Ja, ihr lest richtig! Heute gibt's Rum aus Kuba! Wer jetzt denkt, die Aprilscherze auf diesem Blog scheinen sich zu häufen, der irrt.
Zugegeben, die Insel Kuba gehört nicht gerade in mein typisches "Beuteschema". Im Grunde genommen habe ich mich sogar gänzlich von der Insel verabschiedet, als ich begann, mich näher mit Rum auseinanderzusetzen. Heute also die Rückkehr auf die Insel, auf der mit Havana Club mein wahrscheinlich erster Rum beheimatet ist. So ganz genau ist das heute schwer zu sagen ;)
Wie kommt's? Kuba? Entweder, deren Rum kommt in oft zweifelhaft schmackhafte Cocktails, oder aber er langweilt den anspruchsvolleren Gaumen. Ja, kubanischer Rum ist teilweise mit Vorurteilen behaftet. Warum jetzt Kuba? Verantwortlich für das heutige Tasting ist eigentlich viel weniger die Insel selbst, als viel mehr die beiden unabhängigen Abfüller, die diesen auf den Markt brachten.
Duncan Taylor beeindruckte jüngst mit einer ganzen Serie an Rum, bei denen einige sogar bereits als die bisher besten ihres Jahrgangs gelten. Eben jener Serie gehört auch ein Kubaner an. Wie die restlichen Rums, so kommt auch er in (wohl einige Zeit vor dem Abfüllen leicht verdünnter) Fassstärke daher. Kuba in Fassstärke von einem unabhängigen Abfüller ist ein absolutes Novum und war daher nicht uneinteressant. Da im Cocktails & Dreams Forum eine Flaschenteilung der gesamten Serie anstand, riskierte ich 4 cl. Das Ergebnis wird heute verkostet.
Auf der anderen Seite war es die Kuba Abfüllung von Isla del Ron, welche ich bei Andreas Schwarz in Preetz in dessen Fachgeschäft probieren konnte und die mich letztlich auch dazu bewogen hat, die Jamaica Abfüllung trotz des sehr hohen Preises zu riskieren. Auch dieser Rum wurde in Fassstärke abgefüllt. Da sie zusätzlich aus dem gleichen Batch stammen und fast gleich alt sind, eigenen sie sich natürlich hervorragend für einen Parallelvergleich.
Beide Abfüllungen sind stark limitiert. Vom Duncan Taylor sind 245 Flaschen aus Cask #78 abgefüllt worden, IdR Cask #5 ergab sogar nur 195 Flaschen. Interessenten sollten sich unter Umständen nicht allzu lange Zeit lassen!
Kurz zur Destillerie: der Name der Destillerie erscheint mir nach einiger Recherche nicht ganz eindeutig. Teilweise wird er mit Paraiso angegeben, anderer Orts wieder mit Sancti Spiritus. Einige Quellen nennen auch beide Namen. Die Geschichte der Destillerie geht zurück bis ins Jahr 1844. Sie liegt in der zentralkubanischen Stadt Sancti Spiritus, welche ca. 42.000 Einwohner zählt. Sancti Spiritus ist seit 1976 die Hauptstadt einer wiederum gleichnamigen Provinz. Als eine der wenigen, wenn nicht sogar als die einzige Destillerie der Insel, gibt sie Rum an unabhängige Abfüller weiter. Wie alle anderen Betriebe auf Kuba auch, dürfte aber auch Paraiso/Sancti Spiritus dem Staa... äh, dem Volk gehören ;)
Zu Duncan Taylor wurde in den Artikeln zur 22 jährigen Hampden Abfüllung und zur Rockley Abfüllung schon einiges gesagt, zu Isla del Ron gibt es einige Informationen im Artikel zur 1982er Jamaica Abfüllung. Daher gehe ich heute direkt zur Verkostung über.
Preis: die Duncan Taylor Abfüllung liegt bei knapp unter 64 Euronen. Für den Isla del Ron muss man nicht ganz 60 Euro ausgeben, er ist also ca. 5 Euro günstiger.
Alter: beide Rums stammen aus dem 1998er Batch der Destillerie. Der Duncan Taylor wurde im November 2012, der Isla del Ron Anfang 2013 abgefüllt. Damit sind beide 14 Jahre alt.
