Sonntag, 20. Dezember 2020

Barrel Aged Thoughts' 2020 Top 10 Rums - Part II

Liebe Rum Gemeinde,

wir nähern uns mit riesigen Schritten den Weihnachtsfeiertagen und dem Jahreswechsel. Höchste Zeit also noch einmal zurückzublicken auf dieses in jeder Hinsicht beispiellose Jahr und damit Herzlich Willkommen zum zweiten Teil meines Jahresabschluss-Rankings der meines Erachtens zehn besten neuen Releases in 2020! 

Picture by D.M. / RA


Was liegt heute an?

Im ersten Teil letzte Woche hatte ich euch meine Plätze 10 bis 6 noch einmal vorgestellt und heute geht es dann ans eingemachte und an die Top 5, die fünf Rums, die mich in 2020 am meisten begeistert haben! Ihr habt die fünf Rums von letzter Woche schon wieder verdrängt? Hier geht's nochmal zum gesamten ersten Teil des Countdowns und hier kommt noch einmal alles im Schnellformat:


Platz 10: Habitation Velier C<>H Jamaica Rum 10 YO Hampden 2010
Platz 9: Flensburg Rum Company KFM Demerara Rum 29 YO Enmore 1991
Platz 8: Velier Heavy Trinidad Rum 21 YO Caroni 1998 (Employee "Buju")
Platz 7: The Rum Cask C<>H Jamaica Rum 30 YO Hampden 1990 (BAT-Abfüllung)
Platz 6: Velier Heavy Trinidad Rum 19 YO Caroni 2000 (Employee "Nitz")

Machen wir nun aber endlich weiter mit... 


Platz 5:

Velier Heavy Trinidad Rum 19 YO Caroni 2000 (Employee "Dicky")

Noch ein Caroni?! Ja, ich habe sie eigentlich auf zwei Abfüllungen in meiner Top 10 beschränken wollen, aber es ging nicht, so sehr ich es auch hin und her gedacht habe. Der 1996er "Vijay" blieb für seinen Jahrgang eher unter den Erwartungen und es fiel mir daher leicht, ihn trotz der immer noch sehr guten 94 Punkte nicht mit hinein zu nehmen. Aber der "Dicky" hat mich, genau wie die "Nitz" für einen Caroni 2000 so sehr überzeugt, dass ich nicht anders konnte als ihn auch mit reinzunehmen. Da war für mich einfach kein Qualitätsunterschied und ich fand ihn in der Tendenz sogar noch leicht besser als die Nitz. Insofern führte an ihm kein Weg vorbei! 94 Punkte bekam auch der "Dicky" von mir, und ich denke, da sind wir am absoluten Zenit für den Jahrgang 2000, auch unter Berücksichtigung dessen, dass da auch einiges an weniger guten Fässern im Umlauf war. Da haben die beiden 2000er aus diesem Jahr wirklich am Limit dessen performt, was ich 2000 insgesamt überhaupt zugetraut habe. Dass es der für mich beste Caroni in 2020 "nur" auf Platz 5 geschafft hat, trotz dessen, dass die geschlossene Destillerie zu meinen absoluten Lieblingen zählt, zeigt was da an Granaten alles eingeschlagen ist in diesem so verrückten Jahr!

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Platz 4:

