Sonntag, 24. Januar 2021

RA Belize Rum 13 YO Travellers 2007

Liebe Rum Gemeinde,

es geht schon wieder los, die nächste RA-Welle rollt auf uns zu und sie bringt heute eine Abfüllung aus Belize für uns mit, auf die ich mich schon sehr gefreut habe. Denn sie versöhnt mich doch ein wenig und zumindest mal für den Augenblick ein ganzes Stück weit mit dem spanischen Rumstil! Wie das funktionieren soll... Wir werden sehen!



Doch der Reihe nach. Zunächst einmal: nein, das neue Jahr 2021 gönnt uns definitiv keine Verschnaufpause, so viel steht bereits fest! Hätte man meinen können, dass es Dominik Marwede nach dem unglaublichen Jahr 2020 jetzt vielleicht erstmal etwas ruhiger um RA werden lässt, so schob der sympathische Bottler aus Bad Bevensen derlei Gedanken bereits selbst einen Riegel vor. Denn schon seit einiger Zeit ist es längst kein Geheimnis mehr, dass die RA Linie direkt zu Beginn des neuen Jahres um gleich drei weitere Abfüllung erweitert wird: einen Guyana VSG 2004, einen Barbados Rockley 1986 und einen Belize 2007. Vor allem der Rockley ist natürlich ein absoluter Kracher und brachte direkt viele Augen zum Leuchten und Herzen dazu höher zu schlagen, doch Geduld, heute wird es erstmal um den Belize gehen. 

Belize? Spanischer Stil? Auf Barrel Aged Thoughts? Klar, da gab es da vor Christi Geburt irgendwann einmal eine Review von Leo zum TRC Belize 2005, wer erinnert sich nicht, aber in neuerer Zeit? Nein, in der Tat, Belize entspricht tatsächlich nicht gerade meinem Beuteschema, da lässt sich auch nichts relativieren! Okay, einer der Cadenhead damals war ganz gut und auch einige der Compagnie Des Indes waren echt okay, aber wirklich abgeholt hatte mich das nicht. Und auch dieser Belize hätte mich vermutlich -trotz RA-Label- eher nicht gepackt, doch wie es der Zufall manchmal so will, als ich ihn vor ein paar Wochen das erste Mal im Glas hatte und ihn probierte war ich direkt ziemlich angetan und mir war klar: diesen Belize werde ich wohl auf BAT bringen müssen. Warum? Weil ich Elemente in ihm fand, die ich bei einem Belize Rum eher nicht erwarten würde und mich diese schon ziemlich abgeholt haben. Doch ich möchte nicht zu viel verraten. 

Apropos verraten: ein wenig über Travellers und Belize hat Leo euch damals ja bereits näher gebracht, aber das ist lange her und ich möchte die Erinnerung gerne auffrischen. Das schrieb Leo am 1. September 2013 auf BAT : 

                             "
                                                                                                                                                            "

Was man ergänzend heute vielleicht noch sagen kann ist, dass, anders als seinerzeit in 2013, als der TRC-Travellers noch ein absoluter Exot war, inzwischen wirklich sehr viele Rums aus Belize erschienen sind und diese auch aus den verschiedensten Jahrgängen stammen. Der Rum von RA reifte sieben Jahre in tropischem Klima und kam dann nach Europa, was wiederum den Schluss nahe legt, dass einerseits Travellers seine Rums in größerem Stil selbst zu lagern scheint und andererseits, dass diese in einem größeren Schwung gemeinsam ab der Zeit um 2013 ca. nach Europa zu Main kamen. Warum Travellers plötzlich mit dem Verkauf von gereiften Qualitäten begann, wo man dies zuvor offensichtlich nicht getan hatte, ist unklar. Fest steht nur, dass sie es getan haben und damit die Portfolios vieler unabhängiger Abfüller in den letzten Jahren bereichert haben. 

RA wiederum bleiben sich auch in 2021 treu und haben einmal mehr das Design ihrer Labels minimal verändert, gemäß dem Motto: langsame Evolution statt Revolution. Der qualitative Sprung des Drucks ist dabei allerdings gewaltiger, als man es auf den ersten Blick vielleicht erfassen mag. So ist der Druck insgesamt nun wesentlich schärfer und das goldene RA Logo zeigt sich auf dem Label erhaben. Dazu gibt es bei Rums mit über 25 Jahren Reife sogar auch noch eine neue Box. Doch dazu zu gegebener Zeit mehr. Jetzt würde ich sagen, schauen wir uns dann erstmal den guten Tropfen aus Belize einmal genauer an!

Aus Gründen der Transparenz sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass ich eine Flasche dieses Rums zur Verkostung, sowie zu Fotozwecken gratis erhielt. Auf meinen Geschmack und die Bewertung hat dies selbstverständlich aber keinen Einfluss. 



Verkostung des RA Belize Rum 13 YO Travellers 2007:

Preis: die unverbindliche Preisempfehlung für den Belize liegt bei 64,95€ / 0,5 Liter.

