Liebe Rum Gemeinde!
Endlich! Lange angekündigt, hat Habitation Velier mit dem C<>H mein persönliches Lieblings-Mark von Hampden erstmals tropisch gereift auf die Flasche gebracht. Selten habe ich einem Release mit so viel Vorfreude entgegen gesehen. Ich bin gespannt!
C<>H! Das ist meines Erachtens das Mark, welches den Ester-Wahnsinn perfekt auf die Spitze treibt, ohne dabei zu weit zu gehen. Denn das Mark DOK kommt meines Erachtens zu extrem daher, um wirklich noch genießbar zu sein. Man kann das trinken, klar, und ich bin wahnsinnig froh, dass es vor zwei Jahren endlich die Möglichkeit gab sowas mal probieren zu können und auch stolz darauf, da mit dem Letter of Marque so ein wenig Part of the Story gewesen zu sein, aber für mich ist DOK inzwischen auserzählt. Das war seinerzeit spannend, gewiss, aber mir persönlich macht DOK nicht mehr wirklich Spaß. Das merkte ich nochmal ganz deutlich, als ich diverse un-/kurz-gelagerte DOK parallel verkostet hatte.
Ganz anders sieht es da bei C<>H (steht für Continental Diamond Hampden) aus! Dieses Mark, welches Hampden verwendet um seine Rums mit einem Estergehalt von 1300 - 1400 gr/hlpa zu kennzeichnen, begleitete mich auf meiner Rum-Reise schon lange bevor ich von dessen Existenz überhaupt erfuhr. Denn wir dürfen schließlich nicht vergessen, dass die genaue Zuordnung von Jahrgängen zu Marks erst seit wenigen Jahren möglich ist. Dass es sich bei dem Jahrgang 1990 um eben dieses Mark handelt, ist erst seit 2017 bekannt, als TRC einen solchen Rum auf den Markt brachten und das Kürzel JMC hier mehr verriet, als es einem auf den ersten Blick scheinen könnte. Und der Jahrgang 1990, um auf meine Reise zurück zu kommen, war Anno 2011 meine erste richtig große Rum-Liebe! Als ich den Berry's Hampden 1990 das erste Mal im Glas hatte, war das nicht weniger als eine Offenbarung! Trotz des geringen Alkoholgehalts von nur 46% vol. besaß dieser Rum eine Power, die seinesgleichen suchte, aber lange nicht fand. Erst Folge-Abfüllungen von Duncan Taylor und eben 2017 The Rum Cask sollte das gelingen. Insofern bin ich also bereits seit neun Jahren großer Fan des Marks C<>H. Es ist mein persönliches Lieblings-Mark, im wahrsten Sinne des Wortes meine Benchmark, und dementsprechend gespannt war ich darauf, wie ein solcher Rum wohl tropisch gereift schmecken würde. Hier haben mir die bisher veröffentlichten Marks wie HLCF, <>H oder HGML zwar durchaus gefallen, aber meinen 1990ern konnte davon bisher nichts gefährlich werden, insbesondere da mir nach hinten heraus einiges an Abgang fehlt. Das verrät die doch vergleichsweise kurzen Reifezeiten am Ende, Tropical Aging hin oder her. Allerdings sind es nichts desto weniger der <>H und der HGML, die es für den C<>H auf der Seite der tropisch gereiften Hampdens auch erst einmal zu schlagen gilt, weswegen ich sie im heutigen Tasting quer vergleiche, ebenso wie zwei der bisherigen Benchmarks auf Seiten des C<>H. So muss sich der Habitation Velier also einerseits gegen die niedrigeren Marks bei ansonsten vergleichbarem Alter beweisen, als auch gegen die kontinental gereiften Brüder gleichen Marks aus dem Jahrgang 1990!
Vintage 2010 Mark-Battle: <>H vs. HGML vs. C<>H |
C<>H-Battle: BBR 17 YO 1990 vs. TRC 26 YO 1990 vs. HV 10 YO 2010 |
Als ganz besonderen Bonus bekam ich darüber hinaus die Möglichkeit, die Verkostung mit dem Original Sample von Luca Gargano selbst durchzuführen, welches mir ein guter Freund von einem Besuch dort mitgebracht hat. Vielen lieben Dank dafür an dich und natürlich an Luca!
Fasssample von Luca © E.H. |
Trivia:
Zu einer guten Tradition bei den Velier Bottlings sind missverständliche Angaben auf deren Labeln geworden. So ist auf dem Frontlabel zu lesen, dass der Rum 2.615,2 gr/hlpa Congeners (also Begleitstoffe bei der Destillation, zu denen auch die Ester zählen) enthält, während man auf dem Backlabel auf den Estergehalt von zwischen 1300 und 1400 gr/hlpa hinweist. Beide Angaben sind (richtige Messung vorausgesetzt) korrekt, doch verwirren sie vor allem Connaisseure, die nicht so tief im Thema stecken, was ich schade finde. Eine einheitliche, Bottling-übergreifende Angabe fänd ich deutlich transparenter. Aber das nur am Rande. Super finde ich hingegen, dass man sich dazu entschlossen hat, den Rum in Barrel Proof (68,5% vol.) statt nur in High Proof (62%) zu releasen!