Silver Seal PM Demerara Rum 30 YO Uitvlugt 1989

Ein Demerara Rum vor dem besten Caroni des Jahres?! Willkommen bei Barrel Aged Thoughts im Jahr 2020! Aber was für ein Demerara Rum das war! Im Gegensatz zu den jüngeren, ungefärbten PMs mag ich diesen richtig alten 30 YO+ und gefärbten PM Style inzwischen richtig gerne und fahre sehr auf die Granaten aus den 1970s von High Spirits oder Rendsburger total ab! Leider sind diese längst außer Reichweite und das Batch aus 1989 in diesem Alter ist so ziemlich das einzige, was da bisher für mich stilistisch zumindest einigermaßen dran kommt, auch wenn es diese einzigartige Qualität von damals natürlich nicht ganz erreicht. Und das ist letztlich auch der Grund, warum ich bei diesem Rum über die 92 Punkte nicht hinaus kam: es würde den PMs aus den 1970s einfach nicht gerecht werden. Gäbe es diese nicht oder würde ich sie nicht kennen, hätte ich hier vermutlich locker die 95 Punkte ausgepackt. Und darum musste der Silver Seal letztlich auch in meine Top 10, auch wenn einige andere in absoluten Zahlen auf den ersten Blick besser weg kamen. Der Rum ist einfach nur unfassbar lecker, intensiv, gesetzt und auf den Punkt. Für den Ausgabekurs ein Kracher! Dazu mein 250. Post auf BAT! Müssen wir noch über das sprechen, was Silver Seal uns da insgesamt präsentiert haben in diesem Jahr? Machen wir gleich! ;-) 

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Platz 3:

Rum Artesanal Jamaica Rum 25 YO New Yarmouth 1994

Auf Platz 3 steigt der für mich zweifelsfrei größte Gewinner des Jahres 2020 in meinen Countdown ein - Rum Artesanal! Was Dominik und Team da in diesem Jahr auf die Kette bekommen haben hat mich zumeist nur staunend zurück gelassen. Mit insgesamt mindestens sechs Releases die aus meiner Sicht wirklich Spitze waren und noch dazu ein fast unwirkliches Preis-Leistungs-Verhältnis aufwiesen hat man den Vogel komplett abgeschossen. Mit dem New Yarmouth 1994 im Speziellen hat man noch dazu einen echten Coup gelandet, da noch nie zuvor ein Abfüller einen derart alten New Yarmouth gebracht hatte und noch dazu in diesem bis dahin vollkommen unbekannten Stil. Der hatte es nämlich wirklich in sich, erinnerte er doch gleichermaßen an alte Appleton (nur eben in Fassstärke) als auch an tropisch gereifte Demerara Rums. Und wenn man bedenkt, dass New Yarmouth für Wray und Nephew produziert, dann liegt durchaus nahe, dass der Inhalt dieses Fasses ursprünglich mal dazu gedacht war in den Appleton Standard Blends zu landen. Glücklicherweise ist ihm dieses Schicksal erspart geblieben und der Rum landete stattdessen bei einem Jamaicanischen Broker. Als dieser seine Stocks an Velier als auch die Main Rum Company verkaufte, gehörten dazu auch ein paar Fässer New Yarmouth 1994 und so kamen letztlich wir Connaisseure in den Genuss, sowas mal im Glas haben zu können. Auch dieser Rum war mir 94 Punkte wert und auch hier wäre mit nur etwas besserer Einbindung des Alkoholgehalts noch mehr gegangen - ja, der New Yarmouth zwiebelt mit seinen ca. 68% vol. ganz schön! ;-) 

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Platz 2:

Rum Artesanal REV Demerara Rum 25 YO Enmore 1994

Und wenn für irgendwen noch irgendwelche Zweifel an der Ausnahme-Stellung von RA im ablaufenden Jahr bestanden haben, dann müssen (!) diese spätestens mit meinem Platz 2 restlos ausgeräumt sein! Diese Abfüllung markierte das Ende von RA als graue Maus auf dem viel bearbeiteten UA Markt, als auch den Anfang von RA als gleichsam national wie international führender UA, wenn es um kontinental gereifte Rums geht. Mögen einige andere durch bunte Label oder schwarze Flaschen vielleicht noch etwas mehr collectable und damit gesucht sein, aber an die Qualitäten der RA Abfüllungen insgesamt reicht da niemand heran! Kein Wunder also, dass dieses Bottling super schnell vergriffen und in der Folge auch schnell in ganz Europa gesucht wurde - meist erfolglos. Denn, und das ist bei RA schon ein wenig besonders, die Flaschen werden zu ganz, ganz großen Teilen von Genießern gekauft, die diese dann natürlich in der Regel nicht wieder hergeben. Was aber machte den REV so besonders? Nun, vor allem natürlich das: es ist ein REV! Der erste seit vielen, vielen Jahren, abgetaucht einst als elfjähriges Biest von Cadenhead mit 70% vol. und wieder aufgetaucht mit nun 25 Jahren als zahmer Gaumenschmeichler. Was das Mark wirklich bedeutet und ob es überhaupt eines ist, oder ob Cadenhead seinerzeit auch nur eine interne Bezeichnung (vergleichbar mit den Main-Kürzeln) nutzte, ist unklar. Damals wie heute ist das Teil aber eine absolute Pflaumen-Bombe und das macht diesen Rum letztlich auch aus, zumindest für mich. Ich finde das einfach wahnsinnig lecker, gediegen und nicht ohne Grund habe ich da auch schon eineinhalb Flaschen geleert in diesem Jahr. In Punkten hat es noch ein Rum in 2020 darüber geschafft, aber emotional ist der REV 1994 wohl definitiv meine Nummer 1.