Alter: von Juni 2007 bis Januar 2021 durfte der Rum insgesamt 13 Jahre im Fass reifen. 

Lagerung: der Rum lagerte während der ersten sieben Jahre seiner Reifung in tropischem Klima und während der letzten sechs Jahre in Europa. 

Fassnummer: die interne Fassnummer lautet #118. Dieses Fass ergab noch 389 Flaschen a 0,5 Liter. 

Angel's Share: unbekannt. 

Alkoholstärke: High Proof - der Rum kommt leicht verdünnt daher und weist einen Alkoholgehalt von 58,9 % vol. auf. 

Destillationsverfahren: der Rum wurde via Column Still gebrannt.

Mark: unbekannt

Farbe: schöne gold-braune Kastanie.  

Viskosität: der Rum bildet kleine Tropfen oben am Glasrand und verläuft dann in filigranen, relativ engen, parallel zueinander verlaufenden Schlieren am Glas herunter. 

Nase:
 ouh... in der Nase wartet dann auch direkt die erste große Überraschung! Das ist nicht das, was ich von den Belize-Bottlings früherer Jahre in Erinnerung behalten habe, das hier ist definitiv besser! Holy shit, was ist denn da passiert?! Selbst nach mehreren Ansätzen denke ich spontan immer wieder eher an einen tropisch gereiften Column Still Demerara aus z.B. Diamond oder Albion als an Belize. Aber fangen wir mal von vorne an. Alkoholische Schärfe ist natürlich ein Stück weit da, sie fällt aber für das verhältnismäßig junge Alter des Rums doch eher gering aus, zumal wir es ja mit einem Double Maturation Rum zu tun haben. Sieben Jahre in den Tropen sind da ein guter Grundstein, der durch sechs weitere in Europa nochmal ein wenig abgerundet wurde, aber der Rum ist eben nicht komplett tropisch gereift und das merkt man schon auch. Dennoch entsteht hier, gerade eben für das Alter, durchaus der Gesamteindruck eines schon sehr reifen Rums, der aber noch nicht komplett von seiner Reifung dominiert wird. Das Bouquet empfinde ich als nicht unbedingt besonders komplex, zugegeben, aber was mir dafür umso mehr gefällt ist die Intensität mit der der Belize um die Ecke kommt und da hat die tropische Reifung wiederum wunderbare Arbeit geleistet. Dazu ist das, was ich an Assoziationen habe auch sehr ansprechend. Diese hat Dominik in seinem Promo-Video zum Rum bereits sehr treffend zusammengefasst. Die Nase wird sehr dominiert von Kokosnuss, allerdings nicht von dieser künstlich-süßen Art von Kokosnuss wie man sie häufig bei Spirit Drinks findet, sondern von natürlichen Assoziationen. Damit einhergehend habe auch ich viel Leder und Trockenfrüchte. Dazu kommen leichte Lösungsmittel, Bourbon Vanille, Mangos, Papayas, Salzkaramell und Tannine. Und ja, letztere sind bereits überraschend deutlich ausgeprägt. Überhaupt ist der Holzeinfluss bei diesem Rum bemerkenswert. Und je länger der Rum im Glas verweilt, desto deutlicher werden tatsächlich auch die Demerara Anklänge - das ist ein absoluter Traum bis hierhin! Immer wieder führe ich das Glas zur Nase und ich nehme einen vollen Zug dieses Rums, der macht unglaublich viel Spaß!

Gaumen: der erste Eindruck am Gaumen hat für mich schon etwas leicht ernüchterndes, insofern, als dass der Belize hier dann doch seine eigentliche Herkunft nach außen kehrt und, viel deutlicher als das noch in der Nase der Fall war, offenbart, dass er am Ende des Tages doch ein Rum ist, der eher dem spanischen als dem britischen Stil zuzuordnen ist. Und doch, kann der Rum auch hier einiges. Na klar, wie schon in der Nase abzusehen war ist der Rum nicht zwingend komplex, das möchte er auch gar nicht sein, aber er ist leicht zugänglich und er ist lecker! Die Zugänglichkeit rührt nicht zuletzt sehr wahrscheinlich auch von der Verdünnung her, die in einem Rum resultiert, dessen alkoholische Schärfe diese Bezeichnung nicht wirklich verdient. Der Rum ist trotz der immerhin noch 58,9% vol. ungemein mild und auch größere Schlücke sind problemlos möglich. Tatsächlich fiel es mir bereits mit dem ersten Schluck aber auf, dass der Rum eine leichte Verdünnung erfahren hat. Das ist zwar einerseits schade, also für mich ganz persönlich zumindest, denn ich glaube, der hätte auch in der vollen Fassstärke funktioniert. Allerdings muss man dazu ergänzen, dass Connaisseure wie ich wohl eher nicht die Hauptzielgruppe dieser Abfüllung waren, sondern dieses Bottling möchte vor allem auch (fortgeschrittene) Einsteiger erreichen, die von einem wesentlich höheren Alkoholgehalt vielleicht noch teilweise verschreckt worden wären. Insofern ist die Entscheidung komplett nachvollziehbar. Dahinter habe ich dann eine leichte Süße zu Beginn, die aber wesentlich weniger ausgeprägt ist als bei vielen anderen Rums. Hier kommen dann schnell ebenfalls Kokosnuss, dieses mal auch die Bitterschokolade, sowie eine sehr dominante Tabaknote zum tragen. Dazu ein Hauch Haselnuss. Der Rum wird mit jeder Sekunde am Gaumen merklich trockener und bekommt einen starken Einschlag von trockenem Eichenholz. Teilweise erinnert mich das an Foursquare, wobei hier mehr los ist als bei den Barbadiern. 

