Sonntag, 24. November 2019

RA Jamaica Rum "Trelawny Double Cask" 1998/2000

Liebe Rum Gemeinde,

nachdem wir uns schon vorletzte Woche auf Jamaica so wohl gefühlt haben, habe ich beschlossen, noch ein wenig länger zu bleiben und euch einen Rum vorzustellen, den ich euch schon seit Wochen unbedingt näher bringen möchte: den RA Jamaica Rum "Trelawny Double Cask" 1998/2000!



Im Sinne der Transparenz möchte ich gerne darauf hinweisen, dass mir, anders als auf meinem Blog üblich, dieser Rum von der Heinz Eggert Spirituosen Manufaktur (HEB-RA) kostenlos für eine Review zur Verfügung gestellt wurde. Es wurde sich seitens des Abfüllers meine ehrliche Meinung gewünscht, aber Verpflichtungen gleich welcher Art sind daraus nicht entstanden. Weder erwartet man eine positive Bewertung, noch bin ich in irgendeiner Weise verpflichtet den Rum überhaupt vorzustellen. Das passiert gänzlich auf freiwilliger Basis. Da ich mich mit HEB-RA allerdings im regelmäßigen Austausch befinde und eine große gegenseitige Wertschätzung besteht, weiß man dort zugegebener Maßen wohl so ein wenig um meinen Geschmack. ;-) Es ist ja auch nicht das erste Mal, dass mich Rums aus diesem Hause begeistern. Im Grunde genommen, hat das alles ja sogar bereits im Jahr 2012 durch den LPS Long Pond 2nd Release 1993 seinen Anfang genommen. Aber ich komme ab...

















Genug also der Förmlichkeiten und des Schwelgens in Erinnerungen, kommen wir lieber zum heutigen Rum! Denn der ist es wahrlich wert, sich einmal genauer mit ihm auseinander zu setzen, denn wir haben es dabei mit nicht weniger als einer Vermählung der zwei unter Rum-Nerds wohl beliebtesten Destillerien Jamaicas zu tun, Hampden und Long Pond.

Dabei beim Release-Start des Trelawny Double Cask auf dem GRF:
Dominik (RA), Marius (SCR) & ich 
Das verwendete Hampden-Fass stammt aus dem Jahr 1998 und war aber keines aus jenem Batch, welches auch bei anderen Unabhängigen Abfüllern bereits erschien. Während die Hampden 1998 üblicherweise nämlich Rums mit dem Hampden-Mark HLCF sind, ist dieser hier ein C<>H, also ein Rum mit wesentlich höherem Estergehalt (Bei Fragen zu Hampden, den Marks, Estern, etc.: klicke hier!). Das macht ihn zu einer krassen und leider wohl auch einzigartigen Ausnahme. Denn die ca. 50 Liter, die der Hampden-Anteil des Double Casks ausmacht waren die letzten aus den 1998er Beständen bei RA.
Das zweite zum Einsatz gekommene Fass ist ein Long Pond aus dem Jahr 2000. Dabei handelte es sich um ein Fass des Batches, aus welchem auch die anderen Long Pond 2000 am Markt stammen. Das Mark wird von Main, also vom Broker, nur mit JMLW angegeben, was sehr sicher für Jamaica Main Long Pond Wedderburn steht. Geschmacklich passt diese Definition auf alle Fälle und da sich Main nicht selten auch an den tatsächlichen Marks orientiert und es mit IRW und VRW zwei Wedderburn Marks gibt, die eben jenes W enthalten, ist davon auszugehen, dass 1 + 1 auch hier = 2 ergibt.
Beide Fässer lagen jeweils für sich bis 2018 in ihrem ursprünglichen Fass, ehe man sie seitens RA in einem separaten Hogshead-Fass miteinander vermählt und noch ein weiteres Jahr hat reifen lassen. Im August 2019 füllte man den Rum dann schließlich mit einem Alkoholgehalt von 51,9% vol. zu 225 Flaschen a 0,5 Liter ab und stellte ihn auf dem 9th German Rum Festival offiziell vor. Dort gewann der Rum in seiner Kategorie gar die Goldmedaille. Ich muss zwar ehrlich gestehen, dass ich solchen Awards keine allzu große Bedeutung beimesse, aber nichts desto weniger habe ich mich vor allem für Dominik und das gesamte RA-Team natürlich sehr gefreut, denn verdient war's allemal! 