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Platz 1:

Silver Seal "Rockley Style" Barbados Rum 33 YO W.I.R.D. 1986:

Ich konnte nicht anders! Mag RA für mich unter'm Strich auch unumstritten DER Dreh- und Angelpunkt in 2020 gewesen sein, aber ich musste den Rockley von Silver Seal, die einzige Neuerscheinung in 2020, die die 95 Punkte Marke knacken konnte, auf die eins setzen, und das obwohl es bei mir, bedingt durch den doch sehr steilen Kurs von 600,- Euro, für keine ganze Flasche gereicht hat. Aber was Silver Seal mit dem Rockley dieses Jahr rausgehauen haben war nun mal einfach komplett unrealistisch! Niemals nie und never ever hätte ich gedacht, dass das 1986er Batch der West Indies Rum Distillery mit seinem legendären Rockley-Style nochmal ein Revival erlebt! Ich hatte mit meinem Rum Buddy gemeinsam vor etwa einem Jahr mal den "Sloth" Rockley 1986 aus Japan im Glas, der dort vor einiger Zeit erschienen ist, und dieser war bereits so weit weg von Honig, Rauch, Vanille und Leder, dass ich das Batch bereits für alle Zeit verloren geglaubt hatte. Doch Silver Seal hat ganz tief in den Beständen von Main gegraben und der Rum Welt in 2020 den, neben Gardel, vermutlich meist unterschätzten (weil kaum bekannten) Weltklasse-Rum Style zurück gebracht, den es auf dieser Erde gibt. Für viele von euch da draußen war der Silver Seal wahrscheinlich sogar die allererste Chance überhaupt, einmal Rockley auf absolutem Spitzen-Niveau zu erleben. Denn na klar gab und gibt es auch noch immer vereinzelt Rockleys aus dem 2000er Jahrgang oder den Bristol 1986 mit Sherry Finish, aber weder die einen noch der andere spielen auch nur annähernd in dieser Liga und der Silver Seal stellt hier mit dem Duncan Taylor zusammen die neue Benchmark dar. Wohl also dem, der hier etwas von diesem Traum-Stoff ergattern konnte! 

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Und wer das nicht konnte... 2021 ist auch noch ein Jahr und vielleicht decken sich ja an dessen Ende meine emotionale Nummer 1 mit meiner nominellen Nummer 1. In diesem Sinne:

Rum Artesanal 2021

(nein, nicht das neue Logo, nur "Fan Art" 😉)
 

Epilog:

Das waren sie also, die zehn Neuerscheinungen in 2020, die mich persönlich am meisten gecatcht haben. Genug Stoff, um mindestens zwei Jahre mit Highlights zu füllen. Und ich bin sicher, ich habe da zwar mit vielen von euch Überschneidungen, aber in gleichem Maße auch Abweichungen, denn die Masse an Rums in diesem Jahr, die es ebenfalls in diese Liste verdient gehabt hätte war brutal! 