Alkoholstärke: der Duncan Taylor kommt mit 53,2% vol. daher, der Isla del Ron misst noch 58,5% vol..
Destillationsverfahren: beide Rums wurden in einer Column Still der Paraiso/Sancti Spiritus Distillery auf Kuba destilliert.
Farbe: beide Rums weisen hier keine merklichen Unterschiede auf. Beide sind strohig, golden. Sehr hell. Rein farblich erkennt man kaum einen Fasseinfluss.
Viskosität: beide Rums bilden an der Glaswand zunächst einen hauchdünnen Film. Es bilden sich enge, dichte, dünne Schlieren. Der Film verweilt lange an der Glaswand und weist so auf ein eher öliges Destillat hin. Nach einiger Zeit im Glas werden die Schlieren satter, zäher und fetter.
Nase: der Duncan Taylor versprüht sofort karibisches Flair. Eine schöne Fruchtigkeit ergänzt sich mit einer guten Portion Rauch und Tabak. Eine leichte Säuerlichkeit ist da. Alkoholische Schärfe ist beinahe komplett abwesend. Ich meine, Weintrauben und weiße Schokolade und Vanille in der Nase zu haben.
Nach ca. einer Stunde ist die Nase sehr viel trockener und komplexer geworden. Die Säuerlichkeit ist vollständig verschwunden.
Der Isla del Ron hebt sich erstaunlich deutlich vom Duncan Taylor ab. Man erkennt zwar sofort, dass sie aus einer gemeinsamen Destillerie stammen, jedoch hat der Rum nicht diese Säuerlichkeit des Taylors. Stattdessen habe ich hier, neben dem Tabak und Weintraube, auch eine leichte Toffeenote und getoastete Eiche. Die Nase ist ganz leicht alkoholischer, aber diesbezüglich immer noch sehr zurückhaltend.
Nach ca. einer Stunde hat sich die Nase weniger verändert als beim Duncan Taylor, wurde aber auch trockener und komplexer.
Gaumen: zunächst etwas flach und verschwommen, braucht der Duncan Taylor einige Zeit, bis er sich im Mund verteilt hat. Für einen Rum dieser Stärke erstaunlich mild, wenn gleich der Alkohol schon auch da ist. Die Säuerlichkeit aus der Nase ist zunächst auch am Gaumen präsent. So richtig da ist der Rum dann erst, wenn er schon heruntergeschluckt wird. Dann dominieren plötzlich Gewürze aller Art und ich meine, hier leichte Nelke zu haben. Er geht dann ins trockene und hinterlässt ein pelziges Gefühl auf der Zunge. Nach ca. einer halben Stunde verändert sich der Gaumeneindruck positiv. Der Rum wird nun klarer und gibt einiges an Aromen mehr preis. Ich habe nun auch noch Leder und sehr präsente Maraschino.
Sehr viel deutlicher am Gaumen ist sofort der Isla del Ron. Und trotz des leicht höheren Alkoholgehalts, finde ich diesen unter diesem Gesichtspunkt angenehmer als den Taylor. Überhaupt spricht mich der gesamte Gaumeneindruck hier viel mehr an. Der Rum kommt in seinen Strukturen viel klarer daher und zeigt mehr Facetten. Er ist trockener, rauchiger, etwas würziger und hat eine angenehme, weniger säuerliche Fruchtigkeit. Süße ist wenig vorhanden. Am Ende habe ich auch hier Maraschino. Obwohl auch der Isla del Ron erst beim Herunterschlucken vollends da ist, weiß er schon zuvor zu überzeugen.
Abgang: der wird beim Duncan Taylor geprägt von der Maraschino Kirsche, die ich am Gaumen auch nach einiger Zeit hatte. Der Abgang gestaltet sich sehr trocken und dauert einige Minuten an. Da Jamaicaner hier kein Maßstab sein können, würde ich die Zeit, die dieser am Gaumen verweilt schon als recht ordentlich sehen.
Der Abgang ist beim Isla del Ron erstaunlich ähnlich, wenn gleich hier sicher auch die Parallelverkostung mit hereinspielt. Der Rum wird ebenfalls sehr trocken und erinnert mich entfernt an den Cadenhead SLJD aus St. Lucia, aber auch an den Bristol Classic Rum Jamaica aus Monymusk 25 YO, bei dem ich diesen Maraschino Touch schon einmal hatte.
