Sonntag, 12. August 2018

Hampden Estate - Pure Single Jamaican Rum

Liebe Rum Gemeinde,

heute habe ich mal ein bisschen was aktuelles für euch! Das kommt ja in Zeiten der schnellen Ausverkäufe und der spärlich verfügbaren Single Cask oder Small Batch Abfüllungen nicht mehr allzu häufig vor und tatsächlich machen die beiden heutigen Rums davor daher auch nur deshalb Halt, weil sie genau das, Single Cask oder Small Batch Rums, wohl nicht sind, wenn man den Verantwortlichen Glauben schenken darf. 



Was liegt heute an? 

Gemeint sind die beiden neuen Hampden Estate Pure Single Jamaican Rum mit 46% vol. bzw. 60% vol.! Ganz klassisch werd ich heute einfach beide Rums gegeneinander verkosten und miteinander vergleichen. Doch zunächst ein bisschen zu den Rums selbst und dazu, was ich da heute eigentlich im Glas habe. Und hier gilt es zunächst einmal ganz deutlich festzuhalten, dass es sich bei beiden Abfüllungen um Originalabfüllungen handelt, nicht um unabhängige Abfüllungen!
Originalabfüllungen aus Hampden? Bis zur Wiedereröffnung durch die Husseybrüder im Jahr 2009 war das in Hampden undenkbar. Man verkaufte seinen Rum als Bulkware an unabhängige Abfüller oder man produzierte Auftragsware für die Industrie. Aber Rums unter eigenem Label? Nein! Wie gesagt, das änderte sich schlagartig, als die Husseybrüder Hampden wiedereröffneten. Zwar hat man die traditionellen Geschäftszweige nach wie vor nicht vergessen, aber schon 2011 kam die Hampden Estate mit seinem "Rum Fire" steil aus der Sonne und man erweiterte diesen später um den Hampden Gold. Danach wurde es dann erst einmal wieder ruhig um Hampden, solange, bis die Nachricht kam, dass Luca Gargano von Velier große Stocks an Hampden New Make aufgekauft hat und somit klar war, dass man bei Velier das enorme Potenzial der Destillerie erkannte. Nicht zuletzt zeigte sich das darin, dass Velier mit dem HLCF, dem LROK, einem Blend der beiden, einem LFCH und einem <H> bereits selbst fünf Hampden Bottlings selbst releast hat. Wie weit genau das Engagement Veliers bei Hampden reicht weiß ich nicht, allerdings ist Luca Gargano durchaus bekannt dafür, seinen Partnern seine Idee vom Rum näher zu bringen und auch ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie hoch der Stoff, gerade hier in Europa, teilweise auch verehrt wird. Und nicht zuletzt sind die beiden heute verkosteten Abfüllung natürlich deutlich auf den Einfluss Veliers auf die Destillerie zurückzuführen, nicht nur, weil Velier und La Maison du Whisky die offiziellen Importeure des Rums sind. Angeblich sind beide Abfüllungen so ausgelegt, dass sie lange verfügbar sein können, das heißt, Eile ist wohl nicht geboten. Kein Single Cask, kein Small Batch. So zumindest wurde es immer wieder verlautbart. Das ist, so finde ich, eine positive Entwicklung.

Doch nun direkt zu den Rums...




Hampden Estate Pure Single Jamaica Rum 7 YO - 46% vol.:

Laut Angaben auf dem Backlabel sind die jüngsten Bestandteile der Abfüllung 7 Jahre alt. Meines Wissens nach handelt es sich hierbei um einen Rums der Stile OWH (40-80 gr/hL AA Ester), LROK (200 - 400 gr/hL AA Ester) und DOK (1500 - 1600 gr/hL AA Ester) der Jahrgänge 2010 und 2011. Die Rums lagerten alle zu 100% in tropischem Klima, direkt auf Jamaica. Ein Angels Share ist nicht direkt bekannt, dürfte aber bei um die 45% Verlust liegen. Der Alkoholgehalt beträgt 46% vol., die Abfüllung ist also ordentlich verdünnt worden. Der Preis für eine Flasche beträgt gegenwärtig ca. 55-65,- Euro, je nachdem zu welchem Kurs man an den Rum gelangt und in welchem Land. Die Importeure sind, wie oben bereits erwähnt, LMDW und Velier. Da die Abfüllung zunächst einmal nicht vom Ausverkauf bedroht scheint, ist ein nennenswerter Preisanstieg in näherer Zukunft auch eher nicht zu erwarten. Das Sample stammt aus einer Flaschenteilung eines netten Mitglieds des "Rum Clubs". Vielen Dank daher natürlich für's Teilen!