Verkostung des Habitation Velier C<>H Jamaica Rum 10 YO Hampden 2010:
Preis: mit 159,- Euro Ausgabepreis ist der C<>H der bisher teuerste Hampden der Habitation Velier Reihe.
Alter: von 2010 bis 2020 lag der Rum insgesamt 10 Jahre im Fass.
Lagerung: die Fässer wurden während der gesamten Dauer ihrer Reifung bei Hampden auf Jamaica in tropischem Klima gelagert.
Fassnummern: unbekannt. Auch, wie viele Fässer und wie viele Flaschen es am Ende genau waren ist nicht sicher bekannt. Gerüchte sprechen von 600 Flaschen, was für Abfüllung zweier Fässer spräche.
Angel's Share: >64% gingen an sicher glückliche Engel.
Alkoholstärke: mit starken 68,5% vol. wartet der Rum auf - anders als früheren Habitation Velier Abfüllungen, die "nur" in High Proof kamen, liefert uns Luca den C<>H in Barrel Proof!
Destillationsverfahren: Double Retort Pot Still.
Mark: C<>H (Continental <Diamond> Hampden)
Farbe: tiefes, kräftiges Gold. Von den jeweils neunjährigen <>H und HGML aus 2010 unterscheidet er sich optisch nicht, zu den kontinental gereiften C<>H dagegen deutlich. Diese sind wesentlich heller, insbesondere der Berry's.
Viskosität: ein fetter Film wabert über das Glas, der Rum läuft in eher engen, parallel zueinander verlaufenden Schlieren ins Glas zurück.
Gaumen: am Gaumen machen sich zunächst einmal die sauren Ester-Verbindungen bemerkbar, die sich zu denen vom HGML oder zum <>H auch merklich unterscheiden. Sehr adstringierend, so dass sich die Schleimhäute erst einmal zusammenziehen. Richtig hart überrascht bin ich davon, wie gut der schon enorm hohe Alkoholgehalt eingebunden ist. Ich habe nahezu keine alkoholische Schärfe in der Mundhöhle, das ist schon extrem paradox! Nicht einmal der Rendsburger Caroni 1996 mit 69% vol. kommt so weich daher! Stattdessen macht es sich der Rum eigentlich direkt auf der Zunge bequem und verströmt einen fast unglaublichen Geschmack intensivsten High Ester Jamaica Rums. Der C<>H ist unfassbar mundfüllend! Das adstringierende geht dann ins cremige über und kommt sehr angenehm. Der Rum zeigt am Gaumen die gleiche Säuerlichkeit wie in der Nase, das gehört zu diesem Mark einfach dazu und gefällt mir sehr. Viele mögen das nicht, die werden mit dem C<>H dann also vielleicht auch ihre Probleme haben und eher leichtere Marks favorisieren. Mir aber gefällt genau das! Letztlich ist die Säure allerdings auch schon die größte Hürde, die hier genommen werden muss. Der Rum kommt ansonsten nämlich sehr, sehr ausgewogen daher und macht einfach Spaß! Kein zu krasser Einfluss des Holzes, kein zu präsenter Alkohol. Es mag verrückt anmuten, aber dieser Hampden ist für mich schon beinahe Easy Sippin! Einzig: an die enorme Komplexität des TRC 1990 kommt der HV nicht heran. Da ist der Abstand der beiden zueinander auch noch etwas größer als in der Nase, das ist beim TRC am Gaumen nochmal eine andere, stärkere Liga!
Abgang: fruchtiger Abgang! Gegrillte Ananas weist dem Hampden den Weg hinab. Spätestens jetzt verrät sich der C<>H allerdings auch als tropisch gereifter Rum, denn wie alle auf Jamaica gelagerten Hampden fehlt ihm dieses ewig anhaltende und nachhallende, was die lange kontinental gereiften Hampden haben. Das ist schade, aber der eben doch noch vergleichsweise kurzen Reifedauer von nur zehn Jahren geschuldet. Zum Schluss kommen noch ein paar trockene Tannine, aber dann ist er nach wenigen Minuten dann auch schon verschwunden.
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-93/100-
PS: Nutzer der Rum Tasting Notes App finden diese Abfüllung auch hier:
Habitation Velier C<>H Jamaica Rum 10 YO Hampden 2010
Bis demnächst
2 Kommentare:
Danke für das tolle Review.
Gibt es den Habitation Velier C<>H Jamaica 10 noch irgendwo im Handel?
Ich konnte leider nichts finden.
Danke, schön, dass es dir gefallen hat! :-)
Den C<>H findet man leider nur noch auf dem Secondary Market, also zu deutlich teureren Kursen. Die Nachfrage überstieg das Angebot bei weitem. Dennoch wünsche ich viel Erfolg bei der Jagd! Manchmal hat man ja auch Glück. :-)
Beste Grüße
Flo
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