, was ich anhand des optischen Eindrucks im Glas gar nicht vermutet hätte, was mir aber sehr gut gefällt! Die Fassstärke betreibt da an dieser Stelle wunderbare Eigenwerbung. 

Abgang: unfassbar schöner Abgang, herrlich! Da bleibt die volle Ladung Hampden DNA für Stunden hängen! So muss Hampden sein!

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Fazit: ich liebe diesen Hampden! Seine Ausgewogenheit und Komplexität bei vergleichbar jungem Alter sind seine große Stärke. Das Mark C<>H garantiert darüber haus dann auh schon fast einen hervoragenden Rum. Mein unangefochtenes Lieblings-Mark von Hampden!* Und wie auch immer diese Geschichte 2007 entstanden ist, wir können froh darüber sein! Zwar bevorzuge ich Hampden nach wie vor noch deutlich länger gereift, aber das geht hier ganz klar und eindeutig in die richtige Richtung. Eine schöne Überraschung! Ich habe von diesem Rum nur ein Sample geordert um ihn zumindest mal probieren zu können und ich wusste ja auch nicht was mich erwartet, aber das ist doch sicher einer von denen, die ich vielleicht auch kaufen sollte. Das mache ich, da ich einen gewissen Vorrat an Hampden habe und auch weil ich gerne sehr viele unterschiedliche Rums dieser schönen Destillerie probiere, schon lange nicht mehr bei jeder Abfüllung die neu am Markt erscheint, aber hier ist es dann wohl mal wieder so weit! Wer also gerade einen schönen Hampden für gutes Geld sucht, dem spreche ich eine definitive Kaufempfehlung aus!

-89/100-

Bis demnächst,
Flo

*in einer früheren Version dieses Reviews schrieb ich, dass es sich bei diesem Rum, rein geschmacklich, vermutlich um einen DOK handeln würde. Da lag ich allerdings knapp daneben, denn inzwischen ist das Mark C<>H für den Jahrgang 2007 bestätigt. 

2 Kommentare:

Johannes hat gesagt…

Hallo Flo,

es scheint von diesem Hampden 10YO eine Schwesterabfüllung mit 62,5% zu geben. Außerdem gibt es zwei 11YO Schwestern mit 63,2% und 63.5%, die ebenfalls in 11/07 destilliert wurden.
Diese drei o.g. Bottlings sind über thewhiskybarrel.co.uk noch ganz regulär zu beziehen im Gegensatz zur eher niedrigen Verfügbarkeit des hier vorgestellten Bottlings. Kannst du was zum (Qualitäts)Unterschied dieser 4 Bottlings (10/11YO aus 11/07) sagen? Würdest du empfehlen die anderen bzw. eine andere Abfüllung der drei noch verfügbaren blind zu kaufen?
Vielen Dank für deine Einschätzung!

Gruß
Johannes

Flo hat gesagt…

Moin Johannes,
ich hatte von den Kill Devil aus 2007 bisher nur die hier vorgestellte Abfüllung im Glas. Ich denke aber, dass die Qualität durchgehend passen wird, da ist Hampden normalerweise äußerst konstant. Auch hatte ich neulich ein Fasssample aus diesem Batch, welches ebenfalls hervorragend war. C<>H ist für Hampden schlicht eine Bank.

Beste Grüße
Flo

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