nach ganz viel Long Pond und Jamaica geht es heute endlich auch einmal wieder zu meiner momentanen Lieblingsdestillerie, das heißt, es geht natürlich nach Trinidad und dort direkt nach Caroni an die Old Southern Main Road!
Und es geht nicht einfach nur nach Caroni, was für sich genommen ja schon immer eine gute Wahl ist, nein, es geht auch noch in einen meiner absoluten Lieblingsjahrgänge von Caroni, es geht in das Jahr 1996! Dieser Jahrgang ist kein unbekannter hier auf Barrel Aged Thoughts, denn mit dem 21 YO Extra Strong 100° Proof, dem 17 YO High Proof Bottling aus 2013 und der 20 YO Single Cask Abfüllung für Kirsch Whisky kamen hier bereits drei Velier 1996 zur Verkostung, sowie mit dem 12 YO Rendsburger Caroni 1996 von Whisky Krüger auch noch ein 1996, der ursprünglich aus den Tropical Caroni Stocks von Bristol Spirits Ltd. stammt. Wer sich mit Caroni und seinen Bottlings etwas auskennt und diese Auswahl kurz überfliegt, dem fällt aber vielleicht auf, dass da durchaus auch noch ein paar spannende Abfüllungen fehlen. Und eine von ihnen möchte ich euch heute gerne etwas näher vorstellen, nämlich den Velier 100° Proof Heavy Trinidad Rum 20 YO Caroni aus 1996!
Dieser kam im Jahr 2016 nach 20 Jahren tropischer Reifung als das 34th (auf dem Label fälschlich 34rd) Release der regulären Velier Caroni Serie zur Abfüllung und hat einen Alkoholgehalt von 57,18% vol.. Die Reifung erfolgte bis auf der Insel Trinidad. Während der insgesamt 20 jährigen Reifung verdunsteten über 85% der ursprünglichen Menge Rum, der so genannte Angels Share. Diese Angaben liest man immer wieder auf Flaschen, allerdings habe ich in letzter Zeit häufig festgestellt, dass einigen Connaisseuren nicht immer klar ist, was genau diese Angabe bedeutet. Viele stellen sich darunter dann Fässer vor, in denen sich nur noch rund 15% des Rums befinden, sprich, die fast leer sind. Das ist, zumindest bei Velier, aber nicht zutreffend (andernfalls wären Single Cask Abfüllungen ja auch keine 50 Flaschen mehr stark). Vielmehr kippt Velier immer wieder Fässer des selben Batches zusammen, so dass sie wieder voll befüllt sind. Es reduziert sich also nicht die Menge Rum in den Fässern, sondern die Anzahl der gefüllten Fässer.
Angels Share am Beispiel des 34th Caroni Release:
Was heißt das im konkreten Fall der heutigen Abfüllung? Ein Rechenbeispiel: das 34th Release ergab am Ende noch 3800 Flaschen. Wenn wir davon ausgehen, dass man pro Fass ca. 250 Flaschen herausbekommt, dann wissen wir, dass für den Rum ca. 15 Fässer miteinander vermählt wurden. Diese ca. 15 Fässer sind also ca. 15% der Menge der für diesen Rum ursprünglich befüllten Fässer, was bedeutet, dass im Jahr 1996 nicht weniger als ca. 100 (!!) Fässer für das 34th Release befüllt wurden. Das heißt, dass in den 20 Jahren der Reifung die Menge von mehr als 85 Fässern Rum verdunstet ist, um am Ende noch ca. 15 Fässer a 3800 Flaschen herauszubekommen.