Im Glas erscheint der Rum in einem blassen Gold. Die Verdünnung verhindert hier wohl, dass man dem Rum seine tropische Lagerung auch ansieht.
In der Nase überrascht mich der Hampden dann kolossal! Hampden?! Really?! Ich gebe frei heraus zu, dass wenn man mir den in einem Blindtasting gegeben hätte, ich ihn eher nach Long Pond gepackt hätte! Die typischen vegetalen, blumigen, zum Teil nussigen und schwächer esterhaltigen Noten dieser weiteren Destillerie aus Trelawny finde ich hier sehr präsent, während dieser eine, typische Hampden Ton nur ganz versteckt zu finden ist und durchaus auch untergehen kann. Für mich ein ganz und gar untypischer Hampden, der aber beweist, dass auch sie durchaus den eleganten Weg Jamaicas gehen können.
Am Gaumen fällt zunächst einmal die enorme Verdünnung des Rums deutlich auf. Das hatte ich natürlich erwartet, aber dennoch setzt an dieser Stelle bei einem Fan von Fassstärke wie mir erstmal etwas Ernüchterung ein. Davon unabhängig ist der Rum aber äußerst lecker! Klar, das ist Hampden von einer ganz anderen und weit weniger brachialen Seite, ich würde ihn auch als Medium Bodied bezeichnen, aber man erkennt die Destillerie am Gaumen schon etwas besser als noch in der Nase. Nichts desto trotz aber bleibt das für mich bisher noch der Long Pond unter den Hampdens! Zu Beginn finde ich einen Schub an natürlicher Süße, gefolgt von Walnuss und Cashewkernen, sowie einigem an Geäst. Diese gehen dann in Würzigkeit und Tannine und Eichenholz über, die dann auch schon den Abgang einläuten. Überraschender Weise, und das ist wohl das untypischste für einen Hampden, fehlt mir hier nahezu gänzlich die fruchtige Komponente, was mit der Abwesenheit eines höheren Estergehalts einhergeht. Der Rum hat von der Nase an einen vegetalen Grundcharakter.
Im Abgang finde ich dann Anis und auch einiges an Eichenholz vom Fass. Gefällt mir sehr gut! 


Hampden Estate Pure Single Jamaica Rum 7 YO Overproof - 60% vol.:

Im Prinzip gilt für den Overproof, was auch für die 46% vol. Version galt. Auch hier sind die jüngsten Bestandteile der Abfüllung 7 Jahre alt und es handelt sich hierbei meines Wissens nach um Rums der Stile OWH (40-80 gr/hL AA Ester), LROK (200 - 400 gr/hL AA Ester) und DOK (1500 - 1600 gr/hL AA Ester) der Jahrgänge 2010 und 2011. Die Rums lagerten alle zu 100% in tropischem Klima, direkt auf Jamaica. Ein Angels Share ist nicht direkt bekannt, dürfte aber bei um die 45% Verlust liegen. Der Alkoholgehalt beträgt dieses Mal aber 60% vol., logisch, es ist ja auch die Overproof-Version. Für diese Flasche beträgt der Preis momentan ca. 70-80,- Euro, wiederum je nachdem zu welchem Kurs man an den Rum gelangt und in welchem Land. Die Importeure sind auch LMDW und Velier. Die Overproof Abfüllung ist als solche tendenziell immer eher von einem Ausverkauf bedroht als eine Trinkstärke-Abfüllung, aber ich vermute aus bekannten Gründen auch bei ihm in naher Zukunft keine nennenswerten Preisanstiege. Auch dieses Sample bekam ich vom Rum Club Buddy. Nochmals herzlichen Dank dafür! 