Verkostung des RA Jamaica Rum "Trelawny Double Cask" 1998/2000:

Preis: zu Ausgabe lag der Rum bei ca. 45,- Euro. Das war, im Jahr 2019, für einen Rum mit solchen Eckdaten nicht weniger als ein absolutes Schnäppchen! Inzwischen muss man auf dem Secondary Market eher schon über 60,- Euro dafür ausgeben.

Alter: der Hampden-Bestandteil reifte von 1998 bis 2018 und der Long Pond-Anteil von 2000 bis 2018 im Eichenfass. In einem gemeinsamen Fass reiften sie miteinander vermählt dann nochmals ein Jahr weiter bis zur Abfüllung 2019.

Lagerung: beide Fässer lagen die gesamte Zeit der Lagerung über in kontinentalem Klima.

Fassnummer: #1 ; die Abfüllung ist 225 Flaschen stark. 

Angel's Share: unbekannt.

Alkoholstärke: der Double Cask weist einen Alkoholgehalt von 51,9% vol. - Full Proof!

Destillationsverfahren: beide Rums wurden in einer Pot Still destilliert.

Mark: C<>H (Hampden) und JMLW (Long Pond) gibt RA in einer Info-Schrift an. Letzteres steht wohl für Jamaica Main Long Pond Wedderburn. Somit ist das Destillerie-eigene Mark vermutlich IRW oder VRW. 

Farbe: in der Flasche noch kräftig kurkuma-golden, kommt der Rum im Glas dann in einem blassen Goldton daher, der für ca. 20 Jahre kontinental gereifte Rums als durchaus üblich zu bezeichnen ist. 

Viskosität: der Rum bildet eher unregelmäßige und weite Schlieren an der Glaswand und fließt recht träge an ihr zurück.

Nase: ja, kein Zweifel, in welche Richtung das heute geht - Jamaica Time! Mich empfängt eine sehr volle und reichhaltige Ester-Nase, die eindeutig auf die Hampden Distillery hinweist. Vom Long Pond Anteil bemerke ich zunächst einmal gar nichts, was aber angesichts der ungleichen Estergehalte beider Rums auch nicht sonderlich verwunderlich ist. C<>H ist ein sehr dominantes Mark mit hohem Wiedererkennungswert. Und doch kann ich nicht leugnen, dass das hier schon auch etwas eigenes ist, denn auf einen reinen C<>H würde ich sicher ebenso wenig tippen, einfach, da es dem Rum dafür etwas an Tiefe und Intensität fehlt, die dieses Mark auszeichnen. Da nimmt ihm der Long Pond also schon einiges, ohne darüber aber wirklich aktiv aufzufallen oder in Erscheinung zu treten. Der Alkoholgehalt ist mit 51,9% vol. sehr entspannt, daher ist etwaige Schärfe hier auch kein Thema. Im Bouquet finde ich Ester in Form von Flüssigklebstoffen, sowie gegrillte Ananas,  Bananen, die Säure von Zitrusfrüchten und auch etwas Eiche. Alles in allem ist das zwar nicht sonderlich spektakulär, aber ich habe alles im Glas versammelt, was für mich einen guten und soliden Jamaicaner aus Trelawny ausmacht. Da meine Sympathien hier zu Hampden tendieren hätte mich da natürlich der C<>H pur und unvermählt auch interessiert.