Allein RA, und da wird dann auch deutlich, weshalb die für mich in diesem Jahr eine so überragende Stellung eingenommen haben, hätten vier (!!) weitere Rums in diese Liste entsenden können! Und zwar wäre da mal mindestens der T.D.L. 2001 aus Trinidad, der auch einige Parallelen zu Caroni aufweist und auf diese Weise für einen kurzen Augenblick leichte Konfusion verursachte. Ein Caroni war es dann meines Erachtens letztlich nicht, aber ein verdammt guter Heavy Type Rum! Aber auch die beiden New Yarmouth aus 2009, die für unter 50,- Euro zu haben waren und damit mit einem sensationellen PLV aufwarten konnten, verdienen hier mindestens eine Erwähnung, ebenso wie der 1998er HD (Hampden), den ich für einen HLCF (nicht mein Lieblingsmark) erstaunlich gut fand. Und über den Long Pond 2000 z.B. haben wir da noch gar nicht gesprochen, den ich persönlich weniger gut fand, der aber gleichermaßen seine Fans gefunden hat und hier daher nicht unerwähnt bleiben soll. Ich glaube, viel mehr muss ich da nicht sagen. Außer, dass ich mich so verflucht doll freue auf das nächste Jahr... der Spoiler ist ja längst draußen, ihr alle wisst, was kommt :)



Und was für mich RA in Bezug auf kontinental gereifte Rums sind, sind Velier für mich, wenn wir über tropisch gereifte Rums sprechen. Die beiden Caroni Employees "Vijay" und "Yunkoo" hätten nach Punkten in die Top 10 gemusst, beide liegen für mich bei 94 Punkten. Aber dann wären allein fünf Caroni Employees drin gewesen, was ich dann doch als etwas zu öde empfunden hätte. Daher habe ich mich dazu entschlossen, an der Stelle ein wenig zu selektieren. Ich denke, ihr seht es mir nach. Doch Velier hat nicht nur die Karte Caroni gespielt, sondern auch mit der Appleton Hearts Collection einmal mehr Maßstäbe gesetzt. Nicht unbedingt, weil sie jeden überwältigt hätten, der sie probiert hat (tatsächlich, waren da nicht wenige auch enttäuscht), aber vor allem deshalb, weil es Luca Gargano nach Jahren und als meines Wissens nach erstem überhaupt gelungen ist, in diese Richtung etwas mit Appleton gemeinsam und unter deren Logo aufzuziehen. Und nicht zuletzt haben diverse von ihm initiierte Zoom Meetings dazu beigetragen, dass die internationale Community auch in Zeiten dieser Pandemie ein wenig zusammen kam, auch ohne Messen und reisen. Grazie, Luca! Mir gefielen der 1994er und der 1995er Appleton jeweils sehr gut, diese hatten auch den höchsten Gehalt an Congeners, der 1999er war dagegen gar nicht meins. Und als kleinen Bonus möchte ich auch nochmal den Monymusk 1997 für Begnoni herausstellen. Der wurde zwar schon 2019 gebottled, tauchte aber erst in diesem Jahr wirklich auf dem Markt auf. Mit dem 1995er zusammen für mich definitiv die Benchmark für tropisch gereiften Monymusk! 



Und dann waren da auch noch zwei Rums von Old Man Spirits (Flensburg Rum Company), die mich beeindruckt haben. Auch der Hampden 2007 und der Monymusk 1999 wären in jedem nicht außerirdischen Jahr safe in meinen Top 10 gelandet. Insbesondere der Monymusk hat für mich historischen Charakter, denn ich erinnere mich an keinen besseren im kontinental gereiften Bereich! Grandioses Debüt-Jahr, das ihr da hingelegt habt, Jungs! Ich freue mich schon darauf, auch euren Weg im nächsten Jahr weiter mitzuverfolgen. 


Und damit verabschiede ich mich dann auch heute erstmal von euch, ich bin noch nicht sicher, wann der nächste Content hier aufläuft. Ich wünsche euch noch einen besinnlichen vierten Advent und bis dann!

Flo

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