Im Gegensatz zur 46% vol.-Variante sieht man dem Overproof an seinem satten Gold an, dass er in den Tropen reifen durfte.
Die Nase ist beim Overproof wesentlich verschlossener als bei der 46% vol.-Version! Der Alkohol zeigt sich präsent. Ich habe ansonsten Klebstoffnoten, leichtes Toffee und verbranntes Karamell. Die Ester erscheinen auch hier nur schwach. Es fehlt aber das grasige, blumige. Die Nase ist für einen Hampden etwas typischer, erinnert sie doch an eben LROK, von dem ja auch Teile im Blend enthalten sind.
Am Gaumen hat der Rum dann für einen 60%igen Overproof aus Hampden einen erstaunlich leichten Körper. Alkoholische Schärfe ist durchaus präsent, für mich aber nicht in störendem Maße. Dem Alkoholgehalt des Rums angemessen britzelt er eben leicht auf der Zunge. Was sich allerdings hier weniger einstellt als bei der 46% vol.-Version, ist dieses Gefühl, dass der Rum einfach süffig und lecker ist. Nicht, dass er das Gegenteil dessen wäre, so ist das nicht, aber er scheint überhaupt nicht vom höheren Alkoholgehalt zu profitieren, und das empfinde ich bei Hampden als in höchstem Maße ungewöhnlich. Die Süße zu Beginn gibt es hier auch, allerdings fällt sie wesentlich zurückhaltender aus als bei seinem kleinen Bruder. Dafür habe ich dessen vegetalen Grundton hier wiedergefunden, der sich in der Nase zuvor noch etwas versteckt hatte. Ich habe dann Assoziationen zu Nuss, Toffee, Anis und Humus. Auch beim Overproof fehlt der sonst so typische Obstkorb aus Hampden, ebenso wie ein höherer Estergehalt.
Im Abgang bleibt dann tatsächlich nicht viel vom Rum. Es ist noch etwas Geäst da, etwas trockenes Eichenholz, aber das ist es dann auch gewesen. 



Fazit: 

Ich bin absolut zwiegespalten! Auf der einen Seite habe ich eine feste Vorstellung davon, was ich von einem Hampden Rum erwarte. Diese Erwartungen wurden heute nicht erfüllt! Und auf der anderen Seite sehe ich hier ein sehr, sehr großes Potenzial in etwas, was ich von Hampden bisher nicht erwartet habe, von dem ich mich aber freue, es dennoch entdeckt zu haben!

Was heißt das? Hampden kann High Ester Rums wie kaum eine zweite Destillerie! Ich liebe diese Rums und mir gefällt, dass ich bei Hampden im Grunde genommen immer genau weiß, was ich bekomme. Bisher allerdings kamen aus Hampden auch nahezu immer nur Abfüllungen mit einem höheren Estergehalt, während der Estergehalt dieser beiden Rums sehr gering ausfällt. Zwar ist sogar DOK im Blend enthalten, aber angesichts der Verkostung muss hier von einem sehr, sehr geringen Anteil daran ausgegangen werden. Unter dem Strich gefiel mir die 46% vol. Abfüllung geschmacklich besser. Die Overproof-Abfüllung konnte vom 14% vol. stärkeren Alkoholgehalt nicht in dem Maße profitieren, wie ich es mir erhofft hätte. Einzig die reine Textur empfand ich hier als angenehmer.
Was die heutige Verkostung aber auch gezeigt hat: im Low Ester Bereich liegt durchaus Potenzial! Ich hatte es bisher nicht auf dem Schirm, dass Hampden tatsächlich dazu in der Lage ist, Long Pond auf diesem Gebiet Konkurrenz zu machen, aber das können sie! Und auch wenn mich das heutige Ergebnis nicht zu 100% überzeugt hat, so hat es doch locker dazu gereicht, die Erkenntnis zu hinterlassen, dass da echtes Potenzial für Rums liegt, die etwas abseits dieser enormen Brecher stehen, die man sonst aus Hampden kennt. Und gerade diese wiederum mag ich dann, wenn sie noch ein paar Jahre älter sind. Daher bleibt Hampden natürlich auch weiterhin  eine der spannendsten Destillerien über die nächsten Jahre gesehen und ich bin sehr gespannt, was da noch kommen wird!






Bis demnächst,
Flo

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Mich interessiert noch, ob Du Dir eine ganze Flasche für den jeweiligen Preis kaufen würdest?

Flo hat gesagt…

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten ;-) Ich selbst für mich würde mir keine Flasche holen, da ich für den Blog immer wieder neue Hampden ins Glas bekomme und diese Abwechslung auch mag. Daneben komme ich dann eher selten dazu, auch mal eine ganze Flasche von irgendwas "nur so" zu trinken. Bei den beiden 8 YO Hampden schmeckt mir der 46% besser, allerdings stört mich die Verdünnung ja dennoch, so dass der Rum zwar ein breites Zielpublikum hat, ich dem jedoch eher nicht angehöre. Dennoch gefällt mir der 46% wiederum so gut, dass ich ihn jedem empfehlen würde zu kaufen, der einen Hampden "für jeden Tag" sucht und auch kein Problem damit hat, wenn Hampden verdünnt daher kommt.

Ich hoffe, damit konnte ich die Frage hinreichend beantworten, auch wenn ich weiß, da so ein wenig ausgewichen zu sein ;-)

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