Gaumen: am Gaumen ist die Verwirrung dann zunächst einmal groß. War in der Nase noch ganz klar der Hampden alles dominierend, so habe ich jetzt das Gefühl, dass es der Long Pond ist, der sich in den Vordergrund versucht zu spielen, so sehr wie das bei einem derart starken Gegenpart wie dem Hampden eben möglich erscheint. Der Rum brennt kurz, aber nicht unangenehm auf der Zunge, der Alkohol ist super eingebunden, der Rum total smooth, das macht Laune. Für meinen persönlichen Geschmack könnte der Double Cask zwar noch ein wenig potenter daher kommen, aber der leicht dünne Eindruck währt nur kurz. Er geht dann ins vollmundige und cremige über, was mir wieder sehr gefällt. An Assoziationen habe ich Bananen, gegrillte Ananas, etwas erdiges, Bourbon Vanille und Eiche. Der Rum kann sich insgesamt nicht so richtig entscheiden, ob er letztlich doch eher ein Hampden war oder nicht doch ein Long Pond. 

Abgang: gewohnt lang, wenn auch nicht so ewig, wie man es z.B. von reinen Hampden Rums kennt. Im Vergleich zu anderen Stilen zeigt sich hier aber immer noch ein gewaltiger Vorsprung.

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Fazit: das beste aus beiden Welten funktioniert, aber auch nur bedingt! Insgesamt merkt man doch, dass hier zwar zwei Rums miteinander vermählt wurden und diese auch zueinander gefunden haben, aber man merkt auch, dass es nicht ein Rum ist. Sie sind nicht miteinander verschmolzen. Ich bleibe da so ein wenig bei meinem Eindruck, den ich schon in der Nase gewonnen hatte, dass mich der C<>H solo wohl sehr interessiert hätte und auch noch mehr interessiert hätte als dieser Blend. Versteht mich nicht falsch, der Rum ist gut, ohne Diskussion, er bringt alles mit was ich an kräftigen Jamaicanern einfach liebe, aber er ist meines Erachtens nicht ganz rund und daher eben auch "nur" gut. Pur würde er vermutlich selten bis gar nicht in meinem Glas landen, einfach weil die Konkurrenz in meinem Sampleschrank so unglaublich groß ist und ich vermutlich immer irgendwo einen Rum finden würde, der mich in diesem Augenblick mehr reizen würde. ABER, und da kommt jetzt ein riesen großes Aber: der Rum bringt nichts desto weniger eine unfassbare grundsätzliche Qualität mit und das zu einem wirklich unschlagbaren Preis in diesen Zeiten! Wir sprechen hier über ~20 Jahre in Europa gereiften Rum aus Hampden und Long Pond für unter 100,- Euro auf den Liter gesehen! Soll heißen: das Preis-Leistungsverhältnis ist hier nicht einfach nur top, sondern es fliegt geradezu aus den Angeln! Das ist im Grunde vollkommen unrealistisch! So, und dann kommt noch dazu, dass ich das ganze ja auch noch als Jamaica-Nerd beurteile, der aus diesen beiden Destillerien wohl schon nahezu alles gesehen hat, was man sehen musste, das muss man mit bedenken. Soll heißen: auf wen das nicht zutrifft, und das werden da draußen doch eher die meisten sein, der kann und wird hier pur sehr wohl auch seinen Spaß haben! Und wisst ihr was ich mit dem Rum mache? Ich mixe mir damit ein paar richtig geile Drinks zum schmalen Kurs! Denn das ist endlich mal wieder ein richtig guter Jamaicaner für einen Preis, der einen bedenkenlos zum Shaker greifen lassen kann! Wann hatten wir denn das zuletzt? Ich erinnere mich gerade nicht. Unterm Strich kann man also einzig konstatieren, dass es so ziemlich niemanden gibt, der mit diesem Rum zu diesem Preis auch nur irgendetwas falsch machen kann! Auch das weiß ich nicht, wann ich das zuletzt hatte... Bleibt mir nur mich bei dir, Dominik, nochmal dafür zu bedanken und begierig zu warten, bis die nächsten Releases am Start sind.

-85/100-

Bis demnächst,
Flo

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