Bildlich sieht das dann so aus:
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Zum Vergleich dazu: bei einer Lagerung in Europa verdunsten im gleichen Zeitraum nur etwa 25% des Rums. Mal etwas mehr, mal etwas weniger. Hätte man also im Jahr 1996 die 100 Fässer nach Europa gebracht, so wären noch ca. 75 von ihnen gefüllt gewesen. Das sähe dann so aus:
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Diese 75 Fässer hätten dann wiederum ca. 19.000 Flaschen ergeben. Das heißt also, dass sich einzig und allein durch die Wahl von tropischer Sonne statt der gemäßigten Temperaturen in Europa zur Reifung der Fässer eine Differenz von ca. 15.000 Flaschen (!!) ergibt! Rechnet man mit einem Preis von 100,- Euro pro Flasche, so ergibt sich eine Differenz von stolzen 1,5 Millionen Euro! Ein gewaltiger Unterschied und spätestens jetzt wird vermutlich jedem klar, warum eine derart lange tropische Reifung tatsächlich so besonders ist und warum das bisher kaum so gemacht wurde. Ich bin kein Freund davon, die Jahre der Reifung oder den Reifegrad der jeweiligen unterschiedlichen Reifung im Vergleich zwischen den Tropen und Europa gegeneinander aufzurechnen. Und auch geschmacklich möchte ich da keine grundsätzliche Herauf- oder Herabstufung vornehmen oder mich irgendeinem Dogmatismus hingegen, weder zur einen noch zur anderen Seite, weswegen man eine Pauschal-Aussage wie "Tropische Reifung ist immer besser!" von mir auch nicht hören wird, aber die rein wirtschaftlichen Unterschiede, die sich bei der tropischen Reife in einem Verlust fast des gesamten Bestandes manifestiert, die war es mir ein Anliegen einmal sehr deutlich darzustellen. Um diesen Weg zu gehen, bedarf es also schon einer großen Portion Überzeugung und Idealismus und letztlich auch Mut, und daher freue ich mich, dass es mit Luca Gargano einen Mann gegeben hat, der ihn erfolgreich gegangen ist. Wie gesagt, ich sehe in tropischer Reifung kein Dogma, aber ich erachte sie als eine unschätzbare Bereicherung für die Rum Welt!
Verkostung des Velier 20 YO HP Caroni 1996:
Alter: insgesamt 20 Jahre lag, von 1996 bis 2016, lag der Rum im Eichenfass.
Lagerung: die Reifung fand von 1996 bis 2016 auf Trinidad statt. Somit ist er zu 100% tropisch gereift.
Fassnummern: unbekannt. Es wurden 3800 Flaschen abgefüllt.
Fassnummern: unbekannt. Es wurden 3800 Flaschen abgefüllt.
Angel's Share: >85%
Alkoholstärke: 100° Imperial Proof - der Rum hat eine Trinkstärke von 57,18% vol.
Destillationsverfahren: unklar.
Mark: HTR
Farbe: tiefes, dunkles Mahagoni.
Gaumen: erneut besteht kein Zweifel darüber, was ich gerade im Glas habe! Vor allem auch das Jahr 1996 lässt sich deutlich herausschmecken. Die Verdünnung ist dem Caroni zu Beginn kurz anzumerken, auch Blind hätte ich sicher nicht auf einen Full Proof getippt. Allerdings bleibt das alles im Rahmen und ich würde alles in allem sogar fast von einer optimalen Trinkstärke sprechen, auch und gerade weil die Caronis aus 1996 in Fassstärke ja auch gerne mal um die 70% vol. aufweisen. Das ist zwar auf seine Weise ebenso genial, aber im Umkehrschluss auch sehr anstrengend, weswegen diese smoothe Auslegung sehr gut passt, wie ich finde. Nach kurzer Zeit im Mund wird der Rum dann auch zunächst adstringent und dann cremig, was mir gut gefällt, ich mag das. Das Aromenspektrum reicht von tropischen Früchten, über Petroleum, Phenole, Holzlack und Teer, bis hin zu einer tollen Note vom Fass, die uns neben der schönen Holzaromen auch noch etwas Bourbon Vanille und eine gute Portion Anis sowie Nelke beschert. Das ist schon ein sehr typischer Vertreter für 1996!
Abgang: der Rum ist langanhaltend und es bleibt vor allem das Holz vom Fass, gepaart mit etwas frischem Schnittholz, viel Anis und Nelke und ein wenig Kastanie.
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Caroni in Autumn |
-93/100 Punkte-
Ein Dankeschön geht heute noch an den T9, der sich einer Flaschenteilung dieses Rums angenommen hat, bei der ich nicht leer ausgegangen bin. ;-)
In diesem Sinne, bis demnächst!
Flo
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