Duncan Taylor & Isla del Ron Cuba Rum |
Fazit: mal was anderes! Das Tasting fiel mir deutlich schwerer als sonst, da ich hier völlig andere Eindrücke hatte, als ich sie sonst von Jamaicanern kenne. Daher konnte ich weniger auf Bekanntes zurückgreifen und hatte bei der Bestimmung einzelner Eindrücke viel mehr Mühe. Gut so! Ich finde den Blick über den Tellerrand wichtig und lohnend und empfand das heutige Tasting so auch als echte Bereicherung.
Einen neuen Favoriten habe ich trotz dessen wohl eher nicht gefunden, dazu schmecken mir die jamaicanischen Rums einfach viel zu gut.
Wenn ich einen Sieger im heutigen Tasting präsentieren sollte, so wäre es ohne Zweifel der Isla del Ron. Vor allem nach ein wenig Standzeit hat der Rum richtig Gas gegeben und widerlegte so ziemlich jedes Vorurteil über kubanischen Rum. Der Rum langweilt nicht, hat Ecken und Kanten und vor allem echte Tiefe und Komplexität, die ich, das muss ich gestehen, einem kubanischen Rum in dieser Form bis dato tatsächlich nicht zugetraut hätte. Hut ab!
Würde ich den Isla del Ron kaufen? Das ist schwer zu sagen. Das PLV stimmt auf jeden Fall, mehr noch, es ist hervorragend. Für einen Kauf ist er aber evtl. noch ein kleines bisschen zu wenig meins. Wer allerdings deutlich affiner diesem Typ Rum gegenüber ist, der sollte nicht zögern. Objektiv gesehen, ist das einfach ein klasse Rum!
So. Bei kubanischem Rum habe ich nun richtig Lust auf einen Mojito bekommen! Leider standen mir für das Tasting nur wenige Centiliter der beiden Rums zur Verfügung, so dass ich dafür auf einen anderen Rum ausweichen musste. Dieser stammt allerdings aus dem selben Batch der Paraiso/Sancti Spiritus Distillery, ist 11 Jahre gelagert worden und von der Renegade Rum Company 2009 abgefüllt worden. Der Grundcharakter der Rums ist vergleichbar.
- 7 cl Renegade Cuban Rum Sancti Spiritus 11 YO
- 3 cl Limettensaft
- 2 cl Zucker
- eine große Hand voll Minze
- Soda on top
Die Minze kurz in der Hand anklatschen, alles, bis auf das Soda, im Boston Shaker mit viel Eis gut schütteln, doppelt in ein Longdrinkglas auf frisches Eis abseihen und mit etwas Soda auffüllen (ca. 2-4 cl). Mit einigen Blättern Minze dekorieren.
Das Ergebnis ist ein verdammt leckerer, trotz des verwendeten gelagerten Rums erfrischender, Sommerdrink, weit weg von all den verwaschenen Mojitos schlechter Strandbars. Nun muss der Sommer nur noch kommen... ich hoffe, er fällt dieses Jahr auf einen Samstag.
Mit den heute verkosteten Fassstärke-Kubanern wäre der Drink wahrscheinlich nicht sehr viel anders geworden, da sie trotz der etwas mehr Prozente auch eher mild waren. Am ehesten würde ich es mit dem Duncan Taylor probieren, da dieser etwas fruchtiger war. Auf Grund dessen, dass ich pur allerdings den Isla del Ron klar bevorzuge, werde ich das wohl leider eher nicht nachträglich irgendwann noch testen können.
Flo
1 Kommentar:
Ich muss sagen, dass ich mit eher kräftigeren Rums keinen Mojito gemixt habe, aber ich muss es wohl mal tun. Obwohl mir ehrlich gesagt ein krätiges Minzaroma wichtiger als alles andere beim Mojito ist. Mein allererster Mojito war einer mit einem Bacardi. Kürzlich beim Geburtstag eines Freundes zusammengemischt, weil der Havana dort schon alle war. Kein Genuss... Wahrlich nicht!
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