Abgang: es verbleibt ungemein viel Tabak am Gaumen. Immer noch an Foursquare erinnernd und auch sehr spanisch anmutend nun. Es kommen merkwürdige Assoziationen zu einer Art süßlichen Holzsuppe auf, das ganze sehr trocken werdend und mit verhältnismäßig wenig Nachhall.

-------------------------------------------------------------------------------------------------

Fazit:
 hier ein faires Fazit zu ziehen fällt mir schwerer als bei anderen Rums! Denn wenn ich mich rein darauf konzentriere, was ich als Fan der Schwergewichte aus Guyana, Trinidad oder Jamaica von diesem Rum, einem Belize (!), erwartet habe [Spoiler: war nicht so wahnsinnig viel😉], dann hat der Rum absolut überperformt und alles übertroffen was da vorher an Gedanken gewesen ist! Vor allem in der Nase, der für mich uneingeschränkt stärkste Part dieses Rums, hat einen der RA Belize wirklich für einen kurzen Moment von Demerara für schmales Geld träumen lassen. Und genau da bin ich dann aber auch in die Falle getappt, denn ich hätte mich natürlich gefreut, wenn dieser Eindruck auch am Gaumen noch etwas mehr Bestand gehabt hätte. Einzig: der Rum ist und bleibt ein Belize und ein Rum des spanischen Stils und einem Demerara nachzueifern ist tendenziell also gar nicht sein Anspruch. Kann ich dem Rum dementsprechend überhaupt vorwerfen, dass ihm das zu irgendeinem Zeitpunkt weniger gelingt als zu einem anderen? Nein, selbstverständlich nicht, nicht im Geringsten, überhaupt nicht! Und doch ist es ein bisschen wie früher in der Schule, wenn man vor einer Klausur mit einer 4 zufrieden gewesen wäre, während der Klausur dann gemerkt hat, dass vielleicht doch richtig was geht und am Ende unzufrieden mit einer 3+ war. Was ich also sagen möchte: RA ist es (mal wieder) gelungen, ein Fass eines Stils zu finden, dem man als festgefahrener Nerd erstmal vielleicht nicht viel zugetraut hätte, und das einen dann unerwartet positiv überrascht! Das war 2019 schon beim Australier und letztes Jahr auch beim Trinidad 2001 der Fall, und der Belize reiht sich in diese Riege munter ein! Die Nase lies mich von 90 Punkten + x träumen, der Gaumen und der Abgang haben ihn dann aber bei 86 Punkten gehalten. Wer jetzt aber vielleicht denkt, Moment mal, 86 Punkte, das ist bei dem Flo aber nicht so viel: lasst euch an dieser Stelle auf keinen Fall von meinen oft noch viel höheren Scores auf BAT blenden, denn die geben immer nur die Spitze dessen wieder, was ich überhaupt verkoste und vorstelle. Das Gros der Masse landet natürlich weit darunter, auch wenn das von außen nicht immer transparent einsehbar ist, und auch die meisten Belizes die ich bisher im Glas hatte kamen nicht in diese Regionen (wenngleich ich mir da nun auch einige andere, die ich noch nicht kenne, sicher mal noch genauer ansehen werde). 86 Punkte, das ist an dieser Stelle ein kleines Erdbeben, ich erinnere mich nicht daran, dass ich einem anderen Spanier jemals auch nur annähernd so viele Punkte gegeben habe! Der ebenfalls sehr schöne Antigua von Velier beispielsweise landete bei mir bei 82 Punkten... Und dementsprechend bleibt mir nur, diesen Rum vor allem Einsteigern zu empfehlen, die gerne von Spirit Drinks wegkommen möchten, aber auch fortgeschrittenen, die nicht immer den absoluten Oberhammer brauchen, der einen komplett aus den Latschen haut! Ihr wolltet einen Rum, den ihr ohne nachzudenken einfach mal auf den Tisch stellen könnt, egal wer gerade (18+😉) dran sitzt, einschließlich euch selbst? Da ist er! Viel Vergnügen damit!

-86/100-


PS: Nutzer der Rum Tasting Notes App finden diese Abfüllung auch hier:

RA Belize Rum 13 YO Travellers 2007


Bis demnächst
Flo



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen