Sonntag, 23. August 2020

Silver Seal Demerara Rum 30 YO Uitvlugt 1989

Liebe Rum Gemeinde,

ich bin mal wieder auf Abwegen und folge der Spur von gutem Demerara Rum, wobei Abwege vielleicht nicht einmal mehr ganz die treffende Bezeichnung ist - denn diese Nebenpfade entwickeln sich inzwischen mehr und mehr zu echten Hauptstraßen. Ja, ich bin über die letzten Monate zu einem kleinen Fan dieser Rums geworden, gleich wohl das längst nicht auf alle Stile zutrifft.



Zutreffend ist das allerdings ganz eindeutig, wenn wir über alte, lang gereifte Port Mourants sprechen, so wie heute. Die Rums aus den 1970er Jahren, zu vorderst natürlich die Jahrgänge 1974 und 1975, habe ich in den letzten Monaten immer mehr zu schätzen gelernt und so lag es nahe, dass ich mich auch bei anderen Rums langsam begann durchzuprobieren. Positiv aufgefallen war mir dabei auch eine Abfüllung von Duncan Taylor aus dem Jahr 2012, nämlich der Uitvlugt 1989 aus einer Pot Still. Das wiederum heißt: in Wahrheit haben wir es nicht mit einem Uitvlugt Rum zu tun, sondern eben mit einem aus Port Mourant, dessen alte Still, die Double Wooden Pot Still, zum Zeitpunkt der Destillation bei Uitvlugt stand. Da es die einzige Pot Still war die sich zu diesem Zeitpunkt dort befand besteht über die Herkunft des Rums also auch keinerlei Unklarheit. Duncan Taylor, das sei an dieser Stelle noch erwähnt, hat damals, 2012, mit einer Wahnsinns-Rum Serie für Furore gesorgt und auf sich Aufmerksam gemacht. Neben dem Uitvlugt erschienen unter anderem auch noch ein Hampden 1990, ein Rockley 1986 und ein Versailles 1985. Diese Rums sind sämtlichst Legenden! Seitdem ging die Kurve dieses Abfüllers, mindestens im Rum Bereich, allerdings auch wieder steil nach unten. Es kommt kaum etwas nach und wenn, dann passiert das nicht annähernd in dieser Qualität. Schade!




















Doch zurück zum Jahrgang 1989 von Uitvlugt/Port Mourant. Dieses ähnelt den alten PMs aus den 1970er Jahren in vielerlei Hinsicht. Zum einen natürlich im geschmacklichen Stil, zum anderen haben sie aber auch die Färbung gemeinsam, die schon bei der Befüllung des Fasses stattgefunden hat. Während der Uitvlugt mit seinen 23 Jahren im Fass aber natürlich noch bedeutend jünger daher kam als viele der Rums aus den 1970er Jahren, diese waren fast sämtlichst 30 Jahre oder älter zum Zeitpunkt ihrer Abfüllung, hat der heute vorgestellte Rum von Silver Seal in dieser Hinsicht aufgeholt. Dieser hat im Oktober letzten Jahres ebenfalls die 30 Jahre vollgemacht und eignet sich daher durchaus schon, um nun deutlichere Parallelen zu den 70s zu ziehen und zu schauen, inwieweit sich das auch praktisch annähert. Daher galt diesem Bottling natürlich meine besondere Aufmerksamkeit, als ich vor ein paar Monaten hörte, dass ein solches wohl erscheinen wird, denn weitere 1989er PMs blieben nach dem Duncan Taylor Bottling in der Folge aus.

Im Juli diesen Jahres ist das nun auch endlich passiert und wie es zu erwarten war, war der PM auch sehr schnell ausverkauft. Neben einer Anzahl von gerade einmal 206 Flaschen insgesamt ist dies allerdings wohl auch der Tatsache zu verdanken, dass er mit seinem Ausgabekurs von ca. 350,- Euro ein für Silver Seal Verhältnisse fast schon phänomenales Preis-Leistungs-Verhältnis hatte, gerade im Vergleich zu seinen Brüdern in der 2020er Release Serie. Für den Rockley 1986, noch ein Duncan Taylor 2012 Bottling, an das Silver Seal angeschlossen hat, muss man schon ca. 600,- Euro hinlegen und für den tropisch gereiften Monymusk 1984 dann sogar schon fast 1000,- Euro. Dagegen mutete der PM dann natürlich sehr erschwinglich an. Ein österreichischer Shop führt den Rum kurze Zeit sogar noch für ca. 320,- Euro, was vermutlich der günstigste Preis für diesen Rum gewesen ist. Ja, das ist immer noch sehr viel Geld, aber was man Silver Seal wirklich lassen muss, und das machen sie seit jeher besser als andere: sie liefern ein verdammt hochwertiges Packaging! Diese Boxen sind schon a la bonheur, das muss man wirklich sagen. Es heißt so oft es käme auf den Inhalt an, und ja, das stimmt auch, gleichwohl bin ich auf diesem Qualitätslevel aber auch ein Fan davon, wenn man einer Flasche diese Qualität auch unmissverständlich ansieht! Insofern: well done! Ansonsten lässt sich sagen, dass der Silver Seal Uitvlugt 1989, anders als der 2012er Duncan Taylor, unverdünnt und in Fassstärke in die Flasche kam und noch immerhin einen Alkoholgehalt von 55,8% vol. aufweist. Das wiederum demonstriert uns eindrucksvoll, dass der Duncan Taylor damals doch schon sehr viel mehr verdünnt wurde, als ich lange Zeit dachte. Denn dieser hatte damals schon nur noch 54,9% vol., trotz sieben Jahre kürzerer Reifung. Er müsste demnach wohl noch original über 60% vol. gehabt haben in 2012. Und inwieweit sich diese und noch weitere Unterschiede direkt und im Vergleich bemerkbar machen, das sehen wir uns jetzt an!



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Verkostung des Silver Seal Demerara Rum 30 YO Uitvlugt 1989:

Preis: der Ausgabepreis bei Whisky Antique (gehört Max Righi, der gleichzeitig Inhaber von Silver Seal ist) lag bei ca. 350,- Euro. In einem Shop in Österreich war er für kurze Zeit aber auch für ca. 320,- Euro zu haben. Er war allerdings zuvor schon bei Whisky Antique ausverkauft, so dass er inzwischen nur noch auf dem Secondary zu haben ist.

Alter: von Oktober 1989 bis Anfang 2020 reifte der Rum 30 Jahre lang im Eichenfass.

Lagerung: die Reifung fand mutmaßlich vollständig in Europa statt. Die dunklere Farbe kommt durch die Färbung, die einige Demerara Rums traditionell erhalten.

Fassnummern: Silver Seal gibt als Fassnummer die #7 an, allerdings dürfte es sich dabei ausschließlich um eine interne Zählung handeln, was meinen Verdacht bestätigt, dass der Abfüller vermutlich keine bis kaum noch Fässer lagernd hat, sondern neue Bottling unmittelbar zuvor von Brokern erworben werden. Ergeben hat das Fass noch 206 Flaschen a 0,7 Liter, sowie einige wenige Magnum Flaschen.

Angel's Share: unbekannt. Er dürfte aber bei ca. 30 bis 40% liegen. 

Alkoholstärke: der Rum kommt mit einem Alkoholgehalt von 55,8% vol. um die Ecke. Diese dürften der Fassstärke nach 30 Jahren im Fass entsprochen haben. 

Destillationsverfahren: der Rum entstammt der Double Wooden Pot Still, die einst bei Port Mourant stand. Nach der Schließung Port Mourants im Jahr 1955 kam dessen Still zu Uitvlugt. Als auch Uitvlugt Ende 1999 geschlossen wurde und damit Diamond zur einzig verbliebenen Destillerie Guyanas machte, zog die Still neuerlich um und produziert bis heute Rum! 

Mark: PM (Port Mourant)

Farbe: sehr dunkles Rosé, klar ins bräunliche gehend, Kastanie. 

Viskosität: der Rum bildet lange, weite, zäh fließende, regelmäßige Schlieren, die langsam an der Glaswand hinab zurück ins Glas fließen.

Nase: direkt zu Beginn nach dem Einschenken habe ich sehr viele Lösungsmittel- und Klebstoff-Noten und auch der Alkohol ist zu diesem Zeitpunkt noch präsent. Port Mourant als Stil rieche ich direkt heraus, zeigt sich aber schon ordentlich gereift. Anders der Duncan Taylor, der sich quasi von Beginn an zugänglich gibt und noch einiges mehr an Brennerei-Charakter aufweist. Ich lasse den Silver Seal noch ca. eine halbe bis dreiviertel Stunde im Ballonglas atmen. Das macht direkt einiges aus, denn nun hat sich der Alkohol bereits komplett verflüchtigt und das Bouquet liegt wie ausgebreitet vor mir. Und was für ein Bouquet! Meine Zuneigung zu alten, lange gereiften Port Mourants währt ja noch nicht so lange wie die zu Jamaicanern oder Caronis, aber hier komme ich schon sehr ins Schwärmen. Die Klebstoff-Noten sind noch immer da, zeigen sich aber nicht mehr so einnehmend. Stattdessen kommen auch ein regelrechter Schrank voller Gewürze, Lakritze, Salzkaramell, Tannine, Trockenfrüchte und leichte Pflaume. Man möchte sich in diesen Rum förmlich reinknienen um auch alles aufzusaugen, was hier an Eindrücken auf einen einprasselt. Das hohe Alter merkt man dem Rum in jeder Sekunde an, jede Nuance zeugt davon. Ein wenig wie ein Senior, der keine Gelegenheit auslässt, sein ganzes Umfeld daran zu erinnern, was er schon alles gesehen und erlebt hat. Was einem bei Greisen hingegen auch mal über sein kann, kommt hier beim 89er Silver Seal einfach nur geil! Der Duncan Taylor im Vergleich hält da nicht ganz mit. Er weist weder die Intensität noch die Komplexität des Silver Seals auf, dafür aber, wie eingangs gesagt, ein bisschen mehr Brennerei-Charakter! Ich denke, hier kommt es auf die persönliche Vorliebe an, wozu man eher tendiert. Bei mir ist es ganz eindeutig der Silver Seal!

Gaumen: der erste Eindruck ist etwas dünn, trotz der immerhin 55,8% vol. und der Tatsache, dass hier nicht mit Wasser nachgeholfen wurde, allerdings habe ich mich auch erst einmal mit einem kleineren Schluck an den Rum herangetastet. Beim Duncan Taylor ist die Verdünnung hingegen noch ungleich stärker zu merken. Hier zeigt sich, dass man da 2012 schon ordentlich Wasser mit dazu gegeben hat, auch wenn das im direkten Quervergleich sehr viel stärker auffällt als solo. Der Vorteil ist aber natürlich, dass auch größere Schlücke problemlos möglich sind und mit denen ich im folgenden auch fortfahre. Das hat gleich mehrere Vorteile, denn nun erscheint der Rum gleich um einiges vollmundiger, körperreicher und intensiver! Direkt zu Beginn vermag der Silver Seal mich allerdings auch noch in einer weiteren Hinsicht zu überraschen! Wo nämlich in der Nase, die ganz ohne Süße auskam, wirklich eher Platz war für die lange gereiften Töne, kommen nun auch Eindrücke dazu, die bisher vollkommen abwesend waren. In erster Linie ist das eben genau die eben angesprochene Süße, die hier zu Beginn viel Spaß macht und diesem Rum auch einen ungemein fruchtigen Anstrich verpasst! Denn ich finde hier wahnsinnig viel Pflaume, aber auch einiges an Anis und Lakritze, Kaffee, ordentlich Melasse, die mich schon sehr an den ebenfalls gefärbten REV von RA erinnert, sowie feine Röstaromen. Diese verleihen dem Rum auch immer wieder eine zarte Bitterkeit, die ihm sehr gut steht! Dazu kommt natürlich ein starker Einfluss des Holzes vom Eichenfass. Wer sich nun aber möglicherweise Sorgen macht, dass der Rum verholzt ist, den kann ich direkt beruhigen. Das ist nicht der Fall, bzw. mehr noch, der Rum ist davon meines Erachtens sogar weit entfernt. Das ist einfach ein richtig guter, leckerer Rum! Der Duncan Taylor kommt im Vergleich etwas weniger fruchtig daher, dafür aber mit umso mehr Lakritze und Melasse. Der Rum ist auch am Gaumen, wie schon in der Nase, spürbar jünger und auch PM-typischer. Er ist vielleicht etwas eher etwas für diejenigen, welche auch auf die ungefärbten Vertreter dieses Stils stehen.

Abgang: ein langer, warmer Abgang! Dörrobst und Melasse, sowie Tannine und viel Anis begleiten den Rum nach unten. Sehr stark!

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Fazit: vielen Dank nach Italien und an Silver Seal, dafür, dass ihr aus 1989 noch einen solchen PM ausgegraben habt! Dieser Jahrgang lag schon seit 2012 auf Eis, war überhaupt sehr selten und ich hatte schon nicht mehr wirklich damit gerechnet, dass da noch was nachkommt. Für mich ist das damit schon jetzt ein Highlight dieses Jahres, das vor Highlights ja nur so strotzt! Und trotz der enormen Konkurrenz in 2020 bin ich mir sicher, dass dieser Tropfen in meinen persönlichen Top 10 landen wird! Denn der Silver Seal Demerara Rum 30 YO Uitvlugt 1989 ist einfach ein verdammt guter Rum, den man sich zu jeder Gelegenheit gut einschenken kann, der einen nie überfordert, trotzdem nicht langweilig ist und der nicht zuletzt schon nach relativ kurzer Zeit im Glas nach dem Einschenken performt und bei dem es einem einfach ein gutes Gefühl gibt, wenn man eine Flasche davon zuhause hat. Die Parallelen zu den 1970s Port Mourants wiederum zieht er sehr eindeutig, auch wenn er an die besten Vertreter dieser Jahrgänge sicherlich nicht ganz heranreicht. So ehrlich muss man schon sein. Führt man sich dann aber wieder vor Augen, dass man an diese Rums heute nur noch zu horrenden (und teils auch überzogenen) Summen herankommt, dann war der Silver Seal für seine 320,- bis 350,- Euro ganz sicher und ohne jeden Zweifel ein verdammt guter Case! Ich bereue den Kauf definitiv nicht!

-92/100-


Nutzer der Rum Tasting Notes App finden den Rum hier:

Silver Seal Demerara Rum 30 YO Uitvlugt 1989

Ein Dank geht abschließend an Malte, der diese Abfüllung geteilt hat. Vielen Dank!

Bis demnächst,
Flo

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Is there an Enmore 1988 as well?

Flo hat gesagt…

Heyho,

The 1988 Enmore bottlings are not my favourites.

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